manigfaltigkeit,
die
.1.
›Unterschiedlichkeit, Mannigfaltigkeit zählbarer, oft als sinnlich wahrnehmbar gedachter Bezugsgrößen, der Dinge (res
)‹; Tendenz zu ›Vielheit, Menge‹; vgl. 1.
Im mittleren Frnhd. auslaufend; Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen:
got alle m. bekennen
; die m. von einem sein, etw
. (z. B. die unmässigkeit
der eigenschaften
) verkünden / erzeigen
; etw. äusserlich an m. haben, die sele aus der m. auf
›hinauf‹ ziehen
; die m. der creaturen / farben / figuren / formen / gesichte / liechter / sprachen / werke wurme, aller dinge, an den dingen
.Belegblock:
Alles, das man hie ausserlichen hat an manigfaltigkeyt, das ist da alles innerlich vnnd eyn.
Von der wurme manchvaldekeyt | Sich beschebet gar min cleyt.
so samenit Got di sele und zuhit si mit den nidersten creften uz allir manicvaldikeit uf zu den ubirsten creften und heftit si mit der ubirsten craft an Got.
Ebd.
67, 18
: wan alle manicvaldikeit ist fon eime, sprechin di meistere.
Da got wurket, dar inn ist er manikfeltig und bekennet alle manikfeltikeit.
[zeit der selikeit] Dero [...] anzeigung sein: weislich reden, kunstlich reden, der gloub, [...], würkung der wunderzeichen, prophezei, unterschidlich erkennung der geist, manigfaltikeit der sprachen.
Dvͥ menigvaltikeit der formen vnd fili der naturn an geschaffenen dingen, [...], waz sint die, nuͥwant als glanze vnd liecht der gotheit.
zü dem vierden mal von der menig vnd manigualtichait der gesicht vnd gedennkchen wegen, die langew zeit gesammet sint in etleichen feuchten menschen.
2.
›Vorkommens-, Erscheinungsvielfalt, innere Verschiedenheit einer als Einheit gedachten und in ihr gründenden, meist religiös fundierten, in der Regel im Sing. stehenden Bezugsgröße (z. B. der pein
)‹; vgl. 1.
Älteres und mittleres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen:
die m. sehen
(in ihren Erscheinungen); die m
. (Subj.) sich schliessen, in jm. sein, jm. eine einigkeit sein
; etw
. (z. B. die tugende
) von der einigkeit zu der m. zusammengebunden sein
; die m. der pein / sünde / tugend(en), des leidens, der wirden
; keine m. in der substanz
.Belegblock:
Ie denne der manicvalticheit mêr ist in dir ie der einicheit mêr ist, wan daz eine ist gewandelt in daz ander.
Alliu pîne ist im [mensche] ein vröude, alliu manicvalticheit ist im ein blôzheit und ein einicheit, stât er rehte in dem willen gotes.
diu minne bedecket die manicvalticheit der sünde.
sullen wir betrubt sein durch die manigueltikeit der pein die vnser herr hat geliden.
enpieten wir [Soldan] [...] Friderichen, [...], heil in der manigveltigkeit der entpietung der wirden und eren unsers gemachs.
also bezeichent der roͤselohte ring menigvaltikeit dez lidens, daz die lieben gotesfrúnde muͤssent tragen, die wil sú noch in der zit mit ritterlicher uͤbung got dienend sind.
ir sehent dise kilche und dise manigvaltikeit die herzuͦ gehoͤret, also daz fulment, die muren, die steine.
der sehste [bluͦme] ist maͤnigvaltikait der tugend.
tugenden, die da zesamengebunden sint, .... von der einikeit zuo der menigveltikeit.
Ebd.
297, 3
: so ist offenbar: daz man sprichet, daz got daz verstan si, da von so ensetzet man dekein menigvaltikeit in sin substancien.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 118
.3.
im Sinne von 1 und 2 verstandene manigfaltigkeit
unter dem Aspekt der wandelbarkeit
der einzelnen Gegebenheiten und der den Menschen damit verwirrenden, klein machenden, betrübenden, zerstreuenden
Abführung, Ablenkung von got
, vom reich gottes
, von der (mystischen) geburt
(Gottes im Menschen), vom selbst
, vom eins
, bzw. die Hineinführung in die verlorenheit
; impliziert ist die Warnung vor der Existenz in manigfaltigkeit
bzw. der Aufruf zu einer Spiritualität wie zu einem Handeln im Sinne der Mystik; Gehäuft alem.; älteres bis mittleres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Belegblock:
Diu stat daz ist diu sêle, diu [...] behuot vor gebresten und ûzgeslozzen hât alle manicvalticheit.
Disen schatz, daz da ist daz reich gots, den hat zeit verborgen und manikfeltikeit und eigeneu werk der sele und die geschaffenheit. So sich di sele nû ie mer scheidt von aller diser manikfeltikeit, so ie mer in ir endekt wirt daz reich gots.
wanne die manigvaltikeit der bilde die dis wort in dir bedeckent und úbergont, die hinderent dise geburt in dir.
das der mensche nút alleine enhat uswendige manigvaltikeit gelossen, sunder och inwendige manigvaltikeit der inren krefte, das sint die bildende krefte in iren bilden und die fantasien und gedenke.
wan weslich lieht lidet ordenunge und underscheit, entwiset von usbrúchiger manigvaltikeit.
Wenne gottes vnd cristi werk ist, alle ding in eis verein(en), aber dez tuͥfels werk ist, alle vereinete ding zerstroͮwen in menigualtikeit.
Ebd.
443
: In die wuͤste manigueltikeit fuͤrt der tuͥfel, aber got, der sleht daz allez abe vnd fuͤrt alle ding in ein guͦt, daz er ist.
Ebd.
1406
: alle, die von dirre guͥldin ketten sich scheident, die werdent geteilt in vil oder in menigfaltigkeit vnd verderbent also der prophete ios sprichet: Ir herze ist geteilt.
verstelent úch nuwent dicke heimeliche mit ime [Jhesus] zuͦ kammern und zuͦ winckele von der menige und von aller manigvaltikeit.
Mitteliden duͦt den menschen sich selben anesehen vnd merken [...] manigvaltikeit sinre gebresten, verlornheit der zit.
Ebd.
909
: manigvaltikeit der creaturen: die machet vns kleine vnd kurtz, daz wir got nút gesehen enmúgent.
Ebd.
2, 750
: Der erste ritte, der heißet tegelich, daz ist manigualtikeit von hertzen. Wan dise menschen wellent alle ding wissen vnd zvͦ allen dingen sprechen vnd alle ding berihten, vnd ir selbes vergessent sv́ dicke. [...], ir wise ist maniger hande: nv sus, nv so, nv har, nv dar, es glichet dem winde.
Aber ist es also, daz er mit vnlidekeit vnd manigvaltikeit siner werke also got vor oͮgen nv́t enhat.
Ebd.
484
: er berespete sv́ von ir sorgveltikeit vnd daz sv́ betruͤbet waz mit manigvaltikeit vßewendiger dinge.
wan manigfaltikeit der wandelbarkeit diser zergenglichen ding me den billich ist betrachtent, zerströwet nit allein daz gemüt eines fridlichen hertzen.
„Ich [got] minnen, die mich minnet, min tvba“, want „dvͥ gar einvaltig (an alle menigvaltikeit) bist“!
Auch furkümpt es dir sam das da nichcz hat von zwayung noch manigueltigkaitt, vnd also ist es das allerhoͤchst ains.
diser brister ist anders nicht dan aͤin ynnewendiger mensch der sich von aller manigfeltikeit schaͤidet vnd allaͤin in got vnd in dem ynnewendigen tempel seins hertzen wonet.
4.
›manigfaltigkeit
‹ unter dem Aspekt des Ausmaßes, der Größe der jeweiligen Bezugsgegebenheit; vgl. (die
); beide Belege auch zu 2 stellbar.