einfliessen,
V., unr. abl.
›wo hineinfließen‹; überwiegend (speziell im Kontext mystisch geprägter Rede) in textsortenspezifischer Vermischung von bildlicher und übertragener Verwendung: ›wo einfließen, einströmen; eindringen; sich wo verströmen, ergießen‹ (von transzendenten Größen des christlichen Glaubens wie den göttlichen Personen, ihrem Gnadenhandeln sowie den göttlichen Gnadengaben und auch der menschlichen Seele gesagt); zu  2; transitiv auch: ›jm. etw. (z. B. den Glauben, die Gnade, die Liebe) einflößen, etw. in jn. hineingießen‹; zu  1; häufig subst., dies vereinzelt im Übergang zur ütr. Verwendung: ›Einfluss, Einwirkung‹.
Überwiegend älteres Frnhd.; mystische und mystisch geprägte Texte mit pastoraldidaktischer Ausrichtung.
Bedeutungsverwandte:
 1,  1, .
Gegensätze:
 13.
Wortbildungen:
einfliessung
›der Akt des Einströmens, Eindringens‹; metonymisch: ›Überfluss‹; ütr.: ›Einfluss, Wirkung‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1519
/
20
):
Nu mag keinn mensch des andern noch seiner eygen seelen den glauben [...] einflissen, dan allein Christus.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Jêsus der offenbâret sich ouch mit einer unmæzigen süezikeit und rîcheit ûz des heiligen geistes kraft ûzquellende und überquellende und învliezende mit übervlüzziger voller rîcheit und süezikeit in alliu enpfenclîchiu herzen.
in dem wider vlissende der drier personen wirt dvͥ sele wider in gevlossen vnd wirt wider in gebildet in ir erste bilde svnder bilde.
diu sêle muoz als gar enblœzet werden alles des, daz zuogevallen ist, und als lûter ûfgetragen werden und wider învliezen in dem sune, als si ûzgevlozzen ist in im.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sô wir sprechen ,guot‘, sô vernimet man, daz sîn güete ist im gegeben, îngevlozzen und îngeborn von der ungebornen güete.
Steer, Schol. Gnadenl. 3, O
1
,
14
(
rhfrk.
,
1375
):
so kuͦmet er doch hernider mit siner inflieszunge, die do von im fluszet.
Strauch, Par. anime int.
80, 33
(
thür.
,
14. Jh.
):
fon zit zu zit, alse Got in si [di sele] flizin sal, so muz si ruwin, wan sin inflizin wil ruwe habin.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
19, 35
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Das dritt ist das licht der genedigen einflissung oder die einfließung der genaden.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
dise genuͤgede sol nút ingon noch keine stat in der inrekeit haben, sú sol sin in eime infliessende mit den werken und inkein bliben mit núte.
Sú tuͦnt rechte alse ein wasser das uzflússet und wieder in flússet, als daz mer daz flússet us und ilet iemer wieder in den ursprung.
Schmidt, Rud. v. Biberach
184, 2
(
whalem.
,
1345
/
60
):
vnd daz es zvͦ dem dritten mal daz selb gesmak liecht andren lvͥten an gebresten sines liechtes in fliesse mit gewerer ler vnd mit gesmaken bilde.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
70, 32
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
die menscheit Christi, die inflüzet alzemale in die menschen.
Niewöhner, Teichner
464, 443
(Hs. ˹
moobd.
,
1370
/
80
˺):
er
[der Engel]
benant auch tag noch nacht | daz ir
[Maria]
die gnad waͤr ein geflossen.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
59, 22
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
es werdent oft dem menschen ingefuͤrt vnd ingeflossen trawm.
Quint, Eckharts Pred. ;
Warnock, Pred. Paulis
17, 100
;
Steer, a. a. O. 3, M
1
,
54
;
5, 17
;
Morgan u. a., a. a. O.
51, 23
;
59, 20
;
76, 11
;