1
giebel,
der
;
-s/-Ø
.
1.
›Giebel, obere, dreiecksförmige Seite eines Hauses mit Satteldach‹; vereinzelt Synekdoche/Metonymie in Richtung auf ›Schmalseite des Hauses‹; ›Satteldach, Dachfirst‹; ›Öffnung über dem Scheunentor‹; Ütr.: ›Grundstück mit einer einem Giebel vergleichbaren Dreiecksform‹ (
Shess. Wb.
2, 1354
; a. 1486). In den Belegen wird der Giebel außer für Lageangaben auffallend oft zu Aussagen, Vergleichen o. ä. einerseits über Verfall und andererseits über geordnete Verhältnisse genutzt; vgl. die Sprichwörter.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte, auch berichtende Texte.
Syntagmen:
den g. auffüren / bewerfen
(mit Putz) /
weissen, mit wurf überziehen
;
der giebel einfallen
;
dem g. die spitze abfallen
;
das dach an dem g. herfürschiessen, das feuer zu dem g. einschlagen / hinausschlagen
;
der g. von bakstein
;
der baufällige / steinene / zierliche g
.;
die mauer des giebels
.
Wortbildungen:
giebeldach
›Satteldach, das 2 Giebelseiten impliziert‹,
giebelfenster
(15. Jh.),
giebelmauer
,
giebeln
›ein Dach decken‹,
giebelort
(Beleg s. v.  3),
giebelschwalbe
›Hausschwalbe‹ (a. 1603),
giebelsteiger
›Handwerker, der die Sicherheit von Dächern, Giebeln kontrolliert‹,
giebelwand
.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1. H. 15. Jh.
):
so was mancheme steinen gevel dat spitze oven afgevallen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
und der hoff [war] so weit als der gefel hinder dem haus Weinsberch.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
85, 6
(
Frankf./M.
1568
):
Jch [Steynmetz] auffricht Steinheuser wolbsinn / | [...] | Mit Gibelmauwrn von Quaderstein.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
hat man angefangen die Cappell [...] lenger zu bauwen mit einer viereckichten aussladung und zcirlichen Gebille.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1479
):
hebben die erszame radt der stadt Czerwest sich mit meister Ludeken Papenborger dem malre van Magdeborch vordragen umbe den gewel an deme radthusze to malen mit em vordinget.
Ders., Hall. Schöffenb. (
osächs.
, zu
1457
):
syne eygenschafft, dy her hat an syner bude an deme vischmarckte an deme steynen gebele gelegen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1440
/
4
):
1 guldein dem Kistenfeger, gibelsteiger.
Ebd. (
15. Jh.
):
da pran des Reinlein peckenhaus [...] und verfieln fünf menschen von einer gibelmaur.
Köbler, Ref. Nürnberg
404, 1
(
Nürnb.
1484
):
doch mag er an dem gibel dz dach herfuͤr schiessen fuͤr das weter als gewonlich ist.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
Aber gleich wie hauß heltest du, | So hat auch unser hauß ein gibel.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Von stachel waz sins schiltes rant, | Braitt als ain gibel wand.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
14.
/
15. Jh.
):
wie sich einer halten sol, dem ein hus gebotten wirt ze gibeln vnd in ziegel ze deken.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
683, 16
(
halem.
,
1669
):
daß die gibeltecher uff den heüseren und scheüren [...] ohne besondere bewilligung zebuwen jederweilen verpotten gewesen
[Grund: Feueranfälligkeit von Schindeln].
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
wie die haushaltung, also gewann auch das haus, als man sprücht, ein gibel.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Wenn Herren weiß sind / so haben jhre Haͤuser ein festen gibel. Wie sich einer hellt / also hat er gluͤck / vnd sein Hauß ein Gibel
. [...]
Erstlich soll man wehren, ehe [...] das Fewer mit macht zu allen Giblen einschlag. Wie ein jeder Hauß helt / also hat sein Hauß ein Gibel.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1. H. 16. Jh.
):
ist aber der pawr gerecht
[beim Streit über die Zehntgarben],
so ist im der zehentner verfallen zug und wagen und sol den zehentner mit ainer raichgappl dur das gippl auswerfen.
Qu. Brassó
5, 420, 27
(
siebenb.
,
1606
):
dass auch viel Mauren zurissen und Kipen und Gifel ingefallen sein.
Ziesemer, Marienb. Konventsb.
285, 21
;
Wiese, UB Wetzlar ;
Hertel, Hall. Schöffenb. ;
Barack, a. a. O. ;
Voc. Ex quo D
528
;
Jelinek, Mhd. Wb. ;
Schles. Wb.
1, 422
;
Vgl. ferner s. v.  8.
2.
über das Vergleichsmerkmal ,Höhe‘ ütr. für unterschiedlich Herausragendes gebraucht; im einzelnen: ›Kuppel, Spitzgiebel eines Hauses‹; ›Bergspitze, Berghöhe‹; ›oberer Pflanzenteil‹; ›Höhe, Unaussprechbarkeit Gottes‹.

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
wan in der úberweslichen drivaltekait der úbergegoͤteten gotheit, in dem togenlichen, úberunbekanten, úberglestigen, aller hoͤhsten gibel da hoͤrt man mit stillsprechendem swigene wunder.
Major, Haussradt
A iv, 25
(
Basel
1569
):
Jch hab jetzund an ein hauß kaufft | Es steht auff einem hohem gibel.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gibele (das) Kleins hoͤrnlin der bluͦm. Apiculus.
Höver, Bonaventura. Itin. B
631
(
moobd.
,
1450
/
60
):
belait vns jn den v́ber vnbekantleichen, vͤberleuͤchtenden, vͤberguͦtten, aller aͤrtleichisten vnd allerhoͤchsten spicz vnd gipel, da newe vnd ledige vnd vnmitbekerliche goͤtlicher kunst haimleichait nach v́berleuchtender taugen verporgen werden.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
in der höch under den gibeln muesten si [götter] sich wie die aufen verstossen.
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 118
;
3.
in folgenden beiden Belegen extensional kaum bestimmbar, am ehesten ›Kopf, Rachen; Schädel‹, dann an das Vergleichsmoment von 2 anschließbar.

Belegblock:

Dedekind/Scheidt. Grob.
184, 17
(
Worms
1551
):
heißt euch braten ein wurst / | Jch muͦß vor leschen meinen gibel / | Er ist mir heiß vnd brent mich vbel.
Klein, Oswald
18, 61
(
oobd.
,
1416
):
Mit kurzer schnür, die andacht für zum gibel aus, | do ich die kutt von mir do schutt in nebel rauss.