öde,
sehr vereinzelt auch
ödiglich
sowie
ödlich
, Adj.;
1 von flächenhaft, 2 und 3 von dreidimensional räumlich gedachten Bezugsgrößen gesagt; 4 auf fehlende Eigenschaften / Personen bezogen.1.
›öde, unbebaut, verlassen, wirtschaftlich nicht (mehr) genutzt, wüst‹ (von bebau- und bewirtschaftbaren Flächen gesagt, die nicht mehr bearbeitet werden); bildlich auch für das irdische, unerfüllte Leben gebraucht; damit offen zu 4.Syntagmen:
ö. sein
(z. B. ein hof / weingut
) / werden
(z. B. ein hof / urbar / wald / weingarte
) / stehen
(z. B. die
1
albe
3) / liegen
(z. B. die trift, das gut
), den acker ö. halten
; der öde flek / ort / weingarte, die öde gegend / hofmark / hofstat / hube / stat / wüste, das öde lehen
.Belegblock:
die triffte [...], welche e. cf. g. zu besserung der wiltfur haben oede unnd wust ligenn lassenn, [...] mit des closters schaffenn zu betreibenn.
solcher gestalt giengen wir alle drey durch rauhe vnd vnbewohnte örter / beydes von Leuten vnnd froͤlicher Gegend / gantz oͤde vnd blos.
ob dein weingart nit pauen wirt | und öd wirt und nicht frucht gepirt.
Der durch die oͤden wüste [...] eines anegevangen goͤtlichen lebens begert uf die schönen heide eines geblümeten volkomen lebens zuͦ komene, dem [...].
mach kurzweil vil, treib hoflich ding, | verdrä dich als ain katz, | und wenn der schimpf all da ergat, | gee wider dar, so vindst ain öde stat.
Retenta Michahelis in den oͤden lehen.
ob di egenanten zwen hof oͤd wuͤrden von vͤns selben oder von welherlay pressten das beschaͤh, des [...].
Kläui, Schweiz. Urbare
3, 169, 8
; Weissthanner, Urk. Schäftlarn
167, 33
; Winter, Nöst. Weist. ;
Wopfner, Bauernkr. Tirol
99, 17
; Vorarlb. Wb.
2, 590
.‒
Vgl. ferner s. v. .2.
›leer, unbewohnt, verlassen‹ (von Häusern, Schlössern, vereinzelt von Räumen, Höhlen u. ä. gesagt).Gehäuft obd.
Bedeutungsverwandte:
.Syntagmen:
ein haus / loch, eine müle ö. sein
; etw
. (Subj.) ö. stehen
(z. B. ein haus
) / liegen
(z. B. ein tempel
) / bleiben
(z. B. eine wonung
); der öde stal, die öde höle, das öde geschlos
.Wortbildungen:
öde
die
) 2 ›leerstehendes Gebäude‹.Belegblock:
Und fuͦrt in
[den
gesellen]
neiswa hin einen krumben weg in ein loch under der erde, daz waz vinster und waz öde und jemerlich gestalt. Oed / da niemand ist vnd wohnet.
Da er lag in dem öden haus, | da kam im für ain vorchtlich grauß.
Domus dez pfaffen von dem Newen Spital, ist oͤd.
Die all mit 16 phardten [...] khamen gen Khernndten inn ain odes gschloss.
Hanns [...] hat geben nucz und gewer von einer oͤde, das weilnt ein siedhaus gewesen ist.
das keͣmerl oben auf der stuben und der hinder tail der oͤd und das gemeͣchl pey dem prunn.
damit die [heuser] öd stunden und kainen nucz seins leibgedings daran hiete.
die mul auf dem statgraben ist öd.
Skála, Egerer Urgichtenb.
40, 10
; Bell, G. Hager
233, 1, 9
; Niewöhner, Teichner
564, 2293
; Karnein, de amore dt.
225, 98
; ‒
Vgl. ferner s. v. .3.
›leer, ohne Inhalt‹ (von kleinen Hohlkörpern, Gefäßen oder mit solchen in Vergleich gesetzten Körperteilen wie Herz, Hirn, Kopf gesagt).Belegblock:
Kündestu rechte messen, wegen, zelen oder tichten, aus ödem kopf ließtu nicht soliche rede.
wenn du nimer Hast al tag | Gelt, dein seckel jst Ötte.
Oed / Ledig / in welchem nichts ist / [...] Vacuus.
hie leit gar ain ödes vas, | das mit crüzen umblegt ist.
4.
charakterisiert eine von der gesellschaftlichen Norm, dem Erwartbaren abweichende Qualität, meist eine Person, ihr Verhalten, ihre Handlungen in einer der jeweiligen textlichen Bewertungssituation entsprechenden negativen Weise; dabei ist das Moment des Fehlens einer positiven Eigenschaft jeweils mehr oder weniger bestimmend; als – Ggs. im einzelnen (z. B.):a) ›e. S. (z. B. der
tugend
1) bar, ohne etw. positiv Vorausgesetztes‹.b) ›körperlich und / oder psychisch geschwächt, erschöpft, kraftlos, willenlos‹.
c) ›geistlos, stumpfsinnig, töricht, albern, dümmlich, ohne Sinn und Verstand‹ (oft von Personen und ihren sprachlichen Handlungen gesagt).
Syntagmen:
j. ö. sein
; lesen ö. machen
; der öde gauch
(Schimpfwort) / bube / sin, die öde teiding, das öde klaffen / geschwäz
(dies mehrfach).d) ›unverschämt, frech, nicht über höfische Umgangsformen verfügend‹.
e) ›sinnlos, nutzlos, ziellos‹ (vom
leben
1; 4, von der welt
gesagt).Bedeutungsverwandte:
.Syntagmen:
j. ödlich predigen, das seine öde zeren
; die öde welt
; des lebens öde
(nachgestellt), das öde leben
.f) ›ehrlos, nichtswürdig, nichtsnützig‹.
g) ›vergebens‹.
h) ›ins Leere gehend‹.
i) ›abscheulich, widerwärtig‹; im Beleg fiktional diskriminierend auf Luthers Tochter bezogen.
j) ›falsch, lügnerisch, trügerisch, listig‹ (einer Schlange, einem Gegner als Eigenschaft zugeschrieben).
k) ›hochmütig‹ (Luzifer zugeschrieben).
l) ›geldgierig‹.
m) ›schlecht, wirr‹ (von einem Traum).
n) ›fade‹ (z. B. von Speisen).
Belegblock:
Zu a):
Derselbe Herodes snode | Und aller tugende ode | Durch sinen grozen ungevug | Mariamnam, sin wib, irslug.
Zu b):
Min vleisch mich machet bröde, | [...] | der tiuvel gein gote blöde, | gein sünden zageheit öde.
ich verlore all mein farb / vnnd ward gantz oͤd
[
vngestaltLuther
1545: ]
/ das ich aller krafft entsetzt ward. der lip waz öde von masslosi, der mand túrr von turstiger not.
ewiger got, wie sol ich betrüepte thuon? Wann daz hertz ist mir allerdingen öud, und felt wenig, daz ich die sel nŭt uff gib, so gar schwach binn ich von des grossen hungers wegen.
Zu c):
Vnd kumpt alein sich baden lon | Das er ein wenig ab wel laden, | Nit gantz vnd gar wel sufer baden, | Das er darnach mit oͤdem sin | Widerumb geladen kin.
Woltestu erst uns darzuͦ auch drouwen | Du oͤder har gelauffner buͦb | Mach dich hinweg in dschelmen gruͦb.
daß dich skalt wee muͤß strecken | Aller ußgmachten oͤden brecken
(›dummes Frauenzimmer‹).
Vil lesen macht oͤd, ernstlich betrachten ain text vnd geschrift zcu gschrift halten das erleuchtet.
Noch wundert mich ains grossen auch, | das man offt setzt ain öden gauch | zu ainem richter.
Aus, aus, torhaffter, tummer, | was sol dein öd geschwätz | mit deiner täding krummer?
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 32, 14
; Adomatis u. a., a. a. O. Nab.
843
; Niewöhner, Teichner
620, 34
; Zu d):
Aus aus du thor uil öde! | War senstu dich nach?
Zu e):
Bi sime reinen leben | Bekarte er vil snodir | Sunder, des lebens odir.
er [guͦter hirt] sin [alles des er waltet] nit odeclichem zert | noch vernútet, des wir gert | von Got und von den lúten.
Ebd.
7737
: so daz dir nit verwissen | nieman mag noch uf geheben | sam bis her min ódes leben.
Zu f):
Ade! so mag ich nüm belyben | By soͤlchen / oͤden / boͤsen wyben.
mit teglicher anreizung der schantlichen wort und werk, so si [die vom Schwebischen Punt] [...] inen enboten hetind, si schnoͤder und oͤder den die ungeloͤbigen genembt.
Zu g):
vff das ich nitt oͤdlich in dem glauben prediget vnd lernet.
da mit dein adeliche sat | nicht frücht ödlichen paẅ.
Zu h):
Zu i):
Zu j):
Als jn zuͦ Bern geschehen ist, | Do sye ein oͤden, boͤsen list, | Ein boͤsen fundt erdichtet han, | Das sye Marie strichen an | Ein maßen vnd ein fleck der sünden.
darumb far hin, du öder schlang, | schlych, krüch darvon din läbenlang!
Zu k):
Da must der snöd [Luciver] | und auch der öd | furbas mit allen | Sein gsellen han | hach durch die thron | her nider vallen.
Zu l):
Zu m):
Lass ich erwenden mich ein trawm vil öden, | so mügen mich all Chriechen | wol fürbas zelen ymmer zue dem pröden!