gestillen,
V.;
s. generell auch .
1.
›etw. (z. B. Worte, Lärm u. ä.) zum Aufhören bringen‹;
vgl.  4.
Bedeutungsverwandte:
, , (V.) 12, .

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
4793
(
ohess.
,
1501ff.
):
konnen mer nit gestillen ir [Ecclesia] wort, | si seczet uns alle uff eyn ort | und let uns dan nicht vorbaß kommen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
In diser unswendiger bichte do inne suͦcht die nature ir ruͦwe, das si ze friden werde und das innerlichen schelten unde stroffen in ime [mensche] gestille.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein geschrey Gestillen vnd vertrucken.
2.
›in etw. ruhen, ruhig, gelassen werden; zur mystischen Ruhe kommen‹;
vgl.  5.
Vorwiegend ˹Texte der Mystik; älteres Frnhd.˺

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred.
41, 8
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
sie haftent und behaftent und gestillent in dem, daz guot ist, daz erliuhtet ist.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
dar umbe engestillet noch engenüeget niht noch dem, das dâ ziuhet, noch dem das dâ gezogen wirt, biz daz sie in ein vereinet werdent.
Si [sêle] gestillet ganze und aleine in dem wesene gotes, si enweiz niht dan wesen dâ und got.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Sie [sele] gestillet ganz und alleine in dem nihte und weis nit denne wesen, daz got oder daz nit ist.
Kottinger, Ruffs Adam (
Zürich
1550
):
drumb thuo doch das durch minet willen, | und lass din hertz an klein gestillen !
Bihlmeyer, a. a. O. .
3.
›etw. (Kriege, aufruhrähnliche Zustände) beilegen, beenden‹;
zu  7.
Bedeutungsverwandte:
 1, ,  2, , ; vgl.  2, .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den auflauf / hader / krieg / unfrieden, die zweiung / zwietracht / unzucht
)
g
.

Belegblock:

Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Befrieden. Beguͤtigen. Gestillen. Versuͤnen. [...]. Schlichten. Fried vnd ruhe gepfflantzen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
Was mag ytzundt ein konig geschicken? er mag nit krieg gestillen; man ist nit gehorsam, als man sein solt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein auflauff Gestillen vnd daͤmmen. Tumultum componere, Seditionem in tranquillum conferre.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz E (
mslow. inseldt.
,
1492
):
daß do dardurch ku(n)fftikliche kriegk vnnd czwitrecht zo auff den pergwericht(e)nn mocht(e)nn erwachs(e)nn [...] gestilth vnnd czurugk gelegt wurd(e)nn.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
51, 3
;
780, 27
;
Vgl. ferner s. v.  2.
4.
›jn. beruhigen, begütigen, besänftigen‹;
vgl.  9.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘ sowie berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2, , (V.) 1,  4, ,  1, .
Syntagmen
ohne Obj.:
äpfel
(Subj.)
g
.; refl.:
sich g
.;
jn
. (z. B.
den fürsten / könig, die kinder, die Römer
) / eine Gruppe (z. B.
ein volk, die menge, die geselschaft
)
g
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Do wart ir menie also groz, | daz sin [Pilatus] rede niht vorschoz, | und enkonde sie niht gestillen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Frankf.
1560
):
Seine Kinder sahe ein Ackerman teglich mit Worten unter einander zancken und kundt sie nit gestillen.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Gestillen. Erstillen. Geschweigen. Gesetzen. [...]. Gezemen oder ruwigen.
Demmen. Zemen. Gestillen. [...]. Der natur ein Bissz einlegen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Ey, konde ich gestillen | Alle die da hochvart trayn.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3330
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
etliche apphile di sint auch sur | [...] | die sint vor di hitze gud. | di konnen so wol gestillen.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Die red die kund | Den fursten nit gestillen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
die Roͤmer [...] sich selber bi verderbet hettent, wan das sü Marius ir meister kume gestillete.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
do sy ditz sagten sy gestillten kaum die gesellschaft.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein Vnruͤwig [...] volck widerumb gestillen oder befrieden.
Mollay, H. Kottanerin
31, 2
(
moobd.
,
1439
/
40
):
Vnd wolt in der wiegen [...] nicht beleiben Und die Am mocht in [kung] auch nicht gestillen.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
266
;
Bachmann, Haimonsk. .
Vgl. ferner s. v.  20.
5.
›etw. (eine Wallung des Gemütes) besänftigen, bändigen, mäßigen‹; vereinzelt intrans., dann: ›sich legen (z. B. von Haß)‹;
zu  11.
Gehäuft ˹Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe’; älteres und mittleres Frnhd˺.
Syntagmen:
das leid, der has / neid (sich) g
.;
etw. (den druk / zorn / mut / willen, die anfechtung / täube / ungestümigkeit, das herz / gelitze / ungemach) g
.;
jm. das gedränge g
.
Wortbildungen:
gestillung
1.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz die cristenheit zu vare | Sten sal biz an die leste zit, | So gestillet der argen nit.
Die kunde Got vil wol bevriden | Und kunde den unturen | Tuveln wol gesturen | Unde al ir gelit
[s.
gelitze
]
gestillen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
5513
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wan das hundechin schriet unnd grillet, | so wirt des lewen mut gestillet.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
16, 85
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
er wirt on verdriessen lieb gehabt werden, als von begerung wegen des guten; er wirt on müe gelobt werden, als von der gestillung wegen der begerung.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
alsus ward sin herz gestillet und kom ze fride.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
so wel sache dir das getrenge oder den truk benimet oder gestillet oder entloͤst, das sich das gebirt in dich.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
93, 17
(
els.
,
1362
):
Jhesus ist oͮch eine arzenie, wenne es ist kein ding das so sere gestille die ungestuͤme dez zornes.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
[frid] gestillet misshelli und suͤnnet vigintschaft ze frúntlicher liebi.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Die andern wurdent milte, | Das och ir hass gestilte, | Die si verderbet woltent han.
Maaler (
Zürich
1561
):
Die Anfechtungen behalten / demmen / gestillen. Tenere affectus.
Die toͤube vnd vngestuͤmigkeit deß volcks Gstillen vnd daͤmmen: Impetum populi reprimere.
Helm, H. v. Hesler. Nicod. ;
Froning, Alsf. Passionssp.
4626
;
Neumann, a. a. O.
1449
;
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1019
;
Gille u. a., M. Beheim
332, 49
;
Bachmann, Haimonsk. .
Vgl. ferner s. v. .
6.
›mit etw. aufhören; sich beruhigen‹.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a. 
1474f.
), vgl. dort, Sp. 270, auch die Anm. zu den ahd. Vorstufen von
gestillen
.