murmeln,
murmen
(letzteres seltener),
V.;
statt des medialen
-m-
auch
-b-
:
murbeln,
murben
;
lautnachahmend über
mhd.
murmeln / murmern
aus
lat.
murmurāre
(;
Georges
2, 1062
).
1.
›murmeln, brummeln, leise, leiernd sprechen, flüstern; etw. raunend herumerzählen‹; auch: ›zwitschern‹ (von Vögeln).
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl. ,
1
.
Wortbildungen:
murmelhaus
›Kapitel eines Ordens, gedacht als Stätte ständigen Gebets‹ (hier mit positiver Wertung des
murmelns
),
murmelung
1 ›Gerücht‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1519
/
20
):
Nemlich, das nit gebettet noch angerufft heyst, wo der mundt allein murmelt.
unßer gepet ist itzt nur die sieben zeytt murmeln, roßencrentz tzelen und desgleychen wort plappern.
Altmann, Wind. Denkw. (
wmd.
,
um 1440
):
die mürmelung des todes ging uf die alte keiserin: ,est mala mulier et tota putena’.
Niewöhner, Teichner
550, 33
(Hs. ˹
nobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
er get murmelnt ze aller frist | alz ein pfaff der tagzeit list.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
in dem slaffe hort ich muͤrmeln | menlich stymme und auch ein wip.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Do er wider hein kom, do murmlet man dú leiden mere.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
’wann die snoͤden múnch grynen als die swein [...], wann sy haben ain múrmellhaws,‘ da maint der teẃffel das capitel, ,dar in verbergen sy uns was sy ye poͤsz und úbels gethan haben
.‘
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
[
starn
]
besament sich des âbends und habent ain grôzes murmeln mit einander.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
2.
›murren, seinen Unmut, seine Unzufriedenheit innerhalb einer Gruppe äußern, nörgeln, grummeln, ungehalten auf etw. reagieren‹; die Unmutsäußerung umfaßt die gesamte Amplitude zwischen heimlichem, gerüchteartigem Reden und sozialer Aufsässigkeit (s. dazu 3); sehr vereinzelt auch als Ausdruck der Freude gebraucht; oft subst.; offen zu 3.
Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
, , , (V., unr. abl.) 1, , ,  3, , , ; zur Subst.: , .
Syntagmen:
j
. (z. B.
die pharisäer, das volk
)
m., j. (darum) m., das [...], j. alzeit / faste, im herzen, mit den füssen wieder got m
.; oft subst.:
das murmeln erkennen / hören, faren lassen, ein murmeln erheben, dem volk das murmeln stören
;
ein murmeln
(Subj.)
aufstehen / werden, in der stat sein
;
etw. ane murmeln leiden, in murmeln sünden, etw. mit murmeln tun, jn. vor murmeln behüten
;
das murmeln des pöbels
;
das grosse murmeln
;
die arbeit mit murmeln
.
Wortbildungen
murmeldine
›Klatschweib‹ (dazu bdv.: , ),
murmeler
(dazu bdv.: , , ),
murmerei
›störendes Gemurmel‹ (dazu bdv.: ; a. 1488).

Belegblock:

Luther, WA (
1520
/
1
):
wann die küchen wil mager werden, so fahens dann an murmeln und schreyen [...].
das Euangelium hat stets verfolgung und darmit so murmeln und reden die gleisner wider das selb.
Gerhard, Hist. alde e
5402
(
omd.
,
um 1340
):
van dem andern schatze zwar | Satzte er di kirwie clar, | Daz er sturte so dem volke | Ir murmeln.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
12140
(
rib.
,
1444
):
Us ydelheiden neit dan murmeren en geit.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Hervmb murmelden sy gemeine | beide grois ind cleine. | Dar na wart euer eyne stille.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Obe keine sustere werde ober ungehorsam ober stoltz oder murmellene oder in keinen dingen wederwurdich wesende.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
ir gelouben sult | Daz Job inaller sinir pin | Nicht sunte in den lippen sin | Noch murmete indem herzen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
di Pharisêi murmelten und ire scrîbêre und sprâchin zuͦ sînen jungern: [...].
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
28, 29
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
alle wochen fremde aufsatzung oder murmeln, [...] muß ein jeglicher beweibter man haben.
Neumann, Rothe. Keuschh.
4569
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
der ander ist ungehorsam, | di murmelt unnd ist iren obirsten gram.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
[sie] mvrmeten von dem bischofe, das er in hete vnrecht getan.
Sachs (
Nürnb.
1539
):
Als, was er schaff, red und gepiet | Das sie das thu und anderst nit. | On murmeln, unwilln und einred.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz keine swappelmetze noch murmeldine dar in gehoͤrt, die ein merentragerin ist vil sachen uz zuͦ rihtende mit urteile und mit hinderklaffende.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
so die murmlung
[Var. 1475
2
-1518:
der murmeler
; nd. Bibel 1478
1
:
bespreker
; 1478
2
:
kyfmaker
;
Froschauer
1530:
ohrenblaser
;
Luther
1545, Spr. 26, 20:
verleumbder
]
wirt abgenomen so ruͦent die krieg.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
únserm herren ist lieber ain klainer dienst mit vroͤden denn ain grôss arbait mit murmelen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
an dem obgemelten tag was ain große sag und murmeln hie in der stat von ainem reichen und gewaltigen burger.
Wolf, Norm im sp. Ma.
59, 72
;
Sermon Thauleri
10ra, 34
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
10, 11
;
Gille u. a., M. Beheim
82, 265
;
276
;
Rieder, a. a. O. ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
39, 18
;
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. ;
Barack, Zim. Chron. ;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
73, 39
;
Winter, Nöst. Weist. ;
Wackernell, Adt. Passionssp. Br. I,
104
;
Bauer, Imitatio Haller
79, 11
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
217
;
Schmitt, Ordo rerum
270, 9
;
Hulsius
M iijv
;
Vgl. ferner s. v.  9.
3.
›murren, sich aufsässig, widerborstig gegen die Anordnungen / Handlungen einer personalen oder institutionellen Autorität verhalten, gegen jn. aufbegehren, sich gegen jn. / (selten:) etw. auflehnen‹; im Unterschied zu 2 in der Regel auf einen Gegner bezogen und mit stärkerer Betonung der Aufsässigkeit.
Syntagmen:
auf jn., gegen jm
. (z. B.
gegen dem hauswirt
),
wieder jn
. (z. B.
wieder got, Mosen, den herren / keiser / vater
)
m., gegen js. willen, wieder etw
. (z. B.
wieder die kälte / schinderei
)
m
.; subst.:
das murmeln wieder jn. sich erheben
;
das grosse m
.
Wortbildungen
murmelei
(dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
es erhuͦb sich aber zur zeit ein murmeln under den kryechen wider dye Ebreer.
Froning, Alsf. Passionssp.
2475
(
ohess.
,
1501ff.
):
das sich von dem volck icht hebe | eyn mormely und eyn groiß getrebe.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Murmmeln noch wider callen | Wil ich ken dem willen syn.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
si murmelten
[nd. Bibel 1478
1
:
kurden
;
Luther
1545:
murreten
]
intfâhinde wider den vatir der gesinde.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
um 1480
):
daz volk mürmet wider Moisen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
156
(
Nürnb.
1517
):
des teufels rede, als do sein: ligen, murmeln, got, den priestern, [...] nach ubel, [...] giftig reeden.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
ee man das Feuͤer anfieng zuͤ machen, da fruͦr den Sun, das er zankleffet und murmlet wider die Keltin.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Darumb war ain gros mürmeln under der g’main wider den kaiser.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Die gemayn murmelt vast auff die von Gentt des grossen volcks halbn unnd sagttn, sy woltn in nicht getrawn.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1671
):
wehr aber dise zur seeligkeit nottwentige stuk nit hat, der murwelt wider gott, schült fluecht sacramentiert früst sauft huert puebt.
Feudel, Evangelistar
15, 25
;
Gerhardt, Meister v. Prag
30, 21
;
Grossmann, a. a. O. ;
Enders, Eberlin .