taub,
Adj.
1.
›gehörlos, taub‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. .
Syntagmen:
t. und blind
;
sich t. stellen, t. also die schlangen sein
;
einem tauben predigen, ein lied singen
.
Wortbildungen:
3
taube
(dazu bdv.: vgl.  2, ,
der
, 3).

Belegblock:

Rosenthal. Bedencken
34, 9
(
Köln
1653
):
GOTT ist vnendlich guͤtig vnd milde / vnd gibt [...] die Gnad eyfferig vnnd bestaͤndig zu begeren / welche durch das [...] anklopffen verstanden wird / vnnd nichts zu thun hat mit dem Heydnischen plappern / in welchem man sich verhaͤlt / als were Gott taub.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
swer euͦch schelde oder wulche, da enzurnet niht zu. zu allen disen dingen weset toub.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
, Hs.
1359
):
Wel mensche toͮb geborn ist, der muͦs och stum sin; wan er nút hat gehoͤrde, so enweis er nút was sprechen ist.
Nu disem toͮben menschen dem stach unser herre sinen vinger in sin ore und sine speichelen tet er uf sine zungen und sprach: ,Effece‘, das sprach: ,tuͦ dich uf‘.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
749, 23
(
els.
,
1362
):
Vnd do sant Clemens daz gebet noch der messen gesprach vnd die kristen antwurtent ›amen‹ do wart dirre Sysinnius toͮb vnd blint.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
die Blinden sehen / vnd die Lahmen gehen [...] / vnd die Tauben hoͤren.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9122
;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Sudhoff, Paracelsus ;
Vetter, a. a. O. ;
Päpke, Marienl. Wernher ; ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
34, 23
;
146, 23
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Rechn. Kronstadt
3, 677, 7
;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 124
.
Vgl. ferner s. v.  2,  18.
2.
›empfindungslos, betäubt, ohne Leben; gehaltlos, wertlos‹.
Syntagmen:
der taube abgot / kies / stein
›Gestein, das keine nutzbaren Mineralien enthält‹,
die taube nus, das taube holz
;
etw. t. machen
›etw. zunichte machen‹,
js. leib t. machen
›jn. töten‹.
Wortbildungen:
taubholz
›abgestorbenes, dürres Holz‹ (a. 1543),
taubnessel
.

Belegblock:

Luther, WA (
1532
):
bleibt weder liebe noch glawbe noch Christus, sondern lauter hulsen und taube nusse, die wol den namen der Christen behalten aber den kern verlieren.
Reissenberger, Väterb. (
md.
,
14. Jh.
):
Herre, were im [tuvel] disen roub | Und mache im dise gewalt toub.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1547
):
so sol und mag sich der steingreber in dem dauben holz behelfen, so fer er kan.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Des [roub] wart der cristnen vroude toub
(›zunichte‹).
Schmitt, Fachprosa
36, 18
(
Leipzig
um 1500
):
der taube kyß ist dem tzynstein nicht also gar schedlich, dan durch die scherpfe des feurs wirt er gelichtert vnd geasschert.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Getichtes schetze pin ich taup.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8446
;
Hübner, Buch Daniel ;
Strehlke, a. a. O. ; ;
Bremer, Voc. opt.
50209
(s. v.
taubnessel
);
Öst. Wb.
3, 198
;
Veith, Bwb. ;
Piirainen, Recht Schemnitz.
1986, 319
.
Vgl. ferner s. v.  1, (V., unr. abl.) 3.
3.
›verwirrt, unfähig zur Sinneswahrnehmung und somit nicht im Vollbesitz der geistigen Kräfte‹. Dieser Zustand zeigt sich vor allem in den Extrema ›stumpfsinnig, dumm‹ und ›toll, rasend, närrisch; tollwütig‹, die in den Belegen nicht immer eindeutig zu scheiden sind.
Bedeutungsverwandte:
,  1, , ; vgl. .
Syntagmen:
der taube hund / mensch / sin / wüterich
,
das taube haupt
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
,Naim‘ [stat] sprichet als vil als ein tûben sun und bediutet einvalticheit.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
belemet aber her [eyn meister] iz [sin lerkintt] oder slet iz vmme daz houͦbet, so daz iz touͦp werde, [...] her muͦz iz buͦzen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
ich hoff, daß die toben neider wol versteen, das diese wort Nero und Colonia nit aigen namen seind, als etlich über die canzel gehustet haben.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
/
32
):
der inner mensch ist aber rein in der biltnus, das vich aber zum narren oder doben geschickt.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 258, 26
(
halem.
,
1508
/
16
):
Der zit als Gisbertus, ein kúng in Schwedien, regiert, was so ein grosse turi in dem land, das das volk von rechtem hunger sinnlos, toub und anmechtig ward, das iren vil nider vielend und on alle vernunft starbent.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
Do der soldan sin bluot gsach, do thet er, als wer er toub.
Lemmer, Brant. Narrensch.
61, 3
(
Basel
1494
):
Ich hieltt nah die für narren gantz | Die freüd vnd lust hant jn dem dantz | Vnd louffen vmb als werens toub.
Sappler, H. Kaufringer
16, 686
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
sein
[Judas]
tauber sin in darzuo [zweifel] jagt, | das er sere tobt und wuot.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
E. 15. Jh.
/
A. 16. Jh.
):
da geschach zuͦ sant Ulrich ain jämerlich ding von ainem conventpruͦder, mit namen hieß er herr Veit der Kreutter; und er was ain man gar tabes sins. [...] wolt auf sant Hylaria altar meß haun; [...] so get im ain unbesinnte weiß zuͦ, und er wirft den kelch wider die erden, daß er zuͦ trümer sprang, und zuckt das meßgewand über den kopf herab und warf es in die frauengestiell und lieff [...] hinauß.
Palm, Veter Buoch ;
Lauchert, Merswin ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
96, 19
;
846, 13
;
Ukena, Zuger Trag.
2306
;
Bauer, Geiler. Pred.
98, 12
;
4.
›unbelehrbar, ungläubig, verstockt‹.
Syntagmen:
der taube glaube
›falscher Glaube‹.

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Juden, heiden vil toube | Werden alle gar bekart | Zu dem Gots gelouben zart | Vor dem jungesten tage.
Gille u. a., M. Beheim
232, 47
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Da pey verstet man wol, das got | verswechet und verworffen hat | die juden umb ir missetot | und auch umb iren tauben | Und keczerlichen glauben.
Päpke, Marienl. Wernher ;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
694
.
Vgl. ferner s. v.  1.
5.
›betäubend‹.
Syntagmen:
der taube trank
.

Belegblock:

Klein, Oswald
117, 54
(
oobd.
,
nach 1438
):
Mich müt neur an die weisen gross, | und die den eren sein genoss, | und die sich bloss in tauben tranck erhitzen, | das irem leumet, leib und gut, | den eren, sel, vernunft mercklichen schaden tüt.