erbeizen,
erbeissen,
V.;
zu
mhd.
1
erbeizen
›aufbegehren; jn. reizen‹
und
2
erbeizen
›absteigen, aussteigen‹
(
Mwb
1, 1798
 f.); Grundlage der Dublette ist das
mhd.
unregelmäßige
-bîzen
›etw. zerbeißen‹
und die regelmäßig flektierende
-jan-
Ableitung
beizen
, die im
Mwb mit einem Dreifachlemma vertreten ist
:
1
beizen
›mit einem Greifvogel jagen‹
,
2
beizen
›mit Beize behandeln‹
,
3
beizen
›absitzen‹
(
Mwb
1, 534
;
847
ff.; );
die Verteilung von Spirans und Affrikata in den Belegen ist semantisch nicht distinktiv; zu Formen- und Ausgleichsentwicklungen in der Basis s.
Dwb, Neub.
4, 853
.
1.
›von etw. oder auf etw. herabkommen; jn. / sich herablassen‹ (allgemein); im Einzelnen: ›(vom Pferd) absitzen‹ (häufig); ›(aus einem Schiff) an Land steigen‹; ›herabfallen‹ (z. B. von Schnee); ›sich auf etw. niederlassen‹;
zu  1, vgl. (V.) 2.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1,  12.

Belegblock:

Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
ez [schiff] furt in mit truwen über daz wasser breit. | do erbeiste Wolfdieterich bi einer steines want, | bi siner brüder bürge.
Pyritz, Minneburg
4292
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
So man uff der erden kreizzen | Den sne zum ersten sicht derbeizzen.
Gille u. a., M. Beheim
117a, 35
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der hailig gaist | von himel nider würt erpaist | und in dich kummen denne.
Thiele, Minner. II,
12, 26
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
lust, maße, schemde, glas, das sind die zynnen. | darynn din hercz erbeist uff fryem mute.
Ebd.
31, 19
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich erbeizte balde zu ir | und groeste si na myns hertzen gir.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
der kaysser rich | Mitt siner massnie gelich | Waz von Achanis in dem wald | Erbaitzen über ainen brunnen kaltt.
Pfaff, Tristrant (
Augsb.
1498
):
Do erbeist der keĩn held und sprang auch von seim pferd.
Niewöhner, Teichner
441, 27
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
ist er selb ein pider man | und chan edelleich erpaizzen | dar nach sol er auch edel haizzen.
Ebd.
564, 2706
(Hs.
n. 1400
):
wem ist genoz | der sich selb ein maister haizzet | und auf maister stuel erbaizzet.
Weber, Füetrer. Poyt.
307, 5
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Si [Dulzepta] erpaiste von dem pfärd ab zu der erden.
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 244
.
2.
›(stürmisch) zu jm., sich (heftig) auf jn. stürzen‹; häufig in feindlicher Absicht, dann im Einzelnen auch: ›sich herabstürzen (wie der Falke)‹; ›auf jn. losgehen, jn. angreifen‹; ›jn. (gegen jn.) aufreizen, aufbringen, hetzen‹;
vgl.  1, (V.) 1;  12.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 3; vgl.  235.

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
hat die swert irreizet | Daz iclich sich irbeizet | Ken dem andern grimmiclich.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Daz du torstes ye irbeyzen | Ken Gote und da by reyzen | Zu disputirende mit dir.
Mich muet [...] | Daz du so ken mir irbeyzes | Und mich zu zorne reyzes.
Pyritz, Minneburg Prolog III,
15
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
sie [wyp] blicket sam ein falken tertz [...] | [...] | die mich hat gar bekreist | und by mir ist erbeist, | daz ich enpfant min hertz also zerbicket.
Ebd.
4694
:
daz so ist ir sin derpeizzet | Uff mich in haßes ungedult.
Sachs (
Nürnb.
1538
):
Thullia ihrem schwager, sagt, | Mit schmaichel-worten ihn lang raitzt, | Auff ir aygne schwester erpaitzt.
Päpke, Marienl. Wernher .
3.
›etw. (in / von einer Beize, scharfen Flüssigkeit u. Ä.) einweichen, durchziehen, beizen (lassen)‹;
vgl.  2, (V.) 3;  4.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a. 
1557
).