mette,
die
;
Endung auch auf
-n
(
metten
);
-n/–
;
zu
mhd.
mettene
o. ä., dies aus
kirchenlat.
mātūtīna (hora)
(;
Pfeifer
2000, 868
;
Kluge/S.
2002, 617
).
1.
›Mette, Mitternachts-, Frühmesse, in der Nacht (so z. B. bei den Minderbrüdern) bzw. (in der Regel) vor Tagesanbruch von Mitgliedern eines Ordens gehaltener erster Teil (erste Hore) der sieben kanonischen Gottesdienste‹; die
mette
galt als hohes klösterlich-religiöses Ritual, aber auch als zu tragende Last; ütr.: ›frühmorgendliches Gezwitscher der Vögel‹.
Phraseme:
die finstere mette
›am Karfreitag ohne Licht gehaltene
mette
‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ,
1
 1; (
die
),  1,
1
, , (s. v. ,
die
, 1), .
Syntagmen:
(die) m. anfahen / haben / beten / läuten / lesen / singen / scheuen / verschlafen, etw. (werke) mette heissen
;
der metten vergessen, sich der metten abziehen
;
gegen
›zu‹
der m. dürfen, in der m. sein / erfrieren, die letze lesen, nach der m. nicht schlafen dürfen, unter
›während‹
der m
. [wo]
knien, der prophet von der m. sprechen, zur m. beten / aufstehen / gehen / läuten, zu der m. von jm
. (von dem
bulen
)
springen, zu der m. das ampt erfollen
;
der metten gestirne
;
nach metten, chorgang zu der m
.
Wortbildungen:
mettenampt
(zum Gw vgl. ,
das
, 2; ›Text der
mette
‹),
mettengehen
(in negativer protestantischer Bewertung),
mettenkerze
,
mettenkürse
,
mettenliecht
,
mettenmantel
,
mettenpelz
,
mettenschuh
(dazu bdv.: ),
mettenstunde
.

Belegblock:

Joachim, Marienb. Tresslerb. (
preuß.
,
1403
):
1 sch. gr. (1 ½m.) vor 1 mettenpelz dem pfarrer.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
163, 26
(
preuß.
,
1419
):
han ich gefunden noch dem tode her Peter Wormdyth [...] 1 mettenmantil von Parmianischem thuche.
Ders., Gr. Ämterb.
699, 11
(
preuß.
,
1420
):
2 mettenmentil, 12 coventspelcze vnd 4 mettenkorsen.
Luther, WA (
1520
):
die werck des ersten gebottis heysset man [...] singen, leszen, orgeln, meszhalten, metten [...] beten.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Do sprachen sie lieplich entsamt | Ir gebet unde ir metten amt.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
122, 5
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Da es mitternacht wart / da hort der konnig metten luden jn vnser frouwen monster.
Karnein, Salm. u. Morolf
335, 2
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Er sprach: ,wol uff, ir cappelan, | lauffent metten singen, | laßent mich zu der frauwen gan‘.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
daz wir die ambt unses dinstes irvollen zu der metten und zu der primen, tercien, sexten, nonen, vesperen und completen, wan von dissen geziden sprichit der prophete ,Sebenwerbe in dem dage lobede ich dich, herre‘, und von der metten sprichit der selbe prophete ,Ich stund off zu der mitternach zu lobene dich, herre‘.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Wo werstu, Job, irkirne, | Da mich
[Gott]
der metten gestirne | Gemeynlich lobten offenbar.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2195
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
zu der metten der koregang | ist en
[den Nonnen]
swer unnd werden krang.
Gille u. a., M. Beheim
269, 17
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Des margens zu der meten | sprang sy von irem bulen, [...], | wann sie ir zeit wolt peten.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
biß zu end diser uffrur [...] las man in kainer kirchen kain mess, vesper, complet, mettin.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Auch muß ich [mönnich] alle tagzeit sprechen, | Muß hart erfrieren in der metten.
Ebd. (
1524
):
Nun ist ye ewer regel [...] nur von kutten, platten, stricken, schuhen, flaisch meiden, schweigen, singen, lesen, mettengeen, chorsteen, bucken, knien.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Wie sol man nu komen in die einunge des geistes? Die meiste helfe und úbunge ist des nachtes nach mettin die wile die nacht lang ist.
Thiele, Minner. II,
13, 326
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
Undrw ist nachgebür | [...] | es machet hagel schür | und schuhet weder vesper noch die metten, | cumplet und prym; das gilt yn alles gliche.
Spanier, Murner. Narrenb.
39, 64
(
Straßb.
1512
):
Vnd hett vil lieber ein armen man, | Dann das sy woͤl zuͦ metten gan.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
269
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Es ist vast gaistlich ze metti uf ston | Und mich [Cristus] an min marter ermanen gon.
Krebs, Prot. Konst. Domkap. Protokoll,
3162
(
nalem.
,
1507
):
daz man furter nit ainem yeden caplan ain sonder mettin liecht geben, sonder zu yedem psalter ains verordnen [solle].
Ebd.
8401
(
1525
):
also das er vff baider syten des chors zu ainem yeden psalter ain mettenkertz geben solle.
Bremer, Voc. opt.
17146
(
wobd.
,
1. H. 14. Jh.
):
Coturnus metteschuͦch [...] filtzschuͦch [...] toblerschuech [...] manschuͦch [...] bunschuͦch [...] est calceamentum grossum quod fingitur esse signum tragedi; [...] quia tragedi magnis et inflatis vtuntur verbis.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1480
):
Es sol ouch in den mettinen, so man vinster heisset, nieman dann die geistlichen in dem cor klopffen, noch eynich ander geschrey noch vnordnung bruchen.
Boner, Urk. Brugg
227, 30
(
halem.
,
1484
):
Der Kaplan ist auch gehalten, [...] ze helffen singen vnd lesen zuͦ allen gepurlichen zitten, es syen metty, messen, vesper, complet, daz salue regina.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
921, 39
(
halem.
,
1494
):
et dedit mihi iiij dorsos leporum [...]. Item min metty beltz gebessert.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Die vogelin singen widerstreit | Gar wolgemuͦt ir metten in dem ghage.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
um 1503
):
die sechsten letzgen in der vigil und in der metin gepürt dem pfarrschreiber zulesen.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Er
[Karl d. Gr.]
kniete vor dem hochen altar under ainer metten in ainem stuel.
Langmantel, Schiltb. Reiseb. (
oobd.
,
n. 1427
):
welcher prister meß hat, der tar noch metten des selben tags nicht schlaffen.
Wackernell, Adt. Passionssp. Br. II,
1392
(
tir.
,
1551
):
So herttigelich ist er worden gepunden, | Als man betracht zu metten stunden.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
141, 16
;
462, 25
;
696, 29
;
Hübner, Buch Daniel ;
Thiele, Chron. Stolle ;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Bihlmeyer, Seuse ;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Roloff, Brant. Tsp.
317
;
Schmidt, Rud. v. Biberach
4002
;
Vetter, Schw. zu Töß ;
Spiller, a. a. O. ;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
2.
›Zeit in der Nacht bzw. am frühen Morgen, in der die
mette
gesungen wird‹; Metonymie zu 1.

Belegblock:

Eggers, Psalter
64, 8
(
thür.
,
1378
):
in sinem [got] willin ist liep. Zcu deme abende wanet di weinunge, vñ zcu der mettene
[
Luther
1545, Ps. 30, 6:
des morgens
]
vroyde.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
da wecket man abbt Jorgen seyne bruderlach gen mettin auf oft zu mutnacht.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel .
3.
›dunkles Treiben; Geschrei, Lärm (von Kindern); mit der Kreuzigung verbundener Aufruhr; mit einer Festnahme verbundener Auflauf‹; jeweils nur 1 Beleg pro belegte Nuance; als Tropus anschließbar an 1.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
60, 535
(
Magdeb.
1608
):
[Jch] halt darnach die finster Mette / | Trotz einem der mir das nachthete.
Sachs (
Nürnb.
1524
):
und legen uns offt kaum umb mettenzeit nider; da singen mir dann meine kynder offt erst metten.
Wackernell, Adt. Passionssp. H.
1, 773
(
tir.
,
1514
):
Darum will ich [judeus] dir iecz mettn singn, | Das dir das pluet zu negln aus mues dringen.
Ders., Adt. Passionssp. Vsp.
1727
(
tir.
,
1530
/
50
):
Darumb, her Caypha, soltu schaffen, | (Damit wir die metn nit verschlaffen) | Das man auff in eben wart.
4.
im Syntagma
(jm.) die metten lesen / singen
›mit jm. Geschlechtsverkehr haben‹ (in allen Belegen vom Mann aus auf die Frau gesehen); am ehesten hier anschließbar:
mette
(wortspielerisch für
metze
) ›Frau, Dirne, die die Zeit der
mette
(1. Hore) für sexuellen Kontakt nutzt‹ (s. u.
Bindewald
).

Belegblock:

Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
Die magdt [...] ist [...] bey einem faysten thummpfaffen, der ir wol predigen kan und bißweylen die mettin und complet lißt und den psalter bäthet.
Fragte hernach, wie die metten gelesen: „Wentzel, mein son, bist du es?“.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
192, 16
(
schles.
,
um 1490
):
Eȳ heist dy metten, dy ist bey eȳ moler.
Thiele, Minner. II,
18, 257
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
wer ich ain nunn in ainer cloß, | ich welt im helffen mettin singen, | das allú gloͤcklün muͤsten clingen.
5.
›Schmutz, Dreck‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, ,
1
 1, , , , ,
1
 2, , .

Belegblock:

Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Villicht hett es [kind] under sich getan, | So würd si [frowe] wünschen und weschen gan | Und ain stinkend metti han.