einfalt,
die
;
, auch
-fält/–
.
1.
›Einheit, Ungeschiedenheit‹ (auf die göttliche Trinität bezogen);
zu (Adj.) 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  2.

Belegblock:

Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
2, 30
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Wie die lawter ainvalt | In drein person sich ewig halt.
2.
›Einfachheit, Klarheit, Unverstelltheit (des Charakters)‹; daraus resultierend im Einzelnen: ›Arglosigkeit, Gutmütigkeit‹; ›Aufrichtigkeit, Rechtschaffenheit‹; in religiösen Kontexten als Lehnübersetzung aus lat.
simplicitas
im Sinne des Konzepts einer affektiven, antiakademischen Spiritualität auffassbar: ›Einfalt des Herzens‹; vgl.
Hamm, Frömmigkeitstheologie.
1982, 164
;
in Figurenreden und religiösen Kontroversen auch Gegenstand des Spotts und der Kritik, dann offen zu 2; vgl. (Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte:
 3, ,  1.

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe (
Wolfenb.
1593
):
Ich solte wol durch meine gütigkeit vnd einfalt bedrogen werden.
Luther, WA (
1533
/
4
):
Darumb lasse die kluͤger solches abe zirkeln und messen, Wir aber wollen jnn der einfalt des glaubens bleiben.
Ebd. (
1529
):
Denn das ist warlich ein trost, wenn ich aus einfalt, nicht aus rhum sagen magk: Jch bin kein ehebrecher oder morder.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Danyel, dir sin geseit | Disse dinc, da von du salt | Sie behalden in einvalt.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
32, 5
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
got lest die seinen nit verderben / allain daß sie jnn einfallt bleiben [...] vnd so sie vß jn selbs nit disputation machen.
Sachs (
Nürnb.
1553
):
Der frümbkeit halb, ich [der roßdieb] wil es wagen, | Die Fünsingr (bawren) werdn mirs nit abschlagen. | Ich hoff, ir einfalt zu geniessen
(›von ihrer Arglosigkeit zu profitieren‹).
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
das die begnúgung irr freude was in maniger bewerung des trúbsals vnd ir hoͤchste armkeit die begnúgten in den reichtumen irr einualt
[
Luther
1545, 2. Kor. 8, 2:
einfeltigkeit
].
Noch beleybstu in deiner einfalt
[
Luther
1545, Hiob 2, 10:
frömkeit
].
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1544
/
5
):
die weill dis buch mer mitt ainer dapferen, burgerlichen ainfalt dan mit hocher, Rettorischer artt vnnd mainung zu beschreiben fürgenomen.
Bächtold, N. Manuel. Papst
34, 70
(
Zürich
,
1525
):
Dann das lert nienen opferen noch geben, | Allein in armuͦt und einvalt leben
(hier ironisch im Kontext von Kleruskritik).
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
Es ist in seiner lere ain gantz lieblich klare einfalt, ain sichere gewißschaft des hertzes.
Vgl. ferner s. v. ,  1.
3.
›Schlichtheit des Gemüts, Intellekts‹; gelegentlich im Sinne einer Captatio Benevolentiae; daraus resultierend auch: ›Einfachheit‹ (bezogen auf die Lebensweise); dies negativ konnotiert: ›kulturelle Rückständigkeit‹; negativ generalisierend: ›Naivität‹; ›Dummheit‹; auch: ›mangelnde Einsicht, Verblendung‹;
vgl. (Adj.) 3.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Einfalt [...] giebt ein Roß vmb ein Pfeiff / einen Ochsen vmb einen zinnen Loͤffel / wie die Jndianer.
v. Ingen, Zesen. Ros.
64, 16
(
Hamburg
1646
):
Gleicher gestalt hielt das ehrste folk / das den Erd⸗krauͤs in aller einfalt fohr zeiten bewohnete / wasser und eicheln fohr suͤße speise.
Ebd.
65, 27
:
Da bestrafft’ ich mich und meine blinde einfalt selbsten.
Luther, WA (
1536
/
9
):
[Jan Hus]
Hat auch gesehen ein armes beurlin holtz zu tragen und mit senfftem lecheln gesprochen das wort S. Hieronymi: Sancta simplicitas, Ach du heilige Einfalt.
Dedekind/Scheidt. Grob.
133, 19
(
Worms
1551
):
Was nutzt dich ob du dich recht heltst | Vnd allweg kluͦg vnd weißlich stelst | [...] | Einfalt wirt dir wol nützer sein.
Anderson u. a., Flugschrr.
13, 13, 3
(
Leipzig
1522
):
Seyntmal yr aber zw Wittenberg / der meyste teyl aus eynfalt vnnd vnuorstanden / durch dise falsche propheten / vorfuret.
Hoffmeister,
Kuffstein. Gef. A 2r, 21
(
Leipzig
1625
):
gegenwertiges Buͤchlein auß der Spanischen in die Teutsche Sprach zu bringen / auch etliche schlechte discurs meiner einfalt mit einzumengen mich vnterfangen.
Gille u. a., M. Beheim
137, 144
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
die ander sach | solch unerkantnus ist, der swach | schnöd mangel der schrifft lerer | Und aͮch die ainvalt der, die da | predigen hie und anderswa.
Turmair (
Nürnb.
1541
):
Die noch auf dem geu wonen seind noch eins schlechter und nicht so brechtig, seind nach der alten Teutschen art, der einfalt und frommkeit etwas neherer.
Sachs (
Nürnb.
1551
):
Er ist mir zu schlecht in den thaten, | Er heisset wol Simplicius, | Seiner einfelt ich lachen muß.
Goldammer, Paracelsus
3, 279, 14
(
1530
/
5
):
es
[Bilderverehrung]
geschicht aus lauter einfalt und unwissend, mit einem unverstand, und ist nit wider den geist.
Klein, Oswald
27, 8
(
oobd.
,
1420
/
1
):
das prüfft man an den gensen wol, | ir ainvalt si gescheidiklichen meren.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. .
Vgl. ferner s. v. (V.) 1.