beschreien,
V., unr. abl.
und regelmäßig;
die ablautenden Formen zeigen insbesondere wmd./wobd.
-u-
Schreibungen (
beschruw-
, Prät. und Part. Prät.), vereinzelt
-au-
.
Die regelmäßigen Formen beruhen auf
mhd.
schwachem
schrîen
() sowie nach Ausweis oobd. und schwäb. Schreibungen mit
-ai-
auf kausativem
schreien
›schreien machen‹
().
1.
›etw. (Sachverhalte unterschiedlicher Art, Verluste von etw.) öffentlich bekanntgeben, ausrufen, verkünden; etw. durch Bekanntgabe konstituieren (mit effiziertem Obj.)‹; bei positiver Bewertung des bekanntgegebenen Sachverhalts: ›etw. loben, rühmen‹; spezialisiert: ›(die Begehrung einer Bergwerksverleihung) ausrufen‹; als part. Adj.
beschreit
bzw.
beschrien
›berühmt, bekannt; verrufen‹ (mit letzterer Variante auch zu 2 und 5 stellbar).
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1,  2; vgl.  2.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den reuter
)
/ etw
. (z. B.
den forst / hof, die helle des tages / herfart / hochzeit, das gericht / jubeljar / mandat
)
b., etw. auf dem kirchhof / plaz, in der stat b., etw. laut / offenlich b
.;
von gastfreiheit beschreit sein
.
Wortbildungen
beschreiung
1 (dazu bdv.: , ).

Belegblock:

Luther, WA (
1523
):
diese werck machten Christus beschrieren durchs gantze land.
hie war niemand, der newigkeit beschreien odder auch anzeigen kund.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
112, 5
(
nobd.
,
15. Jh.
):
die herschaft, [...], die sollen daz hoe gericht [...] an treyen enden des nachts lassen beschreyen.
Goedeke, Fischart Schiff
794
(
Straßb.
1576
):
gastfreiheit und freuntlichkeit, | Darvon die Schweizer sind beschreit.
Morrall, Mandev. Reiseb.
2, 4
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
wenn man etwas gebietten, beschrien oder růffen wil, so tůt man es all weg enmitten uff dem platz.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Der wachter schnell | Des tages hell | Tett aber lautt beschreyen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
die von Ulm liessen ain groß, treffenlich mandat außgaun und beschreyen.
Rot
341
(
Augsb.
1571
):
Proclamation, Offentliche außruͤffung vnd beschreyung.
Weber, Füetrer. Poyt.
149, 2
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Dy prawtlaufft ward gemachet, | zw dem ain hof peschrieren | an reichait vnuerswachet.
2.
›jn. als Übeltäter auf frischer Tat beschreien, mit lautem Anruf, Geschrei stellen und ihn dadurch anzeigen, anklagen‹; losgelöst vom Anruf: ›jn. verklagen; jn. rügen (z. B. von der Kanzel)‹; von Sachen: ›etw. (Strafwürdiges) rügen, tadeln‹.
Gehäuft berichtende Texte (darunter Chroniken), Rechtstexte (speziell zum Rechtsaspekt:
Hrg
1, 1971, 387
).
Bedeutungsverwandte:
 12,  3,  1, (V.) 5,  12, .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den dieb / gewerken / mörder / sünder / täter / teufel / wucherer, die papisten
) /
etw
. (z. B.
den schlangen, den reim, die anfertigung / lere / rede
)
b., jn. des ehebruchs / mordes b., jn. für / vor got, dem könig, für der welt, im gericht b., jn. mit gerüfte / klage / zetergeschrei b., jn. mit diebstal / malefizsachen, um notzogung b., jn. vor einen mitfolger, für einen räuber / mörder b., jn. in / an der (handhaften / waren, ferschen) getat b., jn. offenbar b
.,
jn. kempflich b
. ›zum gerichtlichen Zweikampf auffordern‹;
mit untat beschrien sein
;
das b
. (subst.)
der übeltäter
.
Wortbildungen:
beschreilich
1,
beschreiung
2.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Der slange wart beschriet | Umme den roubelichen gewalt | Der an deme menschen waz gestalt.
Luther, WA (
1527
):
weil wir armen sunder muͤssen beschryen werden, das wir Christum schenden.
das jch sie wil offentlich fur Gott und der wellt verklagen, beschreien und ausbreiten,das sie [...] zu spot werden.
Ebd. (
1545
):
ein beschreyter Moͤrder und auffrhuͤrer, Barrabas.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
swanne de wůchere dre stůnt gemanet werden vnde se den noch wůcherent, So bescrie se geistlich vnde werlich gerichte offenlichen vor de Cristenhey
e
t vnde snite in hůt vnde har abe.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
do quamen die andere vrunt, den der doitslach angienk, ind beschruwen den man vurß mit groser klagen und anverdicheit, also dat he gegriffen und darna [...] sin heuft afgeslagen wart.
Ebd. (
Köln
1499
):
O aller beschrijelichste schentlichste vnd schedelichste vall durch de͂ dat gantze mynschlich geslechte verwunt is bis zo dem ewigen doide.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
172, 6
(
thür.
,
1474
):
der vor eynen nach- unde metevolger eynes totslages beruffen unde beschriet ist worden.
Ebd.
177, 25
:
Hat uch der genante Jorge Beher vor daz halsgerichte geladen unde uch daselbist met zcoytergeschreye an dryen stetin unde an iglicher stat drymal in vorwandelunge der stymme beschriet unde darnach zcu uwerm libe unde lebin geclaget.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
So muz in der vorderer kempliche zuteidingen als recht ist; he muz si beschrien, he muz si begruzen kempliche, als recht ist.
so muz der widersache boten biten dazu, daz he beschriet unde begruzet werde kempflichen.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
und hat in des mordes halben nach gestalten dingen mit zetergeschrei vor gericht unpillich beschuldigt und beschreien lassen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1528
):
Sobald aber die gewerken, denen ihr ertz ausgehauen wurde, aus ihrem erbschacht [...] zu den rauborttern ein ausgezimerten durchschlag machen, die andern gewerken bergmennisch beschreyen und beleuchten, alsdann sollen die gewerken, so geraubt haben, bey der peen funfzig mark mit ihrer arbeit ablassen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
Von beschreyung des tetters. Jtem der Cleger mag auch vber den tetter dreymal schreyen: ,waffnach-jo!‘ oder ,moͤrder-jo!‘
Ders. u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
mit dem Beschreyen der vbelthatter soll es [...] vff [...] beger des anclagers nach jedes gerichts gutter gewonheit gehalltenn werdenn; Wa aber der beclagt vnschulldig erfundenn wordett, allso das der ancleger dem Rechten nit nachkomen wolt vnnd nit desto weniger der beclagt Rechts begert, so were solliches beschreienns nit not.
Vnnd der dieb mit sollichem diepstall, [...], nit beschrienn, beruchtigt oder bedrettenn wirdet.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Diser rim ward durch mich so wit erluͤtret, dass er uf der kanzel beschruwen, und durch ein fuͤrsichtige oberkeit abgetilget ward.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1484
):
ob das wer das ainer dem gotshauß oder ainem im dorf schaden tät, den soll man beschreyen und welt der also beschryen wurd darvon nit lassen, so mag man in zue gefengknus pringen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
do ward Ulrich Dendrich beschrien, er hett von dem gelt gestolen.
Ebd. (zu
1563
):
wolte aber nichts helfen, dann er sich gar oft beweinet, daß er mer truncken, dann nuͤchter war, das auch [...] in der gantzen stat beschraiet ist worden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Blieb der Wolff im Walde / so wurd er nicht beschrien.
Niewöhner, Teichner
723, 62
(Hs. ˹
schwäb.
,
1472
˺):
das der tewfell manig zeit | wirt berueft und beschreit | maniges das er nymer ruͤret.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
do beschrai in herzog Ludbig offnlich vor dem küng und andern fursten für seinen raüber.
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
250, 28
(
smähr. inseldt.
,
1414
):
wer aber, das in [schedleich man] die veint beschriern, so sol in der richter vachen vnd behalten vncz an den dritten tag.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, Hs.
17. Jh.
):
Ob sich begäb, daß ainer von ainer mans- oder frauenpersohn ain unthat säch, so soll derselbig solches persohn, [...], beschreien oder fänklich annemmen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15.
/
16. Jh.
):
Wan ain schedlich man oder weib auf der kirchen Sand Dionisen grunt und gericht kumpt und da offenlich beschriern oder begriffen wirt.
Ebd. (
1565-81
):
Wo man leut in ainer herrschaft [...] ungewöndlich weeg und steg säch geen oder reiten, die unbekand, oder erkand und mit ainigerlai unthat beschrieren wären.
Piirainen, Stadtr. Sillein
137a, 17
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
ab man yn an der hanthaften tat gesehen hot vnd beschriren ist mit dem geruͤfte.
Ebd.
140b, 27
:
Ist daz eyn man vmb notzogung eyner Iuncfrauwen wirt beschrirer.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ;
Ermisch, a. a. O. ; ;
Kisch, a. a. O. ;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
6
;
Siegel u. a., a. a. O. ;
Winter, Nöst. Weist. ; ;
Bischoff, a. a. O. ;
Dietz, Wb. Luther ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
Vgl. ferner s. v. ,  1.
3.
›etw. (meist Feuer, auch den nicht vorschriftsmäßigen Zustand eines Gegenstandes) durch Schreien bekannt machen, Gefahr ausrufen und dadurch Hilfe, Abhilfe, Gegenmaßnahmen einleiten‹.
Rechtstexte, auch Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
 1,  13, (V.) 15, .
Wortbildungen:
beschreiung
3 (16. Jh.).

Belegblock:

Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 532, 36
(
halem.
,
1508
/
16
):
und hat ein froͤmder man das für zů ersten bschruͤwen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 535, 15
(
schwäb.
,
1705
):
so einer aber daß [fewr] selbsten beschreyet und erstens lärmen machet, der soll in keine bueß gezogen werden.
Ebd.
723, 42
(
um 1585
):
bey welchem feür aufgehet und er oder sein hausgesünd solches zum ersten beschreyet, ist zue buoß verfallen drey pfund, so es aber ain anderer vor inen beschreiet, ist er verfallen zehen pfund.
Wutzel, Rechtsqu. Eferding
9, 10
(
moobd.
,
1415
):
wem sich in der stat ain fewr erhebt vnd der das nicht beschryer vnd fluch dauon vnd wer nach demselben greiffet, der schol in dem gericht antbürtten vnengolten.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
wo sie [feuerschauer] ein unbewehrten kobl funten, sollen sie die nechsten 2 nachbahrn zu ihnen nemen, den kobl beschreien und dem mit ernst auferlögen daß er sein kobl mit ehisten ohne weitern verzug bößern.
Bergner, Urk. Kahla ;
Hauber, UB Heiligkr. ;
Barack, Zim. Chron. ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
4.
phras.
die vier wände beschreien
, von Kindern als Beweis für ihre Geburt und Erbfähigkeit gesagt.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
114, 6
(
thür.
,
1474
):
so hat er alle sin gud geerbit uff Otten, den son, unde uff dy frucht in deme liebe synes eewybes, ap dy ernach lebinde geborn unde dy vier wende beschrien wert.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Das ein kind lebendig sei geporn, zu beweisen. Spricht Leiptzk: Kan der verstorbene(n) frau muter beweisen, das das kind lebendig sei gewest, mit vier mannen, die das kind gehort haben die vier wende beschreien und mit zweien weibern, die irer tochter geholfen haben in irer arbeit, so hat das kind seines vaters erbe zu recht erlangt.
5.
›jm. übel nachreden, jn. diffamieren, verleumden, ins Gerede bringen; jn. verspotten; jn. (auch: ein Tier) beschimpfen, anfahren, laut anschreien‹.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
die Juden
)
/ etw
. (z. B.
das land
)
b., jn. übel / unbilliche b., jn. mit etw
. (z. B.
mit einer untat, einer secte, mit einem bösen leumund
)
/ um etw
. (z. B:
um einen mord
)
b
.;
jn. e. S
. (z. B.
der handlung
)
b
.;
jn. beschreit machen
;
beschreit sein / werden
;
beschreite fraue
.
Wortbildungen
beschreiung
4 (dazu bdv.: , ; a. 1541; 1561).

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
die atzel balde, | Die alle vogele beschriet | Und lesset keinen by ir nysten.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
wurden im einreyten durch das leger von etlichem kriegsvolk, die sie kenneten, beschrien: „Ey kumpt ir, kriecht ir zum krewz [...]“.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1520
):
so ainer dem andern tags oder nachtz in sin hus gat und im jemantz darzů beschrait, übel handelt, oder benotzogen will.
Schib, H. Stockar
14, 7
(
halem.
,
1519
):
und hasatt mian (sy [Juden]) ubel da, und beschrigt man sy und [...] verspott da.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
79
(
Genf
1636
):
Du hast deinen Vettern vbel (beschreyet).
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
mit andern jungfrawen etliche, die gleichwol zimlichen beschrait gewesen.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1562
):
er bekent, wie in der teuffel hab [...] zu der statt aussgehawen. Er was weit beschreit im land.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Beschreyen / verleumbden [...] Der beschreit ist / von seines schlaͤckigen mauls wegen [...]. Ein Hauß / das von der vngehewre oder gespenst wegen beschreiet vnd verlassen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 40
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
das pitter laid ir [mueter] herz zuprach, | da Jesus wart beschrait | in schachers weis.
Vgl. ferner s. v. .
6.
›jn. verfluchen, einen Fluch über jn. aussprechen; etw. (z. B. ein Pferd) zauberkundig, nach einer bestimmten Zauberformel besprechen‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 5, , .

Belegblock:

Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 405, 22
(
Hagenau
1534
):
Du hast mich beschryen. Wir arme menschen seind so schwach und verzagt / daß wirs dar vor gehalten haben / als künne eyn mensch dem andern also boß günnen / daß es war werde / und bestehe yn wie yhm gefluchet wirt. Wir halten es auch thewer / daß niemand eynem sein glück [...] berůffen oder beschreyen soll.
Deinhardt, Ross Artzney
76
(
oobd.
,
1598
):
Wann ain roß beschriren wirdt.
7.
›etw. / jn. beklagen, beweinen, bejammern‹.
Bedeutungsverwandte:
 1,
1
 1.
Wortbildungen:
beschreilich
2.

Belegblock:

Chron. Köln (
Köln
1599
):
Sÿ beide beschruwe͂ yn C iair Vnd die stat in d’ sy yn beschruwen. [...] wirt genant dat daill d’ trene͂.
Ebd. (
1499
):
den schentlichen und jemerlichen doit des vurß Conradinus beclacht ein historienschriver alzo bermenklich ind spricht alsus: och wie beschrielich ind bermelich ist dat.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
4677
(
rib.
,
1444
):
Ich meynen dat du in alsulchen noeden | Clagen soels ind sere beschryen | Dat [...].
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
363
(
Köln
1476
):
Luud wurden dar beschrowen | Bynnen dem guden plaen | Dye froemen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Beschreyen / beweinen, beklagen.
Niewöhner, Teichner
258, 40
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
werltleich lieb dez ersten suezzet | und wıͤrt unmazzen pitter seit. | wem si wıͤrt, der wirt beschreit.
Meisen, a. a. O.
605
;
Kurz, Waldis. Esopus .