ausrufen,
ausrüfen
(beide Schreibungen ungefähr mit gleicher Häufigkeit belegt; erstere eher md., letztere eher obd.),
V., unr. abl.
(für
ausrufen
), regelmäßig (für
ausrüfen
). – Vgl.
Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
1988, 428/9
.
1.
›etw. laut ausrufen, hinausschreien‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ; vgl.  1.

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz man Got dicke let gon mit zornigen worten [...] oder mit heimelichen dingen uz zů ruͤffende.
Heidegger. Mythoscopia
45, 12
(
Zürich
1698
):
Demnach ein Zetter=Geschrey erhoben / und under den Schlaͤgen außgeruffen: HErr erbarme [...] dich.
2.
›etw. öffentlich ausrufen, verkünden, bekanntgeben‹; vorwiegende Handlungsbereiche: Verkauf, Versteigerung von Objekten, öffentliche Ankündigungen, Bekanntmachung von Ordnungsbestimmungen, kirchliche Eheverkündung, öffentliche Verlesung von Verbrechern, Aufruf zum Betrieb von Bergwerken.
Phraseme:
jm. den wein ausrufen
›js. Lob verkünden‹.
Syntagmen:
den frieden / lon / totschlag, die herschaft / hilfe / stunde, das feuer / banteiding / urteil / wort / pfand/ erbe / gut / land a.
(jeweils affiziertes Objekt),
jn. zu dem sacrament der ehe a., a.
+ Konjunktionalsatz mit
das
oder
wie das
;
a.
+ Infinitivsatz mit
zu
;
etw. öffentlich a.
; subst.:
a. der ordnung.

Belegblock:

Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1481
):
Diß ist uffentlich durch die stat ußgeruffen und von rats wegen verkundet worden.
˹Als Sprichwort: Luther, WA (
um 1535
):
Kuckuc rufft sein eigen namen aǔs.
˺
Ders. Hl. Schrifft.
Jos. 8, 34
(
Wittenb.
1545
):
lies er [Josua] ausruffen alle wort des Gesetzs vom Segen vnd Fluch.
Thür. Chron.
8, 28
(
Mühlh.
1599
):
Ließ außruffen / wer zur Wehr tuͤchtig wer / [...] der moͤchte kommen.
Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
,
1509
):
sall der bergkmeister rechte mas gebenn und doch solichs tzuvor viertzehen tage außruffen lassen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1537
):
soll er [...] sich auch mit anschlagen und ausruefen der ordnung des 14. artickels gemess verhalten.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
583
(
schles. inseldt.
,
1477
):
hot her lossen aws rẅffen, ap irkeyner werre, der den salbigen dÿp rechten wolde.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Erkent yn dort die gancz gemein, | So er das streng gerecht urteil auß rüfft.
Bell, G. Hager
288, 3, 6
(
nobd.
,
1605
):
pharao für bas | ziret den joseph fein | [...] | vnd lies aus riefen mechtig | jn zu förchten al tage.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
was der Wein galt, das kunt sie [Atzel] ußrieffen.
Goedeke, Fischart Schiff/Kehrab
93
(
Straßb.
1576
):
Ich wolt ich könnt nach Murrnarr senden, | Dem würd er nicht für übel haben, | Wenn er im sagt vom nassen knaben: | Und rüfet im den wein wol aus, | Oder schickt im die seu zu haus.
Pfeiffer-Belli, Murner im Glaubensk.
3, 39, 2
(
Luzern
1528
):
Hie würt angezeigt das [...] vnrechtlich vßrieffen vnd fürnemen einer loblichen herrschafft von Bern ein disputation zů halten.
Rot
306
(
Augsb.
1571
):
Diuulgirn, Gemein machen / vnder das gemein volck außbreyten / außruͤffen / kundtpar machen.
Ebd.
342
:
Proscribirn, Ein ding hinfailen / außruͤffen / mit offentlicher angeschlagner schrifft verkündẽ / anschlahen als zettel / fail bietten.
Bastian u. a., Regensb. UB
280, 3
(
oobd.
,
1365
):
umb den totslag, [...] den man von der stat auzgeruͤfft het.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
das wär als ein herold [...] außschreien und außrüefen frid und gnad.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1547
):
da der wint so groß ist, soll er außgeruefen werden.
Ebd. (
n. 1618
; Hs.
1681
):
sollen sie des nachts die stunt des feurs
[Zeit der Löschung des Herdfeuers]
wie oben vermeldt umb 7 uhr schon anfangen auszuruefen.
Ermisch, a. a. O. ;
Löscher, Erzgeb. Bergr.
134, 16
;
Gille u. a., M. Beheim
239, 17
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
A. à S. Clara. Deo Gratias ;
Schwartzenbach
V iiijr
;
Rot
343
;
Hulsius
A iiijv
;
Dietz, Wb. Luther ;
Schirmer, Kaufmannsspr. .
3.
›etw. durch Ausrufen einführen, etablieren, etw. deklarieren, gründen‹.
Syntagmen:
eine fasten, einen freien markt a.
(effiziertes Obj.).

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
2. Chr. 20, 3
(
Wittenb.
1545
):
[Josaphat] lies eine Fasten ausruffen vnter gantz Juda.
4.
›jn. zu etw. (z. B. zum König) ausrufen; jn. als etw. (z. B. als Ketzer) ausgeben‹.
Syntagmen:
jn. vor / für einen könig / keiser a., jn. als einen feind a., jn. einen ketzer a.

Belegblock:

v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do wart her uss geruffin vor eynen romischen konigk von aller melchem.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
ward ir kn. mt. für ain römischen kaiser mit dem trůmetten und sunst ausgerieft.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
ward herzog Hainrich [...] als ein feint des kaisers offenlich ausgerüeft.
5.
›etw. als etw. anderes ausgeben, deklarieren‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11.
Syntagmen:
das ablas für die gnade a.

Belegblock:

Dietz, Wb. Luther .
6.
›jn. schmähen, schelten, verunglimpfen; jn. wegen eines Vergehens öffentlich beschreien, anprangern‹.
Bedeutungsverwandte:
 2,  3,  2, , , (s. v.  2); vgl.  1.
Wortbildungen:
ausrufer
2.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Traducere. Verleumbden beruͤchtigen verunglimpffen [...] außschreyen außruͤffen angeben [...] jn die leut tragen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1533
):
hat man ain frau auf den branger gestellt und sie ausgerueft mit kupln.
Qu. Brassó
5, 581, 12
(
siebenb.
,
1617
):
dass man ihm die Muetter schmäht [...], wenn derhalben aus Bewegung der Ehren Einer [...] dem Ausruefer folget, [...] so folgt doch von Rechts wegen, dass, so derjenige, so ausgeruefen, den Ausruefer, weil er nit folget, umb halbe Söhnung bringt.