nus,
die
;
-Ø/nüsse
, auch
Ø
sowie
nussen
;
Belege meist im Pl.
1.
›Nuß als Baumfrucht‹; in der Regel Bezug auf die Haselnuß, seltener auf die Walnuß und vereinzelt auf weitere Nußarten; Belege oft in Häufungen von Warennennungen, damit Kennzeichung als Handelsware für den Tagesbedarf; in Rechts- und Wirtschaftstexten erscheint die Nuß mehrfach als Zinsabgabe; in Texten der Sinnwelt ,Religion‘ hat sie Zeichenwert für symbolische Deutungen.
Phraseme:
nie einer nus viel
›in keiner Weise‹;
die taube nus
›Nuß ohne Kern‹ (ütr.);
die welsche nus
;
eine harte nus beissen
;
mit dem gebein nüsse abwerfen
›etw. als Erbe hinterlassen‹;
welsche nüsse für muskatnüsse verkaufen
;
keine nus um etw. geben
;
die nus durch einen sak beissen
(obszön, genauere Motivation undurchsichtig);
in eine taube nus beissen
›sich täuschen‹;
etw. ist mit den nüssen hingeworfen
›wie nichts vergangen, vorüber‹;
eine nus vom baum abschwatzen
von einem Schwätzer gesagt.
Syntagmen:
nüssse abbeugeln / abschütten / auflesen / auslesen / nemen
(als Arznei)
/ schwingen
›herabschütteln‹
/ töten
›knacken‹
/ verkaufen, zinsen
, [wohin]
streuen, zu dem zehenten rechnen
;
nüsse
(Subj.)
alt / wurmässig sein, zum zehenten gehören, innen ein kreuz haben
;
an den nüssen etw. merken, mit nüssen kurzweilen, den tisch mit nüssen zieren, affen nach den nüssen laufen
;
die nüsse der zypressen
;
die bösen / dicken / grossen / harten / indianischen / indischen / leren / tauben nüsse
;
x mut / sester, das vierteil, der wagen nüsse
;
der wagen mit nüssen, das öl von nüssen
.
Wortbildungen:
nusbeisser
ein sprechender Name für eine Maus, ˹
nusbicker
,
nusbrecher
,
nushacker
,
nushäher
,
nuskrähe
˺ jeweils für Vogelarten, denen das Brechen, Knacken von Nüssen als auffallendes und namengebendes Merkmal zugeschrieben wird,
nusbreche
›Nußknacker‹,
nusbrot
genaue Bedeutung unklar; wohl ›Viehfutter‹ oder eine Art Kuchen von ausgepreßten Nüssen bzw. auch anderen Kernen (s. ),
nusbutze
›Scheidewand in der Walnuß‹; ütr.: ›Nichtsnutz, Taugenichts‹,
nusgerte
,
nusgeschir
,
nushülse
,
nuskuche
›Rückstand beim Ölpressen, der als Viehfutter diente‹ (damit wohl identisch mit
nusbrot
; 15. Jh.),
nusläufensaft
›grüne Schale der Nuß‹ (zu
läufe
s. ; Bezug auf
lauf, laufen
motivationell nicht nachvollziehbar),
nusmesser
(Gw zu ,
der
, 1) ›amtlich eingesetzter Beauftragter für das gewerbliche Messen von Nüssen (als Ware)‹,
nussak
ütr. für ›aufgeblasener Kerl‹,
nusschelfe
›Hülse der Nuß‹,
nusschlaube
›Nußhülse‹,
nüssemus
ein Nußgericht, Nußmus.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Der wurm ein harte Nuß außleert.
Luther, WA (
1530
):
haben wir bisher gehoͤrt, das der HErr den Juͤden dis Nuͤslin fuͤrgibt zu beissen, das sie [...] die ewige Speise wircken sollen, so der Son geben wuͤrde.
Ebd. (
1532
):
bleibt weder liebe noch glawbe noch Christus, sondern lauter hulsen und taube nusse, die wol den namen der Christen behalten, aber den kern verlieren.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
20, 1
(
Magdeb.
1608
):
[Als das mir] verlangst mit den kinderschuen vertretten / auch mit den nuͤssen wie man lateinisch redet / hingeworffen war.
Ebd.
574, 2148
:
Herr Quackebruch / der hat ein strauß / | Mit Nußbeisser der boͤsen Mauß.
Ebd.
601, 3021
:
Zu letzt namen sie groß Nußschlauben / | Vnd satzten sie auff fuͤr Sturmhauben.
Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 134, 31
(
md.
,
1315
):
von deme wagne mit nussin IV phunt nusse.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
[ich] jehe, wie kleine ichs genuze, | di nuz hat innen ein cruce.
nu merke, vil stolzer jungeling, | an der noz drierlei ding: | di hulse den kern die schal, | dru ding hete got mit der wal | ouch an im: vleisch bein sele.
Hajek, Guͦte spise
80
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Wilt du machen ein nuͤzzemuͦs, so nim nuͦzze kern vnd stoz die cleine vnd slahe sie durch ein tuͦch mit eyner suͤzzen zamen milich vnd mit einer brosmen semeln brotes.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1582
):
belangend öpfel birn zu brechen, nüß zu schwingen, zeigen sie die undertanen ane, seiens nicht in fron zu tun schuldig.
Kollnig, Weist. Schriesh.
109, 20
(
rhfrk.
,
1610
):
Den kleinen zehenden, darin gehören flachs, epfel, birn, nüß, rüben, kraut, hew, hanf, nehmen ein beide pfarer zu Hohensassen.
Spanier, Murner. Schelmenz.
27
, Ü (
Frankf.
1512
):
Nus durch eyn sack beyssen. Wer do buͦlt eyn closter frouwen, | Die er mit ougen nit kan schouwen, | Zuͦ sehen im nit werden magk, | Der beyßt die nuß do durch eyn sagk
(oder zu 3?).
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
150, 9
(
Frankf.
1535
):
Nim oͤl von nüssen [...], schmier die reudigkeyt damit die kompt von boͤser feuchtung.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
bis daß einer unter den zuschawenden etliche nüß heimlich auff den platz strewet, und die affen, ihrer gewar, vergaßen sie ihres tantzens, lieffen nach den nüßen.
J. W. von Cube. Hortus
90, 11
(
Mainz
1485
):
Platearius Nym nüßleuffen safft eyn loit wilde selbe͂ safft eyn halb loit. ruten safft.
Ebd.
111, 10
:
die nüß von Cypressen sal man stoissen also frisch vnd die thun in wyn vnd den gedru͂cken benympt das blut spyen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
55, 23
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Von ungehortym wyne unde von indischin nussin und von den lutin dy do essin lute.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
178, 31
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Regenwürmer zu bekommen. Seude welsche nußbletter oder die grunen schalen von welschen nüssen, geuß das wasser warm oder kalt auf die erde.
Mylius (
Görlitz
1577
):
Sitta Nußhaer.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
341
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
Ze gleicher weise, als in der nusz | der kern leit [...] | [...] | also muz man gotes worder pern, piz daz si losen iren kern.
Keil, Peter v. Ulm
140
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Wiltu die vistel schir heilen, So nym saltz vnd nuß vnd pfeffer vnd attriment.
Voc. Teut.-Lat.
x vjv
(
Nürnb.
1482
):
Nußprech. nucifraga.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1483
):
den [sun] hat auß der tauff gehaben Hans Harttung ein nußmesser.
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
1020
(
Nürnb.
1613
):
Was hilfft dich [Kaͤtt] wol das Bawren Leben; | Ich wolt dir nit ein Nuß drumb geben.
Schottenloher, Flugschrr.
99, 37
(
Würzb.
1523
):
Do wart man beyssen harte nuß, | Byß man Ebernburgk geschuß.
Lemmer, Brant. Narrensch. 94, V.
3
(
Basel
1494
):
Mancher froͤwt sich / vff vroͤmbde hab | Wie er vil erb / vnd trag zuͦ grab / | Die mit sym gbeyn nuͤsß werffen ab.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
6, 39, 28
(
Straßb.
1520
):
Darumb du meiner achtung vnderstost ein herte nüß zuͦ beissen.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Culiolum, Ein grün nußhülsche.
Nauci, Ein nussbutze / das schelfle mitten in der nuss. Metapho. Nicht soͤllig / gering. Homo nauci, Ein nicht soͤlliger / geringferiger mensch.
putamen nucis, Ein nusschelffe.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1442
):
von habermel, mutz, nuß, hirs und desgeleichen geben zwen sester ainen helbling.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
273, 9
(
halem.
,
1399
):
Erny, saltzknecht, t. H. Bosshar CCCI. xxv nussbrot.
Boner, Urk. Brugg
115, 9
(
halem.
,
1450
):
Brugg glaubte, auf dem genannten Dorf etwas jaͤrlicher stuͥren vnd zinsen ze haben, nämlich 15 lb. haller, huͤnr, eyer vnd nuß.
Maaler (
Zürich
1561
):
Taube / Boͤse oder laͤre Nussz. Cassa nux. Ein Nussz toͤten. [...]. Nussen auflaͤsen. Legere nuces. Mit nussen kurtzweylen / Hoͤcklen. Ludere nucibus.
Stolz, Zollwesen
85, 20
(
tir.
/
vorarlb.
1506
/
58
):
Nussen ain ster 1 kr.
Müller, Welthandelsbr.
205, 23
(
schwäb.
,
1506
):
man muß aufsehn, das die nuß nicht alt seyen noch wurmessig.
Ebd.
261, 10
(
1514
/
5
):
Nach sollicher mass verkauft man korn, waitz und rocken, gersten, habern [...], mer ärbis, linsen, ponen, kesten, nuss gross und clain.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
oder hett ain hertere nuss beissen müesen, welches doch [...] billich zu rewen were.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
[Dieb] die wol doͤrffen eingemachte welsche Nuß / für Muscatnuß [...] verkauffen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Baumpicker / nußpickel / baumleuffer.
Der Teuffel hat den Christen den Todt geschworen / aber er beist in eine taube nus.
Nußbicker / nußhacker / nußkraͤhe / nußbrecher / nucifraga, Merula saxatilis, turdela saxatilis, rubecula saxatilis, nutifrangibulus, graculi Alpine seu marini genus: nuces in serram autumno recondit, quibus confractis in hyeme utitur.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu nuz haizt ze däutsch ain wälhisch nuz [...], der umb, daz man ir ain underschaid hab von den haselnuzzen.
Klein, Oswald
18, 55
(
oobd.
,
1416
):
die [frauwe] wolt mein nie genaden ainer nussen vil, | bis das ain kutten meinen leib bedoret.
Niewöhner, Teichner
726, 60
(Hs. ˹
oobd.
,
1449
˺):
etlicher ist der pawrn knecht. | der ist nach der seitten slecht | in seinem wames schon vernät | und als ein nussagk aufgedret.
Deinhardt, Ross Artzney
115
(
oobd.
,
1598
):
[für die feüffl vnd würm] Nimb ain guetten gerechten driagkhes, vngeuerlich ainer halben welschen nuß groß.
Bauer u. a., Kunstk. Rud. vor
283
(
oobd.
,
1607
/
11
):
INDIANISCHE NUSSGESCHIRR. Ein von weiß silber gefasste indianische geschnittene nuß.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1356
):
Sepirn und nuss und ander guͦt, daz chaufmanschaft haisset [...], daz muͤgen und suͤllen die fragner wol verchauffen von den gesten und von purgern.
Kollnig, a. a. O.
270, 21
;
Hertel, UB Magdeb. ;
Gille u. a., M. Beheim
354, 105
;
Kläui, Schweiz. Urbare
2, 276, 31
;
Leisi, Thurg. UB
7, 76, 17
;
Schib, Urk. Laufenb.
336, 22
;
Zingerle, Inventare ;
Rwb , 36f. mit einer langen Reihe von Komposita für rechts- und wirtschaftliche Bezugsgrößen.
Vgl. ferner s. v.
1
.
2.
›einer (halben) Nußschale verglichener Einschnitt am Schaft der Armbrust, Stellvorrichtung für das Spannen der Sehne‹.
Phraseme
nicht lange in der nus liegen
(dazu bdv.:
etw. flugs angreifen
).
Wortbildungen:
nusbrunne
,
nusklobe
eine Vorrichtung am Schaft der Armbrust (Genaueres?),
nussäge
›Säge zur Herstellung einer Armbrustnuß‹.

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
86, 9
(
preuß.
,
1412
):
der [armbroste] haben dy helfte noch sulen noch nosse.
Ebd.
238, 16
(
1447
):
item 1 schabemesser, item 1 par hoken, item 3 noskloe.
Ebd.
660
/1, Anm. 9 (
1433
):
1 nuszsege, item 5 hamir, item 1 aderpfanne. [...]. 1 senkeisen, item 1 wage, eyne nuszclabe, item 1 rindemessir.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
230, 27
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Lege dan das geschoß uf den staal, das es wol eingeschnitten sey, das es in der nuß, doch an der sennen hart anstehe.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Thut auch müssig gehn | Der nüß, die ist im armbrust stehn.
Lemmer, Brant. Narrensch.
75, 13
(
Basel
1494
):
Vil sint die schyessen über vß | Eym bricht der bogen / senw / vnd nuß | Der duͦt am anschlag manchen schlypf.
Golius (
Straßb.
1579
):
Epizygis, dz loch am armbrust / dariñ die nuß ligt / der nußbrunnen.
Turmair (
moobd.
,
1529
):
wo man sich beratschlagt, [...], soll man fluchs drein hauen, nit lang in der nuß ligen.
Ebd. (
1522
/
33
):
Sinnpol, der sich pald besint, nit lang in der nuß ligt, greift die sach flux an.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1597
):
ob sich zween mit einander zerkriegen, das einer ein armbrust hiet und tritt darin mit dem fus und ziehet es an die nusse.
Ziesemer, a. a. O.
665, 3
;
637, 1
;
3.
›Geschlechtsteil weiblicher Tiere sowie der Frauen‹.

Belegblock:

Wiessner, Wittenw. Ring
2139
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Er [artzet] sängelt: ,Da, da, nüssli, da, | Mätzli! Sta, sta, hägili, sta! [...]‘
(vgl. dazu den Stellenkommentar zur Ausgabe, S. 93).
Schwäb. Wb. (
A. 17. Jh.
).
4.
folgender Beleg wird vom Hrsg. der Quelle als Interjektion erklärt, motivationell unklar; eher: ›Hohlkopf‹.

Belegblock:

Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Rubinus dicit gaudendo: Da da nuͤßel, | mein herr slecht mein fraun an den druͤßel.