anfal,
der
;
-s/-le
+ Uml., auch
+ Uml. Bed. 1-5 auf plötzlich Hereinbrechendes bezogen;
anschließend an 5 (6-10) Metonymien aus dem Rechtsbereich; 11 und 12 für menschliche Vergehen, 13-15 Sonderbedeutungen, die auch an den Block 1-5 anschließbar sind; vgl. die Gliederung des Bedeutungsfeldes von
anfallen.
1.
›Einfall, Einbruch (von Witterungserscheinungen)‹;
vgl.  1.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
dann sie bei und mit ainander nit beleiben möchten von des schnees anfals.
2.
›außerplanmäßige, nicht vorhersehbare finanzielle Belastung, Ausgabe‹.

Belegblock:

Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1512
):
adi 28 dito [februar] ins hauß, die faßnachtwochen geest und anfal gehabt.
3.
›unverdient, schicksalhaft, gnadenhaft Zufallendes, Heil, Segen, Schicksal‹.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1563
):
Daß entlich auff derselben [obrigkeit] theyl | Ist weder glück, anfahl und heyl.
4.
›jn. überkommende Haltung‹; bei negativer Sicht: ›Versuchung, Heimsuchung, Anfechtung, der der Mensch unterliegt‹; bei positiver Sicht: ›Haltung des Aufbruchs, Herausforderung, Versuch‹;
vgl.  2.
Religiös-didaktische Texte, letztere Variante nur bei Teichner belegt.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
O Herr Jesu Christe, | Behuͤt vns vor der Feinde anfall.
Niewöhner, Teichner
564, 3378
(Hs. ˹
moobd.
,
n. 1400
˺):
so ist daz ein irrsal | der da hat ainn anval | unglaubens.
Ebd.
4043
:
so wert auch natuͤrleich prut | lenger denn ein anfal.
Ebd.
4075
:
des daz ich
[der Glaube]
ein anvall pin, | davon trachtens all da hin | zu den dingen so getan | da si sind geschephet van.
Ebd.
440, 214
, (Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
weis [des Liedes] ist nur ein an val, | aver wort sind an beginn.
Ebd.
406, 59
.
5.
›Anfall, Eintreten (einer Erbschaft) als Rechtsvorgang; Übergang einer Herrschaft‹;
offen zu 6; vgl.  3,  1.

Belegblock:

Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Von aneualle der gerade.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 14, 38
(
schles.
,
1352
):
an keyns adir keyne von gobe adir von koufe, von stormen, ane uallen Adir allirley andire sachyn an vns [...] quemen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
biz daz man sit | Schreib dez ersten jaris zal | Des kunges Cyri, an val | Riches untz an Darium.
Bindewald, a. a. O.
36, 18
;
6.
›Erbschaft, die jm. zufällt, ererbter Besitz, Erbe‹; Metonymie zu 5.
Bedeutungsverwandte:
 1, (
das
1,  1, .
Syntagmen:
den a. verkaufen / verlieren / empfangen / fordern; jm. mit dem a. folgen; mütterlicher / fäterlicher a.; a. mutterteils.
Wortbildungen:
anfalsgerechtigkeit.

Belegblock:

Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 197, 19
(
omd.
,
1426
):
das syn elich kynt Lodwig genant vor seyn muttirlich anefal sal haben uf seynem hawsze und uff allen synen gutern lx mark gutes geldes.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
, o. J.):
wer dawider dede, der verlure sin aneval, erbes un gudes.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Nun fordern wir vier eiden von unser weiber wegen iren veterlichen anfall an dem sone.
Luther, WA (
1530
):
Ideo dominus est portio, erbteil, stuck des anfals, das unser gut sol sein.
König-Beyer, Reichenb. Stadtb.
66, 32
(
nböhm.
,
1564
):
wie das ehr Paul Posselttenn den vetterlichen vnnd mütterlichenn anfal [...] vorkaufft.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
126, 4, 10
(
schles.
,
1383
):
zo sullen eryn kindin drisig mark groschin geuallen vor erin muttirlichen Aneval czu den egenanten sechczig marken.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1410
):
das denn die selb min froͮw oder tochter dem selben irem elichen man mit lib und gůt, lige(n)dem und farendem, mit erb und anfall, so ir zugehört, nachgehoren und gefolgen sölti.
v. Bunge, Livl. UB
4, 273, 14
;
Röhrich u. a., a. a. O.
4, 111, 33
;
Toeppen, Ständetage Preußen
2, 592, 15
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
121, 5
;
320, 38
;
König-Beyer, a. a. O.
52, 10
;
111, 23
;
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. ;
Kläui, Urk. Kaiserstuhl
22, 32
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
165, 18
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 144
;
7.
›erbrechtlicher Anspruch, Anwartschaft, Recht auf ein Erbe; landesherrliche Gerechtigkeit‹; Metonymie zu 5.
Bedeutungsverwandte:
 13,  810.

Belegblock:

Weizsäcker, Graupn. Bergb.
191, 14
(
osächs.
,
1538
):
aldo haben die obgenante Hans und Marcus Paher [...] dem Valten Vinzell auf- und ubergeben alle den anfahel und gerechtikeit.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1538
):
umb unser obrigkait anfell berckwerck und andere gerechtigkeiten.
Leisi, Thurg. UB
7, 712, 27
(
halem.
,
1389
):
Ich haͮn och [...] den anval der obgenanten wingarten und akker [...] verlehen.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
70, 28
(
1438
/
9
):
das wir im die obgenant lehenschaft, vogtey und mannschaft [...] als unser rechter anfal zu manlehen zu verleihen gnediclich geruchten.
Leisi, a. a. O.
7, 419, 18
;
Dietz, Wb. Luther ;
8.
›Einkünfte, Gefälle aus Besitztümern‹; „›Bestandgebühr, vom Baumann dem Grundherrn zu reichen bei Neuverteilung eines Gutes, an welchem der Grundherr sein Heimfallsrecht hätte geltend machen können‹“ (vgl.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
28
); Metonymie zu 5.
Bedeutungsverwandte:
 1 (zu letzterer Nuance).

Belegblock:

Kläui, Urk. Kaiserstuhl
56, 22
(
halem.
,
1420
):
das denn der bischoff von Costentz und sine naͧchkomen bischoffe zů Costentz [...] nicht mer nemen soͤllen noch muͥgen, denn einen schlechten hoptfal und anfal.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
28, 34
(
tir.
,
1523
):
Zŭm sexten beruerend die anfăll von bestannden soll phleger [...] sŏlh anfăll und anlayt nit ŭber [...] die gemainen dienst nemen.
Hertel, UB Magdeb. ;
Bachmann, Morgant .
9.
›Abgabe, besonders bei Antritt eines Besitztums‹; Metonymie zu 5.
Bedeutungsverwandte:
, , .

Belegblock:

10.
›Nachfolgerschaft‹; Metonymie zu 5.

Belegblock:

v. Tscharner, Md. Marco Polo
16, 28
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Der groze chaam [...] helt dy herschaft ewiclich in synen kindirn dy syn an val sint.
11.
›Einfall, Überfall, Angriff von jm. (auch Gruppen) auf jn. (auch Gebiete)‹; speziell: ›Verfolgung (der Christen)‹;
vgl.  8.
Bedeutungsverwandte:
 11, , (
der
9, I, 2, (
der
1.
Syntagmen:
den a. begehen / tun / halten; feindlicher / starker a.; a. des (-)volkes.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1499
):
dae der gemein burger uis anval mancherlei landsvolks lichtlich sin ware verslissen mach.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
Die Tuͤrcken solches wahrnehmend / thun da selbst unversehens einen starcken Anfall.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1668
):
in aufslegen, streitten, veldzugen, stürmen, anvalen und sonst an allen andern orten und stetten ir und gemainer stat notturften nach.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
der den sechsten anfall nach Neronem an der kristenhait hat begangen.
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Seemüller, a. a. O. ;
Preuss. Wb. (Z)
1, 144
;
12.
›Übergriff auf ein Recht, Antastung des jm. Zustehenden‹;
vgl.  10.

Belegblock:

UB ob der Enns
10, 503, 8
(
moobd.
,
1388
):
in vnderstund bey iren lebenden zeiten vnd auch den merern tail nach irem tode gross anuelle vnd laidigung wideruare an irer hab.
Hör, Urk. St. Veit
99, 29
(
moobd.
,
1370
):
ob in dhainerlay pruch, irrung, abganch oder anvall daran geschach.
13.
›derjenige Teil der Früchte eines Baumes oder Rebstockes, der über das Grundstück des Nachbarn herüberhängt und den abzutreten nachbarrechtliche Verpflichtung ist‹.
14.
„›Stelle, an der der Schacht auf den Gang trifft [...]‹. Der
Anfall
ist von bergrechtlicher Bedeutung, weil er als Ausgangspunkt für die Vermessung des Grubenmaßes unter Tage herangezogen wird“ (
Paul, Wb. Bergmannsspr.
131
). – Hierher möglicherweise der folgende Beleg in der Bed.: ›Stelle im Wassergraben, von der aus das Mühlwasser abgeleitet wird‹.

Belegblock:

Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1576
):
daß ein jeder seinen weeg soll machen und beßern, wa einer den anfall nimbt und daß waßer empfacht.
15.
›Ansteigen des Wassers, Flut‹.
Gegensätze:
 9.

Belegblock:

Henisch (
Augsb.
1616
):
Der anfall vnd abfall deß Meers /aestus.