manigfaltig,
auch
manigfalt,
manigfältig,
manigfaltiglich
; letzteres oft, aber nicht ausschließlich adverbial gebraucht;
Adj.
/
Adv.
1.
›vielfältig, vielgestaltig, verschieden, unterschiedlich‹, von zählbaren (meist konkret gedachten) Bezugsgegebenheiten gesagt, die von einander differieren, häufiger von (eher abstrakt gedachten) Bezugsgegebenheiten, die in sich, in ihren Erscheinungsformen, ihrer Substanz u. ä. als ungleich, variant, wechselnd konzipiert werden; oft mit Tendenz zu ›quantitativ viel (indefinit)‹;
vgl. (Adj.) 12.
Bedeutungsverwandte:
.
Gegensätze:
 1.
Syntagmen:
der lon, die barmherzigkeit / gleichheit / pein / stimme, das leiden / recht, die betrübnisse m. sein, manigfaltiglich leiden, manigfaltiglichen reden, etw. manigfaltiglich erscheinen, ein bündnis sich manigfaltiglich erheben, den leib manigfaltiglich machen, jn. m. loben, etw. m. richten, jn. manigfaltiglich peinigen / versuchen
;
der manigfaltige glaube / misbrauch / sin, die manigfaltige anweigung / gewalt / hochheit / reichheit / schande / verleuchtung / verständlichkeit, manigfaltige blumen / gaben / gebresten / mirakel / schäden / stricke
;
gnade / tugend / ketzerei / freude manigfaltig, got nicht manigfaltiglich
, (ein Tier)
gepockelt manigfalt
.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
883, 5547
(
Magdeb.
1608
):
ein kroͤt / Eydechs / Trach / und Schlang / | Was ohn ein Krebsschwantz wie ein Tasch / | [...] | Schwartzbraun gepockelt mannigfalt.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
daz daz buͦch so luͦttel seit von der dienstmanne recht, daz Cuͦmt da von, daz ir recht so manichvalt ist.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
manicvaltic sint gotes barmherzicheit.
sô wirt mir lîhte trôst und vröude alle mîn lîden, swie grôz daz ist und manicvalt.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
8, 7
(
Frankf./M.
1563
):
Was Zauberey sey / unnd wie manchfaltig sie sey.
Eggers, Psalter
52, 27
(
thür.
,
1378
):
Mines herzcen betrupnisse sint mannigvald.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
441, 4332
(
Zwickau
um 1540
):
Nun sitzt herbey / ihr habt gehoͤret all / | [...] | [...] auch wie heymlich buͤndnus sich | Erhebet wider uns manchfeldiglich.
Gille u. a., M. Beheim
71, 316
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wy vil er | im lobs und dankes schuldig wer | umb sein gnad manigvalte.
Ebd.
77, 78
:
ir solt wissen, das gote | Gemachet hat auf erden | manchveltigeleich des menschen leib.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Wir súllent halten einen einvaltigen waren gantzen glouben an einen Got in drivaltikeit der personen, nút manigvalteklich, sunder einvalteclich und luterlichen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Si tet als dú gewirbigú binlú, dú daz súss hong uss den menigvaltigen bluͦmen in tragent.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
276, 2
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
sit daz die glicheit zemerken ist nach der behörlicheit in der förmen, so ist die glicheit manigvalticliche nach vil wisen der glicheit der gemeinsamunge in der formen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Wann in einem ytzlichen besundern wort. seint verborgen maniguelticliche verstentlichkeit.
Bauer, Geiler. Pred.
471, 27
(
Augsb.
1508
):
das ain mensch warnem der grossen und manigfaltigen schaͤden / so auß seinen worten kommen moͤgen.
Höver, Bonaventura. Itin. A
137
(
moobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
allzo erczaygt sy [würchhumb] miz yrer aller manigfalltigissten manigvalltikhait dy vnmëssichhait [...] diser güthait gotes.
Froning, Alsf. Passionssp.
7822
;
Karnein, Salm. u. Morolf
316, 5
;
Strauch, Par. anime int.
134, 12
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
144v, 29
;
Roloff, a. a. O.
103, 858
;
Gille u. a., a. a. O.
1176, 91
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 1004
;
Bihlmeyer, a. a. O. ; ;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
162, 14
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2066
;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Primisser, Suchenwirt ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 169
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
179, 3
;
183, 22
;
Klein, Oswald
8, 32
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
7, 8
;
93, 42
;
Vgl. ferner s. v.  4,  1,
1
 14,  2.
2.
›oftmals, des öfteren, verschiedentlich; immer wieder, wiederholt, vielmals, häufig; fortwährend‹; teils mit Tendenz zu: ›auf verschiedene Weise‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
7727
(
ohess.
,
1501ff.
):
ich hayn gebethen manigfalt | myn vatter sunder wan, | das dyn glaube sale bestan!
v. Tscharner, Md. Marco Polo
2, 18
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
do der keysir irwegit wart von grosir bete di si an yn gelegit hattin manchvalt, das her si wolde lozen und orlob gebe heym czu czinde [...], do [...].
Gille u. a., M. Beheim
195, 133
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
auch die singerinn manigvalt | vil ubels tut mit singen, | Wann sy czeucht mit irr stim leipplich | der jungen toren hercz an sich.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
149
(
Nürnb.
1517
):
so die seel erweichet ist, erseufzt sie manigfaltig.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
daß [...] bisher die gantze statt mit der begird des freien stands erfüllet und manichfeltig durch die gmaind ausgesprochen und komen ist.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
do er in derselben todsünd das sacrament nam vnd sich aufs herren menigfeltig ermonung nit bekeren wolt, do [...].
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
solch stätig und manigfeltig anruefen, als si uns täglich tuen.
Päpke, Marienl. Wernher ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. .
3.
›wankel-, wechselmütig, zerstreut, zerfahren‹ (von Personen); ›stets wechselnd, sich fortwährend ändernd, je besonders‹ (von Haltungen, Sachen); meist auf die sinnliche Zerstreuung des religiösen Menschen bezogen und dann im Gegensatz zu 1.
Älteres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, speziell der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
 910, ; vgl.  3,  3, .
Gegensätze:
 2,  13; vgl.  6.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Johan, stures | Und enwis nicht manicvaldic, | Du wirs noch gnuc gewaldic.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
so wir ie mer abgent von got, so wir ie mer vnd mer manigualtiger berdent.
Strauch, Par. anime int.
25, 29
(
thür.
,
14. Jh.
):
ie [...] ouch di innerin [sinne] frigir und ummekummirtir sin mit disin manicvaldigin dingin, ie di offinbarunge [...] gewissir sint.
Ders., Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
das insprechen gottes kan kein mensche niemer rehte verston, der zuͦ manigvaltig ist in sinen wisen und zuͦ vil sehendes het uf die creaturen.
des man ouch [...] alle gewerde natúrlicher und frischer blibe in der gemeinde wanne in der manigvaltigen sunderheit und eigenschaft.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
und nút in den sinnen enmuͦs er leben und nút uzlouffen nu har nu dar, nu sus nu so, in manigvaltige manigvaltikeit und ussewendikeit.
Quint, a. a. O. ;
Strauch, Par. anime int.
108, 27
;
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 780
.
4.
dient der Charakterisierung von Bezugsgegebenheiten, oft von Handlungen, die über das normal zu erwartende Maß hinausgehen und die man deshalb wünscht oder befürchtet; im einzelnen: ›gebieterisch, streng‹ (von einem
gebot
); ›deutlich‹ (vom
obersagen
›gebieten‹); ›groß, reichlich‹ o. ä. je nach Bezugsgröße (z. B. von einem
lon
); ›zahlreich‹ (von einem
her
); ›ausführlich‹ (von einer Darstellung).

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
Es sey nicht mein rat, Sondern Gottes ernstlichs und manchfeltiges
›gebieterisches‹
strenges gebot.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
165, 17
(
thür.
,
1474
):
solliche hoenlich, lesterlich unde smeliche worth, so mannigfeldig
›deutlich‹
er ym dy in vorwandeltin stetin obirsaget hat.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
Vrowit ûch in dem tage und irhebit ûch, wan ûwer lôn ist manicveldic
[
Luther
1545:
gros
]
in dem himele.
Adrian, Saelden Hort
8803
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
Philippe, wise | ús war wir kouffen spise | dem manigvaltigen
[›zahlreichen‹]
hohen her!
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
verzagtt was ie min mütt, | Min vorchtt die was manigfaltt
[›groß‹].
Sy verlüret iere sinen: | Ir truren wirtt so manigfaltt
[›tief, groß‹].
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst. Vorr.
173
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Wütreich, die werden manigueltichleich
›ausführlich‹
ausgerichtet capitulo xxxj
o
p.
Weber, Füetrer. Poyt.
227, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Alls in die messenney ersach, | do was ir frewd von seiner kunfft maniguallde
[›groß‹].
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
29
.
5.
›in jedem Falle‹.

Belegblock:

Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Wo du macht, und bis da pey | Worhaffter wort manikvalt.