erstrecken,
V.;
gelegentlich mit Rückumlaut.
1.
›sich (räumlich-geographisch) wohin erstrecken, ausdehnen‹; generalisierend: ›bis zu einem je spezifisch definierten Punkt reichen‹; dies in verschiedene Richtungen ütr., im Einzelnen z. B.: ›sich auf eine bestimmte Summe belaufen‹; ›ausreichen, genügen‹ (z. B. von Geld, Kapazitäten, Kompetenzen); ›sich auf einen bestimmten Zuständigkeits-, Wirkungsbereich erstrecken‹; ›sich auf etw. beziehen, etw. miteinbeziehen‹ (z. B. von Themen); vereinzelt: ›sich in der Zeit erstrecken, andauern, währen‹;
vgl.  1.
Phraseme:
sich nach der decke erstrecken
›mit wenig auskommen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  20,  17,  1,  1,
2
.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
der ban / mut, die landschaft / macht / mildigkeit / rede / vormundschaft / weinrebe / zauberei, das bergwerk / gebiet / vermögen, das hab und gut, die berge / gänge / güter / kräfte / wälder
)
sich e
.,
etw
. (Subj.)
sich
[wohin] (z. B.
auf
[+ Zahl]
, auf den brauch, bis an den berg, bis in x schritte, durch das gemach, in x gulden
)
e
.,
etw
. (Subj.)
sich
[wie] (z. B.
in der länge / weite
)
e
.
Wortbildungen:
erstreckung
1 ›(territoriale) Ausdehnung, Erweiterung‹ (dazu bdv.: vgl.  1,
1
 7).

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Ros.
71, 12
(
Hamb.
1646
):
ach meine hofnung erstraͤkt sich alzu weit!
Luther, WA (
1519
/
20
):
Hie bey ist auch zuwissen, das disse mildickeit sol sich erstrecken bisz zu den feyndenn und widderparten.
Ebd. (
1537
):
Aber sie verstehens nicht, das [...] der anfang, nemlich, der sich in tausend jhar und lenger erstreckt, wie den tausend jhar fur gott als ein tag sein.
Ders., WA Br. (
1545
/
6
):
etwas an silberwerck [...] des werth sich vngeferlich in funftzigk Gulden erstrecket.
Koeniger, Sendgerichte (
mosfrk.
,
1641
):
so weyt und breyt des kirspelts ban und büschen sich erstrecken.
Köbler, Ref. Wormbs
176, 25
(
Worms
1499
):
vormunderschafft erstreckt sich nit vff die Erben.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
hab ich [...] mich solcher müh, so weith sich mein vermoͤgen erstreckt, desto williger underzogen.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
21, 4
(
Frankf./M.
1563
):
In disen dreien theylungen kan ein jeder leichtlich verstehen wie weit sich die Zauberey erstrecke.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1578
):
Zudeme wird sich das berckwerck und die genge ohne zweifel in dieselbe herrschafft erstrecken.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
213
(
Nürnb.
1517
):
darumb erstreckt sich unser red auf die schlangen, die listiger ist dann alle andre tier.
Leisi, Thurg. UB
6, 288, 6
(
halem.
,
1363
):
Pfleg und ambtbrief von erzherzog Ruedolfen: Auf bischof Johansen von Gurckh ain erstreckung umb die landvogtei in Schwaben.
Lauater. Gespaͤnste
18v, 4
(
Zürich
1578
):
ein wynraͤb erstrackte sich durch das gantz gemach.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
die anzal der ratspersonen, die sich durchaus [...] auf 55 erstrecken wirt.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
in der Landschafft Syria Phœniciæ, die sich [...] biß an den Berg Carmelum erstrecket.
Rintelen, B. Walther
64, 13
(
moobd.
,
1552
/
8
):
Wann einer mit Todt abgeet, und das sich seine verlassne Güetter zu völliger Bezallung seiner Glaubiger nit erstrecken [...].
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
, Hs.
2. H. 17. Jh.
):
alß vil sich unsere krefden erstrecken.
Ralegh. America ;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Andreae. Ber. Nachtmal
26r, 4
;
Munz, Füetrer. Persibein
66, 3
;
Moscouia
B 1r, 3
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
33, 8
;
2.
›eine Zeitspanne, einen zeitlich begrenzten Zustand verlängern‹; mit Bezugsgrößenverschiebung auch: ›etw. um eine bestimmte Zeitspanne verlängern‹; ›etw. hinausschieben‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
 17, ,  2, , ; vgl. .
Wortbildungen:
erstreckung
2 ›Aufschub‹ (dazu bdv.: vgl.  4,  10,
1
 2).

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
und nur trachten, woher sie gelt moͤgen ergeitzen, das sie jre ubermessig und unnuͤtze unkosten und pracht moͤgen erstrecken
(›den Zustand der Geldverschwendung aufrechterhalten‹).
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
wie die gesatzten rechtage von einem zu dem andern erstrecket gelenget.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
210, 5
(
thür.
,
1474
):
so hat er deme gemelten Hannßen Bluel syne frist [...] durch solliche syne inrede erstregket addir irlenget.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
das die zeit etwas erstrackt wardt.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
So solt das recht alssdann ein zimlich zeyt [...] auffgeschlagen vnd erstreckt werden.
Jörg, Salat. Reformationschr.
30, 29
(
halem.
,
1534
/
5
):
Mir erstrecke / und züche zuͦ guͦtem bruch min kurze zytt.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1575
):
Welcher aber seinen angesetzten termin oder uffschubtag ersietzen und uberseen wurde, demselbigen soll ferner kein erstreckung vergont werden.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
der kunig wollt der teding auch genueg tun und erstrecken.
das der fridlich anstannd, der sich zu sannd Gilgentag enndet, erstreckt wurd.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Alda kamen all Westgotten zam, verneuten und erstreckten die püntnus mit dem römischen reich.
und verlengreten weiter den fried, [...], erstreckten in weiter vier jar.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
München
1586
):
Die todten thettest aufferwecken, | Den Krancken jhrn gsundt erstrecken.
Moscouia
C 4r, 4
(
Wien
1557
):
den gibt man [...] benennte einkhomen / auf achtzehen Monat [...] / es sey dann ein sonndere gnad [...] darumb ainem etliche Monat erstregkht werden.
3.
›(Texte) erweitern, länger machen‹;
vgl.  12.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1450
/
80
):
in welchem hoff [...] keiser Karl [...] die guldein bullen [...] in etlichen artikelen sunderlich von den rechten und ampten der kurfursten erweitert und erstreckte.
Ebd. (
1440
/
4
):
hat ein rate [...] die ordnung [...] widder furhanden genomen und die in ettleichen stucken erstreckt.
4.
›sich / etw. ausstrecken, recken‹ (auf den menschlichen Körper bezogen);
zu  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, .
Wortbildungen
erstreckung
3 (dazu bdv.: ).

Belegblock:

Oorschot, Spee. Trvtz-N.
267, 17
(
wmd.
,
1634
):
Wegt ärmelein vnd beine / | Erstreckt zum klang das hälselein.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Pandiculatio, Eyn solliche ranckung oder erstreckung d' glider.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Funk
190, 515
(
Bern
1551
):
der krampf mich zückt in fußschinen; | muß mich ein wenig baß erstrecken, | ob ich mich möchte selbs erwecken.
Maaler (
Zürich
1561
):
Das knierad oder knieschyben Erstrecken.
5.
›etw. hervorbringen, vermehren‹ (nur in der Fischzucht);
vgl.  6.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2
 3.

Belegblock:

Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
wen man aber karpen dareinsetzen will zur leich oder samen zue erstreken, muß man sie [teich] alle herbst ablassenn.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
203, 10
(
osächs.
,
1570
/
7
):
andere teiche, darinnen karpfen aufs erstrecken oder gewuxe stehen.
Lohmeyer, a. a. O. .
6.
phras.:
seinen willen erstrecken
›sich durchsetzen‹.

Belegblock:

Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wiewol im doch der zug gen Vngern am maisten anlag, und mocht doch seinen willen nicht erstrecken.