gesichtig,
gesichtlich
(dies seltener),
gesichtiglich
(dies oft adverbial gebraucht),
Adj.
– Dicht im Wobd. belegt; im mittleren Frnhd. auslaufend; Texte religiösen, oft mystischen Inhalts.
1.
›mit den Augen sichtbar, optisch wahrnehmbar, durch Hinsehen konkret erkennbar‹; auch: ›überschaubar (z. B. von einem Weg)‹ sowie ›hübsch anzusehen‹ (2. H. 14. Jh.);
vgl. (
das
234, (V., unr. abl.) 12.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1,  1, ,  2,  3.
Gegensätze:
 1, .
Syntagmen:
etw. g. ansehen, gesichtiglichen abgetreten sein, etw. gesichtiglich an sich ziehen, gesichtiglich etw. am leibe haben
;
etw
. (z. B.
der hof / weg
)
g. sein, jm. etw
. (z. B.
gaben
)
g. sein
;
der gesichtige feind / himmel, die gesichtige sache / welt, das gesichtige ding
(mehrfach)
/ sacrament / tal
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz brot ist ein spize | Gesichtic an zu sene.
Pyritz, Minneburg
547
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Das du an dinem libe glantz | Gesichticlich macht an dir haben.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
es ist fast abgetretten gesichtiglichen und lebet nyemant mee naturlichen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
nu sint vier ding dú zuͦ aim guͦten weg hoͤrent. daz erst ist daz er si haiter und gesihtig.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Sú [gaben] dunkent dich rilich, wan sú dir gesihtklich sint.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
den uswendigen menschen ze ziehende in den innewendigen menschen und von den bildelichen dingen und gesichtlichen in die ungesichtlichen.
Schmidt, Rud. v. Biberach
67, 19
(
whalem.
,
1345
/
60
):
das dvͥ menschliche vernunft niemer mocht komen ze vngesichtigen sachen bekennende, ir dienerin, dvͥ bilderin, truͦg ir engegene denne vnd erzoͮget ir bilde vnd form dir gesichtigen dingen.
Illing, Albert. Sup. miss.
1142
(
els.
,
n. 1380
):
also het oͮch cristus die spise sines lichomen zuͦsamene geleit von zwein dingen, das ist von dem gesihtlichen sacremente, do wir sehent den schin des brotes vnd des wines, vnd sinem vngesihtlichem lichomen.
Warnock, Pred. Paulis
2, 38
(
önalem.
,
1490
/
4
):
wo du im [magnet] ain nadlen zuͦleist, so zúcht er die gesichtiklich an sich.
Ebd.
2, 238
:
Ir gebett waz och also creftig, daz es nit allain die ungesichtigen figint von den menschen vertraib, me och die gesichtigen figint.
v. Maren, Marquard. Ausgabe
37, 1
(
Venedig
1483
):
das was des schult wen er sich keret von den gesichtiglichen dingen zuͦ den vngesichtiglichen.
Rieder, a. a. O. ;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Vetter, a. a. O. ;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Schmidt, a. a. O.
66, 1
;
133, 12
;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 150, 21
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
2.
›mit dem Auge des Geistes sichtbar, visionär vor Augen‹; unter der Voraussetzung, daß das geistlich, visionär Geschaute als real sichtbar auffaßbar ist, fällt 2 mit 1 zusammen;
vgl. (
das
67, (V., unr. abl.) 5.
Bedeutungsverwandte:
 3; vgl.  2.
Gegensätze:
 1.

Belegblock:

Strauch, Par. anime int.
90, 15
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz andere wort ,Israel‘, daz also vil sprichit alse daz gesichticlich ist.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
Wie gar girlich unsir herre si, das wirt man da sehende da er gesihtik ist in siner heiligen drivaltikeit, daz ist in himelriche ob dem sinewellen tische.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
ich ensihe dekeinen underscheit, denne daz dich herr Symeon gesihteklich enphieng und ich ungesihteklich.
Warnock, Pred. Paulis
2, 236
(
önalem.
,
1490
/
4
):
ward sy also verzukt in irem gebett, daz ir daz kindli Jhesus gesichtiklich waz erschinen.
Ebd.
20, 16
:
vermanungen, so die engel gotz etwenn dem menschen tuͦnd mit gesichtiger oder liplicher erschinung.
Ebd.
23, 120
:
ich wolt gern, daz du úns noch ains seitist, und daz ist von den gesichtigen erschinungen des bösen gaistes.
Ebd.
23, 129
:
wenn im etwaz gesichtiklich erschint, sol er im selb nit lichtiklich globen.
Schmidt, Rud. v. Biberach
34, 9
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Gottes rede ist ein heimlich ingeistvng, mit der got dien gemvͤten sin willen vnd sin warheit erzeiget gesichtlich.
Strauch, a. a. O.
89, 26
;
Warnock, a. a. O.
28, 28
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
3.
›geistlich erkenntnisfähig, zu geistlichem Sehen, Schauen erleuchtet‹;
zu (
das
6.

Belegblock:

Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
262, 24
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
daz „in diser welt dem gesihtigen nihtes niht bereit mag werden denne übermitz die unsihtegen creature“.