1
luder,
das
;
-s/-Ø
.
1.
›Köder, ausgelegte Lockspeise (mehrfach in Verbindung mit
valken
)‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,
1
 4, , .
Syntagmen:
das l. nemen / verlassen
›fallen lassen‹,
dem valken (das) l. schiessen, den wölfen l. anrichten
;
das gelose
›Exkremente‹
am l. liegen, auf das l. fliegen, die sele auf ein l. binden, zu dem l. fliegen, jn. (die fraue) zu einem l. haben, den jungen (des wurmes) einen lewen zu l. tragen
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die lucket her mit worten | Zur vronen himel porten | Als valken mit dem lodere.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
232, 16
(
osächs.
,
1570
/
7
):
so wird man sonder zweifel das gelos des thiers, [...], zunechst am luder liegen finden.
Gille u. a., M. Beheim
331, 97
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Dis luder er [valk] verlis, | er sich da wider hach | auff in die lufften zach.
Thiele, Minner. II,
12, 364
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
wiltu mit falcken guffen,| so mustu ym by wilen luder schiessen.
Ebd.
13, 140
:
da mit bannd er [Kay] sin sell | uff Lucipers hellischen falcken luder.
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
nalem.
,
1459
˺):
da die frow iren falcken wider | bi dem luder hett, sie trat nider | von dem pferd uff die erden.
Ebd. (Hs.
15. Jh.
):
ich hett yn [valke] allez dez bewart | daz man an vederspil verkert; | ich hett yn oͤrdenlich gelert | daz er daz luder gern nam.
do ich ym fuͤr daz luder schoz, | do wond ich aber daz er den stoz | nicht lenger suͤlt meyden.
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
er [wurm] nam den fürsten under den zagel, den lewen in den munt, | er begunde sie beide zu luder tragen den jungen an der stunt.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Und
[der
Adler
]
fluͤgt uff das Luͦder und wolt essen.
Goedeke, Fischart Landlust,
173
(
Straßb.
1579
):
Oder richt luder an den wölfen | Die im reubisch der schaf abhelfen.
Vogel, Pract. Alg. Ratisb.
166, 5
(
moobd.
,
M. 15. Jh.
):
Auf yedem siczt ain falk, vnd vahen zemal ze phligen zw dem luder.
Sappler, H. Kaufringer
30, 65
;
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 143
;
2.
›Verlockung, betrügerischer Anschlag; Fallstrick (ütr.); Hinterhalt‹; als Ütr. an 1 anschließbar.
Phraseme:
ane (falsches) luder
Verwahrformel ›ohne Hintergedanken‹;
jm. ein luder legen
.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  4, .

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Des haben ir genumen war | von Lîbenzelle Fridderich, | von Aldinburc brûdir Dîterîch | in einre lâge lûdere.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Wen welch bruder hilft dem bruder | An allez valschez luder, | Di besten in erem phat | Recht als eine veste stat.
Di [gunst] Got Crist an uns kranken | Geleget hat an luder.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Er [got] wirfet uns manic luder | Durch sine suze minne, | Das wir behaften drinne
(hier positiv bewertet).
Sachs (
Nürnb.
1554
):
Wenn wir dem feindt legten ein luder | Mit unser schwester.
Ebd. (
1556
):
er muß sterben von meiner handt; | Ich wil im wol ein luder steln, | Das ich in liderlich wil feln.
Ebd. (
1547
):
Darunter war ein fawler prueder, | Dem leget der dewffel ein lueder.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
1966
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Der narr vermerckte nit das luͦder.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
einem ein Luͦder legen. Machinari insidias.
Goedeke, Fischart Bund Bäpstler,
56
(
Straßb.
1589
):
Alsdann mag auch ein klosterbruder | Legen im sacrament ein luder.
Ebd. Flöh Haz,
662
(
1594
):
Das sie uns alle schmach beweisen, | Mit leimruten und gbrentenwein, | Und was dergleichen luder sein.
Strehlke, a. a. O. ;
Barack, Teufels Netz .
3.
›liederliche Lebensführung, der Üppigkeit, dem Wohlleben, Schwelgen, Schlemmen verfallenes, mit
frasheit, getäusche, spiel, tanz
einhergehendes Lotterleben‹; als Metonymie: ›Spelunke‹.
Mehrfach Texte der weiteren Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
im luder liegen
›sich dem Lotterleben, speziell: dem Suff, der Trunkenheit ergeben‹ (dicht belegt).
Bedeutungsverwandte:
vgl. .
Syntagmen:
l. unterwegen lassen
;
luders pflegen
;
in das l. fallen, im l. leben
.
Wortbildungen:
luderban
›liederliche Verhältnisse‹ (Gw zu
2
 1 in negativer Wertung?),
luderbaner
wohl ›verlotterter Haufe‹ (Gw am ehesten zu
1
 4; dazu bdv.: ; Bw möglicherweise auch zu
2
, von wo aus sich
luderbanner
nahelegen würde),
luderbube
›Müßiggänger‹ (a. 1535),
luderecht
(dazu bdv.:  1, ),
1
luderig
,
luderleben
(a. 1534),
ludermärkt
›Trödelmarkt‹ (a. 1344),
ludersknecht
,
luderweise
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Potare. Sauffen schwelgen im sauß gehen im luder ligen.
Luther, WA (
1523
):
das Christenvolck geet frey daher undter dem hymel [...], und ist dannocht in der freyhait fein eingezogen, Nit ein luder paner.
Ebd. (
1527
):
Qui habet talem luderban, das nicht curat rem familiarem, desperata es.
Ebd. (
1532
):
werffen die augen hin und widder. Das heist nicht mit zuchten, dass sind luderbaner.
Ebd. (
1536
):
qui mutwillig im luder liegen, ehebrecher, huren.
Ebd. (
1539
):
die Christen sollen nicht solch Heidnisch ruͦchloß Luͦderleben fuͤren in fressen, sauffen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
der ander Bruder, | Der soff sich voll vnd lag im luder, | Vnd lebt beid, tag vnd nacht, im sauß.
Enders, Eberlin (
Erfurt
1523
):
das sie nit ym suß vnd luder leben, aber yn bescheydenheyt.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
so wurd myn segel krang, | vnd brech mir dan das roder so vil ich in daz loder.
Voc. Teut.-Lat.
e ijv
(
Nürnb.
1482
):
Bubischer. luderechter. leckerechter. luckerscher. scurrilis.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
wer oͮch, das kein schuͦler luͦdrige spiel oder keins rehtigen inging.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 337, 33
(
Hagenau
1534
):
wo ein erbars / froms biderweib ist / die ist allen [...] schandsecken und luderpanern feind.
Maaler (
Zürich
1561
):
Jm Dampff vnnd luͦder ligen.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Ir luͦders knecht, | Merckent recht: | Mit geprächt | Wöll wir vns rottiern in ain taberne!
Ebd. :
Mein gesellen, | Die nun wöllen | Luͦders pflegen | Gar verwegen.
Sappler, H. Kaufringer
1, 230
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
der engel sprach: „nicht, lieber pruoder! | wir seien hie in kainem luoder
[›Spelunke‹] |
der wirt ist gar ain frommer man“.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
So ist mit suͤnden dir so wol, | Spil, luder, und geteusche, | Tantz, frazhayt und uncheusche.
Niewöhner, Teichner
300, 29
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
daz fumft [todleich suͤnt] ist vrazzhait genant, | luder weiz und trunchens leben.
Ebd.
375, 25
:
solt ich selb dann luders phlegen, | so waͤr mein chunst gar ring zu wegen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1548
):
in suma im saus und lueder nit ainen, zwen ja öfter drei vier täg an einander ligen.
Barack, Teufels Netz ;
Adomatis u. a., J. Murer. Hest.
779
;
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. ;
Primisser, a. a. O. ;
Öst. Wb.
3, 1232
f.
4.
steht mit gen. explicativus für den Inhalt des Genitivausdruckes; durchgehend negative Konnotation, insofern an 2 anschließbar.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Der Warcezlaus vorgenant | lîz gar der werlde lûdir | und wart des ordins brûdir.
Gerhard, Hist. alde e
4222
(
omd.
,
um 1340
):
Da ich sehe mine bruder | In gevengnisses luder.
Bührer, Kl. Renner
396
(
nobd.
, Hs.
um 1480
):
Hochfartt vnd der vnkeuscheit / luder. | Die helt man nicht mer fur sunde.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 67, 4
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
ich clage swester, bruder, | die des todes luder | verleitet hat.
Helm, H. v. Hesler. Apok. .
5.
›verlockende oder liederliche Frau‹ (nur 1 Beleg); ›positiv oder negativ bewertete männliche Person‹.

Belegblock:

Goedeke, Fischart Flöh Haz,
2150
(
Straßb.
1594
):
Wie es auch gieng ob disem luder, | Damit sie mir behülflich seien.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
202, 3
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Er rait zue seinem prueder, | dem er sein laster clait. | Der was ye streites lueder.
Weber, Füetrer. Poyt.
16, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
auch het er sunst ain mag im lanndt, | genannt Dilas, ain rechter schannden lŭeder.
Munz, Füetrer. Persibein
238, 3
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Do der riß seinen prúeder | sach tod zer erden vallen, | der ye was streittes lúeder, | do ward im zoren auf in.
6.
›Ansturm, Überfall, Angriff‹; hier tropisch anschließbar: ›Menge, hohe Anzahl (eines
volkes
)‹ (?).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11,  8, (
der
1.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
[dî brûdere] iz
[eine Festung,
Bartinstein
]
vor allim lûdere | mit gotis hulfe habin sît | besezzin.
Quint, Md. Karl u. Eleg.
26
(Hs. ˹
thür.
,
n. 1455
˺):
Wã er dorch deß richen krone | Folkes hatte ein groß luͦder.
7.
›kleine Abgabe für Gemeindeholz, Einkaufsgebühr‹.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a. 
1559
/
60
).