entwenden,
V.,
auch rückuml.
1.
›(jm.) etw. (obrigkeitlich, mit rechtlicher Absicherung) entziehen, wegnehmen‹; konkret in Bezug auf Grundbesitz: ›jm. die Verfügungsgewalt über etw. entziehen‹; auch: ›jm. etw. (z. B. ein bestimmtes Recht) vorenthalten‹; in religiösen Kontexten ütr. auf Gott oder Christus als Handlungsträger; offen zu 2; zu  1a.
Gehäuft Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 10,  1,  4, , ; vgl.  2.
Gegensätze:
 4.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den acker, die stat, das bürgerrecht / geld / (lehen)gut / schlos, die klage
)
e., got
(Subj.)
die barmherzigkeit von jm. e., jn. e. S
. (Gen.obj., z. B.
der gerechtigkeit
›des Rechtsanspruchs‹)
e., jm
. (z. B.
dem bruder, den erben / freunden / kindern
)
etw. e., der vogtei das gotteshaus, dem christen die christenheit, der oberkeit das schwert e.
; passivisch:
das szepter von Juda nicht entwendet werden
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 49, 10
(
Wittenb.
1545
):
ES wird das Scepter von Juda nicht entwendet
[
Mentel
1466:
abgenomen
; nd. Bibel 1494:
wech ghenamen
;
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
hin genommen
]
werden [...] Bis das der Helt kome.
Ebd.
2. Sam. 7, 15
:
meine Barmhertzigkeit sol nicht von jm [David] entwand
[
Mentel
1466:
abnam
; nd. Bibel 1478:
aff getaghen
]
werden / Wie ich sie entwand habe von Saul.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
32, 25
(
thür.
,
1474
):
Nigkel Otmanßdorff schuldiget Kethen Lantczen [...], daz sy sich syner gekoufften guter unde agkere [...] met unrechte unde ane gerichte underzcogen unde yme entwand habe.
Anderson u. a., Flugschrr.
22, 6, 3
([
Erfurt
]
1525
):
Dañ es ist gewiß / das durch auffruͤre͂ das schwerd d‘ oͤberkeit entwendet wirt.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Unde [die richter] haben mir min gelt oder mine klage damite inttwant.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Ein man hat gehabt zweierlei eeliche kinder [...] und meint, sein gut den letsten kinden zu geben und den ersten zu entwenden.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1562
):
Das ist der allerhoͤchste trost, | [...] | Das sie [Christenheit] durch seine [Christi] krafft erlost, | Jm [Christen] nicht entwand mag werden.
Luther. a. a. O. 1. Mose
31, 9
;
2. Mose 3, 22
;
Behrend, Magd. Fragen ;
Kisch, a. a. O. ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›etw. widerrechtlich in seinen Besitz bringen, etw. stehlen, rauben‹; zu  1a.
Bedeutungsverwandte:
,  1,  1,  3,  1; vgl.  4,  2,  1,  1.
Syntagmen:
(jm.) etw
. (z. B.
geld, eine tafel, ein gut
)
e., j
. (z. B.
ein dieb
)
/ ein adler (jm.) etw. e., jm. etw
. [wie] (z. B.
dieblich / heimlich, mit gewalt
)
e., die länder von den heiden e
.
Wortbildungen:
entwender
›Dieb‹,
entwendung
›Diebstahl‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
zu besitzene êwiclîch, | [...] al dî lant gemeinlîch, | dî sî nâch den ziten | [...] irstrîten | mochtin und intwendin | von der heidin hendin.
Luther, WA (
1529
):
Da kanstu ein iar ein guͤlden, dreissig odder vierzig und mehr entwenden.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
Bringe daßjenig, so du mir entwendet, zuͦvor ein iegklichs an seinen ort wider.
Skála, Egerer Urgichtenb.
46, 7
(
nwböhm.
,
1563
):
Was, der Entwender Aber dauon [geldt] vorthan mus khauffer Entradten
(›entbehren‹).
Ebd.
54, 10
(
1569
):
Hanß Barttl Schneidern gutlich bespracht, wis von dem Entwendten vieh nichts.
Maaler (
Zürich
1561
):
Entwendung. (die) Detractio.
Skála, a. a. O.
24, 8
;
Pyritz, Minneburg
5238
;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›sich e. S. verweigern, entziehen‹; trans. auch: ›etw. unterlassen‹; zu  1a.
Bedeutungsverwandte:
 1, ; vgl.  1,  1.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
daz sî [Samaiten] nicht inwestin, | wî intwendin sich der nôt.
Luther, WA (
1529
):
als seyen die Christen solche boͤse, untrewe, falsche leute, die nicht dienen sondern entlauffen und sich selbs entwenden wollen.
McClean, Havich
4684
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
herr, [...] | [...] enpiet dem chünig Constantein | das er nicht enwendt | und euch sand Stephan gepain sendt!
Behrend, Magd. Fragen .
4.
›an jm. / e. S. eine Änderung der Bewegungsrichtung bewirken‹; in verschiedene Richtungen ütr.; im Einzelnen: ›jn. an etw. hindern, von etw. abhalten‹; ›etw. abwenden, abwehren‹; refl.: ›sich von einem Ort abwenden, entfernen; weggehen‹; ›sich vor jm. / etw. retten, in Sicherheit bringen‹; zu  2a.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
5. Mose 23, 15
(
Wittenb.
1545
):
DV solt den Knecht nicht seinem Herrn vberantworten / der von jm zu dir sich entwand
[
Mentel
1466:
ist geflohen
]
hat.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Der richter mag wol gebyten [...]. das sy varen wo ym not ist in syme gerichte. [...] is entwende ym denne echte not.
Küther, UB Frauensee
376, 35
(
thür.
,
1528
):
wie man dan des bey den pröbstenn [...] und lantleittung finden kann, es sey yhn denn in den uffrur entwentt.
Anderson u. a., Flugschrr.
11, 3, 2
([
Leipzig
1521
]):
Got sey mein getzeug / das ich mich [...] gnugsam vorantwurt / Derhalbe͂ so bald darumb võ Leyptzk entwendt hab / das ich hinfurt tzu friden bleybe͂.
hail. altvaͤter (
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
so lúffend die vngloͤbigen hayden in die wústi vnd bâten sy
[Christen]
[...] dú wasser mit irem gebett enwenden.