gewalt,
der
;
-(e)s/-e
, auch
;
vereinzelt (vorwiegend md.)
die
(zur Genusschwankung s.
Besch, Sprachlandschaften.
1969, 248
f.);
, auch
-wälte/-wälte
sowie
.
Allgemein sind zwei Bezugsgrößen (jeweils sehr unterschiedlicher Art) anzusetzen: eine erste, über
gewalt
verfügende und in den Texten in aller Regel genannte, und eine zweite, von
gewalt
betroffene, seltener benannte, aber vorauszusetzende Größe;
gewalt
bedeutet dann das auf religiösem, sozialem, rechtlichem, politischem, physischem, natürlichem, persönlichem Ungleichgewicht beruhende Gefälle zwischen den Handlungs- und Verfügungsmöglichkeiten sowie -befugnissen beider umschriebener Bezugsgrößen, auch zwischen ihren als religiös, natürlich oder sozial vorausgesetzten bzw. anerkannten Seinsweisen. Die Folge sind unterschiedliche Ausgestaltungen von
gewalt
: Gottes sowohl als gnädig wie als Herrschaft gedachte ›Allmacht‹ (unter 1) neben eher natürlichen Abhängigkeiten (unter 2, auch 3) und unterschiedlichsten Beziehungsgefügen zwischen Menschen (4-7), in denen kontrollierte
gewalt
aber systematisch in der Nähe von Anwendungen steht, die als Mißbrauch charakterisiert oder überhöht werden (so 9); 8-11 tropisch an verschiedene Positionen anschließbar.
– Zur Sache vgl. generell: ; ; ; speziell unter dem (neueren) Aspekt der Gewaltenteilung:
GG
2, 923-958
s. v.
Gewaltenteilung
.
1.
›(einem) Gott, einer Gottheit, einem gottähnlichen Wesen, einer übermächtigen Instanz zugeschriebene Allmacht, unbegrenzte Macht und Wirkungsmöglichkeit‹; im einzelnen:
a) ›Allmacht Gottes (des Vaters, Sohnes, Heiligen Geistes)‹.
Gewisse Beleghäufung in Texten der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme
gottes, des / unseres herren / hergottes gewalt
, jeweils auch: ›Schlaganfall‹ (dazu bdv.: ; vgl.
2
 2).
Syntagmen:
den g. gottes bekennen, preisen, der son (allen) g. haben, der geist den g. empfangen, jm. g. verleihen, etw. den g. bedeuten
;
der heilige geist des gewaltes nicht kleiner sein den
›als‹ [...];
dem g.
(Dat.obj.)
(gottes) ein unterwurf sein
›unterworfen sein‹;
got in seinen g. greifen, etw. (das leiden) in (gottes) g. befelen, mit g. kommen / walten, etw. schaffen / wirken, alle dinge unter gottes g. stehen
;
g., sünden zu vergeben
;
der g. des herren / schöpfers / vaters / gottes
(mehrfach),
der gotheit
;
der gotliche / grosse / unausforschliche / unmässige g
.;
der stul des gewaltes
.
Wortbildungen:
gewalt
(Adj.; s. u.
Glatz
; für das ist der Ansatz des Adjs. „problematisch“);
gewaltengel
›im Thronbereich Gottes für dessen Macht stehender Engel‹ (Bezug auf lat.
potestas
; vgl. den Beleg
Primisser
s. v.  3, der ein ähnliches Bild bringt).
b) ›Macht des Teufels, der Hölle, des Bösen‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen:
dem teufel den g. abstreiten / nemen, der schlange, der helle den g. nemen
;
sich in den g. des teufels verkaufen
;
der g. pharaonis
(als
des teufels
),
des hellenfürsten / Satans
;
der hellische g
.;
der erlöser von dem g
.
c) ›Macht des Todes‹.
d) auf nicht christliche Götter, Götzenbilder u. a. bezogen.

Belegblock:

Zu a):

Luther, WA (
1535
):
das heisst er neben jm sitzen, nicht zun fuͤssen, sondern zur rechten, das ist, jnn die selbige Maiestet und gewalt, die da heisst eine Gottliche gewalt.
Ders. Hl. Schrifft.
Mt. 28, 18
(
Wittenb.
1545
):
Jhesus [...] sprach Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel vnd Erden.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Du weldes mit gewelden | Der tuvele
›über die Teufel‹
dez vinsternisses.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Er offenbâret veterlîche hêrschaft in dem geiste in einem glîchen unmæzigen gewalte. Swenne der geist disen gewalt enpfæhet in dem sune und durch den sun, sô wirt er gewaltic in einem ieglîchen vürgange.
Hilliger, Urb. St. Pantaleon (
rib.
,
1409
):
rouf, hailslacht
(s.
hagelschlag
),
misgewas, herennoit, herengebot, [...] of eynche sache, [...], is kome van gotz gewalt of van der mynsche wegen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
144, 19
(
rhfrk.
,
um 1435
):
ich befelhen in din [got] gewalt alles myn liden.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
si sullen sehin des menschin sun kuͦmen in den wolkin des himelis mit grôzir craft und mit grôzir gewâlt
[
Mentel
bis 1470:
magenkraffte
; 1475
1
bis 1518:
maiestat
;
Lang
1521:
eer
;
Luther
1545:
Herrlichkeit
].
Gille u. a., M. Beheim
110, 55
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
die selb vigur und auch gestalt | peteutet gatlichen gewalt.
Reichert, Gesamtausl. Messe
92, 36
(
Nürnb.
um 1480
):
das Got der herre, Cristus Ihesus, [...] kommen werd an dem jungsten tag mit eygnem gantzem freyen gewalte zu der gemeynen urstende.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
51, 29
(
els.
,
1362
):
Oͮch enschilte ich Moysen nút der [...] mit gottes gewalt vor in grohsse zeichen het gewurket.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
das der sun der mayt hat gewalt
[
Luther
1545, Mt. 9, 6:
macht
]
die súnde zeuergeben.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1618
):
soferr denselben gottes gewalt oder herrengeschäft nicht verhindern tuet.
Glatz, Chron. Bickenkl. (
önalem.
,
um 1640
):
der da ist ein zeichen der versöhnung und ein gewalter sohn unsers vatters.
Chron. Augsb. 4, 165, Var. z. Z.
12
(
schwäb.
,
v. 1536
):
darnach hat in unsers herrn gewalt troffen.
Ebd.
6, 33, 6
(zu
1324
):
Got leßt sein wort nit untergeen, wann es sten alle ding in seinem gwalt.
Ebd.
8, 344, 16
(zu
1548
):
sonderlich besorge er des schlags oder unsers herrn gewalt.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
20, 27
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Wanne nu der mensch got bekennet, [...] und bekent sich selber und get aber an sinen schepfer und bekent sein adel und seinen gotlichen gewalt, so [...].
Klein, Oswald
2, 12
(
oobd.
,
1421
):
er [herre] brach die hell, die nie gefros, | zwar sein gewalt all müglich sach durch gat.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
101
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
„Vater allmechtiger“: Damit wirdet verstanden daz er alles vermügen hab [...] also daz chain creatur sey [...], si sey seiner gewalt ain vnderwurff.
Ebd.
1997
:
so ist der heylig geist nicht chlainer des gewaltes denn der sun.
Höver, Bonaventura. Itin. B
108
(
moobd.
,
1450
/
60
):
in fúrstentummen regirt er [got] als ain begynne, jn gewalt engeln beschirmt er als ain hail, jn tugentengeln wúrckt er als ain tugent, jn erczengeln offenbart er als ain liecht.
Strauch, Par. anime int.
16, 18
;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Bechstein, a. a. O. Mt. ;
Ermisch, Freib. Stadtr. ;
M. Cunitia. Ur. Prop. ;
Köbler, Ref. Nürnberg
317, 13
;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
51, 15
;
Wyss, Luz. Ostersp.
109
;
Müller, Handel Paumgartner
228, 12
;
Barack, a. a. O. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
37, 4
;
Baptist-Hlawatsch, a. a. O.
142
;
2043
;
Dietz, Wb. Luther f.
Vgl. ferner s. v. .

Zu b):

Luther, WA (
1525
):
das sie [Suͤnde] niemand vergeben kan, denn nur der hellische Vater, der Bapst selbs, aus sonderlicher volkomener gewalt seins Herrn des Satans.
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 14, 24
(
Leipzig
1520
):
das Christus [...] der erloßer ist der gantzen welt / von der gewalt Pharaonis / das ist des teuffels.
Ebd.
2, 15, 19
([
Augsb.
]
1523
):
das auch all menschlich ja all hellisch gewalt nichts wider vnß vermügen werdñ.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
773
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
wiewol der tewfel vor besehen het daz er gewalt schold haben vber die pösen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
München
1586
):
Der Schlangen hast gwalt genommen, | Suͤesser Herr Jesu christ.
Adrian, Saelden Hort
3606
;
Wyss, Luz. Ostersp.
9837
.
Vgl. ferner s. v.  1,
1
 14,  5.

Zu c):

Luther, WA (
1524
):
Jhesus Christus [...] | [...] | hat die sund abgethon, | damit dem tod genomen | All seyn recht und seyn gewalt.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
19, 3
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Gewaltes treibt ir [Tod] zumale vil, gar übel habt ir an mir gefaren.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
der übereilende gewalt des bittern dots durch kain [...] mitl kan abgelöst werden.

Zu d):

Lemmer, Brant. Narrensch.
13, 8
(
Basel
1494
):
Wer hat gehoͤrt von Circes stall / | Calypso / der Syrenen joch | Der gdenck / was gwaltes ich [buolschafft] hab noch.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Das ir
[
únser goͤt
›Götzenbilder‹]
gros almæchtikait | Allen gewalt wol úberstrait.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
die goͤtt habend an mir voͤlligklich allen iren gewalt ertzaiget.
Franck, Decl.
347, 17
.
2.
›Gewalt, Macht der Natur oder natürlicher Gegebenheiten, auch bestimmter Zeiten‹.
Wortbildungen:
gewaltsache
1 ›Sturmschaden‹.

Belegblock:

Grimm, Weisth. (
rhfrk.
,
1561
):
weisen wir den windtfall dem meyer zu, ess geschehe denn gewaltsach; da so der windt einen baum vmbwerffen würdt.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
Wie nun die Nacht mit gewaldt eynher fiel.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1520
):
ein starcker sturmwind, der trieb unser schiff mit gewahlt hinter sich.
Löffler, Columella/Österreicher (
schwäb.
,
1491
):
das sy
[Bezug unklar]
[...] gestoͤrckt werd vor dem gwaͤlt des winters.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
11, 23
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
sne hat gewalt, | der jenner kalt ist.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Der In rint aus Engedein [...], felt bei fünfzehen meilen, [...], über fels und stain mit solchem gewalt, prast und sausen, das man darauf gar nit faren mag.
3.
›religiös oder natürlich begründete Kraft; Wirkung unterschiedlicher (oft unbeachteter) Bezugsgrößen‹; anschließbar an 1; 2.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
sô vliuzet diu sêle in sich selber und ûz sich selber und über sich selber und über alliu dinc von gnâden mit gewalte âne mitel wider in ir êrste begin.
J. W. von Cube. Hortus
96, 18
(
Mainz
1485
):
Disse blomen hait die lyebe iu͂gfrauwe sant Otilia sunderlichen in eren gehabt do võ ynen dan solicher gewalt kommen ist.
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
Das, b, vnd, p, mitt den lebtzen durch des Athems gewallt auffgerissen.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Der wurtzen chraft het den gewalt: | [...].
4.
›faktische Macht verschiedener Art und Größen, meist einer herrschaftlichen, politischen, militärischen Instanz, einer Person oder eines personal gedachten Wesens (z. B. des Todes, des Teufels, damit Nähe zu 1b, 1c), einer abstrakten Entität (wie der Minne, der Schönheit)‹, daraus resultierend: ›über das übliche Maß hinausgehende Handlungsfähigkeit, Handlungspotenz, Verfügungsgewalt der überlegenen Größe‹; im einzelnen z. B. auch: ›Heeresmacht‹; ˹speziell dazu metonymisch: ›Heer, Truppe‹˺; ›Selbstbeherrschung, Eigenkontrolle‹; ›Verführungsmacht‹; ›Instrument der Gewalt (wie das Schwert)‹; im Unterschied zu 9 ist die Machtanwendung im Unrechtssinne nicht notwendigerweise impliziert, nach Ausweis der überwiegend negativen Bewertung aber latent und drohend als Möglichkeit angelegt.
Phraseme:
wunsches gewalt haben
;
nicht mit genugsamen gewälten verfast sein
›nicht bei Sinnen sein‹.
Bedeutungsverwandte:
2
 5,  5,  5,  3,  3, .
Syntagmen
g. haben, g. der bilder, g. über die sele, über die keuschheit, über die bösen haben, keine g. e. P
. (Gen.:
sein selber
)
haben, js. g. fürchten, den g. verlieren / verteidigen / aufen / meren
, [wohin]
schicken, über gottes wort halten, dem munde g. geben, jm. g. geben, jm. seinen g. zuwenden, geld jm. g. bringen
;
js. g
. (Subj.)
gros sein, g. ere / kunst / recht zerbrechen, kein recht sein, nichts gegen got verfangen, bald vergehen, nicht alt werden, ere bringen, js. g
. ›Heer‹ [wohin]
ziehen
;
gewaltes pflegen, sich seines gewaltes überheben, eines / des gewaltes vermögend / beraubt sein
;
dem g. wiederstehen, dem g. gerechtigkeit / weisheit, ein mas geben, js. g. vor sein
›überlegen sein‹;
an g. aufgehen / aufnemen / abgehen, mächtiger sein, den
›als‹
[...], auf eigenen g. bauen, weisheit nicht durch g. regieren, etw. für
›höher als‹
g. achten, jn. in seinen g. ziehen, js. gemüt nicht in dem g. sein, mit g
. [wohin]
ziehen, zu felde liegen, jn. mit g. überreiten / überziehen, sich mit g. erheben / zu g. steigen
;
der g. des feindes / teufels / keisers / Salomonis, der Syrer / reichen, des römischen reiches, des schwertes, des todes, der helle, der hände, des rechten masses, des werkes
›über das Werk‹;
der eigene / freie / grosse / irdische / ritterliche / zergängliche g
.;
die kraft des gewaltes, eine spanne gewaltes
.
Wortbildungen:
gewaltgebäu
›Befestigungsbau‹ (a. 1593),
gewaltgut
›Waffengewalt‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Potentia. Krafft stercke / macht gewalt vermuͤglichkeit.
Luther, WA (
1547
):
Viel habens, aber haltens nicht, Sondern halten jren Mammon, ehre, gewalt, gunst vber Gottes wort.
Ders. Hl. Schrifft.
Ps. 49, 16
(
Wittenb.
1545
):
Gott wird meine Seele erlösen aus der Hellen Gewalt
[
Luther
1528 /
Froschauer
1530:
hand der hellen
].
Peil, Rollenhagen. Froschm.
158, 3557
(
Magdeb.
1608
):
Geld / Gewalt vnd Herren gunst / | Zubricht Ehr / Recht / vnd alle Kunst.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
in mich ist komen der geist der wîsheit, und ich hân in geahtet vür alliu künicrîche und vür gewalt und vür hêrschaft und vür golt und silber.
Stackmann u. a., Frauenlob
6, 7, 2
(Hs. ˹
md.
auf nd. Grundlage,
v. M. 14. Jh.
˺):
Swa man dem schalke ein spanne | gewaltes lat, da wil er dri.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen Lied
12, 3, 6
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
dem dù vriuntschaft erzeigen wilt, den dunket, er hab wunsches gwalt.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
unde sin gewalt zog vur Straspurg, unde hatten me dan zwei dusent gleven.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
123, 24
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Man findet geschrieben das gewalt kein recht en ist.
Froning, Alsf. Passionssp.
565
(
ohess.
,
1501ff.
):
Desto grosser ist dyn schande, | das du eynen andern regieren salt | und enhost dyn selber keyn gewalt.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Sine [Nabuchodonosor] gewalt darnach wart | Persen, Meden zu gekart.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
9, 12
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
das er [wille] gewalt hat und herschaft seiner werck und mag sich recht oder nicht recht durch sein freyheit czu seinem wurcken schicken.
Langen, Myst. Leben
208, 1
(
nobd.
,
1463
):
so das er [sterbendt mensch] sich zcu mal schol lassen in gotes willen vnd von mynnen sterben, [...] vnd hett er doch wunsches gewalt tausent jar zcu leben.
Gille u. a., M. Beheim
71, 370
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
so vil der mensch ist hacher mer | und mer gwaltz ist vermugent, | So vil sorgsamer solches helb | ist im die naigung auf sich selb.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
malern und sprechern oder dichtern ist geleicher gewalt geben zu malen und dichten.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1521
):
also wirstu [Herr] auch diesen aigen angenommenen gewalt des römischen stuls zerstören.
Franck, Decl.
344, 35
(
Nürnb.
1531
):
Das gemuͤt des vollen ist nicht in seyner gewalt / sonder mit wein ertrenckt.
Ders., Klagbr.
228, 41
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
der gwalt des schwerts / mit dem man rechtlich das vbel straffenn solt.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
248
(
schwäb.
,
1453
):
Hett ich gewalt der hende min, | Ich geb dir ainen mulstraich.
Grundmann u. a., A. v. Roes
206, 4
(
alem.
,
15. Jh.
):
und was doch der selbe hertzoge Heinrich an gewalte und an lúten mehtiger denn der kúnig von Engellant.
Ebd.
208, 24
:
stúndent die fúrsten in Germanya mit iren getruwen dyenern dem roͤmischen keyser [...], so were on zwifel aller anderer gewalt do widder kleyne.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
zuͦ eime zeichen, das irdensch gewalt und kraft gegen gotte nüt verfohet.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
wenn sich die hern von Eidgnossen des beraten, so werden baͤbstlich heilikeit und al puntgnossen mit luͤten, gwalt, guͦt, [...], darzuͦ tuͦn, [...], die selben zehanthaben.
Goldammer, Paracelsus
2, 254, 7
(
um 1534
):
die liebe muß einen verstand haben. darumb seindt die kinder und narren und unwissenden solches gewalts beraubt.
Ebd.
5, 179, 1
(
1530
):
die großen heupter werden auf den tag verlieren iren gewalt, iren bracht, iren hochmut.
Roloff, Brant. Tsp.
1206
(
Straßb.
1554
):
die gewaltiglich | Sich setzent wider Gott und Tugendt | Auff eignen gwalt allein bauwent.
Morrall, Mandev. Reiseb.
12, 17
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
[die Kriechen] sprechend daz ir patriarch hab als grossem gewalt als unser bapst.
Sappler, H. Kaufringer
16, 34
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
aber kain gewalt er [tiefel] hat | über die sel, das wist fürwar.
Ebd.
28, 13
(Hs.
1472
):
das ain solich clain figur [prot] | ain ding [got] beschleußt in seiner gewalt.
Ebd.
29, 65
(Hs.
1472
):
schön hat clare augen wunnesan | und cluoger pild hat sie gewalt.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
gab man für, sie weren mit genugsammen gewelten izumals nit verfast.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Grosser gewalt kan nicht werden alt. Schnell gewalt / vergehet bald. [...]. Gelt bringt ehr / ansehen vnd gewalt. [...]. Weißheit regiert durch wort / nicht durch gewalt
[ebd. weitere Sprichwörter].
Klein, Oswald
90, 19
(
oobd.
,
1416
):
die mein herz besessen hat | scharpf mit gewalte, | ich kan ir nimmer werden sat.
Ebd.
110, 27
(
1417
):
der rechten mäss mit sitt, tün, lass | hat si gewalt ganz ainiklich.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
137
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
si wänen er [tewfel] hab ainen grözzern willen oder gewalt si zu versorgen denn got.
Ebd.
1611
:
Geyt aber weyshait vnd gerechtichait iren gewalt nicht ain mazz so ist ir gewalt nicht anders denn ain swert in aines tobsüchtigen hant.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
inn dem 71. jar chumen die Turckhen mit gewallt gein Krain.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
1026
(
tir.
,
1486
):
[Ich] wil schickhen ritterlichen gewalt | Gen Wethania.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
26, 18
(
tir.
,
1464
):
ir sült nicht fürchten in dem wërch der gerëchtikhait den zergenkleichen gewalt der ellennden reichen vnd gewaltigen menschen.
Wyss, a. a. O. ; ; ; ;
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
894
;
Palmer, Tondolus ;
Froning, a. a. O.
1765
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
51, 37
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
71, 26
;
Gille u. a., a. a. O.
109, 38
;
Reichert, Gesamtausl. Messe
28, 3
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
128
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
271, 28
;
Sappler, a. a. O.
3, 701
;
16, 294
;
613
;
26, 140
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
185, 55
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Uhlirz, Qu. Wien ;
Voc. Teut.-Lat.
m vr
/v;
Dietz, Wb. Luther f.;
Tpma
4, 461
;
Vgl. ferner s. v.  16, (V.),  7,  11, .
5.
›rechtlich und / oder religiös begründete, dem Recht oder einer religiös begründeten Sinnwelt unterworfene, in feststehenden Formen ausgeübte weltliche oder geistliche Herrschaft, Obrigkeit, Regiment, Regierung in allen hierarchischen Stufen vom obersten Herrschaftsträger (auch von Gott) bis hin zu den unteren Rängen der weltlichen, kirchlichen, gerichtlichen Administration‹; in einer Reihe tropischer (meist metonymischer) Verwendungen auch: ›Organ der Herrschaftsorganisation‹; ›Verwaltung‹; ›Strafgewalt‹; ›Polizei‹; ›Ordnungsgewalt‹; ›Gerichtsherrschaft‹; ›beherrschtes Volk‹.
Bedeutungsverwandte:
(
das
13,
1
 23,  4,
2
 5 (mehrfach,)  2,  6,  1,  124,  2,  1, (
das
1, .
Syntagmen:
(den) g. haben
›innehaben‹
/ rümen / üben / abtun / zerstören, jm. g. geben / abkünden / absprechen, js. g. spüren, das schwert den g. bedeuten
;
der g.
(Subj.)
von got sein, got gebüren / gehören, in js. hand sein, ler stehen, an die antwerke kommen, rechtsprüche haben, jm.
(z. B.
den wichten
)
härte zu dolen
›schwer zu ertragen‹
sein, der g. verstehen, das [...]
;
j. der g.
(präd.)
sein
;
des gewaltes bedenken, keines gewaltes wissen
;
dem g. etw. anzeigen, jn. dem g. überantworten
;
etw
. (z. B.
brandschatzung
)
an den g. kommen, bei g. gnade ziemen, in js. g. sein / stehen, sich in einen g. tun
›begeben‹,
das reich in seinem g. halten, mit g. kommen, jn. mit dem g. reich
›mächtig‹
machen, j. unter einen g. gesazt sein, jn. vor dem g. beklagen, j. wieder den g. tun
;
der g. des keisertums / reiches, der Schwaben, des prälaten / richters, Pilati, der g. des tages
;
der keiserliche / königliche / bischöfliche / christliche / geistliche / weltliche / ordentliche / römische / grosse / starke g
.;
der stab / stul des gewaltes, der herre / oberste des gewaltes
.
Wortbildungen:
gewaltbruch
›Mißachtung der Herrschaft‹ (a. 1537),
gewaltdinger
›von der Herrschaft Beauftragter‹ (a. 1629),
gewalthun
›dem Herrschaftsvertreter zu leistende Naturalabgabe‹,
gewältigen
4 ›sich unterwerfen‹,
gewaltlos
›ohne obrigkeitliche Macht‹,
gewaltmandat
›Erlaß über die Ausübung eines Herrschaftsrechtes‹,
gewaltmeister
›mit einer obrigkeitlichen Funktion Beauftragter‹ (a. 1362f.),
gewaltsbrief
1,
gewaltschatzung
›Herrschaftssteuer‹,
gewaltschlüssel
›Schlüssel als Zugang zur Herrschaft‹,
gewaltshaber
›Haferabgabe an den Herrschaftsvertreter‹ (a. 1451),
gewaltspfandung
›Pfändung durch die Obrigkeit‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
MAGISTRATVS POLITICVS: Oberkeit gewalt.
Luther, WA (
1530
):
Darumb wollen wie solchen Wisseschluͤssel nicht haben [...]. Also auch den Gewalt schluͤssel odder den Herr schluͤssel wollen [...] wir auch nicht leiden.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
„Dem geb ich, [...], | Gewalt dort ober die diet, | Daz her uber sie richte | [...] | Mit yseriner gerte.“ | Dise gewalt ist herte | Zu doln den argen wichten.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
swe alt eyn knape oder eyn juncwrowe se, tuͦn se sich in geistliche gewalt vnde lebent, dez si wandel habe zuͦ eyneme jare, varen se vor dem jare vz, sie hant ire recht nicht vorloren.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
alle, die geystlichen gewalt hand, die soll man eren.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1572
):
und war ungestomme, das die nachparn das der gewalt anzeigden.
Grimm, Weisth. (
rhfrk.
,
1421
):
da ist ime gewisen worden [...] von den güttern, die nit sein eigen sein [...] somer hüner, gewalthüner, frontag und atzung.
Ebd. (
mosfrk.
,
1546
):
jahrligs [...] 21 gulden rodder gelds gewaltschatzung.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Ampt. Gewalt. Befelch. Regiment. Verwaltung.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
7, 4
(
Frankf./M.
1568
):
Wie er mit Keyserlichem gwalt | Das Roͤmisch Reich [...] erhalt.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
ich bin ouch ein mensche undir gewalt
[
Luther
1545:
Oberkeit
]
gesatzit und habe undir mir rittere.
Feudel, Evangelistar
1, 6
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
denne sullen sy sen kumende in den wolken des menschen sun mit grozer gewalt unde herschaft.
Meisen u. a., J. Eck
18, 17
(
Leipzig
1520
):
das sie yn hier ein ketzer erkant haben und dem weltlich gewalt uͤberantwurt.
Grundmann u. a., A. v. Roes
192, 35
(
alem.
,
15. Jh.
):
Herre sich, hie sint zwey swert, [...]. Syhe das die zwey swerte zwene gewalte bedútent.
Ebd.
195, 15
:
von rehter reddelicher ordenunge gezymmete und hiesch sich eben, das die Roͤmer als die groͤssern die priesterschafft und die Germany als die myndern das rich hieltent. Wann von eim burnen [...] sint ußgegangen [...] der gewalt und die priesterschafft.
Ebd.
203, 30
:
dem studio ist ouch genuͦg mit einem stuͦle, das ist Paris, aber dem gewalte sint vier oͤberste stuͤle von ordenunge des heilgen geistes mit namen zuͦgegeben das ist Oche, Orliens, Meyelan und die statt Rome.
Ebd.
204, 34
:
Dar umb stunt der gewalt ettwie lange lere.
Ebd.
207, 17
:
als die roͤmische kirche ist dz rich gottes, also ist ouch der keyserliche gewalt das rich gottes.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
und geborent nu die lúte rehte also sú selber Got wellent sin und anders von enkeinre gewalt noch herschaft enwissen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
ein concilg, doweil es wert, so ist es gantz dye cristelich gewalt und bezeichent dye heiligen kyrchen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
du turn der herde vol nebels tochter syon vntz zuͦ dir wirt er kumen: vnd wirt kumen die erste gewalt
[Var. W, 15. Jh.:
reich
;
Luther
1545, Mi. 4, 8:
Herrschaft
]
der tochter iherusalem.
Golius (
Straßb.
1579
):
Diploma, gewaltsbrieff / offener versigelter brieff einer Oberkeit.
Schorer, Sprachposaun
9, 20
(o. O.
1648
):
Wir von Gottes Gnaden / rc. wie die GewaltsBrieffe grosser Herren zu Anfang lauten.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
A. 14. Jh.
):
dz wir die selben stat von Berne [...] in vͥnser vnd in vͥnser kuͥngliches riches herschaft suͥllen han [...], noch och si niemer von vͥnserm riches gewalt suͥllen lan.
Jörg, Salat. Reformationschr.
157, 6
(
halem.
,
1534
/
5
):
wir
[Reformierte]
sind der gwalllt / wir hand / und wend recht han.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
50, 18
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
Moses hat ain stuel / daß ist der stuell des gewallts / des gerichtes des gelertun.
Heydn. maister
9r, 2
(
Augsb.
1490
):
Wz ist ein künig. Sprach er [Solon] / ein starcker gewalt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
und ließ außtreiben alle die burger, die gwalt hetten.
Ebd. (
1452
):
und ist do der marggraf an der brugk ze fuͦß abgestanden [...] und ist da mitsampt inen diemüetigclich für den künig nider geknieet und hat sich gantz geweltiget und undertenig gemacht.
Buijssen, Dur. Rat.
5, 28
(
moobd.
,
1384
):
daz alle gewalte diser werlte, dị under den Romėrn waren, verstu̇nden, daz [...].
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
384
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
also wart der hymel gecziret mit der svnnen in den gewalt des tages vnd mit dem monn der nacht czu gewalt.
Bauer, Imitatio Haller
79, 6
(
tir.
,
1466
):
da man sten ist in der gehorsam vnd leben ist vnder dem gewalt des prelaten.
Wackernell, Adt. Passionssp. St. II,
1509
(
tir.
,
v. 1496
):
Er [Jhesus] tuet auch wider kaisserlichen gewald.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15. Jh.
):
Die gottslästerer und gottswerer, [...], soll daß gericht schwärlich, inhalt kais. maj. gewaltmandat deßhalben außgangen, [...] an leib und guet straffen.
Leman, Kulm. Recht ; ;
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe ;
Stambaugh, Friederich. Saufft.
46, 22
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
136
;
Grundmann u. a., a. a. O.
193, 26
;
195, 22
;
196, 3
;
202, 7
;
203, 19
;
206, 22
;
Koller, a. a. O. ;
Lemmer, Brant. Narrensch.
22, 17
;
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ; ;
UB Zug
2149, 7
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
115, 33
;
Bischoff u. a., a. a. O. ;
Dietz, Wb. Luther ;
Tpma
4, 462
;
Vgl. ferner s. v.  2, (
das
9,  2,  1, .
6.
›Recht, Verfügungsrecht und -gewalt, Handlungsbefugnis, die eine Person oder Instanz nach geltendem Recht, aufgrund natürlicher, sozialer oder religiös begründeter Ordnung im Hinblick auf eine Sache oder Person hat‹; im einzelnen für sehr unterschiedliche Sachverhalte in verschiedensten Handlungsbereichen gebraucht, z. B. für die kirchliche Berechtigung zur Absolution, für die elterliche Gewalt über die Kinder, die dem Mann über die Frau zugebilligte Gewalt, die Macht des Herren über das Gesinde, des Besitzers von Wirtschaftseinheiten über die Sachgüter, des Inhabers von Ämtern über Amtsangelegenheiten; im Unterschied zu 5 eher auf das einzelne, genau umrissene Verfügungsrecht bezogen.
Phraseme:
jn. in dem gewalt liegen lassen
›jn. nicht aus der elterlichen Gewalt entlassen, unmündig bleiben lassen‹.
Bedeutungsverwandte:
, ,  1,  6, (
das
610, , .
Syntagmen:
g. e. S
. (Gen., z. B.
des leibes, des willen
),
gegen / über jn., über etw. haben, (keinen / nicht) g. haben, zu [...]
(z. B.
zu pfänden / richten / strafen / dispensieren / predigen, einen könig zu wälen, jm. etw. zu geben, jn. in den turn zu legen, das handwerk zu betreiben
),
g. haben, das [...], g. erwerben, zu [...], jm. den g. geben, zu
(z. B.
zu binden / lösen
),
sich einen g. behalten
›vorbehalten‹;
der g. der herschaft zugehören, zu [...]
;
sich eines gewaltes anmassen
;
etw. an js. g. fallen, jn. aus js. g. dingen, jn. aus g. begnaden, j. / etw. in / unter js. g. sein / stehen, etw. mit g. bekräftigen / bestäten
;
der g. des richters / pflegers / vaters / rates / gerichtes
;
des gewaltes stab
;
der bischofliche / fürstliche / königliche / rechte g
.

Belegblock:

Luther, WA (
1520
):
des er [Bapst] keinen fug, gewalt noch recht hat.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
Sente Peter von gotes genaden gab | itslichem babiste des gewaldes stab, | daz [...].
Rosenthal. Bedencken
22, 36
(
Köln
1653
):
daß jhm [Petrus] die Gewalt auffzulösen vnnd zu binden gegeben ist.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
30, 24
(
omd.
,
1487
):
sindtemall weÿber [...] gehorsamlich zcuͥleben ÿren mannen vorpflicht haben sye kein gewalt zcu predigenn noch zcewͥgniß zcu geben noch zcu richten.
Ebd.
37, 26
:
Das weipp hatt nicht gewaltt ÿres leibes sunder der mann.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Die butele haben ouch keine gewalt an nichte, den daz si tun, waz si di burger heizen unde der voit.
Ders., Sächs. Bergr. (
osächs.
, Hs.
15. Jh.
):
Keyn urbarer adir keyn lyher hat dy gewalt, das er uff keynem erbehaftigen stollen [...] geseczen moͤge eynen bergmeister.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 328,
Anm. 4 (
nobd.
,
1464
):
so hat im der rat gewalt behalten, daz sie in oder einen andern bestewren muͤgen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
won ain ieglich mentsch sines willen gewalt hât und in wol keret zuͦ der minne.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
E. 14. Jh.
):
alles mes, wage vnd win vnd korn [...] sol stan in des richters vnd in des rates gewalte.
Ebd. (
1539
):
so sollennt doch derselbenn vneelicher kinden vatter vnnd mutter vollmechtigen gwalt habenn, [...] den vneelichen kinden, vs irem zytlichenn gut ein frye gab ze gebenn.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1347
):
Die zeit, und der sun in des vaters gewalt ist, so mag er ân des vaters willen und wort sein erbtail nicht versetzen.
Steinberger u. a., Urk. Hochst. Eichst.
433, 33
(
noobd.
,
1354
):
Und sullen haben gewalt zu richten von iren lewten umb all sach, an die sach, die man vor dem lantrichter auff dem lantgericht außtragen sol.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
[Der vater] lat in [sun] ligen in der gwalt, | Piz er wehzet groz und alt.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
318
(
tir.
,
1486
):
Und hast aus deiner parmherczikayt | Gebalt erworben der menschayt | Gotes erbelter sun ze werden.
Ebd. St. II,
1712
(
v. 1496
):
Dw [Pilatus] hiettest kainen gewalt gen mir [Jhesus], | Wär er nicht von oben gelichen dir.
Quint, Eckharts Pred. ;
Aubin, Weist. Köln/Brühl ;
Köbler, Ref. Wormbs
140, 2
;
ders., Stattr. Fryburg ;
v. Keller, Amadis ;
Behrend, Magd. Fragen ; ; ;
v. d. Lee, a. a. O.
30, 7
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
17, 29
;
Ermisch, Freib. Stadtr. ; ; ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Merz, Urk. Wildegg
164, 3
;
Welti, a. a. O. ;
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
589, 39
;
605, 31
;
ders., Zivilr. Bern ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 16, 15
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
113, 4
;
Dirr, Münchner Stadtr. ; ;
Bastian, Runtingerb.
2, 252, 30
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Vgl. ferner s. v.  2,  2,  3.
7.
›Vollmacht, jm. übertragene Machtbefugnis, Ermächtigung, in js. Auftrag, an js. Stelle zu handeln, Recht auf freie Hand im Sinne des Vollmachtgebers‹; als Metonymien: ›Auftrag‹; ›Dokument mit der Vollmacht, Brief‹.
Phraseme:
der ganze / volmächtige gewalt
›Vollmacht‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 2,  7; vgl.  1.
Syntagmen:
von jm. g. haben, g. haben, zu [...], jm. (den) g. bringen / geben / empfelen
›anvertrauen‹;
ane g
. [wo]
erscheinen, in js. g. würken, jn. mit g
. [wohin]
schicken, mit js. g. handeln
;
der g. der bäbstlichen heiligkeit
;
der bäbstliche / keiserliche / verschriebene g
.;
laut, in kraft des gewaltes
.
Wortbildungen:
gewaltfürer
1 ›Bevollmächtigter‹ (a. 1426),
gewaltgeber
›Erteiler einer Vollmacht‹,
gewaltgeld
›Gerichtsgebühr für die Genehmigung einer Vollmacht‹ (a. 1389f.),
gewaltschein
›Vollmachtsurkunde‹ (16. Jh.),
gewaltstrafe
›Strafgeld (für Baumfrevel)‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz er [got] würket in sîner obersten crêatûre, daz diu würket in sînem gewalte, als ein truhsæze würket in des küniges maht und berihtet sîn lant.
Hilliger, Urb. St. Pantaleon (
rib.
,
1624
):
dieiennigen, so eichen [...] abhauwen, sollen [...] mit der that in die hochste chur, [...], verfallen und baussen die gewaltstraff, so dem lantfursten vorbehalten pleibt.
Wyss, Limb. Chron. U (
mfrk.
,
1391
):
ich Tẏlemannus Elhen von Wolffhan, [...], eẏn uffinbar schriber von keiserlicher gewalt.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
wir [...] gebieden daz ir keine ir suster uz scheiden ob slan inmuzze. wan die gewalt hat von der ebdissen.
Köbler, Ref. Wormbs
50, 26
(
Worms
1499
):
wie wol ein yeder procurator der in gemein gesetzt ist mit dem zusatz vnd Beuelh das er einen yeden zymlichen eyd in des gewaltgebers sele schweren moͤg.
Ders., Ref. Franckenfort
91, 13
(
Mainz
1509
):
Es moͤgen die parthyen solch [...] antwurt thuͦn vnd für brengen durch sich selbt oder jre anwelde / So ferre das die selben darzuͦ genuͦgsamen gewalt vnd vnderrichtung von den parthyen haben.
Ders., Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
der Man von des wybs wegen / die moͤgen on gewalt im rechte͂ erschinen klag vnd antwuͦrt geben von deren wege͂ die sy vertretten.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
„In waz gewalt
[
Luther
1545:
macht
]
tuͦstuͦ dise dinc? und wer hât dir disen gewalt gegebin ?“
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1400
):
wen er [herre] dann mit seinem vollen gewalt darumb zu uns schikt, dem suͤllen wir an seiner stat soliche huldunge tuͦn.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1380
):
von des gewaltes wegen, so sie mir mit irem offenen versigelten briefe empholhen [...] hant.
Merz, Urk. Lenzb.
21, 5
(
halem.
,
1404
):
Hans Byschoff, vogt ze Wildegg, der mit gantzem vnd vollem gewalt dez obgen. junkher Thuͥringz von Halwiler handelt.
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 221, 1
(
halem.
,
1481
):
als üns oͧch das durch Jacoben uff lutt des obbestimpten gewalts warlich zuͦgesagt ist.
Brandstetter, Wigoleis
235, 3
(
Augsb.
1493
):
darumb hat ein yegklicher der soliches weyßt zuo besseren. macht vnd gewalt die worte zuo verenderen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
der bischof von Ferrer [...] hat unserm cardinal den gewalt vom bapst pracht, das er obroster legat soll sein auf dem tag zue Nürmberg.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 455, 7
(
schwäb.
,
1574
):
wir haben auch inen alberait gewald geben, zu gebietten und zu verbietten alles, das die gemaine ehehaftin berüert.
Bastian, Runtingerb.
2, 167, 7
(
oobd.
,
1406
):
ez verpot Oesel Screiberinn in meiner gewalt der Utzmanin brief uber ir haus.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
do gaben die Römer den zweien herrn gantzen gewalt, das sie von dem gewunnen guͦt nämen, was sie wollten.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
162, 8
(
moobd.
,
1500
):
daz ir ettlich aus ew mit volmechtigem gewallt [...] in unnser stat Wienn schikket.
Laufs, Reichskammergo.
127, 13
;
223, 10
;
272, 26
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
45, 4
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Koller, Ref. Siegmunds ; ;
Goedeke, P. Gengenb. ;
Glitsch u. a., Hofger. Rottw.
45, 13
;
Eschenloher. Medicus ;
Staub, Qu. Wien
3, 2, 2916, 4
;
Vgl. ferner s. v. .
8.
›von jm. in unterschiedlichen Handlungsbereichen (Herrschaftsorganisation, Administration, Rechtswesen, Kirchenorganisation, Eich- und Münzwesen) mit Handlungsvollmacht Ausgestatteter, Bevollmächtigter, Stellvertreter‹; als Metonymie zu 7 auffaßbar, in einigen Belegen keine eindeutige Unterscheidung möglich.
Rechts- und Wirtschaftstexte, berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
(
der
1; vgl. c, , (
der
), ,  1, (
der
).
Syntagmen:
den g. schicken
, [wohin]
senden
;
der g. kommen, jm. etw. nemen
, [wo]
atzung haben, das recht haben, zu [...]
;
dem g. schweren, zu [...]
;
den frieden an dem g. brechen, für den g. schweren, das [...]
;
der g. Kunrad, j
. (z. B.
der richter / herre
)
und sein g., der g. des babstes, der herschaft
;
der geordnete / volmächtige g
.;
urlaub
›Erlaubnis‹
des gewaltes, die hand des gewaltes
(p. p. t.).

Belegblock:

Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
da der richter unde sine gewalt Cunrat, der in uf den heiligen gewunnen hat, vride unde genade solde haben, unde brach den vride an im unde an siner gewalt unde hat im den gewunt.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1420
/
41
):
am donnerstag kamen des alten babsts gewalt, drey legaten.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
Es soll auch der Amman noch sein gewalt mit dem Vischpach noch Lanckwasser nit wessern.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
18, 12
(
nobd.
,
1470
):
hat ein herr vom Münchperg das recht zu Ebingen, das er, sein gewalt oder sein schultheyß [...] yedes jars die maß anzugießen und zu eychen [...] hat.
Ebd.
92, 38
(
1579
):
das gemelter unser herr und sein gewalt haben atzung und leger uff irem hoff.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
wa ers nit zalen wurd, so sol ain jetliche oberkait sein volmechtigen gewalt schicken.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Lat ewr lew̆t und ewr lant | Besorgen ewrs gewaltes hant.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
, Hs.
M. 15. Jh.
):
so sollen in
[den Verdächtigen]
derselben herschaft gwelt nemen als er dann mit gurtel umbfangen ist.
Wyss, Limb. Chron. ;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Ermisch, a. a. O. ; ;
Lexer, a. a. O. ; ; ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
886, 18
;
Winter, a. a. O. ;
9.
›schädigend oder verletzend gegen e. S. oder P. gerichtete, nur vereinzelt (und dann als Gewaltanwendung) zugunsten e. S. (z. B. des Friedens) eingesetzte Macht; Nötigung; Gewaltanwendung; Gewalttat‹;
gewalt
(
der
) 9 umfaßt alle einzelnen und kollektiven Übergriffe auf die Eigenexistenz von Personen, Einrichtungen, Verhältnissen, darunter Diebstahl, körperliche Mißhandlung, Notzucht, Rechtsbeugungen, militärische Angriffe, in allen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialbereichen.
Phraseme:
gewalt mit gewalt vertreiben / weren
.
Gegensätze:
(
das
5.
Syntagmen:
g. leiden / brauchen / wirken / wissen, an jm. üben, den g. wiederfechten
›bekämpfen‹,
jm. einen g. klagen / (an)tun, mit jm. g. treiben, an jm. g. begehen, von jm. (keinen) g. sehen
;
g
. (Subj.)
vor recht gehen
(mehrfach),
unwillen verursachen, jm
. (z. B.
dem knecht, der frauen
) /
e. S
. (z. B.
der natur
)
g. geschehen
;
des gewaltes gebrauchen
;
mit g. frieden machen, unrecht füren
, [wohin]
faren / kommen, mit g. vornemen, zu [...], jn. mit g. schwächen / bezwingen / ausfüren, aus etw
. (z. B.
aus der gewere
)
treiben, bei dem glauben behalten, für einen rectorem aufwerfen, etw
. (z. B.
einen dienst
)
für g. sprechen, etw. mit g. aufbrechen
(z. B.
die tür
)
/ überziehen
(z. B.
ein land
)
/ umlägern
(z. B.
ein schlos
)
/ gewinnen
(z. B.
eine stat
) /
brennen
(z. B.
ein dorf
),
jm. etw. mit g. abrauben / nemen / vorbehalten, jm. mit g. das maul stopfen, sich mit g. in ein ampt dringen, in das regiment setzen, um g. etw. klagen, jn. vor g. beschirmen / schützen
;
der grausame / grosse / raubliche / unrechte / unzuständige g
.
Wortbildungen:
gewaltanlegig
,
gewaltbusse
,
gewaltfürer
2 ›Gewalttäter‹,
gewalthaftig
,
gewaltheit
›Gewaltmaßnahme‹ (a. 1504),
gewaltherschig
(1. H. 16. Jh.),
gewaltklage
›Klage wegen einer Rechtswidrigkeit‹,
gewaltraubung
›Gewaltanmaßung, -gebrauch‹,
gewaltsache
2,
gewaltschirmer
›Beauftragter der Obrigkeit gegen und zur Bestrafung von Gewalttätigkeiten‹,
gewalttuig
,
gewaltvogt
(wie
gewaltschirmer
).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vi comprimere. Mit gwalt schwechen vbernoͤtigen vbergwältigen notzwingen notzogen.
Tyrannidem exercere. Tyranniseren wuͤten vnderdrucken mit gewalt faren wuͤterichen ¶ fräflen.
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
9, 5
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
wand alle gewaltroubunge
[
Luther
1545:
Krieg
]
ist mit gelodem und daz cleit, das mit blute gemischit ist, wirt gebrant.
Toeppen, Ständetage Preußen
1, 574, 4
(
preuß.
,
1432
):
ab ymand clagete, das im seyne privilegia vorkurczt adir unrecht usgeleget weren, adir sust gewalt vom homeister adir seinen gebietgern an sinen guttern gescheen were.
Luther. Hl. Schrifft.
Spr. 14, 31
(
Wittenb.
1545
):
Wer dem Geringen gewalt thut
[
Dietenberger
1534:
beleidiget
;
Eck
1537:
schmaͤhet
]
/ der lestert desselben schepffer.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
566, 1903
(
Magdeb.
1608
):
Wer seins Feindes erste gewalt / | Nicht wider ficht vnd rechnet bald / | Der gibt vrsach zum newen streit.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Fried muß man offt mit Gewalt machen / nicht mit Worten.
Wenn Gewalt mit dem Scheinmantel der Gerechtigkeit bedeckt ist / laͤßt er sich nicht straffen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Pabeste, dar zu bischove, | [...] | Die mit gutem rate | Die cristenheit uf halden, | Vor unrechten gewalden | Beschirmen mit irre lere.
Der slange wart beschriet | Umme den roubelichen gewalt | Der an deme menschen waz gestalt.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Zerstôrte nû got die natûre alsô in dem beginnenne, sô geschæhe ir gewalt und unreht; des entuot er niht.
Aubin, Weist. Köln/Brühl (
rib.
,
um 1500
):
Vort wisen die geswoiren minen g. h. vur einen gewaltvait ind schirmheren minre g. f. und ire hirlicheit die wile min g. f. ein geistlike persone is, of ir einiche gewalt geschege, dat sy dan den gewailtvait mach anroifen ir ere gerechticheit helpen zo hailden ind die gewailt helpen keren.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
so schire eime amptmanne worde geklaget eine gewalt, so sal he bescheiden ein gerichte.
Grimm, Weisth. (
rhfrk.
,
1458
):
hat der Scheffen [...] gewiset vor recht eime abt [...] den ganzen ban [...], alle gewaltsache, freuel, bussen und besserung.
Ebd. (
mosfrk.
,
1486
):
ein gewaltklag oder handel in der herren vngnad.
Ebd. (
mosfrk.
,
1507
):
dass gewaltbuss sey, dass ist solche gewalt antreffend vnnd geschläge, da man die wunden muss bähen.
Ebd. (
mosfrk.
,
1478
):
Jtem wysent sy [scheffen] mynen junckeren von Wiede zu vur eynen gewaltschirmer zu I[rlich] uber geweltlichen sachen.
Rudolph, Qu. Trier (
mosfrk.
,
1593-4
):
Ordnung wider die, so gewalt und tätliche frevel brauchen. [...] es seie mit ausforderung, überfallung, mit auflaufung oder aufstoßung der thüren oder mit hauen, stechen, verwundung, mit steinen zum haus einwerfen oder einschießen mit büchsen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
172, 13
(
rhfrk.
,
um 1435
):
es lebet kein biderber frouwe wan sy en ist / Jr ist gewalt vnd v[n]recht gescheen.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Da brachen si den vride an im unde an sime gute unde roubeten im daz abe mit gewalt.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
das die seinen mit frevel und mit gewald gefaren haben in mein gericht und haben daraus gefurt [...] sechs pienstocke, betgewand.
Logau. Abdank.
167, 17
(
Liegnitz
1651
):
Hoffart / wircket Gewalt: Gewalt / verursachet Unwillen: Unwillen / erreget zwispalt: Zwispalt / erwecket Krieg.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
112, 33
(
nobd.
,
15. Jh.
):
alle atzung, dinst und bethe sprechen die gemeinde zu Weigenheym fur gewalt und kein recht.
Dietrich. Summaria
22r, 23
(
Nürnb.
1578
):
Die Prediger sollen [...] sich des schwerts vnnd gewalthafftigen zwangs [nicht] vnterfangen.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 368, 21
(
Coburg
1634
):
Asacius [...] / der sich in das Bischoffliche Ampt mit Gewalt getrungen hatte.
Grundmann u. a., A. v. Roes
205, 6
(
alem.
,
15. Jh.
):
Wenn do der heylige kúnig Karolus das volck Sahßen [...] mit keinem lyste noch gewalte by dem cristenen glouben behalten mohte.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Gewaltthuͤig. Violentus [...]. Gewaltanlegig.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1528
):
das wir einandern [...] by recht hanthaben, schuͥtzen und schirmen vor gewalt, uffruͦr und empoͤrung.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
211, 25
(
Augsb.
1476
):
hast du new fúnd erfunde͂n [...] im deynem hantwerck [...] oder du gewalt fuͤrer. newe boͤß raͤte. beschwerung einer gantzen gemein.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 86, 2
([
Augsb.
]
1548
):
Gewalt geht für recht.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1378
):
und pranten in des von Wirtenberg land aber mit gwalt vil dörfer.
Ebd. (zu
1561
):
doch haben sich die grafen gesterckt und das schloß mit gwalt umblaͤgert.
Ebd. (
1544
/
5
):
und hett im fürgesetzt, aintweders dieselb [junckfraue] mit gaben oder mit gwalt seines willens zu sein zu betzwingen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Gewalt geschicht manchem armen Knecht / Wenn man zu gar sehr scherpffet das recht.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1347
):
Wer dem andern gewalt tuot ân recht, also, daz er sich seins guots underwindt.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
162, 5
(
moobd.
,
1500
):
da sich die Venediger gentzlich entslossen haben, unnsere lannde mit gewalt zu uberzihen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
3, 13
(
mslow. inseldt.
,
1612
):
welchen die Windiśche Nation mit gewalt für ein Rectorem aufgeworffen.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn ;
Große, Schwabensp. ; ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 194
;
Jahr, H. v. Mügeln
1787
;
Hertel, Hall. Schöffenb. ;
Thür. Chron.
8v, 26
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
5, 14
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
77, 33
;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
447, 4402
;
Gille u. a., M. Beheim
566, 11
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Roder, Hugs Vill. Chron. ; ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
110, 6
;
117, 5
;
Wackernell, Adt. Passionssp. H.
3, 1542
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
18
;
Tpma
4, 467
f.;
Schmidt-Wiegand, Dt. Rechtsregeln.
1996, 137
f.;
Rwb f.; ;
Vgl. ferner s. v. ,  1,  2,  1.
10.
›faktischer Besitz, faktische Verfügung, freie Hand über Sachen unterschiedlichster Art (z. B. über ein Gut, ein Herrschaftsgebiet, Handelswaren, Anrechte, Kleingegenstände, auch Abstraktgegebenheiten wie den Willen, die Seele) sowie über Personen‹; der Besitz kann rechtlich begründet sein und dann in die Nähe von Rechtsbefugnis (s. 4; 6) kommen oder auf Unrecht beruhen und dann in offenem Übergang zu 9 stehen; er kann rechtskonform im Sinne von ›wirtschaftliche Nutzung‹ und widerrechtlich gehandhabt werden; bei Bezug auf Personen Tendenz zu ›Geiselhaft, Gewahrsam‹.
Phraseme:
jm. nichts zu gewalt lassen
›jn. kurz halten‹.
Bedeutungsverwandte:
,  6,  1,  12,
1
(
die
1,  6,  4,  2, .
Syntagmen:
etw. aus js. g. bringen / retten, in js. g. fallen
(z. B. von der
sele
gesagt)
/ geraten / kommen / sein, etw. in seinen g. bringen
(z. B.
ein schlos, wolle
)
/ wiederantworten
(z. B.
eine fischweide
)
/ geben, jm. etw. in seinen g. setzen, jm. jn
. (z. B.
einen ritter
)
in seinen g. befelen, etw. in js. g. begreifen
(z. B.
ein gut
),
etw
. (z. B.
einen zins, js. leib / willen, js. sele
) /
jn
. (z. B.
ein weib
)
in seinem g. haben
;
der g. des bösen geistes, des antworters, der heiden
;
der
˹
geruwige / stille
›unangefochtene‹˺
/ nuzliche g
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
vint ein man sin guͦt, daz iz im gestolen [...] ist, in iemannes gewalt, den mach man dicheine hanttat gezien, ob her so sprichet, her habe sinen geweren.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
6, 24
(
Frankf./M.
1626
):
das er [...] vmb huͤlff vnd errettunge deß heyligen Grabs auß den Haͤnden vnnd Gewalt der Heyden anhalten solte.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
Hören auff, sagt die Fraw, [...], sonsten werden jhr in dessen hand vnnd gewalt gerahten.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Der eynen menschen stylt, das ist ouch eyne ofene dubheyt. vnd wirt is in syner were adir in syner gewalt begryfen man schubit is vf yn alse andir dupheyt.
Küther, UB Frauensee
173, 18
(
thür.
,
1348
):
[ich] han in ire fischweyde und wazzir [...] widirgeantwortit in ir gewald und gewer mid allem nuczcze.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
an dem huse hab ich rechtis erbecinsis also vil alle iar unde habe den gehabt in gewalt unde in gewere iar unde tac.
Sachs (
Nürnb.
1552
):
Kein schenck ich euch herwider thu, | Wann mein herr lest mir nichts zu gwalt.
Goldammer, Paracelsus
6, 186, 6
(
1530
):
wem ist der dauf in sein hand und gewalt gesetzt ? nit in des menschen.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1555
):
das [...] wir von Bern unsern ober teil der grafschaft [...] in unsern gwalt, besitzung, beherschung und regierung nemmen.
Dreckmann, H. Mair. Troja
29, 17
(
oschwäb.
,
1393
):
wie wir unser veiend bringen mugend in unser gewalt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
schriften, so in irem gewalt gefunden worden, erscheint.
Bauer, Geiler. Pred.
315, 5
(
Augsb.
1508
):
Wie die seel des menschen / [...] / gleych worden ist ainem esel / und also gefallen in den gewalt des boͤsen gaistes.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
do der alt fürst etlich zeit in des marggrafen gwalt gewesen was.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
149, 15
;
Karnein, Salm. u. Morolf
275, 2
;
Sievers, Oxf. Benedictinerr. ;
Behrend, Magd. Fragen ;
Leman, a. a. O. ;
Thür. Chron.
21r, 29
;
Mon. Boica, NF.
2, 1, 156, 4
;
Wendehorst, UB Marienkap. Würzb.
62, 6
;
153, 39
;
Jaspers, St. v. Landskron
207v, 28
;
Sappler, H. Kaufringer
8, 146
;
Heydn. maister
12v, 3
;
Bauer, a. a. O.
317, 9
;
Bischoff, Steir. Landr. ; ;
Hör, Urk. St. Veit
130, 11
;
UB ob der Enns
10, 218, 24
;
Moscouia
D 1v, 8
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Rössler, Stadtr. Brünn .
Vgl. ferner s. v.  2,  5.
11.
›Nachdruck, Entschiedenheit, Ernst‹.
Phraseme:
mit gewalt
(in allen Belegen).
Bedeutungsverwandte:
(
der
5.
Wortbildungen:
gewältlich
2.

Belegblock:

Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
di brut sprach abir mit gewelde.
v. Ingen, Zesen. Ged.
386, 25
(
Breslau
1641
):
sehe ich das Lob anderer Helden an / die sich durch den Krieg und ritterliche Thaten mit Gewalt zum Adel geschwungen / so muß ich gestehen / daß sie billich vor edel zu halten.
Ebd.
387, 1
:
das seyn die rechten Helden / die mit Gewalt zur Ewigkeit dringen.
Gille u. a., M. Beheim
40, 57
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wenn chrefftigcleichen | Mit gwalt also | gepeutet er [Cristus] | auf alle ort | den ubeln geisten da!
Dietrich. Summaria
20r, 8
(
Nürnb.
1578
):
Solche genadenpredigt werde fort an mit allem gewalt gehn / vnd die leut werden sich darumb reissen.
Wickram
4, 28, 28
(
Straßb.
1556
):
Er huͦb auch an seines vettern saͤligen handel mit gewalt zuͦ treiben.
Schmidt, Rud. v. Biberach
171, 22
(
whalem.
,
1345
/
60
):
das wir wider standen gewaltlich allen vngeordenotten bewegden.
Lauater. Gespaͤnste
14r, 19
(
Zürich
1578
):
der in siner kranckheit sunst by guͦter vernu͂fft gsyn / aber mit gewalt yedermã habe woͤllen berede͂ / es syend trummeter in dem gmach.
Bauer, Geiler. Pred.
79, 26
(
Augsb.
1508
):
Wenn du dein hertz wildt übersich tzuͦ gott dem herren keren / und es als balde wider nider falt auf irdische ding / zuͦhand zeüche es mit gewalt wider auff / mitt allen deinen krefften.
Goedeke, Fischart
6, 107, 13
;
Vgl. ferner s. v.  2.