töricht,
torat,
torsch,
Adj.;
hohe Schreibvarianz.
1.
›verrückt, wahnsinnig, geisteskrank, geistesschwach‹; auch: ›dement‹;
vgl. (
der
3.
Syntagmen:
j. t. sein / werden
;
j. t. klaffen / reden, halb t
. [wo]
sitzen, etw
. (z. B.
die melancholie
)
jn. t. machen, jn. als tol und t. zum land ausleuchten
;
der törichte mensch, die törichte weise, das törichte kind / kleid / teiding, die törichten leute / menschen
; häufig in der Doppelformel
töricht und tol
.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
und soltu tol und toricht werden.
Ebd. (
1530
/
2
):
solt man den nicht als toll und toͤricht zum land ausleuchten?
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
134, 4
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Als Markair das gehort / da want er glich dorecht werden / Der konig bestalt yme zü stünt eynen arczt.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
108, 12
(
nobd.
,
1383
):
Rennerin mit dem toroͤten kind ist die stat verboten 1 jar und 1 meyl hindan von boͤser worf wegen.
Gille u. a., M. Beheim
176, 120
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
vil sicher man engegen got | einer pirin, der man da hat | petrubet ire chinde, | Dann einem torschen menschen.
Voc. Teut.-Lat.
c vr
(
Nürnb.
1482
):
Awytziger ge͂mlicher torechter meniger vnsinniger. maniac‘ insanus demens vesanus.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
269, 16
(
Nürnb.
1548
):
da ließ jn Gott toͤricht / vñ wie ein wildes vihe werden.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
Darmit anzaigt des alters schaden, | [...] | Das er [...] | [...] siczet da gleich sam halb töret.
Jörg, Salat. Reformationschr.
781, 8
(
halem.
,
1534
/
5
):
ein armen / gebornen torechten mentschen / und narren [...] hüwend sy zuͦ tod.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Er war so dorecht, das er manichmal [...] uf der gassen geritten und offenlich nüss hat ufgebissen und gessen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu melancoli macht die läut tœrocht, alsô daz manig mensch sich selber ertœtt.
Rössler, Stadtr. Brünn (
mähr. inseldt.
,
1. H. 14. Jh.
):
Wiert auch der vater von siechtum oder von andern sachen torecht und unsinnich.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
74, 34
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ; ;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Bauer, Geiler. Pred.
98, 12
;
104, 4
;
15
;
Weber, Oswald. .
Vgl. ferner s. v. (V.) 1.
2.
›dumm, unklug, unvernünftig, unwissend, ungeschickt; töricht, närrisch‹;
vgl. (
der
1.
Gegensätze:
 7,  23, , , .
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B.
die welt
)
t. sein, j. t. bleiben
;
j. t. fragen / reden / tun, jm. t. zureden
;
der törichte handel / mensch / rat, die törichte antwort / nachrede, das törichte kleid / wort, die törichten bauern / bücher / fürsten / jungfrauen / leute / mägde / menschen / mütter / narren / sinne / väter / weisen / worte / wundärzete
.
Wortbildungen:
törichtig
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
narrecht thorecht. hirnlos vnbesint, närrisch vnweiße weißlos vnwitzig.
Luther, WA (
1524
):
wyr sind rasend und unsynnig, toll und toricht zu Meyssen, das wyr nicht wissen, was Euangelion odder widder das Euangelion ist.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1433
):
want ich darenboiven mir etzlige doerliche wort hadde laissen untfaren.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ein mensche ist ie ein mensche, | er sî tôrihtic oder wise.
Wunderlich, Fierrabr.
8, 11
(
Simmern
1533
):
Jr redent doͤrlich mein lieber Herr Oheym.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Aberwitzig. Alber. Thoͤrecht. Vnvernünfftig. Vnweiß. Vnsinnig [...].
Feudel, Evangelistar
146, 28/9
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
do waren fumf torechte [juncvrowyn] unde fumf wize.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3153
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wile das di torechten unnd kuschen | ane liebe waren unnd lissen sich tuschen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Wie thoͤricht ist die suͤndlich Welt, | Die Seligkeit bey gut vnd Gelt.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
obd.
1525
):
du fragst so thorlich. man macht den münchen kein kind, die münch machen aber den nonnen kinder.
Gille u. a., M. Beheim
200, 79
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Auch waschen die torlich ir hend nach essens [...] und nicht vor.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Tuͦ nút als etteliche torahten megde.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1371
):
und rihtent úch nút noch minen dorehten unvernúnftigen sinnen.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
das pluͦt won der wundenn zuͦ weschenn vnnd reinige͂. nît mit dem wasser als etliche doͤricht wund artzet tuͦnd.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Das ist ein dorlicher Rat.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
so vil ich dann der in bloͤdikeit miner torrechten sinnen begriffen mag
(hier Bescheidenheitstopos).
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
14r, 3
(
Zürich
1521
):
so mache͂ doch die torechten vnsinnigen narren jnen selbs den merteil der schaden.
Sappler, H. Kaufringer
28, 47
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die
[Loths Weib]
was torecht und auch tumb.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
si
[Strauße]
sint sô tôrot, daz si neur ir haupt verpergent in ainen pusch.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst. Vorr.
187
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
vnd daz auch wir icht mit den törachten iunchfrawen an die tür chlocken vnd verslagen werden.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
die all miteinander zogen auf die aberwitzigen torichten läpischen leut, schluegen zertrenten den pundschuech.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
35, 5
(
tir.
,
1464
):
Die v̈berflüssig vnd törät lieb die wais vnd erkënt nicht [...] die warhait, si mangelt der vernuft.
Ebd.
107, 12
:
Es süllen auch lërnen die torätten väter vnd müeter, das si ire chind ziehen, straffen vnd schlagen.
Jostes, Eckhart
73, 24
;
Steer, Schol. Gnadenl.
2, 105
;
Strauch, Par. anime int.
54, 2
;
107, 12
;
Thür. Chron.
21v, 12
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
189r, 27
;
Lauchert, Merswin ;
Eichler, Ruusbr. steen
498
;
Kurz, Murner. Luth. Narr ;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Bauer, Geiler. Pred.
102, 31
;
468, 31
;
Chron. Augsb. 4, 215, Var. zu
23
;
435, 7
;
Klein, Oswald
3, 122
;
115, 30
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Bauer, Imitatio Haller
77, 6
;
Vgl. ferner s. v. ,  1, (Adj.) 14, , .
3.
›leichtgläubig, einfältig; arglos‹; vgl. (
der
1; Spezialisierung zu 2.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl. (Adj.), (Adj.) 10, (Adj.) 5,  1,  3,  4,  2, (Adj.) 3,  2.
Syntagmen:
etw. t. tun
;
der törichte geselle / man / mensch, die törichte jugend / magd / welt, das törichte fräulein / volk, die törichten fische / kinder / leute
.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1521
):
auf daß es das törisch und laisch volk nit verstee und verblent werd.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
Die thörichten fische glaubten diesen worten.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do on die keisserynne straffte, das her torlichen tete, das her seynen schatz alles den armen gebe.
Sachs (
Nürnb.
1551
):
Ach, du hast gantz thörlich gethan, | Das du vertrawt hast diesem man | Ahn handtschrifft oder lebendt zeugen, | Das er das gelt dir nit kündt leugen.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
1212, do hettent dorehte kint eine merfart ufgeleit und woltent uber lant mit trucken fußen gen Jherusalem sin gevarn.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
ich weiß wol [...], daß du nach weise der thörichten Jugend dir der Welt unart noch wenig lassest zu Hertzen vnd Gemüth gehen.
Lauater. Gespaͤnste
33v, 13
(
Zürich
1578
):
Darzwüschend ist das toraͤchtig maͤgetlin dem verruͦchten mann zuͦ wille͂ worden.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Gee du torochte, glaubst du dem was er sagt?
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
17, 4
;
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 28, 28
;
Lauater. a. a. O.
21r, 21
;
25v, 12
;
Vgl. ferner s. v.  5.
4.
›lasterhaft, tugendlos, verdorben; übermütig, leichtfertig, unaufmerksam‹;
vgl. (
der
1.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 6, ,  1,  1, , , ; vgl. , (Adj.) 2, (Adj.),  1,  1, (Adj.) 8.
Syntagmen:
j. t. sein
;
j. t. leben
;
die törichte antwort / wacht / weise, das törichte leben / wesen, die törichten frauen / griechen / mägde / menschen / weiber / worte
.

Belegblock:

Wunderlich, Fierrabr.
6, 7
(
Simmern
1533
):
wann vbermuͤtiglich vnd doͤrlich / hastu alter verzagter dich vnderwunden in das Land zukommen.
Froning, Alsf. Passionssp.
2035
(
ohess.
,
1501ff.
):
we mer, daß ich
[Maria Magdalena]
ye wart gebornn! | wie eyn torlich leben hat ich ußerkornn!
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
33, 29
(
omd.
,
1487
):
Doch ist dÿ schult nicht alleÿn der weÿber. sunder zcur zceitt vill meher der menner Den mitt den gar tollen thorichten weßen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
Diß waren bewegnus der thöreten unfürsichtigen menschen.
Sachs (
Nürnb.
1541
):
Menschen, die also törlich leben, | Den lastern gantz und gar ergeben.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Sie [lutherische narren] raten münchen und den nunnen | Also dorecht vnbesunnen, | Vß den kloͤstern zuͦlauffen gar.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1446
):
sy hatent ein dorlich wacht.
Lemmer, Brant. Narrensch.
98, 25
(
Basel
1494
):
Vnd sint verstrickt jnns tüfels bandt | Als doreht frowen / boͤse wiber | All kuppeleryn.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
welches doch wider alle vernunft ist, auch vil huren und dorechter weiber gemacht hat.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Ain maiden oder ain cappaun [...] der ist pœser siten, wan er ist tôrocht und geitich und übernemend, alsô daz er sich mêr ding underwint wann er volmag.
Roloff, Brant. Tsp.
651
;
Bachmann, Morgant ;
Vock u. a., Urk. Nördl.
2075
;
Sappler, H. Kaufringer
7, 290
;
Jellinek, Friedr. v. Schwaben
599
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
149, 6
;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 325
f.
Vgl. ferner s. v. .
5.
›eitel, vergänglich; unwichtig, banal‹.
Syntagmen:
der törichte tand, die törichte ursache / welt, die törichten dinge / werke
.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1566
):
Was groß achtet die döret welt, | Als reichthumb, gwalt, ehr und klugheit.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
So sollen ir euch schammen, das ir die Heimlicheit Gottes woͤllen erfaren in dem Himmel, und wißen die dorechten kindlichen Werck nit.
Roder, Hugs Vill. Chron. (
önalem.
,
1503
):
do kam in bothschaft angegen, wie die zwen king irr feld zertragen werend mit ainander und umb torlich ursach.
Jörg, Salat. Reformationschr.
343, 24
(
halem.
,
1534
/
5
):
Und schreyb darvon ein latinisch comentarium / gar ein langen unnützen / sophistischen torlichen tant.
Bauer, Geiler. Pred.
319, 5/9
(
Augsb.
1508
):
Wie vil seind [...] die allso trost suͦchent in dißen torachten zergenklichen dingen. [...]. es sey geschwatz. klaider. oder gespilschafft.
6.
›schwach im Glauben, ungläubig; frevelhaft, gottlos‹;
zu (
der
2.
Bedeutungsverwandte:
 3, (Adj.) 67, , (Adj.) 67, (Adj.) 6,  1,  5, ; vgl. , , ,  2,  1,  2, (Adj.),  1,  1,  4.
Syntagmen:
j
. (z. B.
der mensch
)
/ etw
. (z. B.
die welt
)
t. sein
;
j. törlichen tun
;
der törichte anstos / pöbel, die törichten dinge / herzen / leute / menschen / reden
; häufig in der Doppelformel
tol und töricht
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Diz sint harte tôrehte liute, die alsô koufen wellent mit unserm herren.
Tôrehte liute nement daz bœse vür guot und daz guote vür bœse.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 170, 34
(
hess.
,
1538
):
das ist der wil gottes, das ir mit woltait verstoppet die unwissenheit der torchet menschen.
Dietrich. Summaria
19v, 8
(
Nürnb.
1578
):
Aber die Welt ist blind / toll vnd toͤricht / sonst solt sie [...] sich gegen so grosse verheissung nicht also nerrisch halten.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
die so blind, dass si ab oft begangnem, dorechtigem, fraͤfnem anstos [...] fuͦrfaren die goͤtliche warheit und wort [...] zuͦ verurteilen.
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
8v, 31
(
Zürich
1521
):
Dann fraͤuel vnd torecht vngegründt reden sind das / das etlich sprechen got werd in der heyligen gschrifft genent ein gott des strytbaren zügs.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Das g’main torecht pöfel, wâ es ain christen auf der gassen, am markt ersach, warf’s mit kot.
Bauer, Imitatio Haller
54, 22
(
tir.
,
1466
):
Du tuest gar törleichen, ist das du dein hoffnung sëczen pist in die menschen.
Ebd.
95, 3
:
O ir toreten vnd vngetreuen herczen, die also ligen sint in der tieff der schnöden irdischen ding.
Piirainen, Stadtr. Sillein
123a, 23
;
Gille u. a., M. Beheim
200, 70
.
7.
›tollwütig‹ (von Tieren gesagt).
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  2,  6.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
ein hund
)
t. werden
;
der törichte hund, das törichte vieh, die törichte hinde
.

Belegblock:

Luther, WA (
1545
):
Ists nicht ein jemmerlich ding, das wir den heyland nicht gewust, sind inn greulichem irthumb gelegen, haben wie die torichten hind gelauffen.
Helbig, Qu. Wirtsch.
1, 47, 6
(
md.
,
1487
):
Wurde aber ein fleischauer selbesturbigk ader tericht vihe schlachtenn und veil habenn.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
78, 11
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Zum ersten dienet es vor törichte hunde biß.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
550, 1365
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
97, 31
;