Präfix;
auf eine Unterscheidung trennbarer und untrennbarer Bildungen wird zugunsten der semantischen Zuordnung verzichtet; die Untergliederung richtet sich nach dem Status der belegten Wortbildungsprodukte, da einige Lemmata (insbesondere part. Adjektive, vgl. z. B.
durchliliet, durchteufelt
) auf substantivische, adjektivische oder verbale Basislexeme bezogen bzw. als doppelt motiviert angesehen werden können; überwiegend hat
durch-
den Charakter einer Verstärkungspartikel (vgl.
7). – Die im Folgenden aufgeführten
durch-
Bildungen sind eine Auswahl aus einer deutlich größeren Menge weiterer belegter Bildungen; die Auswahl richtet sich nach folgenden Kriterien: der Anzahl der Belege, dem Grad der angesetzten Polysemie, der semantischen Differenz zum Neuhochdeutschen, nach kulturhistorische Gewichtungen (darunter ihrem auffallend häufigen Gebrauch in Texten der Sinnwelt ,Religion / Didaxe’), nach der Tendenz zur Lexikalisierung der Partizipien Präteriti bei den Verben.
– Zur Fruchtbarkeit der
durch-
Bildungen vgl. die größeren Wörterbücher, vor allem
ff.;
ff.; auch
ff.
3.
›durch ... hindurch‹; charakterisiert Bildungen, die das Hervordringen oder Sichtbarwerden durch eine (vorgeblich) transparente Bezugsgröße bezeichnen;
Wortbildungen
(beispielhaft): a) Verben:
,
.
Wortbildungen
b) Substantive:
›Hautfleck, Sommersprosse, Leberfleck, Muttermal‹ (dazu bdv.: vgl.
1),
bildlich: ›rein geistige Beschaffenheit, stofflose Existenz‹ (dazu bdv.:
).
Wortbildungen
c) Adjektiv:
.
Belegblock:
Zu a):
Stackmann u. a., Frauenlob
12, 2, 11
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
Ganz minen sin durchblicke | Altissimus, der starke.
Klein, Oswald
71, 52
(
oobd.
,
1418
):
Dein schärpflich gesicht | mein herz durch plüt.
Zu b):
Strauch, Par. anime int.
60, 12
(
thür.
,
14. Jh.
):
di meistere inhabin nicht gemirkit daz bluit, fleisch und bein daz da werliche was der lip unsis herrin, di durchgrifikeit und durchschinikeit nicht lidin inwil.
Lentigo die laubflechten im antliz, aber die durchflechten im antliz, id est die tüpfli, heißt rima, nec est morbus.
Zu c):
Durchheiter / Durchsichtig Vast klar vnd lauter / also / daß man dardurch sicht. Perlucidus.
5.
›in‹; ›an, auf, über‹; charakterisiert Bildungen, die die Erstreckung von etwas innerhalb einer Bezugsgröße bezeichnen;
Wortbildungen
(beispielhaft): a) Verben:
,
›etw. überall (sorgfältig) ausmalen, schmücken, verzieren‹,
,
›überall beflecken, beschmutzen‹,
,
,
bildlich: ›einen Ort überall nach Kräutern, Wurzeln (als Nahrung) durchsuchen‹.
Wortbildungen
b) part. Adj.:
›überall geschmückt, durchwoben‹,
›überall mit Mosaiken verziert‹,
,
,
,
,
.
Belegblock:
Zu a):
Thiele, Minner. II,
24, 108
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
eyn plein mit vreuͦden wail duͦrch streuͦt | daz ist eyn guͦtlichs wyfs aenschyn.
Mayer, Folz. Meisterl.
(o. O. o. J.):
Do von ein myniclicher traum | Mir die vernufft durch sweyffet gar | Mit aller zir und wunne.
Pyritz, Minneburg
2964
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Von purpur varbe rot rubin | Den andern strich zinset, | Mit helffandes blut durch binset.
v. Groote, Muskatblut
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
du [Junffrauwe] hast durch art | manch durres felt.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
263, 33
(
els.
,
1362
):
Vil schiere hies er [keiser] die strossen mit sidinen tuͦchen durch spreiten.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
25, 59
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
[Kreuz,] dich hat durchselbt das heilig pluet.
Primisser, Suchenwirt
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Mein art durichwurtzet als ein hasel
[›ein kleiner Hase‹] |
Speyr, Wurnitz, Wirtzpurch dy stet.
Zu b):
Kurz, Waldis. Esopus
(
Frankf.
1557
):
Ein blancken Sattel, schoͤn geziert, | Ein Roßdecken mit Goldt durch schniert.
Pyritz, Minneburg
2907
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Von harmen sy uwer banyr felt | Und mit barellen uber helt, | Mit berlin wol durch ritzet.
Von zobel ist der dritte strich; | Der ist durch sticket hinden und vorn | Mit meisterlichem steinbocks horn.
Von harmen
[›Hermelin‹]
ist der virde | Strich
[am
banir
, einem Stück des weiblichen Kopfputzes]
durch luchtet und durch ziret, | Mit lichten berlin durch musiret.
Koppitz, Trojanerkr.
(Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
[Sin wappen klaid] Mit nätten maisterlich durch britten.
Primisser, Suchenwirt
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Ich klag, daz mir ist unbechant | Der spehen fuͤnde sinne, | Gepluͤmt auzz und inne, | Mit warhait schon durchtzimmert.
Nyholm, Füetrer. Gralepen
1310, 4
(
moobd.
,
1473
/
8
):
das Gaban rait, [...], | in aim gepirg vil rauchen, der was von vells und schrofen gar durch stainet.
7.
›ganz und gar, vollständig; überall‹; reihenbildend im Sinne einer Verstärkungspartikel, die dem Basislexem den Charakter des Umfassenden, Vollständigen, (überaus) Intensiven zuweist; die part. Adj. sind wohl teilweise als morphologisch einem regelmäßigen Part. Prät. analoge Ad-hoc-Bildungen anzusehen, ohne dass finite Formen eines entsprechenden Verbs vorliegen; Belegung oft in Doppel- und Mehrfachbildungen;
Gehäuft poetische Texte, Texte der Mystik.
Wortbildungen
(beispielhaft): a) Verben:
,
,
,
›jn. / etw. / sich ganz und gar entzücken, erfreuen‹,
›etw. vollständig auslegen, genau erklären, deuten‹ (vgl.
1),
,
›jn. / etw. überall mit einer Hechel (einem kammartigen Gerät) durchkämmen, bearbeiten‹; ütr.: ›jn. peinigen, foltern‹,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
,
.
Wortbildungen
b) part. Adj.:
,
,
,
,
›über und über mit Lilien geschmückt‹; ütr.: ›über und über mit Lob geschmückt‹,
,
,
,
,
,
,
,
,
›über und über mit etw. geschmückt, ausgestattet; ganz und gar wohlgeformt‹,
.
Wortbildungen
c) Adjektive:
,
,
,
,
,
,
,
,
›durch und durch krank‹; in spiritueller Hinsicht bildlich: ›schwer erlösungsbedürftig‹.
Belegblock:
Zu a):
Also auch der glaub machet die sel, das sy gantz verainigt wirt mit dem wort und durchfeüret sy und durchguͤtet sy, das sy gantz der natur wirt.
hie jsts nicht gnug, das man jn [Christen] alle marter und plag anlegt, sondern mus dazu jren namen auffs aller schendlichst anspeyen und durch lestern.
Gott selbs [...] seinen namen darein
[in das Taufwasser]
gesteckt und geflochten hat, das es mit dem selben durch menget ist.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
201, 4841
(
Magdeb.
1608
):
Jch ließ auch Ziegl vnd Eysen stein / | [...] reiben klein / | Vnd mit Eyer weiß wol durchkneten / | Damit die Buͤchs fest zu verleten.
Fischer, Brun v. Schoneb.
(
md.
, Hs.
um 1400
):
di vuchse bezeichen di valschen propheten | di da mit iren bosen gereten | gotis kristenheit durchswachen.
Quint, Eckharts Trakt.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Alsô sol der mensche mit götlîcher gegenwerticheit durchgangen sîn und mit der forme sînes geminneten gotes durchformet sîn.
Valli, Baldemann
188
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Gar keiserlichen her [Julius] durch vacht | Irn widerwertigen frevil.
Pyritz, Minneburg Prolog III,
17
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
wer kan durch loben | ir [der mynnen] wirden kloben
[›Fesseln‹]
| [...] | und kan durch wirde daz suße wyp.
Von glimmender mynne zunder, | Von flammender mynnen lunder, | [...] | Wart mit senen ich durch hechelt.
Wann miner synnen hamer smyd | Ein ander rede hemmert, | Die mir das hertz durch temmert.
Der zarten us derwelten | [...] | Wir kunden niht durch glosen | Daz drißigest teile gesagen.
Wie gar hastu mit synnes pflicht | So gar durch meistert alle geschicht.
Gille u. a., M. Beheim
263, 29
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wern alle glider zungen | und teten nichcz, wann sy dich [Mareie] rumpten [...] | dein nam wür nit durch breist, | mit lob vol sprochen und durch sungen.
deins lobes [Maria] ist so vil, daz es nit würt | val sungen nach durch saget | von allen menschen zungen gar.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
667, 15
(
els.
,
1362
):
do walzete er sich blos in deme snewe so lange uncze daz sin lip durch kaltete.
Eichler, Ruusbr. steen
732
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
wanne minne mag nv́t lidig sin, svnder sv́ wil durch smacken vnd durch wissen die grundelosen richeit.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
(
Straßb.
1522
):
dy [Junckfrawen] durchengstigten sich selber, und umb Liebe willen der Kuͤscheit machten sie sich selber ungestalt.
Bartsch, Reinfrid
(
halem.
, Hs.
14. Jh.
):
sît sich mîn sin durchgeilet | an disem selben mære, | wan urdrütze swære | ich mir hie mit vertrîbe.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
(
schwäb.
,
1471
):
[Die vogel] Mit iren stymmen hellen | Des tages kor durchschelln̄, | Dem liechten tag ze danck.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
diu dritt kraft [...] durchbrüeft und durchmerkt si [diu dinch] recht als ain sichereu slüzzeltragerin.
swebel [...] ist niht anders dann ertreich, daz von hitzigem dunst durchkocht ist.
Zu b):
alle heidenische bucher seind mit diser gifft des lob und ehre suchens gantz durchmachet.
wie gar schendlich ist doch das alles [...] durchlogen und gantz grundlos mit luͤgen und lesterungen.
Ein solch verzweivelt / durchboͤset / durchgifftet, durchteufelt ding ists umb diese Juͤden.
Stackmann u. a., Frauenlob
3, 19, 4
(Hs. ˹
omd.
,
14. Jh.
˺):
Wie hochgelobt, wie wunnen rich ein twinclich smac, | wie gar durchsüzet und durchsenftet und durchliuchtet ist ir lichlich zeigen
[›ihre körperliche Erscheinung‹]
!
Ebd. 8, 26, 7
(Hs. ˹
md.
auf nd. Grundlage,
v. M. 14. Jh.
˺):
in dem boume künste riches lobes | hielt [...] wipfels gunst | sin list, durchliljet kurc.
Pyritz, Minneburg
237
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
[Daz die spiegel gleser] zu beden sytten clar | Wis waren durch poliret.
Do sach ich den mitten ein | Mannes bilde vor mir stan, | Daz von lutterm glase bran | Sin varbe glantz durch frischet.
mit eim strolen, | Wie ich [minne] den hab in einer hant | Und in der andern einen brant | Durch zundet wol mit fure.
Guldin ob allen frawen clug, | [...] | Wiße daz du bist ein pfoste fin | Durch glentzet und durch schimmert.
Din muͤndelin fin durch brehet; | Daz hat so gar durch wehet | Gotes vernunft brisant.
wie ellendeklich si [dú rein muter] kom ingende [...] dez hizzigen bluͦtes, [...], daz von den ufgebrochnen wunden ab floss ires durgeminten kindes.
Alle din lip waz durwunt und durseret.
Bartsch, Reinfrid
(
halem.
, Hs.
14. Jh.
):
diu [burc] was sô keiserlîche | über die mâz gezieret | und sô durchvisieret | mit rîcher koste reine.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 8
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Lobes ursach geistlich scheinet, | lebleich prot zärtleich durchseinet.
Zu c):
Von dem Gotes knehte | Was vil wite daz mere | Wie durch reine er were | An libe unde an mute.
Mit den guten steinen | [...] | Wrochte er im vil schone | Eine durch riche crone.
Fischer, Brun v. Schoneb.
(
md.
, Hs.
um 1400
):
ditz ist di durchmilde hant, | durch di uns geboren wart der heilant.
want he [der greve van Guilche] ein durlistich man was van sprachen.
Durchluter / Durchschein wie wasser. Perspicuus.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
eyâ, dû
[Maria]
gar schœneu genâden vol, hail mein scharpf wunden meiner durchsiechen sêl.
si [küngin Theodelinde] was ein durchkristenliche und gotforchtige fraw.
das ir [...] wünscht durchgros, das sy [unser tachter] durch ewer grosse hilf an ein geadelte stat geseczt würd.
Niewöhner, Teichner
327, 14
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
[der sel chraft] geleicht sich nicht so wol | sam ein durich haizzer chol.