einbilden,
V.
1.
›etw., sich in, auf eine Form prägen, in etw. einpassen‹; auch: ›etw., sich nach einem Bild, einer Vorlage formen, entwerfen, Gleichförmigkeit mit etw. anstreben‹; ütr. refl.: ›in etw. aufgehen, sich e. S. ganz überlassen‹;
vgl.  12,  2.
Mehrfach Texte der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl. I, 2.
Wortbildungen:
einbildung
1 ›Prägung, Formung‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
durch welichen glauben der mennsch Christo eingebildet und gantz und gar mit jm ein kuͦchen wirt.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz diu sêle îngebildet wirt in die êrsten lûterkeit, in den îndruk der lûtern weselicheit.
[im
grunt
]
der sun îngebildet ist, dâ sol ouch diu sêle îngebildet werden.
Dar umbe, wilt dû in- und übergebildet werden in die gerehticheit, sô [...] enbilde kein warumbe in dich.
vnd [die sele] wirt wider in gebildet in ir erste bilde svnder bilde.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Er sol klagen, [...], daz er niht [...] mit allem dem sînen îngebildet enist der güete.
dâ von sô muoz etwaz innigers und hœhers sîn und ungeschaffen, âne mâze und âne wîse, dâ sich der himelsche vater ganze înbilden und îngiezen und bewîsen müge.
Der mensche sol sich îngebildet haben in unsern herren Jêsum Kristum inwendic in allen dingen.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
143, 29
(
wmd.
,
1634
):
Sich selbsten er [der Vatter] ihm bildet ein, | Vnendlich sich begreiffet.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
270
(
pfälz.
,
1436
):
die sele, die ein jnbildunge hat gottes, zu glicher wise als des keysers geslagen möntz hat des keysers bildunge in der oberschriefft.
Jostes, Eckhart
22, 30
;
23, 30
.
2.
›jn. etw. lehren, jm. etw. beibringen‹; ›jm. etw. anerziehen‹; ›jm. die Bedeutung von etw. nahebringen, vermitteln‹; häufig mit der Tendenz zu bildhafter, an mystisch geprägtem Sprechen orientierter Verwendung: ›etw. in jn. hineinlegen, -pflanzen‹; auch refl.: ›sich etw. einprägen, zu Herzen nehmen; sich e. S. vergewissern‹;
vgl.  12,  5.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den glauben / text, die grammatik, die person Christi, die geistlichen sachen
)
e
.,
etw
. (z. B.
die gewonheit
)
in sich e
.,
jm. etw
. (z. B.
der jugend den catechismus, den kindern den spruch, den gläubigen die zuversicht, den bauern das wort gottes
)
e
.,
jm. etw
. [wie] (z. B.
fleissig / ganz / gut / gutherzig / scharf / väterlich / wol
)
e
.
Wortbildungen:
einbildung
2 ›Einprägung, Vermittlung‹.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1525
):
alle gelerte priester [...], die lernen und einbilden den bauren das wort gottes.
Luther, WA (
1544
):
wenn man kuͤndte den Leuten solchs einbilden, das diese Tugend im schwang gienge, so wuͤrde es allenthalben wol stehen.
Ebd. (
1540
):
DAs ist der Text, den man predigen und dem Christlichen Volck vleissig furhalden und einbilden solt.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
54, 10
(
omd.
,
1487
):
Dÿß gesetze ist von natu̇r eÿm itzlichen vornu̇fftigen menschen eingebiltt.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
6, 6
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Darümb ist not, das sich der mensch [...] in im selbes einpilde und einfeste die gewonheit, das er snelle [...] sich und sein snodickeit in dem waren unbeschaffen und besenleichen liecht gesehen mug.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
,
1631
):
Mehr hat das singen auch diese Tugend, daß es die Geistlichen sachen [...] besser vnd scherffer imprimirt, einbildet vnd einpfropffet.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1401
/
2
):
kúntlich gemaht allen menschen mit dristunt drien bezeichnungen der heilgen drivaltikeit zu inbildunge der heilgen drien namen.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1592
):
haben wür auch [..] unsern nachkummen [...] dasselbig hiemit gutherzig und vätterlichen einbilden und zu einer gedächtnuss [...] hinderlassen wöllen.
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
11r, 11
(
Zürich
1521
):
vnnd sol inen [den Christen] gantz inbilden / das Christus jnen in den letsten gebotten [...] geben hat.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
2781
(
schwäb.
,
1453
):
Dü küngin in dem höchsten grad | Bild üch ain rechten glouben in.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
das [...] sant Peter und sant Pauls, in allen iren schriften allen menschen einpilden die êr und zucht des êlichen stants.
Rintelen, B. Walther
33, 9
(
moobd.
,
1552
/
8
):
das Wort und Dienst Gottes dem armen Man gepflanzt und eingebildet werde.
Mathesius, Passionale ;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
107, 9
;
Anderson u. a., Flugschrr.
8, 9, 24
;
21, 5, 5
;
Wagner, a. a. O.
13, 23
;
3.
›jm. etw. einreden, einflüstern‹; ›jm. etw. (mit Gewalt, unter Zwang) einschärfen‹; ›jn. zu einer negativen, (aus der Sicht des Betrachters) falschen Meinung von etw. / jm. bringen‹; Spezialisierung zu 2.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den zorn, den bösen willen, die rache gottes
)
e
.,
jm
. (z. B.
dem pöbel, dem kind / volk, den priestern, dem gemeinen man
)
etw. e
.,
etw
. (Subj., z. B.
die gunst / minne der creaturen
)
jm. etw. e
.,
jm. e
. [+ Objektsatz],
etw. in jn. e
.,
jm. etw
. [wie] (z. B.
mündlich / schriftlich, mit unwarheit
)
e
.
Wortbildungen
einbildung
3 ›Einflüsterung; Beeinflussung‹ (dazu bdv.: , , , ).

Belegblock:

Luther, WA (
1518
/
9
):
das auch ettlich, [...], durch sulche eynbildung vorursacht, schimpflich reden von der lieben heyligen furbit, vom fegfeur, von guten wercken.
weil ettliche ungeschickte Prediger bey uns Deudschen sind [...], die dem pobel einbilden, man solle und musse nicht widder die Tuͤrcken kriegen.
Ebd. (
1535
):
da man die Leute so gar nichts von diesem Priesterthumb Christi geleret hat, ja zum widerspiel [...] seinen strengen und ernsten zorn so ein gebildet, das sie musten fur jm fliehen.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 83, 39
(
hess.
,
1535
):
auch mitteler zit [die secten der widertauf] nicht underlassen [...], ir gift und bosen willen [...] in den gemeinen man auszugissen und inzubilden understohn.
Perez, Dietzin
2, 63, 10
(
Frankf.
1627
):
wer einem Kindt ein anders
[als dem Vater Gehorsam zu schulden]
einzubilden begehr / der thue nit wie ein verstaͤndiger Mensch.
Anderson u. a., Flugschrr.
11, 4, 2
([
Leipzig
1521
]):
Das du aber mir tzu mher vngelympff dem gemeinen mã mit vnwarheit einbildest.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Das ist die wise, die wúrkunge, die inbildunge der welte.
Das [schedelich gerúne des vijendes] ist alle die unordenunge die dir in lúchtet und in sprichet [...] und was dir in bildet minne oder gunst der creaturen.
Rot
319
(
Augsb.
1571
):
Insinuation, Einschlupff / einbildung / Ein hoͤfliche vnd heymliche versoͤnung / beguͤttigung der rede.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
und gaben den schergen und pröbsten in den lantgrichten gelt, das sy [...] den priestern einpilden, das sy [...].
4.
›jn. bei jm. ins Gerede bringen, jn. verleumden‹;
vgl.  3.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Traducere. Verleumbden beruͤchtigen verunglimpffen [...] jnfamieren außschreyen [...] jn die leut in bilden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1558
):
daß genannter probst [...] nit ursach, fuͦg oder macht haben, uns vor Eur v. u. f. e. w. [...] zuͤ beclagen und einzuͤpilden.
5.
›durch Vergleiche, Bilder etc. eine Vorstellung von etw. vermitteln; e. S. eine gedankliche Form geben‹; ›etw. in der Phantasie erstehen lassen‹; refl.: ›sich eine Vorstellung von etw. machen; etw. begreifen‹;
vgl.  12,  5.
Bedeutungsverwandte:
 5,  1, ; vgl. (V.) 12,  4,  1, , , .

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Ros.
61, 4
(
Hamburg
1646
):
SOltet ihr euch wohl / ihr staͤrblichen / einbilden koͤnnen / daß unter eines maͤnschen gestalt [...] eine solche maͤchtige kraft verborgen sei?
Luther, WA (
1532
):
Aber der Ackerman wuͤrde es jm viel anders sagen und so einbilden odder malen, als stehe es schon da.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
So offt ich mir bild Jesum ein, | Wird freuden voll das hertze mein.
Ebd. (
Nürnb.
1631
):
dein Glantz vnd Hitz, | Weit vbertrifft Verstand vnd Witz, | Drey Ding die an der Sonnen seyn, | Vnd dich [Gott] ein wenig bilden ein.
Strauch, Par. anime int.
43, 16
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz andere bekentnisse ist in der inbildindin craft [...], wan ez [...] machit ume di
[Vergangenheit]
geginwertic und nahe.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Der Sonnen Craiß zwar wird in dem ge⸗stirnten Himmel / oder 8ten sphær eingebildet.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
113
(
Nürnb.
1517
):
Die lieb Christi mag nit [...] bestendiger eingebildet werden dann durch die zeichen, vermittelst dero braut und breutigam ir lieb an einander eröfnen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Eynbilden / Jm sinn vnd verstand haben. Imaginari. Einen Eynbilden / An einen gedencken vnd grad als vor den augen haben.
Bauer, Geiler. Pred.
315, 11
(
Augsb.
1508
):
Ich verstand bey disem esel nichts anders / und bildet mir nüt anders ein / dann die seel der menschen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Einbilden / bilden / ein bildnuß mit dem gemuͤt fassen.
M. Cunitia. a. a. O. ;
Andreae. Ber. Nachtmal
72v, 6
;
6.
›sich etw. einbilden, sich eine falsche Vorstellung von etw. machen‹; anschließbar an 5; als Part. Prät. auf dem Weg zur Lexikalisierung: ›wichtigtuerisch, eingebildet‹.
Jüngeres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  21, .
Wortbildungen:
einbildnis
›abergläubische Vorstellung‹.

Belegblock:

Schein, NA
2/1, 12a, 21
(
Leipzig
1627
):
Vnd imaginire vnd bilde ich mir im geringsten nicht ein / als wuͤrde ich hiermit jederman recht gethan haben.
Schorer, Sprachposaun
49, 12
(o. O.
1648
):
vnd meinen die Flegel / sie koͤnten kein Arbeit gnug haben / wann sie nit mit jren eingebildeten fuͤnff frembde Woͤrtern vmb sich werffen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Schlegt doch all solch gedancken auß, | Auch alle gottselig einbildnuß | Und bleibt in diser sünden wildnuß.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Behüte Gott! was schönes dings bilden wir uns von derselben [Welt] ein?
Lauater. Gespaͤnste
12v, 29
(
Zürich
1578
):
dz die yenigē so von art melancholisch [...] jnen selbs vil seltzam̄e vn̄ wunderbare sachen ynbildēd.
Andreae. Ber. Nachtmal
68v, 20
([
Augsb.
]
1557
):
[Der Himmel ist]
nicht ain solch ort / wie jnen die Menschen ohn Gottes wort mit lauter Menschlich gedancken / erdichten vnd einbilden.