heraus,
Adv.;
heraus
erscheint daneben als Glied verbaler Wortbildung; oft ist eine klare Trennung beider Funktionen nicht möglich, die Übergänge sind fließend.
1.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Sache / Person aus einer (räumlichen oder räumlich gedachten) Bezugsgröße heraus zum Standpunkt des Sprechers oder zu einem anderen Ort: ›aus dem dort befindlichen Raum / Gegenstand nach (hier) außen; aus dieser Menge heraus‹; gelegentlich bildlich verwendet; in den Belegen können sowohl die Ausgangsgröße als auch die Zielgröße durch eine zusätzliche Lokalbestimmung verdeutlicht werden.
Phraseme:
etw. zu einem or ein und zum andern heraus gehen lassen
›etw. gerade Gehörtes sofort wieder vergessen‹.
Bedeutungsverwandte:
(Adv.) 2,  2.
Syntagmen:
jn. h. füren / langen / tragen / treiben, jn. h. haben wollen, etw. h. fischen / kratzen / schaben / werfen, etw. h. auf das feld tragen, die selen von der hölle h. füren, die zunge zu dem nacken h. reissen
;
j.
(Subj.)
h. gehen / laufen / rücken / schwingen / springen, von Sodom entrinnen, aus der stat fallen, (vor die kamer) treten, etw.
(Subj.) (z. B.
blut / wasser
)
h. fliessen / gehen / rauschen / rinnen / spritzen, etw. h. rauchen, tauben aus dem ofen h. fliegen, schlangen aus einem grund h. schleichen
.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
130, 2700
(
Magdeb.
1608
):
Griff jhn damit beym rechten arm / | Das blut heraus spruͤtzt frisch vnd warm.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
152, 1
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Da drug Grymmener das gerede ales her vß vff daz felt / vnd verbarg es vnder eynen dieffen fels.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
Die Obrigkeit des Orts [...] felt mit Gewalt in des Gesandten Pallast / und langet etliche von den Thaͤtern [...] heraus.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
11, 3
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Noch der czit [...] wurdin di jungin abir getrenkit alse vor, so truk man sy widir her uz [uz dem gartin].
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
Nemet diese Prophecey wol zu Hertzen [...] vnd lasset sie nicht vergeblich fuͤr die Ohren fuͤruͤber rauschen / oder zu einem Ohre ein / vnd zum andern heraus gehen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Sie wurd gefuͤhrt ins Frawen Hauß, | Da springt ein vnkeuscher Buler herauß.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
úber ein kleine stunde rúschet es [wasser] her us als ob es alle ding ertrenken welle.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
So laß genuͦg heruß gon des pluͦttes.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Die ander Frau [...] wolt noch me gelobt sein und thet iren Seckel uff und warff huͤbsch Kleinet, Ring mit kostlichen Steinen heruß.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Die werden selen die Ihesus | Von der helle fuͦrte har us.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
232
(
Genf
1636
):
Herauß / auß dem orth / dannen herauß.
Heidegger. Mythoscopia
43, 24
(
Zürich
1698
):
nach den Thraͤnen / so mir die Erinnerung begangner Suͤnden gleichsam auß dem Herzen herauß geprest.
Ebd.
79, 16
:
Die Heidnische Fablen muͤsse man besuchen / wie Weiland Cato die Floralia, der hinein getretten / damit er wider herauß tretten koͤnte.
Sappler, H. Kaufringer
18, 160
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
herauss er für die kammer tritt, | da er das volk alles fant.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Das römisch kriegsvolk fiel aus der stat heraus, wolten ain schlacht lifern den Baiern.
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
185, 43
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
vngewönleich geschöss vnd pheyl werdent dahin geschossen, das man dy heraustreib, dy das haws pesiczen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
35, 17
(
mslow. inseldt.
,
1605
):
die Zunge durch den Scharffrichter śoll Zu dem Nackhen herauß geriśśen werden.
Peil, a. a. O.
593, 2750
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ; ;
Vetter, a. a. O. ;
Sappler, a. a. O.
28, 45
;
Ott-Voigtländer, Rezeptar
204r, 8
;
Rauwolf. Raiß ;
Andreae. Ber. Nachtmal
33r, 16
;
Eschenloher. Medicus ;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Vgl. ferner s. v.  1,  3.
2.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung eines Gegenstandes aus einer (räumlichen oder räumlich gedachten) Bezugsgröße, die mit dem Sprecherstandpunkt oder der Sprecherperspektive identisch ist, hinaus: ›von hier drinnen nach (dort) draußen; hinaus‹; anschließbar an 1, in den Belegen jedoch nicht immer klar davon unterscheidbar.

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe (
Wolfenb.
1593
):
Da kroch ich immittelst zum andern Loch, so an der Erden war heraus.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
Ganck umb in dat eyrste huys | Und sprich: „Ungeluck, vair heruyss.“
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
daß sie [Tartarn] im Jahr sechzehen hundert / mit einer solchen Macht in das Koͤnigreich eingefallen / daß sie nicht wieder herauß geschlagen werden koͤnnen.
Sappler, H. Kaufringer
3, 606
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
mit marter ich mich heraus
[aus dem Graben]
swang. | darnach half ich dem ros herauß.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
113, 2185
;
Sappler, a. a. O.
14, 482
;
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
7, 7
.
3.
Ütr. zu 1: ›aus diesem Zustand / dieser Erscheinung heraus‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1532
):
Darumb ists ein fehrlich ding, wo man nicht rein und einfeltig Gottes wort hellt und lesst sich davon auff menschen gedancken furen, [...], das wer drein gerett, kan sich darnach nicht widder heraus wircken.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
81, 29
(
Nürnb.
1548
):
Nicht einfuͤre vns in versuchung / vnnd wehre / das der Teuffel vns nit darinnen halte / hilff wider herauß.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
Der Gottseligen Frawen aber zu Sinn vnd Gedancken kommen / das Hochheiligiste Wunderbarliche Sacrament allhie zu Augspurg [...] schoͤpffte sie gleich heraus ein sonderbahre Hoffnung vnd Vertrawen zu disem Gnadenreichen Schatz.
Reichmann, a. a. O.
78, 23
;
79, 1
;
Heidegger. Mythoscopia
80, 4
.
4.
Lokaladv. zum Ausdruck der Situierung einer Person / einer Sache außerhalb oder am äußersten Rand einer Bezugsgröße: ›außen, außerhalb von etw.; an der Grenze‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4,  1, , .

Belegblock:

Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Diser obgenanter zwaier unser künig näm, so im latein [...] Ingevon und Istevon geschriben werden, halten etlich für jüdisch näm [...]. Die andern mainen, si komen vom teutschen Wort ,wonen‘ und weiter vom ,in‘ und ,auß‘, wären auf unser sprach ,inwoner‘ und ,eusserester woner‘ darumb, das der erst inwendig in Teutschland an den offen sêen gewont [...]; der ander ist herauß am Rein gesessen und sein die Reinlender nach im genant worden, das si herauß in Teutschland sitzen wie die Sêlender inwendig.
5.
zum Ausdruck des Offenlegens / Äußerns von Meinungen, Gedanken, Gefühlen, des Bekanntgebens von Textinhalten u. ä.: ›offen, freimütig, für alle hörbar / sichtbar und verständlich; an die Öffentlichkeit‹; Ütr. zu 1.
16. u. 17. Jh.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  2.
Syntagmen:
j.
(Subj.)
die warheit h. sagen, etw. frei h. bekennen, frevenlich h. plumpen, mit unbescheidenheit / unvernunft, unbesonnen h. faren, ein wort h. lassen / werfen, das wort
(Subj.)
unbedacht h. gehen
;
nur recht h
.

Belegblock:

Schorer, Sprachposaun
72, 22
(o. O.
1648
):
nur recht heraus nach dem Richtschnur Goͤttliches Wortes.
Luther, WA (
1535
):
da allein Gott selbs von kan reden und darff so frevendlich heraus plumpen und sagen: Christus ist nicht Gott?
Pfefferl, Weigel. Ges.
31, 33
(
Hamburg
1646
):
Zum Zeugnis vnd Memorial ists auch in die buchstaben herauß gefloßen, do es Moses schrieb in die Steinerne Taffeln.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
114, 6
(
Frankf./M.
1568
):
Jch [Stocknarr] fahr herauß mit wort vnd that | Toͤlpischer weiß / folg keinem raht.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
DEr Prophet Esaias [...] bekennet frey heraus / das es jhn schweer hat gedaucht [...] diesen / also vbelgeplagten Menschen / fuͤr den waren Messiam zu halten.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
190r, 41
(
Leipzig
1588
):
wenn mans zu grob machet / das man mit vnbescheidenheit heraus fehret / dem Freunde sein Gewissen oder Ehren verletzet.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Gantz vnerholen wil ich dir, | Die warheit herauß sagen.
Bauer, Geiler. Pred.
468, 9
(
Augsb.
1508
):
Czu dem .xx. seind unangeschlagne wortt / die herauß geend unbedacht und on anschlag.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
doch darff ich vnerhollē keck heraus sagen / daß wir Christen zu ietzigen Zeiten / vnd sonders die Augspurger vil gluͤckseeliger seynd.
Opitz. Poeterey
25, 8
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
148
;
Rennefahrt, Wirtsch. Bern ;
6.
zum Ausdruck des Überschreitens einer quantitativen Bezugsgröße: ›mehr / weiter als etw., über etw. hinaus‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7.

Belegblock:

Thür. Chron.
6v, 9
(
Mühlh.
1599
):
Ein Thurn in Alexandria [...] reicht hoͤher das Meer herauß 20. Schritte.