1
galle,
die
;
-n/-n
,
2
gal,
die
;
zu
mhd.
galle
›Galle, Bitteres‹
().
1.
›die Galle als menschliches oder tierisches Organ; die in der Gallenblase gespeicherte bittere gelbgrüne Absonderung der Leber, die vor allem der Verdauung von Fetten dient; Gallenblase‹.
Gehäuft in medizinischen Schriften.
Wortbildungen:
˹
gallenbitterin
,
gallenblase
,
gallenblat
(a. 1466),
gallenblatter
(a. 1483),
gallenfel
(1. H. 14. Jh.)˺ ›Gallenblase‹,
gallenhaut
›Gallenblase‹ (v. 1452),
gallensucht
›Erkrankung der Galle‹.

Belegblock:

Follan, Ortolf. Arzneib.
32, 17
(
rib.
,
1398
):
De lunge, dy dut den schumen dez bluͦdez an sich; de galle, daz heyze blod.
J. W. von Cube. Hortus
73, 35
(
Mainz
1485
):
Sie haben macht zuͦ stercken vnd zuͦ stopffen stuͦll geng. Vnd widder das brechen daz do kompt von der gallen.
Mylius (
Görlitz
1577
):
Fel Galle Vesicula fellis Galle Blaͤßlin.
Keil, Peter v. Ulm
219
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Nym ein gallen von einem stier vnd nicht von einem ochssen, aloepaticum, vnd solt nemen die zwey gleich, vnd reib die zway gar wol.
Roloff, Brant. Tsp.
490
(
Straßb.
1554
):
Hab ich disen gulden ring darin gfunden | Er lag neben der lebern bei der gallen.
Sudhoff, Paracelsus (
1525
/
6
):
durch vil acetosische seuri der gallen kompt zittern in den glidern.
Voc. rerum (
Augsb.
v. 1474
):
Gilis gallenbitterin.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
alliu andreu vierfüezigeu tier habent ir gallen inwendig des leibes.
2.
›die bittere, gelbgrüne Absonderung der Leber‹; metonymisch: ›bittere Flüssigkeit‹.
Phraseme:
jm. läuft/fliest die galle über
›j. wird wütend, zornig‹.
Syntagmen:
g. bieten / einschenken / geben / nemen / trinken / verspritzen; ein trank mit essig und g
.
Wortbildungen:
gallenwasser
›bitterer Trank‹ (M. 14. Jh.).

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Jer.
8, 14
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
want der herre hat uns gemacht swigen und hat uns gegeben gallenwazzir zu tranke.
Follan, Ortolf. Arzneib.
87, 7
(
rib.
,
1398
):
gef eme de galle to drinkende.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1173
(
mrhein.
,
um 1335
):
Nuͦ dring, daz ist vnser drang. | [...] Ez ist mirre vnd galle. | Smacke, wie ez dir gevalle.
Perez, Dietzin
1, 205, 11
(
Frankf.
1626
):
Ich aber als deren die Gall schon vbergelauffen / suchte Gelegenheit mich zu rechen.
Froning, Alsf. Passionssp.
6266
(
ohess.
,
1501ff.
):
dringk, Jhesus, den drang, | der sal dir von mer werden geschangk! | hie ist von essigk und von gallen: | das loiß dir gar wol gefallen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2662
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
mit dissen dingen ess ubel tud | unnd vellet in di laster alle | unnd wirt ym bitter alss ein galle.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
si gâbin ime wîn zuͦ trinkene mit gallin gemischet.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
44, 40
(
osächs.
,
1570
/
7
):
nim von mancherlei thieren die gallen, mische die unter essig, damit besprenge die soller und bödem.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1584
):
Da wird jm [Jesus] geben Esig vnd gal, | Auch vil scheltwort vberall.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
275, 1
(
Nürnb.
,
1446
):
eyn scheuslichen tranck gemacht auß essig, gallen vnd myrren.
Gille u. a., M. Beheim
437, 33
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Das deucht als mich | gen irer mynsten tugend | und klainsten miltikait gelich | alz gallen gegen hunig same.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
der kan es úch verwandeln in bittere mirre und galle.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Do wart in dem grimmen turste galle und essich minem turstigen munde gebotten.
Lauater. Gespaͤnste 18v
25
(
Zürich
1578
):
ein lieblich suͤssen wyn / der bedunckt jn bitterer dañ ein gall.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wer des ochsen gall mischt mit hong, sô zeucht si ainen dorn oder ain holz oder ain eisen auz.
Deinhardt, Ross Artzney
238
(
oobd.
,
1598
):
nimb alpadira in der apodeckhen vnd gallen, vnndereinander gemacht, vnnd die zügl damit geschmirt.
Eis u. a., Asanger Aderl.
2, 44
(
sböhm.
,
1531
):
man sol [...] rayne gaißmilich vnd aines geyers gal alles mit einander müschen vnd jn ain rain glas thuen.
3.
›Ärger, Bitternis, Falschheit, Groll‹; ütr. zu 2; personifiziert ›ein Mensch als Verkörperung des Bösen, Falschen‹.
Syntagmen:
des neides / todes, der hölle / sünde / unkeusche g., g. und gift; ein mensch voller / ane g.; bittere / böse / falsche g
.

Belegblock:

Pfeiffer, Nic. Jerosch. Chron.
153
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
din süze ist wordin galle.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Vor irn schepfer sie vortreten, | Daz sie nicht envallen | In der sunden gallen.
Froning, Alsf. Passionssp.
1936
(
ohess.
,
1501ff.
):
ganck hen, du bitter galle, | und laß mich yn freydenschalle.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
176v, 33
(
Leipzig
1588
):
Ob er wol [...] jhn seinen lieben bruder nennet / so ist doch sein Hertz voller Gall vnd Gifft.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Tu in loz, daz er icht valle | Noch stige in dis todes galle.
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 1, 14
(Hs. ˹
md.
,
v. M. 14. Jh.
˺):
ich spür | gallen in honeges list.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Daz er hint ist gevallen | In der unkusche gallen.
Gille u. a., M. Beheim
173, 121
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sein leib hat chainen fursacz und | sein hercz ist voller gallen.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
15. Jh.
):
Das man uns hinten hin haist traben. | Das dunkt uns gar ain bitter all.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
Swebel, bech und ouch die gallen | Güßet der tüfel in sie alle.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
alle die die dis ie gesmahtent, den ist alle dise welt ein bitter galle.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Sie heißt die andern huͦren al | Vnd ist ein solche böse gal.
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 13, 14
([
Augsb.
]
1524
):
Hie hoͤrstu / dz man auß Christlicher lieb / in aller senftmuͦt / on alle gallen handeln muͦß.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
das der loblich könig Rupprecht ain herr sei gewesen ganz milt und voller tugenden, auch ain könig one gallen und arich.
Menge, Laufenb. Reg.
780
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Das er ist warme vnd truken gar, | Vnd nymet der gallen war | Dar vmbe ouch alle zite | Zuͦ kriegen vnd zuͦ stryte | Syne kinde sint bereit.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
dú tuteltube ist rain und senfte und ân gallen.
Weber, Füetrer. Poyt.
187, 1
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Vmb diß het neydes gallen | entzunndt Rǔelandes hertz.
Klein, Oswald
4, 53
(
oobd.
,
1421
):
wie leiden kompt von gottes witz, | gedultig sei des fro, | wann leiden swennt der sünden gall.