geschwistergit,
das
(im Sing. selten belegt);
–/-Ø, -e, -en
;
auch
geschwistert,
geschwister(e)de,
geschwisterget,
geschwistergot,
geschwistertri,
geschwistertrig,
geschwistertret,
geschwistertrigte
; zur Erklärung der Suffixe s. ; ;
Henzen, Dt. Wortbildung.
1965, 139
. In einigen Belegen des siebenbürgischen Inseldeutschen erscheint der Wurzelvokal in der Schreibung
-e-
:
geschwestergit
; dieser Vokal kann als Senkungs
-e
(
Frnhd. Gr. §  L 
33
) aufgefaßt werden und wäre dann lauthistorisch nicht deckungsgleich mit dem
-e-
in
geschwester
.
1.
›Geschwister‹; angesprochen oft in besitz- und erbrechtlichen Zusammenhängen, deutlich seltener in Kontexten des täglichen familiären Zusammenlebens.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
geschwistergit von vater und mutter (her)
;
eheliche / uneheliche geschwistergit
bezogen auf Zeugung und Geburt in / außerhalb der Ehe;
rechte / halbe geschwistergit
;
geschwistergit von einem band / teil
oder
von beiden / zwei banden / teilen
; jeweils ›Geschwister von beiden Elternteilen her‹ bzw. ›Halbgeschwister‹;
ungeteilte / unverteilte geschwistergit
›nach dem Tode der Eltern bei ungeteiltem Erbe lebende Geschwister‹.
Syntagmen:
die g. (etw.) erben, gut haben, einander enterben, einander gleich erben, miteinander teilen, in die weistage kommen
›verwaist werden‹,
vater- und mutterhalb g. sein, ein g. auf das ander erben
;
den geschwistergiten etw. hinausgeben / übergeben / aufgeben
;
für die geschwistergiten bitten, mit den geschwistergiten (gleich) teilen, etw
. (z. B.
das gut
)
unter die geschwistergiten teilen, etw
. (z. B.
ein gut
)
jn
. (Akk.)
von den geschwistergiten angestorben sein
;
das ältere / jüngere / ledige g., die abgestorbenen / adellichen / getreuen / treuherzigen / liederlichen / unmündischen geschwistergit
;
der vormund, die kinder, das erbe, der trost der geschwistergiten
.

Belegblock:

Bindewald, Texte schles. Kanzl.
44, 4, 6
(
schles.
,
1385
):
czu allen gutern, [...], dy erbe vnd eygen sin, das sie angestorbin ist von vatir, von muter vnd von irre geswisterie von rechts weyne.
Ebd.
151, 8
(
1457
):
hat mich mechtig gemacht zufordern alle vnd iczliche seyne guter, farnde vnd vnfarnde, von seynen vnd seyner vnmundischn̄ geswisterde wegen.
Köbler, Ref. Nürnberg
192, 20
(
Nürnb.
1484
):
leipliche vnd eeliche geschwisstergite͂ von vater vñ muter versamentlich.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
81, 12
(
Nürnb.
1548
):
Darnach bitte ich dich inn sonderheyt / fuͤr mein Vatter / vnd mutter / fuͤr meyne geschwistergit / vnd freundschafft.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
431, 8
(
els.
,
1362
):
Dis guͦt wart vnder dise drú geswisterde also geteilet, daz [...].
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Frankf.
1550
):
beicht sie einem Muͤnch, eines under ihren Kindern, als sie besorget, were nit der andern ehelich Geschwisterd.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Weñ der abgestorbe͂ geschwüstrigt oder ire kind mit dem vffstigenden grad verließ. Wer aber sach / das die abgestorben person vatter oder muͦtter verließ vñ darzuͦ bruͤder oder schwestern / die beider eltern halb sin geschwüstrigt weren / So erben die geschwüstrigt mit vatter vñ muͦtter ir yedes ein glichen teil / nach den houptern.
Was ledige kind erben wo nit eelich geschwüstrigt / dero kind / vetter oder basen vorhanden sind.
Adrian, Saelden Hort
4934
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
daz frowen oder man | ir kinden vil verderbent, | geswústergid an ander enterbent.
Kottinger, Ruffs Adam (
Zürich
1550
):
wir hand gesündet wider dich, | min eltern, g’schwüstrig, darzuo ich, | und hand erzürnt dich.
Bachmann u. a., Volksb. (
alem.
,
15. Jh.
):
daz [...] sy Florus niemer solt gesechen, der si in ganczen trüwen lieb hatt als ein getrüwes geschwistergit.
Argovia (
halem.
,
1455
):
daz gut zu Cadelburg, desselben Albrechts vnd siner geswistergeten veterlich erbe.
Ebd. (
1530
):
Wo geschwistergotte erb oder verfangen guot mit einander hand, [...], darin erbt ein geschwistergot das ander für vatter oder muoter.
Ebd. (
1408
):
wo zwei ungeteilte geschwistergit werind oder mer, es werind knaben oder töchterli, [...] da dheines üt anfiel von erbs wegen, [...] ob du nit ein geschwistergit als guot recht zuo demselben erb vnd guot hett, als das ander, vnd ob eines nit als billich sollt erben als das ander.
Ebd. (
1594
):
was darnach die hausër vnd wîlstein belangen tuot, soll das geschwisterte, welches dieselben besitzt, den anderen geschwisterten, [...], nach bidermans lüt erkanntnusz hinausgeben, was sy denn erkennen mögen.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1525
):
so söllte das eltest kind, [...], mit den andern geschwistergiten teilen und nit also von irm väterlichen erb und guͦt getrungen werden.
Ebd. (
1401
):
wa ain gotzhus man oder frouve, knab oder tohter, abgat von todes wegen und elichi geswistergit hinder im lasset, das da den abgangen sini elichi geswistergit erben sont an ligendem und an varendem guͦt.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1598
):
und verlast aber hinder ime siner uneelichen kind eeliche kind und darbi ouch eeliche geschwisterte, so sollen die eheliche geschwisterti des abgestorbnen guͦt mit den unelichen kindskinden, die ehelich sind, glichlich den personen nach erben und teilen.
Sannen landtrecht, wie die eltern ire kind, so ouch noch halb gschwisterde da sindt, sollennt erben.
Ders., Zivilr. Bern (
halem.
,
1615
):
die kinder der jenigen geschwüsterten, so dem abgestorbnen von beiden banden verwandt, das ist von vatter und muͦtter har geschwüsterte sind.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
um 1506
):
die obgeschriben trey personen send rechte geschwistergot gewessen von vatter und von muͦtter.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
ob der chint ains oder mer sterbent, die geswistrert sint von vater und von muͦter.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1608
):
Wan etwo ein todtsfahl beschieht, sollen die [...] ohne beisein aller geschwistert, ohne wisen und willen der obrigkait die truchen nit eroffnen, [...]. es mag doch der aus den befreundten geschwistraten den schlissel hat in beisein zwaier nachbarn die truchen vorpetschirn.
Ders., Steir. Landr. (
m/soobd.
, Hs. 
v. 1425
):
Von gewistreyden. Wo czwai geswistraid sind oder mer, da schol daz eltêr tailn, daz junger die wal nemen.
Qu. Brassó
4, 223, 21
(
siebenb.
,
1633
):
dieses Jahrs sein wir 3 Geschwestert als Daniel, Georgius und Catharina in die elende Waistag kommen.
Hertel, UB Magdeb. ;
Küther, UB Frauensee
202, 28
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
306, 24
;
Skála, Egerer Urgichtenb.
2, 2
;
4, 4
;
6, 5
;
Geier, Stadtr. Überl. ; ;
Bachmann u. a., a. a. O. ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Rennefahrt, a. a. O. ;
Auer, Stadtr. München ;
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. ;
Uhlirz, Qu. Wien ;
Rintelen, B. Walther
86, 21
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
ders., Steir. Landr. ; ; ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
88, 27
;
Qu. Brassó
4, 199, 4
.
Vgl. ferner s. v.  6,  1, , , (Adj.) 2.
2.
wohl ›Schwester‹; Interpretation der Belege teils unsicher.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Dienes, E. Gros. Witwenb.
63, 17
(
Nürnb.
,
1446
):
der hatt zwu töchtere. Vnd als der eyns außen was, do qwomen zwene iüngelinge vnd sie wurden in gast weise eyngelassen von dem geschwistret.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Ab eyn man adir geswistirde eyn erbe vorkoufte, unde hindennach sy der kouff berewte.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1555
):
soll ainem vatter gegen seinem sone oder kindern, deßgleichen brüedern oder geschwüstergitten gegen ainander bürgschaft zuͦ thuͦn, ald comereien oder gewerb mit denselben zuͦ üben [...] kainswegs hierdurch abgestrickt sein, sonder mag sich ain jeder deßhalben gegen berüerten seinen kindern, brüedern und geschwüstergitten nach begögneten dingen wol verpinden.
3.
›in einem religiös begründeten Geschwisterverhältnis gedachte Personen (wie Menschen und Engel); Ordensschwestern‹.

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Sú [kind, engel] sprachen: „wir sien úwrú geswistergit mit lobe und froͤde in ewiger selikeit.“
Min kint, und so du fúr den geminten got erst kumest, so bit fúr dinen getrúwen lieblosen geistlichen vatter und úber dinú geistlichú geswistergit.
Vetter, Schw. zu Töß (Hs.
15. Jh.
):
nemant war, aller getreẅsten geswistrigeten: [...].
v. Maren, Marquard. Ausgabe
89, 6
(
Venedig
1483
):
[sie] haben mer huͤte von den lieben engeln der geswystreyd sy sein die do bluͤend in der lauterkeit christi.