1
taube,
die
;
-Ø/-n
.
›Taube, Columba‹; in der Tradition der Tierallegorese steht die Taube, die keine Galle besitzt, für Sanftheit, Bescheidenheit, Friedfertigkeit und Unschuld; häufig als Symbol und gestalthafte Repräsentation des Heiligen Geistes; ütr., häufig in mystischen, vom Hohelied beeinflussten Texten, auf die Seele bezogen: ›Geliebte‹.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
8, 491
 f.
Bedeutungsverwandte:
, ; (zur Ütr. allgemein:) (
die
2, , ,  5; (ütr. auf Personen:) ,  2, ,  1.
Gegensätze:
 1; (ütr.:)  4.
Syntagmen:
j. die t. aussenden / fangen / haben / schiessen / ziehen, die t. mit angeln fangen; die t.
(Subj.)
ausfliegen / grimmen / herabfaren / reizen / scharren / stieben, etw. bedeuten
;
die gestalt der t
.;
die brütende / feige / fleissige / flüchtige / friedsame / furchtsame / gallose / gebratene / gemästete / girrende / himlische / kluge / liebevolle / sanfte / saubere / schnäbelnde / schneweisse / teure / waffenlose / weise / wilde / zame t
.
Wortbildungen:
taubenbild
(Gestalt einer Taube als Erscheinungsform des Heiligen Geistes),
taubenei
,
taubenfeder
,
taubenfleisch
,
taubenkorb
(a. 1536),
taubenkot
(a. 1598),
taubenkraut
(a. 1616),
taubenkutter
›Täuberich‹ (dazu bdv.: vgl. ),
taubenleben
›flatterhaftes Leben‹,
taubenmist
,
taubennez
,
taubenvogt
›Taubenzüchter‹,
taubenzug
›kleiner Schluck (scherzhaft)‹,
täubin
,
täubler
›Taubenhalter, Taubenzüchter‹ (a. 1536).

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
hie von sprichet diu sêle in der minne buoche: [...] ,mîn tûbe‘ – daz ist: einvaltic an der begerunge.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
Auf einem landtag kommen vil grosser herrn zuͦsammen in ein wirdtshauß. Under andern kompt ein seltzammer tauben-vogt hinein.
Luther, WA (
1543
):
Der heilig Geist ernider fert | Jn Taubenbild verkleidet.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 8, 8
(
Wittenb.
1545
):
Darnach lies er [Noah] eine Tauben von sich ausfliegen / Auff das er erfüre / ob das Gewesser gefallen were auff Erden.
Ebd.
Hld. 5, 2
:
Thu mir auff liebe Freundin meine schwester / meine Taube / meine frome / Denn mein heubt ist vol tawes / vnd meine locken vol nachtstropffen.
Ebd.
Mt. 3, 16
:
Vnd Johannes sahe den geist Gottes / gleich als eine Taube her ab faren / vnd vber jn komen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
11835
(
rib.
,
1444
):
Eyne ionffrowe [...] was as eyn kreische duve | Mit plumen gebrewet umb yre voisse.
Schmitt, Ordo rerum 182, 20.
2
(
rhfrk.
,
1414
):
Cenapenum eyn dubin netcze.
Perez, Dietzin
1, 135, 25
(
Frankf.
1626
):
Eben also hat mich mein liebe Mutter als ein fleissige vnnd saubere Daͤubin vnterrichtet / nicht allein das Hauß sauber vnd rein zu halten / sondern auch den Gaͤsten die Beutel vnnd Taschen zu reinigen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Vruntlich sprechet er
[Jesus]
da vor: | Tu mir uf, min swesterlin, | Unvermeilte trutyn min, | tube, die ich han irlost!
Thür. Chron.
1v, 17
(
Mühlh.
1599
):
Darnach sandte er
[Noah]
auß eine Tauben / vnnd da sie keine Ruhe stadt fand / kam sie wider.
Gajek, Seidelius. Tych.
9, 4
(
Breslau
1613
):
Gehofft vnnd gegafft allezeit / | Ob jhn ein gebratn Taub bereit. | Kem in den Mund geflogen ein.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
85, 7
(
nobd.
,
1344
):
daß sie huͤner und tauben mit den angeln fiengen.
Dietrich. Summaria
19r, 24
(
Nürnb.
1578
):
[...] das sie
[die Jünger]
klug sein / wie die Schlangen [...] vnnd doch / wie die Tauben / on allen falsch / trew / und fleissig ir ampt außrichten.
Harsdoerffer. Trichter (
Nürnb.
1653
):
Die schneeweisse / fluͤchtige / girrende / waffenlosse / furchtsame / friedsame / zage / feige / gallloße / nie entruͤste / liebevolle / schneblende / brutēde Taube deß Geyers Beut und Raub. [...] Die Tauben bedeuten die Einfalt / treue Liebe / Friedfertigkeit und Frommkeit.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 277, 14
(
Hagenau
1534
):
Wer will haben eyn reynes hauß / Der laß Pfaffen / Münch / und tauben drauß.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
205v, 28
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Ob dir die nase stink, so nim [...] tuben / mist, stoss den mit essich vnd tuͦ das in die nase.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1616
):
Sie die müller sollen auch ohne eines ersamen rates wißen und willen keine hiener, tauben gens, moren noch schwein [...] haben, bei der straf 3 ℔ stebler.
Brack (
Basel
1483
):
Columbus. tauberkutter. Columba. tuͤbin.
Lemmer, Brant. Narrensch.
110a, 96
(
Basel
1494
):
Nün duben züg / vnd eyn blapphart | Das ist mit drincken yetz die art.
Heidegger. Mythoscopia
8, 1
(
Zürich
1698
):
Jtem jenne orthodoxe Geistliche / deren Hieronymus gedenkt / daß sie unter religieusen prætexten dem Matronen-Volk beygeschlichen / und das Dauben-Leben mit ihnen gefuͤhrt.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Dann hettest des kaisers gut, | Ich wöllt mir dein nit fluchen. [...] Du gebest mir nit ain daubenai.
Andreae. Ber. Nachtmal
58v, 19
([
Augsb.
]
1557
):
zuͦ bayden thailen wirdt eingefaͤrt vnd gebraucht das gleichnus von der Tawben / in dero gestalt der hailig Gaist / sich bey der Tauf vnsers Herren Christi geoffenbaret hat [...].
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu taub reizt niht noch grimmt mit irm snabel und ist ân gallen.
Plinius spricht, daz frischez taubenflaisch und swalbenflaisch zuo ainander gemischt und gemachet guot sei für die slangen.
Deinhardt, Ross Artzney
33
(
oobd.
,
1598
):
Streich es [puluer] dem roß mit ainer tauben federn in die augen, so beist im das puluer die feel in wenig tag(en) heraus.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
47, 12
(
tir.
,
1464
):
der heilig geist der cham herab auf dich in der gestalt der tauben.
Perez, a. a. O.
1, 129, 22
;
Hübner, a. a. O. ;
Gilman, a. a. O.
2, 92, 24
;
Pyritz, Minneburg
5162
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
1834
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Vetter, Schw. zu Töß ;
Müller, Stadtr. Ravensb.
87, 24
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Klein, Oswald
21, 43
;
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 244
.
Vgl. ferner s. v.  1, ,
1
 1,  2,  1,  10.