1
merung,
die
;
/–.
1.
›Gedeihen, positive Entwicklung; Förderung, Hebung, Steigung, Steigerung von Gegebenheiten sozialer, moralischer, psychischer Art‹;
merung
1 erscheint dabei teils als Entwicklung aus einer inneren Anlage heraus und kann dann mit Wachstumsmetaphern vermittelt werden, teils steht sie in der Folge menschlicher Handlungen und Haltungen; offen zu 2;
vgl.
1
 1.
Gegensätze:
 13, .
Syntagmen:
m. finden / verdienen, die tugend m. haben, dem leib m. geben, die m. e. S. zu ende bringen, die sele nicht m. nemen
;
die m. in der taufe anheben, dem gut m. entstehen
;
die frauen m. sein, der psalm jm. m. sein
;
der ehestand zur m. e. S. (des reiches gottes) dienen
;
die m. des friedes / gottesdienstes, der diemütigkeit / gerechtigkeit / gnade / liebe / minne / glorie / freude / tugend / welt, des evangeliums / liechtes
;
die natürliche m. (der liebe)
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Augmentum. Mehrung vffnemen zuͦnemung fuͤrdernus wachsung gedeyen vffsteigung.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
sust ouch iclîche tugint hât | von ûbene mêrunge breit | und minrunge von lazheit.
Luther, WA (
1518
):
Der psalm [...], den anfahenden wirt er ain anfang, den zuͦnemenden ain merung.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Daz si di alden veter gut | Beschoueten an ir demut | Durch nutz, durch bezzerunge, | Der tugent merunge.
Strauch, Par. anime int.
134, 27
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz ein mensche mit einer grozerin gnade mit eime minnerin werke me lonis fordinit und merunge der gnade dan ein andir mit eime vil grozerin werke mit minre gnade.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
29, 23
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
aller werlt aufhaltung, festung und merung sint die werden frauen.
Ebd.
31, 23
:
So spricht Plato [...], das in allen sachen eines zerüttung des andern werung
[Var. 2. H. 15. Jh.:
merunge
]
sei.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
128, 14
(
Nürnb.
1548
):
weil der Ehestand wider die suͤnd / vn̄ zu merung des reych Gottes dienet. Solt jr [...].
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
das sú [menschen] einen fúrgang und ein merunge irre minnen dinne
[in der
spise
›Sakrament‹]
vindent.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
das [...] dem gemeinen guͦt vorteil vnd meru͂g / gar wol daruß entstan mag / so [...].
Niewöhner, Teichner
328, 24
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
daz chain stat nicht wurd verdrung | von der liecht merung.
Steer, K. v. Megenberg. Sel
334
(Hs. ˹
moobd.
,
1411
˺):
Dauon nimpt sy [sel] auch in ıͤrr natur nicht merung noch minrung.
Ebd.
501
:
also hat sy [sel] dreyerlai kraft: vegetabilem, sensibilem, racionabilem, das ist die kraft, die da geyt wachsen vnd merung vnd gruenung dem leib, die haist vegetabilis.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1437
):
dass er
[...] die stifft und merung des gotsdienst zu ennd pringen sol.
Steer, Schol. Gnadenl.
6, 84
(
noobd.
,
15. Jh.
):
Diser lieb vnd frides merung wunsch ich ew von got piz zum höchsten grad geystleicher volkumenhayt.
Gille u. a., M. Beheim
134, 231
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
221
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Warnock, Pred. Paulis
27, 9
;
Steer, a. a. O.
241
;
520
;
Karnein, de amore dt.
192, 8
;
Bauer, Imitatio Haller
46, 24
;
Rot
318
.
Vgl. ferner s. v.  3,  9, .
2.
›Förderung eines Herrschafts-, Verwaltungs- oder Sozialraumes durch die Obrigkeit‹; resultativ: ›Wohlfahrt, Gedeihen des betroffenen Raumes‹;
vgl.
1
 2.
Bedeutungsverwandte:
,  3, ; vgl.  4,  1.

Belegblock:

Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 15, 6
(
schles.
,
n. 1350
):
ab wir vnser urymutikeit gnade wͤsreken czu den dingen, di vnsirs landis merunge, gemach vnd nucz ansehen.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Dass Bern und Friburg zuͦ merung irer stiften froͤmd pfruͦnden hond ingenommen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
28, 8
(
halem.
,
1534
/
5
):
So dann [...] der ursprung und anfang / zuͦnemung / merung / und üfnung / der Eydgnoschaft beschriben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
Solichs alles und jedes ist [...] Gott zuͤ lob und gemainer diser stat zuͤ merung und wolfart gehandelt.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
vermanten iederman êlich zu werden zu fördrung des g’mainen nutz und mêrung des heiligen römischen reichs.
3.
›Verstärkung, Zunahme eines negativ bewerteten Zustandes oder einer entsprechenden Handlung‹, eher als nomen acti wie als nomen actionis lesbar;
vgl.
1
 4.
Bedeutungsverwandte:
, .

Belegblock:

Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 3
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Got, [...], hasse euch, unselden merung wone euch bei.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Hast du dein hoffart und dein pracht | Nit anderst zuerzeygn gedacht, | Denn dem vertriebnen vatter dein | Zu mehrung deß hertzleydes sein?
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
das waz nit ein leytung sunder ein zuͦ nemung vnd ein besundere merung
[
Dietenberger
1434:
volstreckung
;
Eck
1537:
aufnemen
;
Luther
1545, 2. Makk. 4, 13:
nam ... vberhand
]
heidenisches vnd aus geporens wandels.
Wyss, Luz. Ostersp.
9618
(
Luzern
1545
):
dessglych zuͦ merung syner pyn | hat petrus gar verlougnet Syn.
4.
›rechtlich zulässige, aber den Ablauf des Verfahrens störende Ergänzung eines Textes bzw. der im Text festgelegten Inhalte‹;
vgl.
1
 5.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.
Gegensätze:
 2.

Belegblock:

Köbler, Ref. Franckenfort
89, 21
(
Mainz
1509
):
vor gericht erberkeit zu gebruchen / vnd lesterunge bey penen nach ermessigunge der Schoͤffen sich enthalten / Sein parthy mit merunge vnd anderm gedinge nit zu beschweren.
Ders., Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Von merung / endrung vnd mindrung der eeberedungen.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1532
):
das wir uns in sömlichem almuͦsen luterlich endernung, minderung und merung vorbehalten hand.
Köbler, Ref. Franckenfort
85, 26
;
Welti, Stadtr. Bern .
5.
›Vermehrung, Fortpflanzung (von Menschen, menschenähnlich gedachten Wesen und Tieren gesagt)‹; als Metonymie auch: ›Fortpflanzungsfähigkeit‹; s. die Belegkommentare zu
Mayer
(s. u.) und
Baptist-Hlawatsch
(s. u.); Bedeutungsansatz auch als Spezialisierung an 8 anschließbar.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. .

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
66, 9
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
sal ich, der allen luyten merunge gybt
[
Luther
1545:
lassen geberen
],
unvruchtber syn?
Luther, WA (
1527
):
Gott der Herr duldet solch lust und begird in den eltern [...] umb merung willen des menschlichen geschlechts.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
8, 11
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
hetten wir [Tot] leut auf erden, tiere und würme [...] und slüpfriger fisch [...] zuwachsung und merung nicht ausgereutet – vor kleinen mücken möchte nu niemant beleiben.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
O wie gar willd, | Ferr und weit sweiffig iste | Menschlichem sin verporgen das | [...] | Wan in der lant merunge | Was ein sülch ordenunge: | Got vaters macht, | [...] | Im sun besacht | Zu werden zeyt und friste, | Dar zu ein himlischer pallas | Im wort Gots creffticlichen
(hier offensichtlich gestalterische Verknüpfung der Schöpfungstat Gottes mit der Empfängnis und Geburt Jesu durch Maria; hierher?).
Zum andern hat | Got eins mols die geist alle | Geschaffen lauter engel clar | On merung noch gepurte.
Goldammer, Paracelsus
7, 170, 23
(
1530
):
daß die mehrung geschehen soll und ein ieder mensch sich selbst zu einem vatter und mutter soll machen.
Ebd.
28
:
dieweil nun gott also die mehrung der menschen [...] in dem ehestand will haben.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1718
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Merung
[hier auf die Erschaffung der Menschen bezogen]
der person beweiset vns die schrifft Genesis primo (1, 26), da der vater redt czu got dem sun vnd dem heyligen geist: „Wir sullen machen ainen menschen nach vnserm pilde vnd gleichnüss“.
6.
s.
1
 7.
7.
›Ausdehnung, Vergrößerung e. S. in der Horizontalen, in der Vertikalen (der Höhe, in dieser Dimension auch ütr.), in der Masse wie im Umfang‹; je nach Bezugsgröße im einzelnen z. B. ›Erweiterung e. S.‹; ›Zunahme, Anreicherung (z. B. von
blut
)‹; ›Ausdehnung (z. B. einer
stat
)‹; ›Erhöhung (z. B. des
lones
)‹;
vgl.
1
 8.
Bedeutungsverwandte:
, , , , ; vgl.  1,  1,  1,  7.
Syntagmen:
m. empfahen / verdienen, die m. wucher nennen, aus etw
. (z. B.
aus einem schaz
)
m. erkriegen
;
an m. zunemen
;
m. des lones
(mehrfach)
/ blutes / trankes, der haushabe / präsenz
;
m. in den zinsen
.

Belegblock:

Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 14, 31
(
schles.
,
n. 1352
):
das di selbe stat Breslaw vn̄ alle ir inwoner an seleclichir merunge czu neme, Dovon daz gebyte des furstyntums [...] An breytym lande sich geborte czu irweyten.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
284, 24
(
Nürnb.
,
1446
):
dem wirt sülcher hoher schatz von Gote gegeben, das er do mit schal arbeyten und erkryge auß ym tegliche merung; und die merung nennet Cristus wucher.
Ruh, Bonaventura
324, 12
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
so wirt dy sell saͤlig, vnd nach dem, wer sich vͦbet in den dingen, der enphaͤcht merung des lons.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu mêrung des pluots ist ain zaichen der nâtürleichen hitz.
Steer, K. v. Megenberg. Sel
530
(Hs. ˹
moobd.
,
1411
˺):
Augmentatiua ist die kraft oder der tail, da die sach merung, praitung, grözz vnd leng von hat.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1532
):
als si sich beschwären das inen in der jungisten reformation ain meerung in den zinßen bescheen, zaigt sein fürstl. genad an das [...].
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Rot
286
.
Vgl. ferner s. v.  3, .
8.
›Vervielfachung (von konkreten wie abstrakten Bezugsgrößen gesagt)‹; im einzelnen auch: ›Aufhäufung‹; ›Wiederholung‹;
vgl.
1
 9.
Bedeutungsverwandte:
,  1, , .

Belegblock:

Williams u. a., Els. Leg. Aurea
99, 13
(
els.
,
1362
):
Daz vierde ist gewesen die merunge dez brotes, die het got erzeuget in der wiesten.
Warnock, Pred. Paulis
10, 119
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Das sechst úbel, in daz wir fallent, wenn wir dem lib folgent, daz ist accumulacio debitorum, ain merung und uffhuffung der súnden.
Rot
286
(
Augsb.
1571
):
Accession, mehrung / zusatz / vbermaß / zuͦfall / zuͦnemung.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1450
):
ist es aber die merung
[des Diebstahls von
pästeln
›Balken‹],
so sol man in antwurten dem gericht.
Vgl. ferner s. v. .
9.
›Mehrheit (der Stimmen einer Versammlung)‹; generell: ›Mehrzahl (der Menschen einer im Rahmen des Textinhaltes relevanten Gruppe)‹;
vgl.
1
 11.

Belegblock:

Qu. Schweiz. Gesch. (
halem.
,
1470
):
ir hend sy [burger] zuͦsammen mit üwer bekantnus und merungen getrungen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
doch nenne ich si [aͤdern] ze deutsch nâch der mêrung.
Piirainen, Stadtr. Sillein
11b, 15
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
SPrechent czwene man eyn gut an mit geleiche gezeuge der iz in gewer hot Vnd dy meyste meruge von vmgesezzē leuten hot der sol iz behalden.
10.
s. (Adj.) 18.