leise,
Adj.;
im Wobd. auch nasaliert:
leinse
.
1.
›lautlos, unhörbar, still; kaum zu hören, mit niedriger Lautstärke‹; in verschiedenen Richtungen tropisch: ›ruhig, tief, fest, sanft (vom Schlafen)‹; ›ruhig, gemächlich, gleichmäßig (von Schritten)‹; ›hellhörig, wachsam‹; offen zu 2.
Wortbildungen:
leisschläfe
,
leisschläfig
.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
):
Neig‘, Herr, dein leises Ohr, | vernimb, was [...].
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
Schweiget nur stille, vnd gehet fein leise.
Luther, WA (
1544
):
Denn sie haben (nach der Schefflin art) seer leise oͤhrlin.
Ebd. (
1544
):
so hoͤret er auch mit leisen, offenen ohren dein klagen.
Ebd. (
1533
):
Sie sind mir aber nicht tod, [...] sondern sie schlaffen, und so leyse, das ich sie mit einem finger wecken kan.
Ebd. (
1544
):
das, die auff dem Kirchoff und unter der erden ligen, vil leyser schlaffen denn wir in unserm bett.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
103, 1903
(
Magdeb.
1608
):
[Gutkes] Rieff seinem Gast mit leiser stim / Das [...].
Ebd.
548, 1308
:
[Die Gans sagt] Jch schlaff auch leiser denn ein Haß / | Vnd halt mit grosser sorgen wacht.
Bell, G. Hager
300, 2, 7
(
nobd.
,
1606
):
Da aber nun die knecht | leiss Retten, fraget sie dauit [...].
Jörg, Salat. Reformationschr.
924, 20
(
halem.
,
1534
/
5
):
Darinn er ouch so lys trapptt / alls uff filltzen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leyßschlaͤff / Leyßschlaͤffig / d’ leyß schlaafft oder eines ringen schlaaffs / der bald geweckt wirt. Leuisomnus.
Mit Linsem vnd wolgesetztem schritt gon / Nit schlirppen [...]. Linß vnd nider reden. [...] Vast Linß reden / Mit niderer stim͂ reden.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
304
(
Genf
1636
):
leise klopffen [...] leise reden [...] leise ruffen [...] leise tretten.
Sappler, H. Kaufringer
1, 91
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
es schlief in der wiegen leis.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
wiewol das alles von den kinden leins und mit niderer stim geredt worden, so hats doch iren fraw muetter gehört.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
[Jch] gieng des steiges phat | Nicht ze leis, ich eilte drat.
Weber, Füetrer. Poyt.
116, 2
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Der helld stund auf uil leys | vnnd sach dy magdt geschönet.
Ebd.
325, 1
:
Dulzepta tet vil leyse | zer kemenaten gen.
Thiele, Minner. II,
12, 155
;
18, 278
;
Koppitz, Trojanerkr. ; ;
Sappler, a. a. O.
14, 153
;
14, 521
;
17, 23
;
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›heimlich, verborgen, versteckt, mit der Absicht unentdeckt zu bleiben; hinterrücks, hinterhältig‹; hier anschließbar: ›leicht, ohne daß etwas bemerkt und damit verhindert wird‹.
Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Wortbildungen:
leise(n)trit
1) abwertend für einen betrügerischen Menschen; 2) ›geheimer Plan‹,
leistreter
›Ränkeschmied, Gauner‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
der heimliche ratschlag zu Mentz, [...] der selbige leise tritt gieng auff dieser ban?
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
gat ir und vil lislichen slifet, | di kleinen vuchse uns begrifet.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9557
(
rib.
,
1444
):
mit yrre kouchelyen | Verwandelt sij turnose in parasise | Ind machet van vunffen seese lijse.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
75
(
Eisleben
1565
):
Auch wil sie heimlich vnd leise | Gekleidet gehn in Mannes weise.
Henschel u. a., Heidin
916
(
nobd.
,
um 1300
):
Ir betriget mich niht so lise | Als ir manche getan hat.
Gille u. a., M. Beheim
78, 192
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
chain ding so haimlich noch so leis | mag im verporgen seine.
Fastnachtsp. (
nobd.
v. 1486
):
Du erzschalk, pfabentreiber und leistreter, | Du wurfelleger, poswicht.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1572
):
dan das dreckwerk, welches doctor Leisentritt auf der schau gehabt und durch sein doppelte hauben oder narrenkappen filtrirt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Linß gon / Wie ein dieb gon.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
304
(
Genf
1636
):
Leise / Saͤnfftiglich / Gemach.
Sappler, H. Kaufringer
4, 428
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
er hett die sach still und leis | gehandelt.
Ebd.
16, 66
:
si haltent auf in da vil leis | in ieder huot mit grosser lag.
Ebd.
18, 67
(Hs.
1472
):
er [teufel] schied von ir still und leis | in ains jungen mannes weis.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Beischleichen / leiß herbei gehn.
Klein, Oswald
43, 39
(
oobd.
,
um 1408
?):
wer ich jetz euer leiser hort, | es wurd eu morgen greuen.
Ebd.
81, 25
(
1428
?):
Wer haimlich sündt, dem wirt sein büss | in ainer stille auf gesatzt. | dasselb bedenckt, liebs freulin süss, | [...] | [...] halt euer freuntschafft leise.
Klein, a. a. O.
25, 19
.
3.
›milde, sanft, behutsam, sachte (vom Umgang mit Menschen); vorsichtig; nachsichtig, barmherzig, glimpflich (von Bestrafungen u. ä.); mild, lau (vom Wetter)‹.
Phraseme:
leise gebacken sein
›von zarter Natur sein‹.
Bedeutungsverwandte:
 23,  4.
Wortbildungen
leisbacken
›verzärtelt‹ (16. Jh.; dazu bdv.: , ).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor.
801, 29
(
Lübeck
1639
):
Man muß dem grindigen gar leiß krawen.
Luther, WA (
1536
):
Si cadit, videte, ut leise mit im umb, nicht inn dreck tret, sed ziehet.
Ebd. (
1544
):
wie man dich leyß angreyffen unnd dir nicht wehe moͤge thun.
Enders, Eberlin (
Wittenb.
1525
):
Aber do malen so leins, das mich verdrüst, das eim stoltzen Franciscaner so ain verschonte antwort soll haim geschickt werden.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
7225
(
Magdeb.
1608
):
Er trug jhn sicher / leiß vnd wol / | Wie man sein Herren tragen sol.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
daz was bi der sumirzit, | als daz wettir warmen pflit | und di kelde wesit lîs.
Volkmar (
Danzig
1596
):
Submissus [...] demuͤtig / still / leise.
Sachs (
Nürnb.
1553
):
Wie seyt ir nur so leuß gebachen? | [...] | Daß euch nur nicht erfrieren thett.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leinß / sanfft zegreyffen vnd anzeruͤren. Lenis.
Lins / Guͤtig / Milt. Mitis.
Sappler, H. Kaufringer
3, 594
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
ich kom zelest an ainen graben | [...] | da was mein ros so weise, | es tratt hinan gar leise | und viel mit vordern füessen ein.
Chron. Augsb. Anm. 1 (
schwäb.
, zu
1563
):
die [urphed] auf das leussist und allain dahin gestelt, daß er ausser ordenlichs rechtens, was sich verloffen, nit anden oder rechen wölle.
Ebd. Anm. 1 (zu
1556
):
solte ain frembd kriegsfolck in dise stat komen, es möchte nicht also leis abgeen wie hievor im 52. jar.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
36, 95
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
straf uns mit deiner barmung reis | gar väterlich und leis.
Sappler, a. a. O.
5, 263
;
12, 48
;
Wiessner, Wittenw. Ring
1825
;
4.
›relativ zum Erwartbaren in geringem Ausmaß; ohne auf Widerstand zu stoßen oder diesen zu erregen‹; im einzelnen je nach Bezugsgröße z. B.: ›nicht stark‹; ›nicht fest, locker‹; ›leicht; schnell‹; ›nicht couragiert‹; ›schlicht, einfach‹.
Wortbildungen:
leinse
.

Belegblock:

Dedekind/Scheidt. Grob.
175, 18
(
Worms
1551
):
jr koͤch habt ein seltzam weiß. | Das habt jr gsaltzen vil zu leiß.
Wiessner, Wittenw. Ring
2425
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Ir har gestrichen also leis, | Geflochten in einer ketten weis.
Bobertag, Eulensp. (
Straßb.
1515
):
so zoch er sie [pferd] bei dem schwantz, stuͦnd inen dz lang har leiß im schwantz, so kaufft er dz nit.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leinße. Leuitas.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
der guot win slicht lins in das hopt | Und machet das er wüt und topt.
Secht, das gat denn zuo gar lins | Das si [unkeuschen] den mannen zierend den lib.
Ders., Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
do wollt sie iren procurator, der sie was zu lies sein bedauchte, lenger nit reden lassen, sonder [...] sprach [...].
Wiessner, a. a. O.
2297
;
Rohland, Schäden
467
;