enttragen,
V., unr. abl.
1.
›etw. (von jm., von wo) davontragen, wegnehmen, wegtragen‹; häufig speziell: ›etw. entwenden, stehlen‹; auch: ›jn. betrügen, durch Betrug um sein Eigentum bringen‹; ›etw. (z. B. Steuern, Abgaben, Zoll) hinterziehen‹; seltener mit positiver Wendung: ›jm. etw. negativ Bewertetes abnehmen, jn. vor etw. bewahren‹; auch ütr. auf abstrakte Bezugsgrößen; vereinzelt von nichtmenschlichen Handlungsträgern (z. B. vom Wasser) gesagt;
zu  2a, vgl.
1
 2.
Gehäuft anleitende Texte und Rechtstexte.
Phraseme:
das lachen / spotten enttragen
›für einen Spott ungestraft bleiben‹.
Syntagmen:
(jm.) etw
. (z. B.
den schlaf / segen / wein / zehenten / zol, das seine, das gut / messer / obst, die früchte / kleider, geld / haber
)
e., j
. (Subj., z. B.
der bürger
)
(jm.) etw. e., das wasser den markstein e., die flucht jn. e
.,
jm
. (z. B.
dem nachbarn / schultheissen / wirt, den bürgern
)
/ e. S
. (z. B.
der stat, dem spital
)
etw. e., etw. von der geselschaft e., jm. etw
. [wie] (z. B.
dieblich / heimlich / schändlich, mit gewalt
)
e
.
Wortbildungen
enttragung
›Diebstahl‹ (a. 1558; dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
dî andrin dî vlucht inttrûc.
Luther, WA (
1529
):
Da kanstu ein iar ein guͤlden, dreissig odder vierzig [...] entwenden, welchs so ein ander heimlich genomen odder entragen hette, must er am strick erwurgen.
Ebd. (
1531
):
sie sollen das lachen und spotten nit enttragen.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
2, 8, 21
(
hess.
,
1525
):
das ich besorge, dieweil so viel münch und nonnen auslaufen, das da nichts entragen werde.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
Das hilfft als nichts in diesen tagen, | Es werden mir viel schuldt entragen.
Ebd. (
1524
):
ist alles vol geytz [...], der täglich brauch zaigt es augenscheinlich mit den new fünden, liegen, triegen, entragen, verraten, stelen, rauben, mörden, falsch spilen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
den spittalen vil entragen vnd entfroͤmdet wird, dz im zuͦgehoͤrt.
Ebd. (
1533
):
Wellicher wüssentlich [...] roub, verstolenn vnd entragen gut koufft, [...] so [...].
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1605
):
etlich [fyscher] [...] dergstalt zemuͦtten gsin den zeenden hiemit zuͦ entragen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
da schnit man dem Hanns Michel blaicher die zungen auß [...], wann er hett den burgeren entragen 28 fardel dieplich.
Müller, Stadtr. Ravensb.
216, 14
(
oschwäb.
,
um 1420
):
wer von geltschuld fluͥchtig wirt und den luͥten das ir entreit, [...] so [...].
Niewöhner, Teichner
344, 87
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
so wirt im der slaff entragen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
A. 16. Jh.
):
Ob ain verlust geschach das man ainem nachparn etwas entrueg, so [...].
Ebd. (
1577
):
wo kam ein geweltig wasser das seinen lauf gewun in ein rain da marchstein stehen, und enttrueg den marchstein, [...], so [...].
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
Alß zu zeiten die nachtrauber [...] etlichen nachbarn [...] ir guet mit gwalt genomben und enttragen haben, darauf [...].
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
152, 9
;
Skála, Egerer Urgichtenb.
202, 4
;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Winter, a. a. O. ;
Uhlirz, Qu. Wien ;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v.  1,  2.
2.
›jm. eine Aufgabe, Verpflichtung erlassen; jn. von etw. (z. B. Schaden) verschonen, befreien‹; in asymmetrischen Beziehungen mit Obrigkeiten und hierarchisch hochstehenden Personen als Handlungsträgern; vereinzelt: ›(Bauern und andere Abhängige) gegen Zahlung eines
lehengelds
zeitlich befristet von einer Herrschaft befreien‹; auch: ›sich einer Person entledigen‹; speziell: ›sich von js. Herrschaft befreien‹;
zu  1a, vgl.
1
 4.
Gehäuft wmd. / nobd.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  2,  2,  1,  5.
Syntagmen:
jn. e. P
. (z. B.
des königs
)
/ e. S
. (z. B.
der auflage / busse, js. vornemung, des schreibens
)
e., schaden von jm. e
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 126, 33
(
preuß.
,
1438
):
hette wir seyn unredlich regiment nicht furgenomen czu drucken und in czu rechtferdigen, wir weren solcher seyner furneminge wol von im entragen gewest.
Chron. Köln (
rib.
,
1. H. 15. Jh.
):
al ampt [...] baden in [bischuf], dat er si dez schrivens vort me entroge.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1442
):
Unse herren v. r. haint verdragen [...], dat dit vurs. verdrach van den beckeren machtlois sijn ind die becker deser boessen untragen sijn soelen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
135, 2
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Nü wollen wir gerne den dag leben / das ir der verreder enttragen würdent.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
Do das die Sachssen erfuren, do zogen sie om [konigk] entgegen [...] unde wolden entzweder sterben ader seyn entragen seyn.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 188, 15
(
nobd.
,
1464
):
Derselbig [vicarier] hat das guͤte etlich jar gelihen, die pawern der herrschaft von des cleynen lehengelts wegen enttragen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
7314
;
Loesch, a. a. O.
1, 85, 6
;
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. ;
Vgl. ferner s. v. .
3.
›sich mit jm. entzweien, zerstreiten‹;
zu  1a, vgl.
1
 8.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  4.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1561
):
Die von Nürnberg und ir bundtsgenoß [...] haben sich etlicher spen und guͤter halben enttragen und einander überzogen.
Ebd. (zu
1562
):
hat sich ain junger Ulstat [...] mit ainem jungen [...] ob der Herrenstuben auf dem rumpfspil entragen, daß ainer den andern liegen haißen.
Winter, Nöst. Weist. .