öfnung,
die
;
-Ø/–
.
1.
›Öffnung eines je unterschiedlichen, konkret als Raum oder Raumverschluß gedachten Gegenstandes‹ (z. B. einer Tür, eines Grabes; jeweils als Handlung oder Vorgang); tropisch: ›durch die Öffnung entstandenes Loch‹ (z. B. in einem Zaun); mehrfach doppelsinnig gebraucht;
vgl.  1.
Obd.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, (
die
5.

Belegblock:

Voc. Teut.-Lat.
x vijv
(
Nürnb.
1482
):
Offenung der leiplocher ocher swaißlocher od’ der dunstlocher. dyaferis.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
44
(
Nürnb.
1517
):
in den wunden Christi, des felsen, [...], und in der öfnung des herzen Christi [...]: „erzeig mir dein angesicht“.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Die öffnung der Thür wil ich [Buler] krign.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
so dir nun für kumet ein solche offnung oder verserünge des fleisches.
Warnock, Pred. Paulis
28, 112
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Was ist nun die offnung dis grabs nútz anders denn confessio oris?
Kläui, Urk. Kaiserstuhl
265, 11
(
halem.
,
1587
):
Das Stück stößt oben
an der statt Keiserstuͦl holtz, underthalb uff einen gruͦnhag [...] einersyt gaͤgen Haͤgelen an in verkoüfer saͤlbs guͤtter, andersyts gaͤgen Bachs an Oberfisibacher offnung.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
die gärten [...] sollen [...] wol verfrit sein wo die nit befrit weren und durch ein öffnung ein vich hineinkamb.
Warnock, a. a. O.
28, 90
;
102
;
2.
›mit dem Anspruch auf
aufenthalt
3; 5,
enthalt, fürschub, hilfe, unterschlupf
verbundener Zugang eines dazu Befugten (und seines Anhanges), oft einer territorialen Obrigkeit, zu einem
flecken
, einer
feste
, ˹
stat
, einem
schlos
˺ (mehrfach) zum Zwecke der Nutzung dieser Räume / Gebiete nach Bedarf‹; als Metonymie (mit offenem Übergang): ›Zugangsrecht, Durchzugsrecht asymmetrischer Art‹ (teils in der Nähe zu ›Besatzungsrecht, Kapitulation, Übergabe‹);
vgl.  2.
Zum historischen Tatbestand s.
Lex. d. Mal.
6, 1371
s. v.
Öffnungsrecht
.
Gehäuft obd.; Rechts- und Wirtschaftstexte, berichtende Texte.
Syntagmen:
die ö. haben / gebrauchen / halten, jm. (die) ö. geben / gestatten
;
jn. mit der ö. aus und ein lassen, sich mit ö. zu jm. halten / schlagen
;
die ö. der feste, lande / güter, des rheinstromes
;
die ewige / freie ö
.;
das wortzeichen, der vorbehalt der ö
.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1444
):
und schullen in alle jare geben zu solt und fur öffunge der schloße 300 gulden landeswerung.
Ebd. 9:
das wortzeychen der offung sol sein: fwr die lossung.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
[ir wöllend] sein furstlich gnaden [...] offnung, underschlaif und enthalt umb irn pfenning alhie gestatten.
Merz, Urk. Wildegg
67, 5
(
halem.
,
1483
):
das die gemellten min gnaͤdigen herrnn in dem selben slosß [...] ein ewige offnung zuͦ allen irnn noͤten vnd geschaͤfften, [...] haben.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
gwisse zit sines zugs wisse er
[der englische König]
nit, [...], uberzeschiffen und siner majestaͤt landen ofnung und lifrung zuͦ gebruchen.
Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1535
):
das sy auch mit solchen grafschaften stetten schlössern und fleckhen uns und unsern erben [...] ewige öffnung auf unsern costen halten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
daß ir euch mit öffnung, hilf beistandt und fürschuͤb zuͤ inen, den fürsten und iren mitverwandten, schlahen und halten werdet.
Foltz, UB Friedb. ;
Baumann, a. a. O. ;
V. Anshelm. a. a. O. ;
Merz, a. a. O.
105, 11
;
3.
›Darlegung, Mitteilung, Verkündung‹ (allgemein; schwach belegt); auch: ›Verrat von etw.‹; speziell (in rechtlichen Kontexten): ›jedwede Darlegung, Erklärung, Erläuterung, darauf folgende Gegenrede von Gerichtsbeteiligten vor Gericht‹; resultativ: ›Rechtsspruch, Urteil des Gerichtes‹ sowie ›Verkündung, Bekanntgabe des Urteils‹; auch: ›Vortrag oder Verlesung‹, damit: ›Gültigerklärung der Rechtsgrundlagen einer kommunalen oder wirtschaftlichen Einheit bei der alljährlich stattfindenden Gerichtsversammlung‹;
vgl.  4.
Hohe Belegdichte für das Obd.; gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte, auch Chroniken.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ,  3,  23, ,  2,  12,  1, ,  3,  3a/b,  68, , .
Syntagmen:
eine ö. tun / hören / vernemen, kundlich machen, die ö. (des gerichtes) begeren
;
auf die ö. sprechen, wie das [...], sich nach einer ö
. [wie]
halten, einen tag zur ö. e. S. ansetzen
;
die ö. des gerichtes / interims / rechten / rechtspruches / weistumes, der kundschaft / rede / zeugensage
;
die rechtliche ö
.;
die worte der ö
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Narratio. Erzelung verkuͤndung oͤffnung einfúrung fuͤrtrag fuͤrwandt.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
209, 29
(
thür.
,
1474
):
so danne dy gemelten part beyde denselbigen unnsern rechtspruch nach syner offenunge unde vorlesunge gehort [...] habin.
Chron. Nürnb. Anm. 4 (
nobd.
,
15. Jh.
):
der stuck der verreterei und offnung der geheym bekentlich.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
66, 21
(
nobd.
,
1490
):
Offenung des weistumbs der dorfschaft Lintten.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
Anfengklich sollen die obgemellten commissarij vnnd kundtschafftverhorer den parthien zu offenung der khundtschafft tag ansetzen.
Köbler, Ref. Nürnberg
138, 14
(
Nürnb.
1484
):
darauf mag dieselb parthey nach Rechtlicher offnung der zeugen sag. [...]. dieselben Jr außzuͤg vnnd notturfft fuͤrpringen.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Nach offnung der zügen sag sol wyter kundtschafft nit zuͦgelassen werden.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
wann dye zeyt kömen, das yr vernement solch offenung, slag iglichen zü, lasset unns helffen dem, den alles unrecht leit ist.
Leisi, Thurg. UB
7, 670, 25
(
halem.
,
1388
):
Waͤr, daz die egenant Kathrin von Rotha ir clag und offnung kuntlich machen und gewisen moͤcht, [...], daz si dez billich geniessen soͤlt.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1416
):
nach diser offnung, ansprach und anzig, red und wider rede und antwúrt fragt ich obgenant schultheis umb den eid.
Rennefahrt, Recht Laupen (
halem.
,
1423
):
Uf dis offnunge sprachen aber die kilchmeyere von Nuwenegg, wie das [...].
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 248, 17
(
halem.
,
n. 1529
):
doch einem rat alein nuͤws rechtens ofnung vorbehalten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Offnung (die) Erklaͤrung. Patefactio.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
Wie sich die von Ulm nach öffnung des Jnterims und sonst gehalten haben.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1405
):
also ist das gericht mit nutz und gewer herkommen von alter mit offnung in dem Nochstain.
Köbler, Ref. Nürnberg
136, 6
;
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ;
ders. u. a., Peinl. GO Karls V. ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Leisi, a. a. O.
7, 716, 9
;
Rennefahrt, Statut. Saanen .
4.
›dem Menschen zuteil werdende Offenbarung, Enthüllung religiöser Geheimnisse durch Gott, die Engel sowie göttlich visionär inspirierte Personen‹; teils mit besonderer Heraushebung der Wechselbeziehung zwischen den sich Öffnenden und denjenigen, denen die
öfnung
zuteil wird (vgl.
füreinliche fügung
im Beleg
Schmidt, Rud. v. Biberach
164
); in 1 Beleg (
Jostes, Eckhart
65
) wird
öfnung
einer
falschen minnerin
zugeschrieben, dann etwa: ›Einbruch, Hereinbrechen (von
blindheit
)‹; extensional wird
öfnung
auch auf die Offenbarung des Johannes, die Apokalypse, bezogen;
vgl.  356.
Im mittleren Frnhd. auslaufend; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, speziell der Mystik.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  5,  2, ,  1; vgl.  2.
Syntagmen:
die ö. melden, nicht mit bescheidenheit begreifen
;
die / eine ö
. (Subj.) [wo]
erzeigt werden, ein bekennen ewiger dinge machen
;
falsche minne eine ö. der blindheit sein
;
in der ö. der äusseren kunst eine verborgene kunst offenbar werden
;
ein mensch in der ö. sonder sich selben gekert sein, j. von der ö. gottes viel wissen / bekennen
;
die ö. gottes
(mehrfach),
des gemalen, St. Johans, die ö. der geburt Christi, götlicher warheit, götliches liechtes, äusserer kunst, der heimlichen dinge, des taugenen spiegels
;
die götliche
(mehrfach)
/ gähe / heimliche / ledige / mannigfaltige ö
.;
das buch der ö
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sant Dionysius sprichet, „daz engelischiu natûre ist als vil als die offenunge götlîches liechtes“.
Jostes, Eckhart
65, 29
(
14. Jh.
):
[ein valsch minnerin] ist ein offenung grozzer blintheit und ist ein reizzerinne dez ewigen tods und ist ein verkererin dez ewigen lebens.
Ebd.
71, 14
:
dorum bedarf si [sele] niht von auzzen di kunst in sich ziehen, sunder von der offenung auzzer ku̇nst so wirt die ku̇nst offenbar, di in der sele ist naturlich verborgen.
Ebd.
93, 34
:
also sein dis menschen [...] in ledeger offenung su̇nder sich selber gekert zu allen menschen. Also sol man verstan den ersten auzgank, den di sele auzgen sol auz der geschaffenheit irs wesens, zu su̇chen daz reich gots.
Gille u. a., M. Beheim
111, 522
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Dar nach daz ewangilg melt hy | dy affnung der gepurt Christi.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
daz der engel si ain bilde Gottes und ein luter glanzer spiegel ane fleken und ain offenunge des tôgnen spiegels und liehtes.
Schmidt, Rud. v. Biberach
16, 10
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Der fvnfte [weg] ist ewiger dingen heimliche ofnunge.
Ebd.
68, 14
:
Der fvͥnft sprosse der beschoͮd [...] beschiht, wenne wir die sache von gottes ofnung bekenen, die wir bi nùt mit menschlicher bescheidenheit begriffen mvͥgen als dvͥ ding, dvͥ wir gloͮben von natuͥr der gotheit.
Ebd.
101, 8
:
Das funfte zeichen vf nemender minne ist offnung goͤtlicher warheit.
Ebd.
18
:
want an groͤssi gotlicher minne lit wise goͤtlicher ofnung.
Ebd.
150, 12
:
Der vs gang der wisheit vnd dú ofnung macht in unsern inren sinnen ein bekennen ewiger dingen.
Ebd.
164, 1
:
Bi den „sprvngen“ ist och erzoͮgt ein gehe vnd vnversehenvͥ offenung des gemalen; der gemal [...] tuͦt, als er sin fuͦs stepfe in trucke den orden mit fureinlicher fvͤgunge vnd mit vnphintlicher bekennunge.
Ebd.
166, 10
:
so der mensche zvͦ ewigen dingen wirt geneigt mit hizziger minne, so er gelernet ewig sachen mit menigvaltiger ofnung, [...] daz er gange in ewigvͥ ding mit gotformig vnd lonber wuͥrkenge?
Ebd.
181, 10
:
Dar vmbe ist in dem buͦch der offenung geschriben alsus: „Vf ir hoͮbte waz ein kron von zwelf sternen“.
v. Maren, Marquard. Ausgabe
41, 29
(
Venedig
1483
):
Der meister. Ja sie wissen vil von der offnung gottes vnd auch das in die sele die von newem zuͦ in kuͤmen dovon sagen vnd auch die heiligen engel die in auch dick sagent wie es vͤmb vns stet.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
56, 14
;
Schmidt, a. a. O.
179, 18
.
5.
›festgelegtes Recht, rechtsgültige Vereinbarung, Weistum‹; als Metonymie zu 3 auffaßbar.
Alem.; Rechts- und Wirtschaftstexte.

Belegblock:

Boos, UB Aarau (
halem.
,
1309
):
ze gelicher wis als ob in der offnung begriffen ist.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1525
):
So stande in den offnungen och der täferi halb dem gotzhus zuͦgehörende.
Daruf herr abbt zuͦ Sant Gallen antwurten lies, siner gnaden vorfaren abbt Gothart [...], der sy mit denen uf den Bergen einer offnung eins worden, die si och angnomen haben. Welhe offnung sin gnad uns verlesen lies.
Kläui, Urk. Hermetschwil
196, 20
;
Leisi, Thurg. UB
7, 252, 13
.