nur,
Adv.
(1; 3; 5; 6),
Konj.
(2),
Partikel
(4); Wortartenzuordnung im einzelnen unsicher; hohe Formenvielfalt;
Kontraktion von
mhd.
ne / ni wære
›es wäre denn‹
o. ä. ( s. v.
wësen
;
Pfeifer
2000, 936
; mit ausführlicher Behandlung der verschiedenen Formen);
die Belege zeigen teils semantische Berührungen mit
2
nun
(Adv.); die semantische Motivation von
ne wære
her ist in der Regel nachvollziehbar.
1.
›ausschließlich, lediglich, nur, allein, bloß‹; dient der Kennzeichnung der Ausschließlichkeit einer Größe bzw. eines Sachverhaltes.
Phraseme:
nicht [...] nur
›nicht [...] sondern‹.
Syntagmen
(in starker Auswahl):
j. n. geuden, auf etw. sehen, herschen wollen, den anfang bedenken, dem statrichter verfallen, zu den schafen geschikt sein
;
n. got, n. die vesper, n. wonne / freude, n. auf dem lande
(jeweils in syntaktischem Zusammenhang),
glük n. denen, die [...]
.

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
manche di nur geuden, | Den gar uber vol ir brust | Ist werltlicher eren lust.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Gelucke, heil und selekeit, | Nur den di daz verdinet han.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
di brôt der vorsetzunge, di ime nicht inzcimete zuͦ ezzine noch den di mit ime wâren, nuͦr alleine den prîsteren
[
Luther
, 1545:
doch nicht [...] sondern
].
Ebd. Mt. :
her [...] sprach: „Ich inbin nicht gesant nuͦr
[
Luther
1545:
denn nur
]
zuͦ den schâfin di vertorben sint des hûsis Israêl.
Logau. Abdank.
163, 13
(
Liegnitz
1651
):
Jch sehe nur auff die gegenwertige Zeit und unsern jtzigen Zustand.
Turmair (
Nürnb.
1541
):
Sie baueten mêr hütten denn heuser, nur das si den regen, wind, kelten und hitz abtrügen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz nieman keinerleige kunst oder hantwerg geleren kan oder mag alleine nuwent von anesehende.
Sappler, H. Kaufringer
19, 42
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
darin
[im
leben
]
kain schmerz noch trauren ist. | newr wunn und froud zuo aller frist.
Dreckmann, H. Mair. Troja
45, 28
(
oschwäb.
,
1393
):
ez ist nit ain weiser rat, der in seiner sach niur bedenkt den anvang, und nit bedenkt daz end.
Mollay, Ofner Stadtr.
165, 6
(
ung. inseldt.
,
1. H. 15. Jh.
):
nymand, Denn nürt dem Stat Richter verfelt man vnnd stat gericht.
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Toeppen, Ständetage Preußen
2, 54, 14
;
Klein, Oswald
5, 3
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
323
.
2.
›es sei denn, daß [...], so [...], nur falls [...], außer, nur wenn [...], wenn nicht [...]‹; drückt (teils mit Konjunktiv) die ausschließliche Bedingung aus, unter der etw. erfolgen bzw. vollzogen werden könnte (o.ä.).
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
2
.

Belegblock:

Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
Wan ich sage û daz nuͦr ûwir gerechtikeit werde grôzir und mêrre dan [...] der Pharisêi, sô [...]
[
Luther
1545:
es sey denn, so
].
Ebd. Mt. :
nuͦr ir werdet wider gekârt und werdet gemachit alse di cleinen, sô gêt ir nicht in daz rîche der himele
[
Luther
1545:
Es sey denn, das [...]
].
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Nuer
[
Eck
1537:
Es sei dan sach, das
;
Luther
1545, Dan. 2, 5:
werdet yhr mir [...] nicht
]
ir sagt mir den traum vnd sein auslegung ir verderbt.
Niewöhner, Teichner
682, 25
(Hs. ˹
moobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
nuͤr der mensch got wider sagt, | [...] | das ist got ain absag.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
32, 11
(
tir.
,
1464
):
es sol niemant gedenkhen, das er müg chömen zu dem reich gottes, nur er lërn denn, das er nach follg dem chind in der vnschuldikhait vnd ainfeldikhait vnd das er halt die cheüschhait.
Perez, Dietzin
1, 130, 2
;
Bechstein, a. a. O. Mt. ;
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
189, 22
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1607
;
Bauer, Imitatio Haller
47, 6
.
3.
›nur, lediglich, nicht mehr als, höchstens‹; gibt die obere Grenze eines Maßes, oft in Zahlwörtern, an.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .
Syntagmen:
n. ein kreuz, eine malzeit, n. zwei
(z. B.
stunden
)
/ drei
(z. B.
tage
)
/ vier
(z. B.
evangelia
),
n. halber sold, n. einest / einmal, n. wenig, n. bis an den dritten tag
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
5, 387, 26
(
preuß.
,
1482
):
zcuu den kindelbiren sullen alleyne dye paten unnd die negsten frunde 4 werden geruffen, so das nower eyne molczeith geschee.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Darumb wil ich nur wenig / vnnd nit vill daruon reden.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
dar inne der vil suze lac | niwer untz an den driten tac.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1603
):
die jenigen, so ihm jahr nuer einmal dienst außgeben in dem markt.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. ;
Skála, Egerer Urgichtenb.
104, 13
;
Lexer, Tucher. Baumeisterb. ;
Moscouia
E 2v, 10
;
Bischoff u. a., a. a. O. ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
4, 14
.
4.
›wenigstens, bitte, doch nur, einfach, bloß‹; dient dem Ausdruck des Wunsches (teils einer Aufforderung) zu etwas, oft der Angabe der kleinst möglichen Bedingung für etw. Gewünschtes.

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe (
Wolfenb.
1593
):
Wanns doch nur mein Bule möchte wissen, So würde er baldt zu mir kommen.
Ey rufft so nicht, das er euch nur
[›bloß‹]
nicht höre.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1437
):
arm leut sprachen: solt ich neur leben ich het genug; wann es starb in einer grossen teurung.
Sachs (
Nürnb.
1561
):
Schaw du auch, wo du bleiben wilt | [...] | trol dich nur von mir ab!
Dietrich. Summaria
18v, 24
(
Nürnb.
1578
):
das der Oberste glaubet / der HERR Jesus werde sein Tochter wider lebendig machen / wenn er sie nur
[›bloß‹]
mit der hand anruͤre.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
O hett ich nur
[›doch nur‹]
gethan kein Suͤnd, | So [...].
Klein, Oswald
6, 20
(
oobd.
,
um 1425
):
solt ich neur leben aines jares lenge | vernünftiklich in diser welt, | so [...].
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Gesell, wol nuͦr her, | ich wil uns schîr fangen mer.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. ;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
12, 9
;
v. Keller, Ayrer. Dramen .
5.
›nur, nichts als [...]‹; dient dazu, die Unterbietung oder Verfälschung eines hohen moralischen Wertes oder einer religiös geheiligten Größe zu indizieren.

Belegblock:

Sappler, H. Kaufringer
16, 407
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
so ist es
[
krös
›Krause‹]
nur ain tiechlein | mit gelben enden geworcht darein
(dies als Zeichen für Prostituierte).
Andreae. Ber. Nachtmal
108v, 5
([
Augsb.
]
1557
):
sy empfahen nur bloß Brot vnd Wein
(statt des
sacramentes
).
6.
›wahrhaftig, wirklich‹; semantisch mit
nu
9 (Adv.) deckungsgleich.

Belegblock:

Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
herren (die darvor zu Langenberg lagen und daselbst, auch in andern iren hewsern, die nur vest sein, wol hetten mögen beleyben).
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
do wardt als grosser zwelawff des volcks, das es nur ain grosses wunder was.