1
gestirn,
gestern
(dies letztere nur in 2 Belegen),
das
;
-(e)s/-e
;
zu .
1.
›Gestirn, Gesamtheit der Sterne‹; vereinzelt generell: ›Himmelskörper‹; in den Belegen vielfach als Beweis und Zeichen für die Allmacht Gottes sowie als Quelle siderischen Einflusses auf den Menschen angesprochen; offen zu 2.
Vielfach Texte religiösen (auch didaktischen) Inhalts, ferner Chroniken und Sachtexte.
Syntagmen:
j. (got) das g. beschepfen / setzen
;
das g
. (Subj.)
klar / scheinbar / unzallich sein, aufgehen, sich verwundern, jm. dienen, jn. loben
[Gott]
/ predigen, der kindheit (Jesu) untertan sein
;
sich auf das g. verstehen, der mane im g. scheinen, den himmel mit dem g. preisen, durch das g. das jar erkennen
;
g. am himmel
;
das bewegliche / hin- und herschweifende / liechtreiche / mikrokosmische g
.;
der herre / meister / schöpfer / erhalter / ausleger / son des gestirnes, der lauf, die bewegung / schiknis des gestirnes
;
die kunst von dem g
.
Wortbildungen:
gestern|seher
,
gesternt
(auch ütr.),
1
gestirnet
1. ›mit Sternen überzogen‹, dazu phras.:
gestirnte strasse
›Milchstraße‹; 2. ›wie Sterne gestaltet‹; 3. ›aus der Substanz von Sternen gebildet‹ (poetisch);
gestirnig
(wie
1
gestirnet
1),
gestirnkunst
(dazu bdv.: ; vgl. ),
gestirnlauf
,
gestirnze
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die gesternete crone | Mit den zwelf houbet tugenden.
Die sunne nicht me enschinet, | Daz gesterne noch der mane.
Jan.-Off.
7, 16
(
rib.
,
14. Jh.
):
Den hemelrich ind gestirnze loeuent [...] ind predigent.
Voc. Ex quo A
798
(
rhfrk.
,
M. 15. Jh.
):
Astrum Gestirne [...] gestirncze.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
69, 11
(
um 1571
, Hs.
1615
):
der Vnsichbare gestiernte Löib
[des
Menschen
als
werckh
Gottes]
ist auß allen sternen vnd das ganze furmament ist in Jhme, Ja Er ist mit dem gestiern ein ding, wie die weise auf dem schne, [...] diser siderische Geist ist die Khunst, Wiz, verstandt, weisheit, vnnd alle Nattierliche Khluegheidt diser welt.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
Zo Cracaw in Polant die hoechste ind beste schoil in der astronomie, dat is die kunst van dem gestirntz.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1616
):
Drumb soll heut sein lob erklingen, | Vnd hoch durch die wolcken dringen, | Zum gesternten Gotteshauß.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
11, 2, 20
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
gar lûterbâr | der mâne klâr | noch schint in dem gesterne.
Voc. inc. teut.
i vr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Gestirnig Astrosus [...] dicit’ celu͂ est iã astrosum. i. plenu͂ astris.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
16, 7
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Dy gesternseer dy wordin vor gevrogit, e man streyt, von Cyngius von dem ende des strytis.
Ebd.
62, 29
:
Ouch sint do behende meystir in der naturn, [...], und di sich vorsten uf das gestirne, astronimi.
Mylius (
Görlitz
1577
):
Sidus Astrum Gestiern / viel Sternen bey einander.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
auch ietzo noch / sind selbige [Fluͤgel der Geometriæ und Arithmeticæ] in grundlegung der Ge⸗stirn⸗Kunst.
Gille u. a., M. Beheim
22, 190
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der alls gestirnes herr und maister ist, | des firmamentz und uber die planeten, | der selbig ist gehaissen Jesu Crist.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
dis ist ein gotfoͤrmigú loblichú vernunft, wan si widerlúhtet in ir selb mit togenlicher warheit, als der himel tuͦt in sinem liehtrichen gestirne.
als daz gestirne an dem himel unzallich ist, also sint dú minnezeichen miner grundlosen minne ungezellet.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
der mân ist daz aller naͤhste gestirne dem ertrich.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
/
32
):
dieweil aber der mensch ein erbe ist gottes reichs [...], wie kan er denn ein son des gestirns sein, dieweil der himel zergêt.
Ebd. (
1591
):
das linea vitae nach dem lauf der zeit des microcosmischen gestirns alle 24 stunden ein mal geboren wird.
Schmitt, Ordo rerum
141, 6
(
salem.
,
2. Dr. 15. Jh.
):
kunst uon dem gestirn louff.
Maaler (
Zürich
1561
):
Wenn die Sonn aufgadt so gadt das Gestirn nider. [...]. Gestirn kunst (die) oder raͤchnung vnnd erfarung von deß him͂els lauff vnd von dem gestirn. Astrologia. Der Gestirnet himmel / der voll sternen ist / oder mit sternen geziert.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Der weit raiset / veraͤndert wol das gestirn / aber nicht das hirn.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
158
(
pfälz.
,
1436
):
dar durch die sele wandelt jn alle jr werge, der viel me ist dann gestirns an dem hiemel.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
An dem vierden tag hat got beschepfft die sunn, man und daz gestirne.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Sich an den himel, und die gestirnt strass wirt dich den weg unverirrt weisen.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
384
(
oobd.
,
1607
/
11
):
mit seinem deckel, darauff 8 mit spitzige bletlein gestirnete blümlein mit gold gemalt.
Gerhard, Hist. alde e
1554
;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 8
;
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe ;
v. Tscharner, a. a. O.
32, 5
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
28, 13
;
M. Cunitia. a. a. O. ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
103, 1
;
326, 13
;
Sudhoff, a. a. O. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Heydn. maister
3r, 23
;
26v, 7
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
59, 23
;
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
7, 22
;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›Sternbild, Sternzeichen, Konstellation der Sterne‹; vereinzelt ütr., z. B. auf die Veranlagung des Blutes, auf ein durch die Sternenkonstellation bestimmtes menschliches Schicksal, auf zukünftiges Unglück.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, Wörterbücher, Fachtexte.
Phraseme:
das siebende gestirn / die sieben gestirn(e)
o. ä.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  3, , ,  8,
1
 2,  6,  7,
1
 2, ,  2,
1
 2, (
der
2,  2, , , , , .
Wortbildungen:
gestirnisch
›in einem bestimmten Sternbild (von der Geburt gesagt)‹,
gestirnung
›Sternenkonstellation‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
wer inn disem oder jhenem gestyrn geboren würdt.
Ebd. (
1527
):
das die liechter und gestyrn dreyerley wircken [...], zum dritten ein einflus haben, ist eytel narrenwerck.
Gille u. a., M. Beheim
352, 207
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann wir so lepten dann | dorfft wir nit sorgen dis | gestirnes eineflis.
Voc. Teut.-Lat.
m iiijr
(
Nürnb.
1482
):
Gestirn. Fatum. i. constellatio.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
nun aber, das die taubsucht went, hat ein zwifachen verstant, einen aus dem gestirn des bluts, den andern aus administration solcher dingen, die die vernunft ubertreffen. die aus dem blut sind sidera des bluts.
Ebd. (
1530
):
Alexander magnus, wer weiß in zubeschreiben, der sein gestirn nit weißt, sein gestirnisch geburt?
Ebd. (
1536
):
die eußern gestirn wirken im menschen, also auch die innern gestirn des menschen wirken auch in den eußern, wirklich und mit taten, [...]. dan das mars in uns vermag, das vermag der mensch in in auch.
Ebd. (
1536
?):
was aber on die elementen wird und on den geist des gestirns, dasselbig ist ein misgewechs, ein fluß und ein abortus.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein guͤtig vnd glückhafftig Gestirn. [...]. Durch eynflussz deß Gestirns oder võ waͤtter geschediget werden.
Das gestirn gegen Nortwind oder herwagen. Septentrio.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Groß baͤr / Herren wagen / nordbaͤr / ein gestirn.
Gestirn / (das) ein Him͂lisch Zeichen von vilen Sternen.
Voc. Ex quo V
525
(
15. Jh.
):
Vrsa minor die siebensterne – das siben gestirnn [...] das sebende gesterniß [...] die sieben gestirn.
Ebd. V
526
(
15. Jh.
):
Vrsa Maior est currus in celo – siben gestiern.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
43, 1
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Deu zaichen gend reht und vallent schelch von dem gestirn des krebs als lange, piz daz der schuͤtzze gent wirt.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
109, 7
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
etleich sint von der purt auff vnd von iugent ledig von iren conplexen oder aus der gestirnung, vnder der sew geporen sint.
Gereke, Seifrits Alex.
97
(
oobd.
, Hs.
1466
):
in den swarczen puechern | chundt er mit loss versuechen | und an dem gestyerm sehen | was in der welt solt geschehen.
Sudhoff, a. a. O. ;
Brévart, a. a. O.
45, 19
;
Hulsius
G jv
;
Dietz, Wb. Luther .
3.
›Mond‹ sowie (nur in 1 Beleg, dieser unsicher interpretierbar:) ›Sonne‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. (
der
1,  1.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 74, 16
(
Wittenb.
1545
):
Du machest / das beide Sonn vnd Gestirn
[
Froschauer
1530:
liecht vnd die Sonnen
]
jren gewissen lauff haben.
Gille u. a., M. Beheim
30, 20
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
recht als die sunn | erleuchtet das gestirn.
Voc. Teut.-Lat.
m ijv
(
Nürnb.
1482
):
Gestirn. sydus. od’ sunn.
Luther. a. a. O.
Apg. 27, 19
.
4.
in Texten unterschiedlicher Art auf Personen, Personengruppen, Städte bezogen, dabei tropisch mehrfach gebrochen.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1636
):
Wir reisen mit Verlangen | die Tochter des Gestirns bald frölich zu empfangen, | die unser Holstein ihm erwählt zu einer Braut.
Ebd. (
1639
):
Livonie, dein Preiß soll neben seinem stehen | und über das Gestirn’
[laut Anm., S. 792, auf die Universität Leyden bezogen]
in reinem Glanze gehen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die selige cristenheit | Ist zur sunnen ouch geleit | Von irem werden schine, | Sie dunket an irme sine | Wol des gestirnes ein gesprinc
[hier auf alle Mitglieder der
christenheit
bezogen].
Sinen vliez her [tuvel] dar an wante | Daz her iz gesterne | Machte Gote verne.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Wol dir, edels lieht under allem himelschen gestirne, Paule, daz du als hohe werd gezogen und als tief in gefuͤret in die verborgnen toͮgni der blozen gotheit.