1
leiden,
V.;
Fortsetzung von
mhd.
leiden
(), dies aus
ahd.
leidên
›zuwider sein / werden‹
(3),
leiden
›verhaßt machen‹
(2),
leidôn
›beleidigen‹
(1; auch 4).
1.
›jm. ein Leid, einen Schaden zufügen, jn. verletzen; jn. beleidigen, schmähen; jn. angreifen, überfallen‹; speziell: ›jn. dem Gericht zuführen, jn. gerichtlich verfolgen, anklagen, anzeigen; jn. bestrafen‹; semantisch nicht immer eindeutig von
1
(V., unr. abl.) 7 zu trennen, vereinzelt formale Zusammenfälle.

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Im werden nicht bescheiden | Zu volke die en leiden | Mit verlouken bi der zit.
Gille u. a., M. Beheim
328, 139
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
daz uns mit mancher mie | die unglabigen haiden | hie leczen und ach laiden | mit schaden, schmeh und scham.
Adomatis u. a., J. Murer. Zorob.
1241
(o. O.
um 1575
):
biß ir kommend in üwer land | Da wirt üch nun kein mensch nit leiden.
UB Zug
758, 11, 5
(
halem.
,
1431
):
wer also betrogen wirt, der sol es leiden einem amman by dem eid, so er im getan hat.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
was aber sust swuͤren vnd fluͤchen ußwendig den geselschaften, [...], da soͤllen die weibel einen yeglichen leiden vnd fuͥrgeben.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern (
halem.
,
1478
):
daͧ ouch ein jeklicher den andern bi sinem geswornen eyd leyden und an unser amptluͥt bringen sol.
Merz, Urk. Lenzb.
92, 26
(
halem.
,
1553
):
wenn aber etwan ein fichli [...] vnbewüßt entrune durch gemelten hag vnd graben vff den andren, das sol nit gefarlichen geleydet, sonder dem andern widerum hintriben werden.
Ebd.
117, 42
(
1575
):
soll der Täter geleidet werden von der Herrschaft und den Hag wieder machen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
tuͦt ain bruͦder ain ding daz úbel ist und wider Got ist [...], des sol ich in laiden ze capittel.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1437
/
42
):
desselben tags wurden vol | die nechsten velde mit Swaben heiden, | die komen warn dahin ze leiden | den gesten und die stat ze retten.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Mit disen worten will Parmeno Thaidi den ritter laiden. als Phedria in seinem abschaiden von im begeret. wann den ritter ir zelaiden mocht er nit bas tuͦn wann das er in seiner gegenwertikait allso redte.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1294
):
Swer die buͦzz nimpt von einem, der in gelaidet hat mit worten oder mit wercken, der sol [...].
Ebd. (
1340
):
Von juden umb gelt sol einer den andern loͤsen dez selben tags und ez ze gericht chumpt. Swer dez nicht tæt, der sol leiden und tuͦn, als umb ander gelt vor ist geschriben.
Wackernell, H. v. Montfort (
soobd.
,
A. 15. Jh.
):
Valsch richter wolt man liden
[formal zu
1
leiden
, V., unr. abl.]
| (die liess man nicht genesen,) | vierteilen an die widen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Adrian, Saelden Hort
8757
;
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ;
Merz, a. a. O.
118, 48
;
Karnein, de amore dt.
171, 515
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
37, 74
.
Vgl. ferner s. v.  2,  1.
2.
›jm. etw. / jn. verleiden, verhaßt machen, jm. die Freude an etw. nehmen; etw. / jn. schlecht machen, jn. / etw. in seiner Qualität mindern, etw. schmälern, schlecht reden; jm. übel nachreden‹.
Gegensätze:
 5.

Belegblock:

Luther, WA (
um 1535
):
War mir liebet / das leydet mir niemãd.
Reissenberger, Väterb. (
md.
,
14. Jh.
):
Sie solten werden wol irlost | An genaden von den sunden, | Ob ouch sie begunden | In die sunde leiden.
Bergmann, Ambr. Liederb. (
Frankf.
1582
):
der mir liebt, den las ich mir nicht leiden.
Goedeke u. a., Liederb. (o. O., o. J.):
euer meisterschaft | mir fürbaß weiter niemant leidet.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Gerste liebet, spru leidet.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Kunst las ich mir nit leiden.
Sachs (
Nürnb.
1551
):
Sie sey so heßlich als sie wöl, | Doch mir sie niemandt leiden söl.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
ich begere [...] úch ouch alle sunderheit und eigenschaft zuͦ leidende und mich und úch zu warnende.
Thiele, Minner. II,
4, 78
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
zwar du dust mir leyden | was mir zufrewd mag wesen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz er also gesass bi sinen geischlichen kinden und inen leidete zerganklich liep und in liepte daz ewig liep.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
[Jesus]
Er was och senftmuͦte, | [...] | Er konde sich niement laiden.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
480
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Also müß ich dir si [weltlich güt und ere] laiden: | Du möchtist dich suß nit schaiden.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Wie er den lieben zwain | Ir friuntschafft wurd laiden.
Sappler, H. Kaufringer
29, 102
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die lieb würket himelrich; die schön gott laidet sich. | die lieb an tugenden ist geschlacht; die schön dorret über nacht.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Dein lob mag niemant laiden.
Klein, Oswald
59, 16
(
oobd.
,
1422
):
das laidot mir mein essen.
Ebd.
115, 73
(
n. 1433
):
wer aim laidt sein liebes leben, | von freuden er in schaidet weit.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1562
):
welcher den gast leidet durch neid, haß oder durch welcherlai sachen daß were, und ob er sprech es wer daselbsten ein grewliche herrschaft oder redet dem ambtmann oder der gemaind übel nach.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3608
;
3706
;
Adrian, Saelden Hort
392
;
Päpke, a. a. O. .
3.
›jm. leid sein, leid werden, jm. zuwider sein / werden (von Personen und Sachen)‹.
Gegensätze:
 1.

Belegblock:

Valli, Baldemann
336
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Durch sie mir leben leiden | Began.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Die Zunge trewe scheidet, | Das lieb dem lieben leydet.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Die arbeit wirt dir leiden.
Pyritz, Minneburg
4102
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Waz ir hut liebt, daz leit ir morn.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4754
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Súnd und bosshait sol uns laiden, | So wirt uns der beste tail.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
ie lieber sie die jungkfrawen haben wirt, ie mer wirt ir der ritter lieben und dem junckherren laiden.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
hast du hie gepuezzet nicht, | Daz muezz der sel da laiden.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
den
[denen]
laydet das recht guet und liebt das poss.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Wild.
229, 73
.
4.
›sich quälen, sich bekümmern, Sorge haben‹; speziell: ›um jn. Sorge haben, Sorge empfinden, Mitleid um jn. haben, jm. leid tun‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1535
):
wenn unser Herr Gott dir ein leiden zu schickt und sagt: leide dich ein wenig umb meinet willen, ich wil dirs wol bezalen.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Kulm.
127, 217
(
Nürnb.
o. J.):
danns jammert mich, | das ein weib so vil sol leidn sich.
Thiele, Minner. II,
11, 149
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
wer ich ein heyden | leiden mocht dir myns jamers spalt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
es mußt sich auch ain erber rat für sich selbs vil leiden und großen beschwerd von gmainer statt wegen tragen.