beweglich,
bewegenlich
(letzteres vereinzelt),
Adj.
1.
›beweglich, in Bewegung befindlich, sich bewegend; veränderlich (von belebten und unbelebten Bezugsgegenständen)‹; je nach Bezugsgröße auch tropisch, z. B. ›schwankend, unbeständig (von Menschen)‹; ›sich fortwährend verändernd (z. B. von psychischen Zuständen)‹; ›lebendig (im eigentlichen und ütr. Sinne)‹; ›begeisterungsfähig, offen‹, im einzelnen nur vage interpretierbar;
vgl.  1.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
her iz doch alzo mur | Machete von vrier kur | Daz iz waz von art bewegelich?
Her sach der Israhele kint | Bewegelich sin als ein wint | An unsteten gelazen.
Swer hie nu stet, der reget sich | Von bewegelichem tode, | Wen die werlt ist also brode | Daz niemant hie hat vollen stadel.
Luther. Hl. Schrifft.
Hebr. 12, 27
(
Wittenb.
1545
):
Solchs [...] zeigt an / Das das bewegliche sol verendert werden / als das gemacht ist / Auff das da bleibe das vnbewegliche.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
swer dâ schrîbet von bewegelîchen dingen, der enrüeret die natûre noch den grunt der sêle niht.
Strauch, Par. anime int.
45, 13
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz ist ein bewegelich lidunge der sele, ummermê uf stêinde und lâginde.
Jostes, Eckhart
33, 13
(
14. Jh.
):
Daz ist di einung, di [...] snidet di sel von aller creatur und von allen beweglichen dingen.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
GOTT der einige Schoͤpffer und erhalter deß beweglichen Gestirnes.
die Sonne / der Mondt / und alle beweg- und unbewegliche Sterne.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Do von die frucht zu stunden | In muter leib beweglich wirt.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
nach sinen nidersten kreften so was er [Jhesus Christus] wirklich, bewegelich, lidelich unde hatte gebruchen und wúrken und liden mit einander.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
er eroffent die vbertragung der beweglichen ding als der getanen.
Schmidt, Rud. v. Biberach
121, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
dvͥ erste eigenschaft old staffel seraphlicher minne [...] ist ,ze allen zitten sin beweglich‘.
Maaler (
Zürich
1561
):
Willwenckig / Vnstaͤt / Beweglicher me͂sch.
Heidegger. Mythoscopia
57, 1
(
Zürich
1698
):
sie machen es offt so lang und beweglich / daß man wol abnim͂et / es [...] thu ihnen wol davon zureden.
Ruh, Bonaventura
345, 10
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
got ist ain gegen wertige ewigkait, ain erfullende ainfeltikait vnd ain bewegenliche bestendikait.
Turmair (
Nürnb.
1541
):
unzelig herscharen der geister und engel [...], weliche auch irer natur und art nach wol beweglich und zergenklich worden.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1860
(
oobd.
,
1607
/
11
):
ein kind oder knäblin darzugehörig, auch mit beweglichen glidern.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
31, 16
;
Vgl. ferner s. v.  3.
2.
›fahrend (von Gütern), beweglich, was bewegt werden kann oder sich (wie Vieh) selbst bewegt‹;
vgl.  12.
Phraseme:
bewegliches gut
.
Bedeutungsverwandte:
.
Gegensätze:
 2, , .

Belegblock:

Sattler, Handelsrechn. Dt. Orden
85, 8
(
preuß.
,
1417
):
doczu steen uns alle seyne guttere czur hant, [...], sie synt bewegelich adir unbewegelich.
Köbler, Ref. Wormbs
128, 19
(
Worms
1499
):
So aber die versprochen zugabe oder Eestür [...] were beweglich. oder vnbeweglich als Schaff Ochsen Kü Pferdt oder Hüser.
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
92, 1
(
osächs.
,
1542
/
70
):
Hette aber das vorstorbene weip beides, bewegliche und unbewegliche gutere, zu irem manne pracht [...], dan sal der man alle bewegliche gutere als sein aigentumb behalten.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
das die zal nit was in den kúen vnd in den vihen vnd in allen iren beweglichen dingen.
Perez, Dietzin
1, 134, 1
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
123, 8
;
130, 35
;
Berthold u. a., a. a. O.
90, 6
;
Köbler, Ref. Nürnberg
301, 7
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
33, 7
.
Vgl. ferner s. v. .
3.
›begründet, zwingend, triftig; abgewogen, überlegt‹; vgl.  6 (zu ersterer Variante); 3 (zu letzterer Variante).
Bedeutungsverwandte:
,  3,  6, , .

Belegblock:

Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Ansehnlich. [...]. Guͤltig. Wichtig. Fuͤglich. Beweglich. Vernuͤnfftig. Rechtmessig.
Er hat zu auffenthaltung vnd gegenwehr seiner vnrechtlichen / freffeln [...] bewegliche vrsachen geben.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
das sie ir begern aus merklichen, redlichen, beweglichen und billichen ursachen [...] getan.
das sich ewer weyshait aus betranglichen, beweglichen ursachen mit inen vertragen [...] haben mussen.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
es gescheh dañ [...] vor gericht mit erzelu͂g gepürlicher beweglicher vrsach.
Chron. Augsb. Anm. 8 (
schwäb.
, zu
1561
):
deshalb ain ersamer rat beweglich von der sachen geredt und erkannt hat.
Ebd. (
1544
/
5
):
hat inen ir orator Hanns Weyß [...] des rats antwurt, auch die weisen, wol beweglichen rät des rats mit allen umbstenden angetzaiget.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1588
):
da iemands etwas beweglichs hierin het fürzunemen oder fürzubringen, der soll gehört [...] werden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ; .
4.
›etw. verursachend, motivierend‹;
vgl.  6.

Belegblock:

Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
205, 13
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
in den buoche, daz da heizet „Phisica:“ daz „die bewegunge ist ein beweglichü getat dez bewegenden.“
Ebd.
218, 27
:
zuo deme daz des ersten behöret die bewegliche sache (diser sünde; also ob die bewegliche sache) zesündenne si die lust der sinnen.
5.
›von etw. ergriffen, bewegt, angeregt; jn. ergreifend, überwältigend‹;
vgl.  7.

Belegblock:

Strauch, Par. anime int.
70, 19
(
thür.
,
14. Jh.
):
gabe des heligen geistes ist ein unwidirlich gebunge godis, di den menschin machit wol bewegelich fon deme heligen geiste. wan alse di sitlichin tuginde werdin wol bewegilich fon der fornuft, also machin dise gabe den menschin wol bewegelich unmittilliche von deme heligen geiste.
v. Ingen, Zesen. Ged.
392, 31
(
Breslau
1641
):
so sangen diese drey alleine mit so klaͤglicher und bewaͤglicher Stimme / daß auch wol ein Demantin Hertz daruͤber hette weinen moͤgen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz in [mensche] die súnden me ansehent und sú bas bekennet und sich in ime erbildent in gevoͤllicher und bewegenlicher wisen, in fleische und in blůte.
Strauch, Schürebrand Var. (els., E. 14. Jh.:
Var.: Hs. 1498/9):
Ob nun ir und ander gaistlich gemint gottes trútinen [...], so vil beweglicher andaͤchtiger minn und ernst von inen haben nit enmügent.
6.
›aufsässig, erregt, gereizt‹;
vgl.  8.
Wortbildungen:
beweglichkeit
3 ›Zorn, Erregung‹.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
das du villeicht icht furchst daz antlútz des gewaltigen: vnd setzest das trúbsal in deiner gech
[Var. 1475f.:
bewegligkeit
].
Warnock, Pred. Paulis
1, 196
(
önalem.
,
1490
/
4
):
wir sechent dik, daz der mensch mit unordelicher beweglichait zorns oder andrer súnden also fast anzúnt wirt, daz im daz blůt under daz antlút loft.
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 97, 20
(
halem.
,
1471
):
Damit Waldman den vorgenanten Grebel beweglich macht, das er mit fromkeit käm anzeziechent, als ob Grebel nit from sin sölt.
7.
›auf jn. gerichtet‹;
vgl.  9.
Wortbildungen:
beweglichkeit
4.

Belegblock:

Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
vier begerung sint in der sele, daz ist: girde, vohrt, liep und lait. die sont allúsament bewegenlich sin gegen Got.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
vil dicke schint manig ding als es kome us goͤtlicher minne, [...], und kumet etwenne von núwer beweglicheit oder von neiglicheit, von vorchten der helle und begerunge selig ze sinde, des der mensche von naturen begert.
8.
›entschieden, entschlossen‹;
vgl.  13.

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
So ein mensch doch erst getrittet in din vrúntschaft, so ist der erste trit dar nah, daz er sich bereite und bewegenlich setze uf liden.
ich han eins gemerket an dir, daz du noch ungentzlich gegen got in dime sinne stest, und daz du dich noch nút bewegenlich aller dingen hast verwegen.