almosen
(bis Ende des 16. Jh. vorwiegend selten (älteres Frnhd.)
almusen
, mfrk. almissen
), das
,die
;-Ø
oder -s/-Ø
;zur Etymologie siehe
Hiersche, Dt. etym. Wb.
und zur lautlichen Anlehnung an 1, 71/72
muos
›Speise‹
vgl. f.– Zur Sache:
LThK
.1, 359-362
1.
›Almosen, christlich begründete Liebesgabe, Spende an die Armen und Bedürftigen‹; offen zu 2; in der Spende konnte sich christliche Nächstenliebe mit dem Streben, die eigene Frömmigkeit zu beweisen, sowie mit eitler Selbstgefälligkeit verbinden. Zu den Spenden zählen alle Gegenstände, die dem direkten Lebensunterhalt dienten, ferner Geldspenden; bei Förderung durch die Kirche, insbesondere durch die Verbindung mit dem Ablaß, neigte das Almosengeben dazu, außer moralischer Pflicht auch institutioneller Zwang zu finanziellen Gunsten der Kirche zu werden; dem entspricht, daß der Arme einen Anspruch auf das Almosen empfand und dieses heischte. Aus der Routine des Almosengebens erklären sich die Bedeutungsnuance: ›Geringfügigkeit, Kleinigkeit‹, die pejorativen Phraseme wie Sant Dälpis a. geben
, dem warmen almosen nachwandeln
; sowie eine auffallende Fülle von Redensarten (Henisch, s. u.
). In mystischen Texten wird auf Gottes Gnade und Gott selber mittels almosen
Bezug genommen.Phraseme:
dem warmen almosen nachwandeln
›Hurerei betreiben‹; Sant Dälpis almosen geben
›jn. verdreschen, prügeln‹.Syntagmen:
a. begeren / betteln / bitten / heischen / mitteilen / geben
(sehr häufig) / nemen / sammeln; a. verleschen die sünde; des a. betteln / gewarten / leben; genug tun mit dem a., jm. mit a. dienen, jn. mit a. beraten, (jn.) um ein a. bitten, etw. von a. bauen; miltes / grosses / bescheidenes / kleines / stinkendes a.; a. der gnade; des a. notdürftig
.Belegblock:
dorch milder reichunge ires almusen czu eyner ebigen heilsamckeit irer allir zelin.
Es ist auch [...] den Barfwßer Munniche [...] uf dem vyschmargkte zcustehn und der Almisßen zcw gewarthen [...] vorbotten.
wir mussen ordlich mass han | in slaffen, wachen, gan und stan, | in getrank und der speise, | In vasten und ach peten, | almusen geben, kirchen gan.
sant paulus vergleicht mit begerde | das al mus geben mit den henden | Einen samen, den man wierft zwar | jn einen acker offen bar.
Predig horen verseumet nicht / Almusen geben armet nicht / Ubel gut das reichet nicht.
Wann man kumpt von Rom mit abloß bullen und helt dir für ein almůsen zů samlen, an sant Peters münster zů buwen, huͤt dich.
Er tuot ir ain almuosen geben, | Und hand ain œd leben.
all der gutett, die wir mit Gotes hilf in vnßerm heiligen orden vnd conuent volbringen [...] mit peten, vasten, wachung, abprechung erbeit, almusen geben.
Dise edelfraw, die also dem warmen almuesen geen Kilberg nachgewandlet.
˺ ˹Bezug auf Christus, seine Gnade:
Hœte der mensche alle die werlt, sô sol er doch sich dünken arm [...] und biten umbe daz almuosen der gnâde unsers herren. Quint
, Eckharts Pred. 2, 151, 5 (E. 13./A. 14. Jh.): Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha
4
; Luther, WA ;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
2, 161, 16
; Rennefahrt, Wirtsch. Bern ;
Sappler, H. Kaufringer
22, 8
; Nyberg, a. a. O.
1, 361, 22
; Voc. inc. teut.
a vijv
; Harsdoerffer. Trichter ;
Wrede, Aköln. Sprachsch.
103
; Schwäb. Wb. f.;
Eckel, Fremdw. Murners.
1978, 32
; Winkler, Flugschr.
1975, 83
; Goertz, Liturgie.
1977, 130
.2.
›der von kirchlichen Organisationen gesammelte oder durch institutionelle Zwänge eingetriebene, in Spitälern oder sonstigen Einrichtungen aufbewahrte Bestand, Vorrat, Grundstock an Nahrungsmitteln und sonstigen Gegenständen des täglichen Lebensbedarfs für die Armen‹; metonymisch dazu (schwer trennbar): ›die von der Kirche organisierte Speisung und Unterhaltung der Armen‹; offen zu 3.Chroniken, rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .Syntagmen:
das a. einlegen / sammeln / (unbillich) einnemen
(mehrmals) / verfressen / versaufen / bitten / abkünden / abstellen; etw. zu a. geben, jn. an das a. schicken, (jn.) nach dem a. gehen (lassen)
(mehrmals).Belegblock:
daß die armen leut nit me wie von alterher von haus zů haus um das allenmůssen gangen [...]. haben auch ain stock in sant Peters kirchen [...] auffgericht, das allenmůssen einzůlegen.
so das almuͤsen unbillich eingenomen [...] und das almuesen verfressen und versoffen haben, dise alle seind ausgemustert und (inen) das almuesen abkindt worden.
welcher das almuosen einnembt oder sein weyb und kind nach demselben schickt, der sol sich der wierts- und bierheuser enthalten.
di das allmüsen en pittent · schikt er zu dem nidern haws.
3.
›Einrichtung, Instanz, Stiftung, kirchliche Sozialstelle, von der und in der die Tagesversorgung der Armen mit dem Lebensnotwendigen vorgenommen wurde‹; Metonymie zu 2.Chroniken, rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Texte.
Wortbildungen
(verdeutlichend): almosenampt.
Belegblock:
Des jars hub sich hie an daz reich almusen.
Zum spital, almusen und sichheuser: Chunrad Mair, Cristoff Paumgartner, der junger.
das von beeden herrschaften gestifte reiche allmuessen zue Dunzdorf.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 245, 2
; Preuss. Wb. (Z)
1, 118
;