murren,
V.
– Belege seit dem 15. Jh.; meist mit gesellschafts- und moralkritischer Tendenz.
1.
›ein je nach logischem Subjekt spezifisches Geräusch von sich geben‹; im einzelnen z. B.: ›knurren‹ (von einem hungrigen Magen); ›bellen‹ (vom Hund); ›quaken‹ (vom Frosch).Belegblock:
Peil, Rollenhagen. Froschm.
458, 6109
(Magdeb.
1608
): So murrt
(von
Froͤschen gesagt)
vnd quackt beid groß vnd klein / | Ob gleich die Alten sprachen nein. v. d. Broek, Suevus. Spieg.
147v, 43
(Leipzig
1588
): Auch die todten Coͤrper vom Galgen abgerissen / jre murrende Beuche zu fuͤllen.
2.
›(etw.) herleiern, herplappern‹ (auf das Lesen religiöser Texte bezogen, indem es einem Brummton verglichen wird).Belegblock:
Luther, WA
2, 347, 15
(1523
): Wenn du nicht mit vernunfft handlest, sonder schnurren und murren willt, und mit dem kopff hyndurch, [...], so werdet yhr nicht kunden betten.
Ebd.
32, 417, 31
(1530
/2
): wenn ein moench vierzig iar lang seine zeiten gelesen odder gemurret hat, so hat er nicht jnn den allen eine stunde von hertzen gebeten.
Ebd.
33, 284, 15
(1531
): dan die vernunfft kan eine kappe tragen, haar lassen abscheren, murren, beten undt fasten.
Kurz, Waldis. Esopus
4, 69, 92
(Frankf.
1557
): Mit murren, beten, singen, lesen, | Mit sawer sehen, knien, bucken | Vnd all der gleich Geustlichen stucken.
3.
›murren, klagen, sich beschweren, in nicht ausformulierter Weise seiner Unzufriedenheit über etw. / jn. Ausdruck geben, aufsässig auf etw. reagieren‹.Syntagmen:
j., die welt, eine sau, ein pferd m
. (in letzteren beiden Fällen ütr.: ›widerspenstig sein‹), j. im winkel, im leben, über etw., ob e. S., mit jm., wieder jn
. (z. B. wieder got, Mosen
) / etw
. (z. B. wieder das evangelium
) m
.; subst.: das murren sich anheben
; gute fuge des murrens haben
; das murren der Juden
.Wortbildungen
murrer
murrig
murrisch
Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 118, 13
(Wittenb.
1524
/5
): Schnurr, murr und bell gleich wer do wil, | Es sol euch all nit helfen vil.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Chr. 26, 19
(Wittenb.
1545
): da er mit den Priestern murret
[
droetMentel
1466: ]
/ fuhr der Aussatz aus an seiner stirn fur den Priestern. Peil, Rollenhagen. Froschm.
71, 849
(Magdeb.
1608
): [Die Saw] murt doch endlich mit vngedult / | Warumb schlegstu mich ohn mein schuld?
Gropper. Gegenw.
11v, 590
(Köln
1556
): dz alß dan ire fordern / die vnglaubigen Capernaiter / ires versüchens / zanckens vnd murrens / guͦte fuͦge vnd recht gehabt.
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl.
8, 28
(Hs. ˹pfälz.
, M. 16. Jh.
˺): hilft auch nit har auß raufen, | mur oder beiß: | solts sein, so seis.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
256b, 20
(Frankf./M.
1649
): traͤgts sich zu / daß eines oder ander Vnschuld an Tag kompt / [...] / da runtzeln sie die Stirne / Muffen vñ Murren daruͤber.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
146, 29
(Nürnb.
1548
): die welt / die wil / wenn es vbel zugehet / murren / sie schilt vnnd flucht.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
330
(Genf
1636
): murrig / oder murrisch / so vnfreundtlich in Reden vnnd Gesicht sich geberdet.