abfallen,
V., unr. abl.
1.
›(von einer Unterlage) abfallen, herunterfallen, abstürzen (von Sachen und Personen)‹.
Gesamtfrnhd.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Sir. 14, 19
(
Wittenb.
1545
):
wie die grünen Bletter / auff einem schönen Bawm / etliche abfallen.
Klein, Oswald
26, 90
(
oobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
da wider was ich von dem vierst | abgvallen ungemessen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1475
):
Wer ander mütter sucht, der will gerne den steck abfallen.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Die rûpen, swenne die abevallent von den boumen, sô kriechent sie eine want ûf.
Lemmer, Brant. Narrensch.
66, 10
(
Basel
1494
):
Wie sich das mer zů end der welt | Haltt/das es nit zů tal ab felt.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Die [crumen] dem tische vilen ab | Des richen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 125, 23
(
Hagenau
1534
):
Wenn ich den rock schütte / so fellet es alles abe. [...] denn was am rock hanget / das fellet ab wenn man den rock schuttelt.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
229r, 12
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
so fellet sy [arcztei] selbare ab.
Keil, Peter v. Ulm
185
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Dise pflaster fallent nicht ab piß daz die wund hail ist.
Klein, a. a. O.
23, 43
;
Gille u. a., M. Beheim
453, 1792
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Scholz, a. a. O.
240r, 25
;
Diefenbach, Mlat.-hd.-böhm. Wb. ;
Dietz, Wb. Luther .
2.
›vom Pferde steigen, absitzen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1471
):
do vielen herr Jobs Tetzell und herr Anthoni Tucher abermals abe und gieng yr yder der k. m. an einer seyten bis fur das thor.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
ist ain yeder furst von seinem pfert abgefallen und die kayserliche mayestat [...] enpfangen.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
[der graf] viel ab und zwelf mit im.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Die piderben helt die vielen ab, | Und traten zu dem hawffen.
3.
›zurückgehen, abnehmen, fallen (vom Wasser)‹.

Belegblock:

Maaler (
Zürich
1561
):
Abfallen. Decrescere. Schweynen als die wald wasser.
4.
›sich ein Glied brechen‹.
Syntagmen:
mit Akk. der Sache.

Belegblock:

Goedeke, Fischart. Flöh haz
25, 817
(
Straßb.
1594
):
Ei, das ich nicht ain bain abful.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
es pliben 13 menschen tod und vil vieln arm und pain ab.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
viel er vor laid dahin und fiel den hals ab.
5.
in der Wendung
mit tode abfallen
›sterben‹.

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1516
):
Wan es aber sach fiel, das jemant unser mitbruder und meister mit todte fur ire abfiele, und die fraue einen andern man neme.
6.
›(von einer Person, Instanz, Lehre) abfallen, sich lossagen‹;
vgl.  4,  4.
Bedeutungsverwandte:
 10; vgl. , .
Wortbildungen:
abfallung.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
alle, die dâ abevallent von göttlîchem liehte in die sünde.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
dis bedros Petrus den bekenner, und wolte einen andern vor in setzen, do er abegevallen waz.
Maaler, (
Zürich
1561
):
Zů einẽ feynd Abfallen [...] Abfallen vom glauben [...] Von seinem herren oder fürsten Abfallen [...] Von seiner hoffnung Abfallen vnnd darab kom̃en.
Kehrein, Kath. Gesangb. ; ;
Vetter, a. a. O. ; 5;
Winkler, Flugschr.
1975, 80
;
Dietz, Wb. Luther ;
Byland, Wortsch. Zürcher AT. ;
Preuss. Wb. (Z)
1, 24
.
7.
im religiösen Sinne: ›verstoßen, verdammt werden‹.

Belegblock:

Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
343, 2
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
also ist ouch die verwerfunge ein teile der fürsihtigkeit von gesibte der, die da von disem ende vallent oder abvallen süllen.
8.
›von etw. weichen, verschwinden, wegfallen‹; offen zu 9.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Swenne das lieht dirre werlt abevelt, sô ist ez âbent.
Sô aber der heilige geist abevellet von der sêle, sô sinket si nider.
9.
›schwinden, sich loslösen, aufgehoben werden (von Äußerlichem, von Bildern, Anfechtungen usw. im Prozeß der mystischen Heiligung)‹; z. T. in bildhafter Anknüpfung an 1.; gegenüber 8 in verengerter Bedeutung;
vgl.  8.
Texte der Mystik und Scholastik; 14. Jh.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ie mêr im [mensch] abevallent alle sünde.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Wan daz heisset zůval, daz der understanden wesenheit zů und ab vellet ane des understandes zerstoͤrung, als dú varw tůt an dem brete.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
do vallent alle bilde und forme und glichnisse abe.
also so vallent [...] alle mittel in disen menschen abe, und empfahent alles sunder alle mittel; hie vallet gebet abe und die bilde der heiligen [...]; und ouch ensol der mensche nút daz abe werffen bitz daz es selber abe vellet.
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
331, 6
;
Quint, Eckharts Pred. ; ;
Dehnhardt, Metaphorik d. Mystiker.
1940, 74/75
;
111
.
10.
›schwinden, verfallen, niedergehen (von Macht)‹;
vgl.  5.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1557
):
So wil ich im medischen reich | Auch handeln eben dergeleich, | Das im abfal die herrschafft meer.
11.
›ungünstig ausfallen (von einem Urteil)‹; ›etw. mißbilligen‹.
Rechtsgeschichtliche Texte.
Gegensätze:
(zur 2. Nuance).

Belegblock:

Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
134, 18
(
osächs.
,
1542
/
70
):
er willige dann, wo ihme das urteil darauf apfallen wurde, das er seinem kegenteil die expens [...] erstatten wolle.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
303, 12
(
thür.
,
1474
):
Wir fallen auch sollichem orteyl der schepphin im rechten gancz zcu unde Hanßen Weber syner straffunge gancz abe.
12.
›etw. vergessen; (von einer Sache:) jm. entfallen‹.

Belegblock:

Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1565
):
die leut, so darumb wissen, kumen dës in vergëssen und fellt in ab.
Chron. Augsb. , Anm. (
schwäb.
,
1560
):
und was dergleichen möcht sein, das mir möcht abgefallen sein.
Dietz, Wb. Luther ;
Wrede, Aköln. Sprachsch.
14b
.
13.
›anfallen, eingehen (von Einkünften)‹.

Belegblock:

14.
bedeutungsverwandt zu  2.