1
acht
(manchmal
achte
),
die
.
– Hinsichtlich der Homonymie von
1
acht
und
2
acht
vgl.
Öhmann, in: Neuphilolog. Mitt.
66, 1965, 517
f.
1.
›Aufmerksamkeit, Obacht, Beachtung, die man jm./e. S. zuteil werden läßt‹; offen zu 2; 3.
Bedeutungsverwandte:
 4, , ,
2
; vgl.
1
 1.
Syntagmen:
(lützel) a. haben
; e. S. (Gen./Dat.) /e. P. (Gen.)
a. haben
; e. S. (Gen./Akk.)
a. nemen; jm. a. sein
›jm. gewärtig sein‹;
auf jn. a. haben, etw. in a. nemen
›beobachten, wahrnehmen‹;
grosse a.

Belegblock:

v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
sie bekomerten sich mit deme beern alsso ssere, das besundirn nymant achte uff den keisser hatte.
Luther, WA (
1526
):
man solle kein hut, wache odder acht nachlassen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
56, 34
(
omd.
,
1446
):
Auch sollen dieselben bergmeister und gesworn den berg in achte haben, das nyͤmand sal dem andern zu schaden hauͤwen.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Hie hor, o mensch, nym eben achte, | Dis ist der wor cristenlich glaub.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
14. Jh.
):
so ir edellicher [...] geleret werdent aller tugende meister sin und der untugende nút bevinden noch keines lidendes ahte haben in rehter wesenlicher dapferheit.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
99
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Wer dis lesen wol betracht | Vnd aller sachen nimmet acht, | Der sol für wor entschuldigt han | Ein radt von Bern vnd yederman.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
die Teutschen hetten nur der prucken acht, damit die Römer nit drüber kämen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
180
;
403
;
Löscher, a. a. O.
72, 23
;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Luc. ;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
51, 18
;
68, 8
;
Palm, Veter Buoch ;
Gille u. a., M. Beheim
22, 103
;
82, 290
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Lemmer, Brant. Narrensch.
19, 54
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
99
;
Koppitz, Trojanerkr. ;
Munz, Füetrer. Persibein
235, 5
;
Winter, Nöst. Weist. ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Hulsius
A jr
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 78
;
Wrede, Aköln. Sprachsch.
1, 59
;
Dietz, Wb. Luther .
2.
›Obhut, Sorge, die man e. P./e. S. zuteil werden läßt‹.
Bedeutungsverwandte:
,  4, .

Belegblock:

Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Mer hat er die sunder gemeyne | Alhie zu ym geruffen und gehapt in acht; | Dort weist er sie grauslich von ym, | Das sie zu gnad nymer werden genomen.
Gille u. a., M. Beheim
81, 157
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der darnach nicht pegunde | Sich selb haben in achte | und lebet so unordenlich.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
so hetten auch die burger ieglicher für sich selb wein in seinem keller zu gueter acht.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Also hettent sú ir
[Maria am Sterbebett]
acht | Mit jamer úncz gen mitternacht.
Das sú [...] Úncz an den dritten tag ir nœment acht | Mit hůt wol tage und nacht.
Maaler (
Zürich
1561
):
Er hat seinen reben kein Acht noch rechnung gehabt. [...] Ein haußuatter der seines dings wol acht hatt. [...] Es hat ein yetlicher auff sein ding Acht. [...] Sorg vnd Acht auff ein ding haben.
Guth, Gr. Alexander (Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Ez stirbt nymmant on acht | In unserm land.
3.
›Meinung, Gesinnung, Gedanke‹; Metonymie zu 1.

Belegblock:

Bindewald, Texte schles. Kanzl.
18, 9
(
schles.
,
1317
):
ane allirleye argelist noch achte vnsir getruwer manne rate.
Thiele, Minner. II,
6, 135
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
wenn myn gemüt stet also | alczitt in eyner acht, | dan ich anders nit bedracht | dann wie ich frewd haben mog.
Völker, Antichrist
389
(
wschwäb.
,
15. Jh.
):
wa sy sin statt gehaben múgend, fräuenlich vnd haimlich tribend, in der achte, samb es nit sunde sye!
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Herr Caiphas, ich han dıͤr pracht | silber und gold in der acht | ich wan, sein sei wol hundert phunt.
4.
›Anzahl; Maß‹; meist in phrasematischen Verbindungen:
aus der a.
›unzählbar‹;
one a./ nicht a. sein
›nicht zählbar sein‹;
ausser a. sein
›unerlaubt sein‹; anzuschließen an 1.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Zů der selben achte vnd gestalt macht er ·x· grunde eins gusses
(Var. Z-Oa:
achte
]
maß).
Gereke, Seifrits Alex.
2270
(
oobd.
, Hs.
1466
):
als vil ist unsers volkches acht | chan nyemant gar betrachten | noch mit zal volachten.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Des tags vielen die Hewnen nider tod, das ir zal nicht acht was.
Da viel der haiden sovil tot, das es ausz der acht was.
Die Cristen [...] sluegen ir sovil zu tod, das es aus der acht der zal was.
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
Nein, vil schöne frowe, daz wer user aht. | Vor mitternaht nieman kein messe haben sol.
Guth, Gr. Alexander (Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Als luczel du geczellen maht | Daz
[in einem Geschenkkorb]
dor ynnen ist on aht, | Noch mynner mag man zellen | Mein volk.
5.
›Beratung, Verhandlung über etw.‹, z. T. mit Rechtscharakter; daran anschließend metonymisch: ›Gericht‹; semantische Berührung mit
2
acht
2; 4.

Belegblock:

v. Bunge, Livl. UB
3, 466, 37
(
nrddt.
,
1386
):
Als wi dar seten in richtes achte, quam Tideman Grube vor uns.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
so sal man [...] mit der achte etliche tage uff zukunfft der frunde vorczehen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
1, 118, 21
(
thür.
,
1474
):
nach synem tode keyn wernttlich, leyesch recht syne gutter an dy wernttlichin gerichte addir achte gebrengen magk.
Trübner, Dt. Wb.
1, 47a
;
Rwb f.;
v. Künßberg, Acht.
1910, 36-38
.
6.
›Auflage, Gebot‹; Metonymie zu 5 (1. Nuance).

Belegblock:

Aubin, Weist. Köln/Brühl (
rib.
,
um 1674
):
Achten und scheffenfruge der statt Bruel.
Ebd. (
1. H. 15. Jh.
):
Die vunfte acht. (15.) Weisen wir unserem gnedigen herren zu Collen 13 bauhosterten.
7.
›Art und Weise, Beschaffenheit von etw.‹.
Besonders in poetischen Texten oft mit genitivus definitivus oder mit definierendem Attribut.
Syntagmen:
in solcher / gleicher / guter / kranker / lieber / reicher a.; von starker a.; nach heidnischer / grimmiglicher a.; mit herlicher a.; nach menschen a.; des jamers / leides / lichtes / todes a.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Drizic jar und achte | lac ich in kranker ahte, | daz ich der lide niht entsub.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Sich, daz ken des lichtes acht | Ist diz leben als ein nacht.
Froning, Alsf. Passionssp.
3798
(
ohess.
,
1501 ff.
):
War umb hastu dit gethain, | Daß du Jhesum in solicher achte | So vor mich hast brocht.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Das [bilde] sante Lucas machte | Nach irs laides achte | Und von ir [Maria] bitterlichen pin.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Ach grimmichleiches todes acht, | Wie dein gewalt und auch dein macht | Di edlen nider vellet.
Niewöhner, Teichner
288, 31
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
ez ist recht zu geleicher acht | als ayner der im selben macht | ein fewr von holtzes also vil | daz er sich selben prennen wil.
Helm, a. a. O. ;
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. ;
Bihlmeyer, Seuse ;
Barack, Zim. Chron. ;
Koppitz, Trojanerkr. ;
Klein, Oswald
16, 10
;
42
;
Primisser, a. a. O. ;
Jaksche, Gundacker ;
Gereke, Seifrits Alex.
4786
;
8848
;
8.
›Stand, Funktion, Rolle‹; damit verbunden ›Würde, Ansehen, Wertschätzung‹.
Bedeutungsverwandte:
(
das
7,  6, ; zur 2. Nuance: vgl.
1
 4.
Syntagmen:
geistliche / weltliche a.; a. des amtes / der tugend; buch von grosser a.; in schlechter a. sein.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
5, 372, 5
(
preuß.
,
1479
):
dy oberschrifft an dy geistliche acht unde prelaten ist [...] in Latein geschrebenn.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Item eyn rad zu erffort nympt alle jar hulde von den alden rethen unnd allen inwonen der stad wertlicher achte.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
So nit die sel | Das hercz lebendig mechte, | Dar von auß gend zu rechte | Krefft ane zel | Und nemlich das enpfinden | Ydem gelid nach seiner acht, | Die von der sel krefft komen.
Gille u. a., M. Beheim
66, 15
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Die mais gedacht: | ‘nach solcher acht | solt ich mich rusten’.
Spanier, Murner. Narrenb.
79, 22
(
Straßb.
1512
):
Ein frummer pur in syner acht, | Der selb ist aller eren werdt.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. ;
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
22
;
Gille u. a., a. a. O.
53b, 26
;
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
886
;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin ;
Bächtold, N. Manuel
304, 27
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 78
;
v. Künßberg, Acht.
1910, 47
.