obes,
obs,
auch mit epithetischem
-t
:
obst,
das
;
-(e)s/–
.
1.
›Obst‹ (in seiner Qualität als Nahrungsmittel, damit als Gegenstand der Haushaltung, ferner als Gegenstand von Abgabe-, Transport- und Vermarktungsregeln mit deren jeweiligen Ausnahmen, als Gegenstand von Bestimmungen gegen Vermarktungsmißbräuche, zur Versorgung von Ausgegrenzten); extensional bezieht sich
obes
auf alle eßbaren Früchte von Bäumen; im weiteren Sinne steht es in einem offenen Orientierungsfeld mit Gegenständen der alltäglichen Haushaltsführung, speziell von Pflanzen, Gemüse, Feldfrüchten; Orientierungsfeld (in Auswahl):  1,
bire
(s. v. ),  1, , ,
1
 1,  1, ,
2
, (im engeren Sinne),
1
 1, (
das
1,  1, , , (im weiteren Sinne auf alles hauswirtschaftlich Notwendige bezogen).
Rechts- und Wirtschaftstexte, auch berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
, .
Syntagmen:
j. o. abbrechen / abnemen / abschlagen / abschütten / abwerfen / austeilen / entfremden / essen / geniessen / kaufen / fürkaufen / verkaufen / tragen, bäume o. tragen, j. o. feil haben
(z. B.
auf dem markte
),
frei halten, j. o. füren (auf dem pferde) / lesen (von den bäumen) / stelen
(z. B.
bei nacht
),
der wind das o. von den bäumen wehen, j. jm. o. verbieten
;
das o
. (Subj.)
zehenten
›Zehntregelungen unterliegen‹,
(das) o. hart / lind / wolfeil, eine ässige frucht sein, das o. frühe / unwierig
›unhaltbar‹
werden, eine rinde / schale haben, auf der achse herkommen, das o. armer leute, der weisen / witwen eines pfarherren sein
;
jn. des obeses lüstig sein
›gelüsten‹;
der made / wind dem o. schaden tun
;
das o. an dem baume, von den bäumen, von fauler art
;
das ässige / frische / früe / früzeitige / köstliche / werhaftige
›haltbare‹
/ wolschmeckende / wurmstichige o
.;
für o
. [ein Betrag],
der zehnt, die schale am o
.
Wortbildungen:
obesfrucht
,
obesgadem
›Obstkammer‹ (dazu bdv.: ; Gw zu  3),
obesgarten
,
obesgrempel
(a. 1611; Gw zu  2),
obeshocke
(a. 1439),
obeshockener
(a. 1448),
obeshurt
›Gerüst, Flechtwerk für die Obstlagerung‹,
obeskamer
(dazu bdv.: ),
obeskeller
,
obesmenger
(a. 1341; Gw zu
2
),
obesmengerin
(a. 1350),
obesmesser
(Gw zu ,
der
, 1),
obesspeicher
hier: ›Fruchtspeicher‹,
obesspeise
,
obesstiel
›Obststiel‹; ütr. wohl auch ›Fußangel‹ (dazu bdv.: , , ,  2),
obeswurm
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Als duͦ din ouͦet lesest von den bouͦmen, Swaz dar vffe denne bliuet, daz sal sin vromeder vnde armer luͦte, wetewen vnde wesen.
Luther, WA (
1530
/
1
):
Sed Ebraei dicunt, quod vocetur delicatus fructus, [...], ut nobiscum dicitur granat principaliter drinnen, poma allerly kostlich obst.
Ebd. (
1530
):
Wilt du nu ein Christ sein, so must du [...] dich daran nicht [...] stossen, denn das wormstichige Obst, verfaulete oͤpffel und Birnen, [...] muͤssen von den Beumen [...] abfallen.
Ebd. (
1534
):
Der Mey bringt gras und allerley blumen [...], Der Somer und herbst allerley getreide und schoͤne beer, fruechte, wein und obst, spilling, kirschen, pflaumen, oepffel, birn, nusse, korn, gersten, habern.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Obezvruht und crute | Die spisten manigen Gotes trute
(gemeint sind Klostergründer in der Wildnis).
Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 154, 7
(
md.
,
1442
):
waz eyner furt von obis uf eym pherde ader treth, der darf nicht gebin.
Kollnig, Weist. Schriesh.
78, 33
(
rhfrk.
,
1602
):
Der klein zehent. An haue, obß und allen anderen stücken, ist eineß pfarherrenß.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Wir sagen [...] Obß abbrechen oder abnemmen / Aber nit Hopffen abbrechen / sondern abblaten.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
116, 13
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Auch zehet kein obs, kein bin nach kein wasser.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1516
):
Nachtwechter bey dem Jrherthorlein 4. Obsmesser 2.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
es sein brot, wein, schmer oder schmalz, [...], soll frey
[von
Beschwernuss
›kleiner Zehnt‹]
uff dem markt gehalten werden, es sein salz oder visch, [...], es sein obs.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1510
):
fur würcz, saffran, czucker, liecht, öll, mandel, roßin, salcz und obß, saiffen alles 20 fl.
Voc. Teut.-Lat.
x vijr
(
Nürnb.
1482
):
Obßstiel fußeysen od’ lemeysen od’ fußangel od’ lauß pediculus.
Ebd.
vijv
:
Obßstil. coctilidus coclidium idem.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
uf den bergen do umb vil lütes die do wonetent und lebentent also vihe, wanne sü ohssent eicheln, obes, mylch und hunig das sü one erbeit fundent.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Oporotheca, Ein œpffel gehaltnuß / ein opßkeller.
Ein oͤpffel speicher / opsgaden.
Secundæ mensæ. Die obß speiß vnd kæß.
Opshurd. Cumera.
opsKammer. Oporotheca.
Argovia (
halem.
,
1449
):
Es soll niemand dem andern sin obs abschütten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ops (das) Allerley aͤssige frucht der boͤumen [...]. Pomum. Allerley Ops oder frücht die außwendig herte schalen oder rinden hat / als nussz / mandel / vnnd der gleychen. Acrodrya. [...]. Opsgaden (das) Opsspycher oder frucht spycher / Ein ort dareyn man die frücht gehalt.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
349, 26
(
Genf
1636
):
obskammer / dahin man das obs schuͤttet.
Ebd.
33
:
obswurm / m. Ver, ou verm qui est aux fruicts.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1489
):
Von Ops. Es sol füro dhain gast noch burger usserhalb seiner inwend dhain ops fail haben dann uf dem markt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
Jn dem jar, als die Armiacken komen, was es gar wolfail, alle frucht, wein, korn, hew, stro, alles opß rc.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
daran
[auf dem
britt
]
stande wein, brot, salz, schmalz, air, fleisch, visch, obs und anders.
war graf Fröben Christof willens, seitmals so wenig opsgerten zu und umb Messkürch, die strassen und die statt mit fruchtbaren beumen zu besetzen.
Turmair (
Augsb.
1517
):
pomus ,ein ytlicher paum der obs tregt‘.
Bastian u. a., Regensb. UB
446, 10
(
oobd.
,
1377
):
was wir der wiss und des hoptstadel und des obs, das vor den weingartten ligt, geniessen muͤgen, das ist uns auch erlaubt.
Straus, Juden Regensb.
708, 41
(
oobd.
,
1500
):
Zuͤm sechsten sol kain J. kaͤs, schmalz, obs, prot, uͤnslit oder anders von speis fuͤrkauͤfen und [...] vailhabn.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
swaz obs von dem paem herchuͤmt auf der aechs, daz selb obs muͤgen die obser wol vail haben an dem margt all tag, doch auz den kellern suͤllen si fuͤrbaz chain obs auf die aechs laden.
Wopfner, Urk. Agrargesch.
340, 26
(
moobd.
,
1392
/
8
):
Es sol auch nymandt dem anderen sein gras abschneiden oder sein obs, haymisch oder wildes empfrömden.
Helbig, a. a. O.
2, 31, 28
;
Kollnig, a. a. O.
161, 43
;
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
121, 1
;
253, 8
;
263, 12
;
Gille u. a., M. Beheim
312, 9
;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Rennefahrt, Gebiet Bern ;
Dierauer, Chron. Zürich ;
Rennefahrt, Wirtsch. Bern ;
Müller, Stadtr. Ravensb.
68, 3
;
Barack, a. a. O. ;
Auer, Stadtr. München ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
4, 28
;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 90
;
Stackmann u. a., Wb. zur Gött. Frauenlob-Ausg.
1990, 267
;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›der Apfel (des Paradieses) als Verursacher / Symbol des sog. Sündenfalles‹; als Spezialisierung zu 1 auffaßbar.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
der [Sathanas] Even riet des obzes bis, | Von dem ir man den tot empfienc.
Gerhard, Hist. alde e
87
(
omd.
,
um 1340
):
Set, Even alzu bange | Noch dem virboten obze wart.
Stackmann u. a., Frauenlob
2, 17, 11
(Hs. ˹
omd.
/
schles.
,
14. Jh.
˺):
du bernder ast [...], din obez brach unsers jamers schimel
(hier Anspielung auf den Sündenfall und die Erlösungstat Christi).
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Wie wol des obses essen | Pracht in [Adam, Eva] den pann | Gancz alles folck gemeine.
Adrian, Saelden Hort
483
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
bedú, Adam und du, | soltet sin gegottet nu, | wan daz úch daz ops enlat, | daz úch daz Got verbotten hat.
Helm, a. a. O. ;
Mayer, a. a. O. ;
Adrian, a. a. O.
495
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
7, 16
.
3.
in einigen Belegen metaphorisch bezogen auf religiöse und moralische Sachverhalte, Pflichten.
Wortbildungen:
obesträchtig
›fruchtbar‹ (ütr.).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
sit des andechtic | Daz ir werdet obez trechtic, | Daz Gote suze smacke.
Dubizmay, kurß zu Teutze
75, 16
(
hess.
,
1463
):
Deýne
[Bezug auf
here
]
außgeinge sind eyn paradeis des gutten obses mit der opffel wucher Lobe ierusalem deynnen hern lobe syon.
Sachs (
Nürnb.
1560
):
Es ist ein obs, das nit lang liget; | Wann die natur die feyret nicht
(Bezug auf
tochter, junckfraw
im heiratsfähigen Alter).
Harsdoerffer. Trichter (
Nürnb.
1653
):
Das Obst bedeutet Zier und zugleich Nutzen.