haften,
V.;
Ansatz 1 offen zu den tropischen und bildlichen Verwendungen unter 2-6; 7 und 8 schwach belegt und eher isoliert.
1.
›konkret an etw. hangen, haften, festgemacht sein‹; auch trans.: ›etw. an etw. anheften, anbinden‹.

Belegblock:

Knape, Messerschmidt. Bris.
35, 50
(
Frankf./M.
1559
):
vber den rúcken trug er ein [...] schneidenden schmalen gradt / von lauter hertem horn / darauff kein waffen hafftē mocht.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
3, 18
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
die tunnen haben überhant genomen, mein anker haftet niergent.
Welti, Urk. Rheinfelden
142, 10
(
halem.
,
1406
):
die Reben in gutem Stande zu halten mit
tekken, mit hakken, [...], mit stikken, erbrechen, binden vnd haften.
Maaler (
Zürich
1561
):
Es Hafft kein eysen dar auff / es schlacht eysen auß. Respuit hoc ferri ictum.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
216
(
Genf
1636
):
hafften / mit eisern Nagel / Nadel [...] an einander hencken.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Mir hafftet die zung vor forcht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Angl, ängl: daran ein ding henkt, haft und ingêt.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2550
;
Vgl. ferner s. v.  3,  8.
2.
›an jm. (Gott) / etw. hängen, mit seiner ganzen Existenz auf jn. / etw. gerichtet sein‹ (mit Subj. d. S. / P. und präp. Obj. d. S. / P.); auch: ›jm. js. Haltung vermitteln‹.
Gehäuft Texte religiösen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
 3.
Syntagmen:
am glauben h., der wille an der güte h., die geiste an der ewigkeit h., die liebe / sele an got h., j. an got / christo, an dem herren, an den geboten / gesetzen / zeremonien h., an got
(o. ä.)
h. als der adamas am eisen, als der ast am baum, als der bär am honig
;
die haftende inwonung
.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
spure ich, das ich gar bey wenigen hafften und gedeyen will.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
aber wille der blîbet ûze und haftet an der güete, wan güete ist ein kleit gotes.
Jostes, Eckhart
45, 36
(
14. Jh.
):
so der mensch mer hat einen anhaftung, haftende inwonung mit freuden seins pildes, daz got ist, dan er hab ein beleiben an im selber.
Ebd.
101, 14
:
Da von sullen wir haften an got als der ast an dem baum.
Langen, Myst. Leben
197, 15
(
nobd.
,
1463
):
Wer an got hafftot, / der wirt ein geist mit got.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
Wir sont och an unsrem herren haften alz der ber an dem honge.
Klein, Oswald
4, 8
(
oobd.
,
1421
):
Wer liebe trait | ze got, von dem si kompt, daran si hafftet.
Pfefferl, Weigel. Ges.
28, 4
;
Strauch, Par. anime int.
115, 11
;
Jostes, a. a. O.
101, 12
;
Sermon Thauleri
40b, 12
;
Schmidt, Rud. v. Biberach
48, 5
;
169, 19
;
Rieder, a. a. O. ; ;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›an irdischen, die Zuwendung zu Gott störenden Gegebenheiten haften, mit etw. verhaftet sein‹.
Texte der Mystik; 14. Jh.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz man kein ende habe und niendert sî beslozzen und niendert enhafte und alsô gesast sî in vride, daz [...].
Vgl. ferner s. v. .
Eggers, Psalter
41, 14
(thür., 1378):
Di sint gehaft vn̄ vielen; wir sin abir vfgesten vn̄ sin vfgericht
.
Vetter, Pred. Taulers
(els., 1359):
als in [gerechten] wol in blicket der wore fride und friheit des geistes [...], alle zehant werffent si das wider in den grunt sunder haften
. (alem., 14. Jh.):
anevohenden menschen, die [...] súllent flis han, daz si gangent in sich selber und luͦgent, wa sú haftent, daz sú sich da entlidigent
.
4.
›auf etw. beharren, bestehen‹.

Belegblock:

Zum dritten bringen sie auff der heyligen außlegung ubir die schrifft, [...], da hafften sie auch hartt an.
Qu. Schweiz. Gesch. (
halem.
,
1470
):
darum uff keinen teil wurde gezangket noch gehaftet, wo man umb die fridbrüch überein kumpt.
Rennefahrt, Statut. Saanen ;
Vorarlb. Wb.
1, 1351
.
5.
›fest auf etw. ruhen, fest liegen, sitzen, festen Bestand haben, sich halten‹; trans.: ›etw. auf etw. gründen, fixieren, richten; etw. (still) halten‹; auch ohne präp. Angabe, dann: ›etw. sitzt, greift‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
diese predigt die klinget und hafftet, die hat Marck in beinen.
Ebd. (o. J.):
der glaube kan nicht hafften noch fussen, wo die Vernunfft regiret.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sie
[Seinsbestimmungen der Güte]
haftent und behaftent und gestillent in dem, daz guot ist.
Rosenthal. Bedencken
17, 33
(
Köln
1653
):
welches Vbel doch nit im Artzt / sondern im Krancken hafftet.
Perez, Dietzin
1, 409, 12
(
Frankf.
1626
):
konte sie tag vñ nacht andersnichts / als weyne͂ / vñ wolt auch kein Trost in jrem Hertzen hafften.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
hafft vest uff hartem dyl, | bis muͦtich vnd nit bitter.
Fuchs, Murner. Geuchmat
2957
(
Basel
1519
):
Sy hafftendt ire ougen still | Als eyne, die verraten will | Mit den ougen ir gemuͤt.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
liess hierum der baͤbstlich legat sinen ban wider die Franzesischen anhaͤnger, [...], haften.
Ebd.
5, 234, 4
:
der kilchen wort [...], daruf das ganz babstuͦm gebuwen haftet.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1634
):
so soll kein ehe hafften, die ein kind bezuge hinderrucks obgemeldten seinem vatter.
Jörg, Salat. Reformationschr.
441, 24
(
halem.
,
1534
/
5
):
das wir den grund und sicherung des recht geschaffnen urallten cristen gloubens und goͤtlicher warheytt uff einichen mentschen setzen noch hafften.
Meisen u. a., J. Eck
46, 5
(
Ingolst.
1526
):
wa das wort hafft, da haffts.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
wer hilft uns welzen her ab | den stein ab dem grab, | der so vestichleich haft | von des lieben gotes chraft.
Vgl. ferner s. v.  4.
6.
›mit etw. verbunden, an etw. gebunden, an etw. beteiligt, in etw. verwickelt sein‹.
Phraseme:
etw. haftet an jm
. ›hängt an jm.‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ein meister sprichet, daz von nôt alle tugende zesamen haftent. Swie daz sî, daz doch ein mensche ûf eine tugent mê sî geneiget dan ûf die andern mit üebenne, doch sô haftent sie von nôt alle mit ein.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
[K. Rudolphus] den Klosterfrauen zu Klingenthal [...] / alle jhre an den Schloß Werr hafftende Gerechtigkeit [...] abkauffete.
Maaler (
Zürich
1561
):
Es Hafft an mir / an dir / an jm / daß das nit geschicht.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1577
/
94
):
wann ain burger zu St. Gallen in ainem erbfahl in des gotzhus landtschaft haft, dz man [...].
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
etlich maͤngel vn verwirrung, darin der lesen lernend hafften und hangen muß, das macht das lesen schwaͤrer.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
ob das an ichte haffte, das dem phalltzgraffen / nicht wissen wer, in dartzu versteen lassen, durch was weg [...] zu erledigung verhollffen zu sein.
7.
›für etw. haften, Garant stehen‹.
Wortbildungen:
häftung
.

Belegblock:

Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
die burgen mussen / also lange darinne stehen und haften vor die gerade, das der schuler zu der pfaffheit geweichet.
Jörg, Salat. Reformationschr.
401, 4
(
halem.
,
1534
/
5
):
deshalb die von Zürich [...] wurbend an die ort um ufloͤsung gemellter pott und hefftung.
8.
›jm. etw. verbieten, untersagen, ein Recht aufheben‹.

Belegblock:

Jörg, Salat. Reformationschr.
401, 1
(
halem.
,
1534
/
5
):
jnen / sectern / arrestierte / hafte / und verbutte / zins und zechenden zegeben.