tugend,
die
;
-Ø/-e
oder
-en
, auch
.
– Das Bedeutungsfeld wurde wie folgt gegliedert: in 1 Betonung von
tugend
als Existenzqualität des Menschen; in 2 Bezug auf das dem Menschen in der Folge von 1 mögliche und von ihm geforderte Handeln; in 3 Bezug auf die entsprechende Eignung des Menschen (ütr. auch von Tieren); 4 und 5 stellen spezifische
tugende
von Frauen (so 4) und Männern (so 5) heraus; anschließend daran erscheint
tugend
unter dem Aspekt von Willensfreiheit; in 7 und 8 wird
tugend
als göttliche Kraft (so 7) bzw. als natürliche Gegebenheit von Sachen (so 8) herausgestellt.
1.
›dem Menschen (je nach Diskurs) von Gott, vom Glauben, von der Natur gegebene bzw. durch eigene Anstrengung erworbene Fähigkeit zum Guten, moralische Existenzqualität, Seelenvermögen, Gesinnung, innere Haltung, Habitus, Wissen als Disposition zu entsprechenden Handlungen‹ (damit offen zu 2); speziell: ›Stufe auf dem Weg zur Vollkommenheit‹;
tugend
in diesem Sinne steht als Hyperonym für die Gesamtheit möglicher Fähigkeiten zum Guten wie für unterschiedliche Einzelqualitäten. Das zugehörige Orientierungsfeld umfasst im offenen Übergang sowohl die eher aus der Antike tradierten Verpflichtungen  13, , , wie die in eher christlicher Tradition stehenden ,  1234, , (
der
1,  1, speziell auch die Seelenzustände bzw. auf Gott gerichteten
götlichen tugenden
:
1
 134, ,  15,  13.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘, speziell der Mystik.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
8, 1085-1090
;
LThK
10, 395-401
.
Gegensätze:
 1,  1,  1,  1, .
Syntagmen
(in Auswahl):
die / eine t. anfechten / anrichten / auserwälen / erstreiten / erwerben / finden / gewinnen / haben / hassen / lieben / stärken / tadeln / volbringen, got jm. t. geben, die t. von der untugend abscharten, eine t. größer als die andere dünken
;
die t
. (Subj.)
abgescheiden / edel / fruchtbar / gnädig / lauter, eine behältlichkeit, ein kleid der sele sein, jm. eigen, bei / in jm. beschlossen, auf etwas gerichtet sein, sich nicht verliegen, alle dinge durchgehen, im willen liegen, got genant werden, in / durch / von got kommen, in leiden bewärt werden
;
der t. sterben
;
in t. leben / zunemen, in der t. gottes stimme sein, sich in t. halten, etw. in die t. ausfliessen, in den tugenden aufgehen, in tugenden fruchtbar sein, sich mit t. bekleiden / zieren, j. mit t. erfült / reich, gekleidet sein, die untugend mit t. überwinden / vertreiben, nach t. sinnen, die cardinales fürsten über alle t. sein, j. von tugenden begabet sein, von t. zu t. über sich streben, von einer t. in die andere gehen, sich von den sünden zu der t. bekeren, ursache zur t. haben
;
die t. der barmherzigkeit / demütigkeit / gerung / grosmütigkeit / gütigkeit / hofnung / masse / miltigkeit / minne / stätigkeit
;
der flus / grund / lon / spiegel, die besinnung / frucht / kraft / macht, das fundament / kleid / liecht / ziel, die güter / werke der t., die apoteke aller tugenden
;
die angeborene / edle / geistliche / götliche / grosse / grundlose / gute / hohe / natürliche
›aus Gott geborene‹
/ sitliche / übernatürliche t., die drei / sieben tugenden
.
Wortbildungen:
tugendengel
,
tugender
,
tugendgewand
,
tugendgierdig
,
tugendpfad
,
tugendselig
›ein Wissen um die göttliche Gnade in sich tragend‹.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Eyn ielich richtere de sal vier tuͦgende an im han. de selben vͤire tuͦgent de hezzen cardinales, daz sint vorsten vber alle tuͦgent. §  de erste tuͦgent ist de richtecheyt, §  de andere wisheit, §  de dritte Steticheyt, §  de vierde maze.
Luther, WA (
1518
):
er spricht nicht, ein schlechter Mensch, sondern ein solcher, in dem da ist die form Gottes, als da ist gewalt, ehre, gerechtigkeit, weisheit, fromheit, keuscheit, [...], der vol ist aller tugend.
Ebd. (
1522
):
Diß elend leben ist ein reych aller sund und boͤßheyt, darynne ein herre ist der boͤß geyst, [...]. Deyn reych aber ist ein reych aller gnaden und tugend.
Ebd. (
1544
):
Es ist gar eine grosse tugend [...] sich selbs demuͤtigen.
Ebd.
28, 370a
, 21 (
1528
):
Denn auch die Heiden, [...], setzen es [...] also: Wenn das leben, gewalt und ehre auffhoͤret, so hoͤret die tugend auch auff.
Ebd.
33, 188b
, 37 (
1530
/
2
):
dieses Fleisch fleischert nicht, [...], es wird dir nicht geberen suͤnde, [...], sondern wird dich durchgoͤttern, das ist: Goͤttliche kraff, tugend und werck dir geben.
Ebd. (
1533
):
Es ist eine geistliche grosse tugend, Wenn einer [...], ubet, das er nicht sol fluchen [...] Denn es ist eine schwere grosse kunst, solche gedult zu erzeigen.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
Sey gegruͤsset Francisce [...] ein spiegel der tugend / erloͤse vns.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
man sol in der jogunt | di untogunt von der togunt | vollen genzlichen abescharten.
Reissenberger, Väterb. (
md.
,
v. 1406
):
[O wol dich, mensch] Das man dich da wesen siecht | Zu der Gotes rechten hant | Bechlait mit tugentgewant.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz man enkein guot werk ein guot werk geheizen mac noch enkein tugent, ez enbeschehe denne in der minne. Tugent diu ist alsô edel, alsô abegescheiden, alsô lûter, alsô blôz in ir selber, dazz [...].
diu tugent enist ein tugent, si enkome denne von gote oder durch got in gote.
Ders., Eckharts Trakt. :
wie alle tugende in dem willen ligent, ob er anders gereht ist.
Jostes, Eckhart
64, 23
(
14. Jh.
):
Wann di naturlich tugend niht gerichtet en ist uf ewig dink, so verleuset si iren namen.
Ebd.
92, 9
:
tugend ist ein mittel zwischen untugent und volkuͦmenheit.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
73
(
pfälz.
,
1436
):
das die sele von got geschöpffet an dem anfange ist an kunst vnd an togend, vnd darümb müs sie arbeiten, zu überkommen mit jrer naturlicher bewegunge [...] nach vernonfft vnd auch tugenden.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
Amadis, so das hertz zu aller tugend vnnd freundtligkeit geneigt hatt, trug grosses mitleiden mit jr.
wo du souiel tugendt vnd vernunfft liettest, daß du dises todtschlags reuwe vnd leyd trügest.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
25, 30
(
Frankf./M.
1626
):
Jch stets die Laster liebt / vnd hasste alle Tugendt.
Jahr, H. v. Mügeln
1052
(
omd.
, Hs.
1463
):
die tugnde sprachen sunder spot: | [...] wir sint von der Naturen gar | gescheiden: got uns hat geticht.
Ebd.
2265
:
die tugent wirt gar sunder spot | an mancher stat genennet got: | man spricht: die tugent caritas | gots tugent und got selber was.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
32, 12
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
menschen sein mer zu bosheit dann zu tugent geneiget.
Eggers, Psalter
71, 3
(
thür.
,
1378
):
Von gotis worte sint di hemile gevestenet, vñ von deme geiste sines mundes ist alle ir togent.
Strauch, Par. anime int.
20, 23
(
thür.
,
14. Jh.
):
diz glichnisse Godis an der sele daz sint tuginde.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
170
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
swer in daz tempel gert zu kumen, | der muz in hoher tugent leben, | von tugent in tugent uber sich streben.
Sachs (
Nürnb.
1531
):
Ich bleib erber, löblich und wirdig, | Vor schanden behüt, tugend-gierdig.
Ebd. (
1563
):
Vil mehr sol tugentselig leben | Ein Christ.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
215, 17
(
Nürnb.
1548
):
das allein der glaub die quell sey / da lieb vnd hoffnung / vnd alle tugent herkommen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
das wir vns eusserstes befleissen [...] von einer Tugend zu der andern zu schreiten.
Damit er [mein Will] als im Tugendpfad, | Allein sich nach dem deinen [Jesu] richt.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
ich heiss den einen weslichen menschen, der mit guͦter steter uͤbung die tugent erstriten hat.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
die natúrlichen tugende, sú sint demuͦtikeit, senftmuͦtikeit, miltekeit, barmhertzikeit, stillekeit, und diser glich das natúrliche tugende sint, ebe die uz Gotte geborn sint.
wie der usser mensche sol gesat und geuͦbet sin mit natúrlichen tugenden und die niderste krefte mit sittelichen tugenden, und wie der heilige geist danne die obersten krefte zieret mit goͤttelichen tugenden.
Ebd. (
1359
):
si erwerbent dem menschen goͤttelich tugende: gloͮbe, hoffenunge und minne.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 199
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
vf daz wir im [Cristum] volgen wellent in túgenden [...], die wise, die er vorte von innen, vnd die werg, die er wuͤrkte von vssen, das sint: túgende vnd werg der túgende.
Ebd.
2, 109
:
die einikeit vnserre obersten krefte vnd vnsers geistes, do die hoͤhesten crefte vs fließent wirgliche in alle túgende.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
Dem do begnúgt in der gerechtikeit dem ist die maist kraft
[Var. 1475
2
:
tuget
;
Froschauer
1530:
reychtag
;
Eck
1537:
sterck
;
Luther
1545, Spr. 15, 6:
Guts
].
Roloff, Brant. Tsp.
529
(
Straßb.
1554
):
Glück thuͦt dick Tugent fechten an.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
,swer ain tugend hat, der hab die tugent alle‘. unser herre gúzet die tugent sament in die sele. nu ist ain schidung entzwúschent den tugenden und iren werchen. dú tugend daz ist die minne, so ist minne ain werch der tugend. also ist ez umb all tugend.
Schmidt, Rud. v. Biberach
61, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
In der mitlen jerarchia des gemvͤtes sint die ersten die Potestat, [...]. Die andren heissent die Tvgender.
Lemmer, Brant. Narrensch.
76, 56
(
Basel
1494
):
Vß tugent ist all adel gemacht | [...] | Aber wer hett keyn tugent nitt | Keyn zuͦcht / scham / ere / noch guͦte sytt | Den haltt ich alles adels laͤr.
Maaler (
Zürich
1561
):
Tugend durchgadt alle ding [...] Tugend verligt sich nienen.
Steer, Schol. Gnadenl.
3,
A2, 334 (
schwäb.
1447
):
daz die tugent [...] mit der gnade in der sele sy, so hat die tugend doch ir crafft so schiere niht, alz die gnade.
Ebd.
6, 61
(
moobd.
15. Jh.
):
daz ein [...] besiczunge der tugent ein andaͤchtige sel gotformig machet.
Höver, Bonaventura. Itin. B
109
(
moobd.
,
1450
/
60
):
[das] got jn seraphin liebet als ain lieb [...], jn tugentengeln wúrckt er als ain tugent.
Mieder, Lehmann. Flor. ; ;
Große, a. a. O. ;
Quint, Eckharts Pred. ; ; ; ;
ders., Eckharts Trakt. ; ;
Jostes, a. a. O.
39, 14
;
Eichler, a. a. O.
1, 317
;
323
;
463
 f.;
635
;
794
 f.;
884
 f.;
939
;
2, 74
;
711
;
1254
;
1450
 f.;
1559
;
1589
;
1630
;
Froning, Alsf. Passionssp.
588
;
7970
;
Mone, Adt. Schausp. ;
Jahr, a. a. O.
1413
;
1435
;
Strauch, a. a. O.
70, 2
;
103, 22
;
Eggers, a. a. O.
62, 6
;
63, 10
;
Schönbach, Adt. Pred. ;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
30, 29
;
Sermon Thauleri
50b, 14
;
Kehrein, a. a. O. ; ; ;
Asmussen, a. a. O.
1468
;
Henschel u. a., Heidin
1854
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
3, 10
;
32
;
Franck, Decl.
338, 24
;
Langen, Myst. Leben
156, 15
;
223, 5
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
226
;
Reichmann, a. a. O.
146, 12
;
Rieder, a. a. O. ; ; ; ; ;
Schmidt, a. a. O.
18, 21
;
90, 20
;
Warnock, Pred. Paulis
6, 109
;
4, 133
;
Eichler, a. a. O.
2, 689
;
695
;
711
;
Vetter, a. a. O. ; ; ;
Roloff, a. a. O.
2556
;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 520, 11
;
2, 199, 10
;
216, 7
;
Goldammer, Paracelsus
4, 244, 20
;
Steer, Schol. Gnadenl.
2, 57
;
Sappler, H. Kaufringer
26, 111
;
Bauer, Imitatio Haller
88, 8
;
dies., Geiler. Pred.
80, 30
;
Reithmeier, B. v. Chiemsee ;
Vgl. ferner s. v.  3,
1
 6, ,  13,  1, (Adj.) 1,  12,  8,  2,  18, ,  1.
2.
›gottgefälliges, sittliches, ethisches und moralisches Handeln, tugendhafte Tat, vorbildliche Lebensführung als Qualitäten, wie sie aus der Existenzqualität von
tugend
1 resultieren und eingefordert werden‹; als Metonymie: ›dem Menschen auferlegte und als erfüllbar betrachtete Richtlinie, Maxime für ein der Forderung entsprechendes Handeln, eine entsprechende Lebensführung‹ (teils mit einer spiegelbildlichen Belohnung im Jenseits).
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Gegensätze:
 1,  2,  2, , .
Syntagmen:
die / eine t. annemen / aufgeben / beginnen / lernen / üben, alle t. hassen, jm. t. erzeigen, aus der not eine t. machen
;
jm. einer t. danken, sich der t. annemen
;
an t. lützel rasten, sich in tugenden arbeiten, das leben tugenden üben, ein werk in t. keren, die seligkeit mit tugenden verdienen, sich um die t. annemen, jn. zu t. anfüren / anreizen, von den sünden zu den tugenden faren
;
ungeschikt zu t. sein
;
die erste / geübte / gute / wirkende t
.;
der fleis, die anreizung / lere / schule / übung, der weg, das summarium der t
.
Wortbildungen:
tugendfrom
,
tugendfrüchtig
,
tugendsitte
ݟbliches
tugendhaftes
(1) Handeln in einer bestimmten Situation‹,
tugendspiegel
›Vorbild an gottgefälliger Lebensführung‹ (a. 1628).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Man muß offt auß der Noht ein Tugend machen.
Luther, WA (
1544
):
DJE erste tugent ist, [...] ,Habt einerley sinn unternander‘.
Ders., WA Tr. (
1530
):
Der zehen Gebot Tugende und Lastere. [...] sind ein Spiegel und kurz Summarium aller Tugenden und lehren beide, wie man sich halten soll gegen Gott und auch gegen den Menschen. Und ist kein schöner, besser, vollkommener noch kürzer Buch von Tugenden jmals geschrieben worden. Des ersten Gebots Tugend ist Gottseligkeit, das ist Gott fürchten.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
424
(
pfälz.
,
1436
):
Als der mensch jn dem willen vnd wolgefallen vnd ordenunge gottes sin leben volnbrenget vnd v̈bet jn tögenden, des ist ein exempel jn naturlichen leuffen.
Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
bewar dich vor sunden vnd vbe dich in tugenden.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Zuletst ward sein die Ganß gewar, | Kam baldt, erzeigt jm tugent from, | Vnd halff dem Reyher auß dem strom.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
8, 3
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Dem himel fride und lon nach tugenden, der helle pein und strafe nach sünden.
Opitz. Poeterey
8, 30
(
Breslau
1624
):
liessen sich [die einfaͤltigen leute] durch die anmutigkeit der schoͤnen getichte zue aller tugend vnnd guttem wandel anfuͤhren.
Langen, Myst. Leben
200, 14
(
nobd.
,
1463
):
Etlich clausnerin sprechent, / sie mussen sich durch / got an irem ebenmenschen an / tugenten vben.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Vir tügent früchtig gnad ich spür.
Sachs (
Nürnb.
1530
):
Ersam, schamhafft und tugentfrüchtig, | Nicht bübisch, unzüchtig, schamloß.
Franck, Decl.
341, 12
(
Nürnb.
1531
):
die Platonischen gsatz [...] lassen den trunck vnd gutte zech nach / als etwo ein zunder des verstandts vnd anreitzung der tugent.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
146, 21
(
Nürnb.
1548
):
ein schul / dariñ wir allerley Christliche tugent vnd zucht lernen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
der weseliche fride, der kumet usser der geuͤbter tugent. Und sint sicher, es ist anders falsch, er enkome us geuͤbter tugent; inwendig und uswendig muͦst geuͤbet sin.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 164
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
ein gantz wille, niemer me sv́nde ze tuͦnde [...] vnd denne die túgende ze beginnende vnd alle guͦte werg.
Ebd.
2, 273
:
das wir [...] lerent, wie wir vnser werg kerent in túgende.
Plant u. a., Main. Naturl. 303vd,
1
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
danne svln wir vb varen von den svnden zv den tugenden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Tugend (die) Aufrechte redliche hãdlu͂g.
Sappler, H. Kaufringer
16, 723
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
an tugent sült ir lützel rasten, | almuosen geben, peten und vasten.
Bauer, Geiler. Pred.
92, 16
(
Augsb.
1508
):
wie gar ungeschickt er ist zuͦ tugenden.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 199, 25
([
Augsb.
]
1548
):
Kaiser / Künig unnd Fürsten Hoͤfe / sollen der tugent und Erbarkait Schuͦlen sein.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
874
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
ist der mensch also czu der selichait geschikchet, also daz er si verdienn mit vermeyden der sünde vnd mit wurchunden tugenden.
Quint, Eckharts Pred. ;
Jostes, Eckhart
92, 30
;
Peil, Rollenhagen. Froschm.
24, 25
;
Reissenberger, Väterb. ;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
12, 16
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Gille u. a., M. Beheim
80, 231
;
Vetter, a. a. O. ;
Roloff, Brant. Tsp.
47
;
Sappler, a. a. O.
4, 1
;
Niewöhner, Teichner
564, 754
;
Vgl. ferner s. v. ,  14,  1,  1,  2.
3.
›Vermögen, Tauglichkeit, Begabung, Geschicklichkeit, Charakter, Eignung einer einzelnen Person (auch einer individualisierten Gruppe) sowie eines Tieres, jeweils als Eigenschaften, die jn. zur Bewältigung von Tagesaufgaben und zur Sicherung des sozialen Zusammenlebens bzw. ein Tier zur Sicherung, Erhaltung des Lebens befähigen‹; speziell: ›Charakter- und Handlungsqualität adliger bzw. obrigkeitlicher Personen, Herrschertugend (als zugeschriebene Eigenschaften bzw. als Ideal)‹; vereinzelt: ›positive Qualität einer Sache oder eines Sachverhaltes‹; auch auf die durch
tugend
ausgezeichnete Person ütr.; Belege teils als Säkularisierung von 1 verstehbar; möglicherweise semantischer Einfluss von
1
tucht
.
Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘ sowie für narrative Texte.
Bedeutungsverwandte:
(
die
12,  4,  78, ,  4,  1345,
1
(
das
68,  3, , , .
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B.
eine mutter / ein sperber / ein ros
)
eine t. (an sich) haben, js. t. erreichen / preisen / rümen
;
die t
. (Subj.)
leuchten / wiederkommen, jn. adeln, jm. kund werden, an / in jm. sein, in einem ros stecken / wirken, von naturen flus sein
;
j
. (z. B.
das volk
)
aller t. vol sein
;
an t. edel, mit t. geziert sein, jn. an t. rümen, aus t. eine kunst machen, etw. für eine t. halten, jn. in t. übertreffen, jm. in tugenden obliegen, von js. t. sprechen, j. von t. bekant sein
;
die t. Alexanders, des adels, der engel, an dem elefanten
;
die t. der fürsten / herren, der obrigkeit, der potentaten
;
die adelliche / angeborene / eigene / grosse / gute / herliche / schöne / sonderliche / weltliche t
.;
die zunemung in t
.
Wortbildungen:
tugendedel
,
tugendler
›ehrlos, frei von Tugend‹,
tugendmacht
.

Belegblock:

Goedeke, Fischart Schiff
122
(
1576
):
die statt ward so hoch geacht | Von wegen irer tugendmacht.
Luther, WA (
1525
):
wens grosse und frome Herrn [...], die mit hohen gaben und schoͤnen tuͤgenden gezieret sind gewest, sterben, [...].
so wissen wyr, das disse tugend und guͦter [vernunfft, verstand, weisheit und stercke] auch widderkomen werden.
Ebd. (
1530
):
Wie denn viel tugend am menschen sind, die der Teuffel nicht verderben kan und doch aus den augen thut [...], das man sie nicht sehen sol, Als an einem weib, ob es gleich allenthalben gebrechlich und kein ander tugend hette, so jst es dennoch gottes creatur und kan zum wenigsten wasser tragen odder windel wasschen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
41, 16
(
Magdeb.
1608
):
sagt / es sey eine sonderliche Tugend / das man sich seinen beruff gefallen lasse.
Ebd.
134, 2821
:
ich halts fuͤr ein grosse tugend / | [...] | Das man nicht leicht Feindschafft auffnehm.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ich sol mînen vriunt minnen [...] umbe sîne eigene tugende.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
276
(
Köln
1476
):
Myt gantzen hertz Man byllych prijst | Vwe doeghd ind froemheyt groyt.
Froning, Alsf. Passionssp.
3731
(
ohess.
,
1501ff.
):
richte recht zu aller stundt ! | ßo wird dyr ire und tugent kundt!
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
so viel von weltlichen tugenden soll ein fürst [...], und alle die in der regierung sind, wol acht haben.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
20, 27
(
Frankf./M.
1626
):
Also in manchem Rossz viel tugent heimlich stecket.
Perez, Dietzin
1, 133, 20
(
Frankf.
1626
):
Schließlich muß ein Wirthin vnverdrossen / eines guten Verstands / vnd faͤrtig von der Hand seyn / welche Tugenden alle meine Mutter vberflüssig gehabt.
Jahr, H. v. Mügeln
2249
(
omd.
, Hs.
1463
):
ist tugent von naturen fluß, | so ist das kint ein musicus.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
1, 24
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
der was der sechste keysir [...] von des [...] tuginde wirt herno gesprochin.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
144r, 27
(
Leipzig
1588
):
Der hohen Potentaten / Fuͤrsten [...] fürnembste Tugendt ist / Wan sie den einzigen waren Gott kennen.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 28, 2
(
Coburg
1634
):
Der hochtewre [...] Doctor Sebastian [...] neben dem so wol Tugend⸗vnd Stamm⸗Edlen Rittern vnd Poeten Ulrich von Hutten / wissen [...].
Morrall, Mandev. Reiseb.
175, 13
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Und sind also kúsche und haltend als ain saͤlig leben als kain gaistlich lút [...]. Das volck ist aller tugend vol.
Heydn. maister
3r, 7
(
Augsb.
1490
):
[Appollo] der die andern in weißheit vñ tugent úbertraͤf.
Brandstetter, Wigoleis
194, 38
(
Augsb.
1493
):
angeboren art vnnd tugend mer in jm würckten dann man in gelernen mocht.
Anderson u. a., Flugschrr.
23, 5, 25
([
Augsb.
]
1525
):
So seyn die Fürsten Prelaten / vnd herren / gwonlich von angeborner tugent / vñ guͦtter aygenschafft.
Memminger Chron. Zuschr. (
Ulm
1660
):
Seine Tugenden vnd Qualiteten [...] als welche von sich selbsten hervorleuchten.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
hât der spärwær ain tugent an im, daz er winterzeiten ainen lebentigen vogel [...] die ganzen naht helt.
Klein, Oswald
86, 3
(
oobd.
,
1428
):
O phalzgraf Ludewig | [...] dein steig | geit braite, schraitte tugent gross.
Munz, Füetrer. Persibein
5, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
wann das er ye her minnet | volkumenhait vnnd rechter adels tugent.
Alberus, Barf. ;
Reissenberger, Väterb. ;
Knape, Messerschmidt. Bris.
3, 35
;
Thür. Chron.
9v, 8
;
Opitz. Poeterey
7, 15
;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
15, 90
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
242
;
Goldammer, Paracelsus
2, 138, 25
;
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Dreckmann, H. Mair. Troja
7, 4
;
27
;
17, 17
;
Anderson u. a., a. a. O.
23, 11, 6
;
Pfeiffer, a. a. O. ; ;
Vgl. ferner s. v.  11,
1
 3,  13, (
das
2,  3.
4.
›Keuschheit, sexuelle Enthaltsamkeit, Sittlichkeit als Haltungen und Handlungen, wie man sie in frnhd. Zeit von Frauen erwartet bzw. ihnen positiv zuschreibt‹; oft von der Gottesmutter Maria gesagt; nur 1 Beleg auf die entsprechende Haltung eines Mannes (Herkules) bezogen; als Spezialisierung an 1 und 3 anschließbar.
Bedeutungsverwandte:
 6,  2, , ,  2, .
Gegensätze:
, , .
Syntagmen:
t. haben / retten / treiben / verachten, jm
. (z. B.
einem weibsbild
)
t. zumessen, js. t. nicht sagen können
;
die t
. (Subj.)
herfürleuchten, in jm. sein
;
j. in t. leben, mit t. putzen, nach t. stehen, etw. wieder die t. sein
;
der rum / stal, die geduld, das fas / kleid der t
.;
die frauliche / jungfräuliche / verdienliche t
.; personifiziert:
frau tugend
.
Wortbildungen:
tugendfas
,
tugendkämpfer
,
tugendvol
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
Der iungfraw leyb schwanger ward, | doch bleyb keuscheyt reyn beward, | Leucht erfur manch tugent schon.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
Das ich ure [frauwe] dughet niet en kan gesagen, | Want ich ure eerwirdicheit habe zo clagen.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
330
(
pfälz.
,
1436
):
das jungfrölichkeit vnd kuscheit gar ein gros verdienlich togend sy.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Die [Magd] eim Gesellen baß behagt, | Wenn sie mit schoͤn vnd tugent putzt, | Denn wers mit Kleidern auffgemutzt.
Gille u. a., M. Beheim
51, 28
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
[Maria]
Dein milt und güt | und tugent rum, | der cziret wol.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
46, 14
(
Nürnb.
,
1446
):
die [witwe] muste mit gezeugnüs beweyse, das sie were tuguntvol.
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
frow Tugend, frow Scham, | der frowen aller hoͤchste nam, | sitzt zuͦ den andern frowen nider.
Roloff, Brant. Tsp.
2
(
Straßb.
1554
):
LIeben freünd ir haben [...] | Von der Tugendt spyl hoͤren sagen. | Wie sie mit fraw Wolust hat disputiert | [...] | [Wie Hercules] [...] ein urtheyl geben zwischen den beyden | Damit die verlorne toͤchter all | Wider kommen in der Tugent stall.
Ebd.
656
:
Frommer ehren frawen hab ich noch vil | Den nit wol was mit wolust spil | [...] | Lebten in tugendt zucht und eren.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Luffend do die zwen [Maroltt und sin brüder | Der unzuchtte müder] an | Die tugend kempfer lobe san.
Lemmer, Brant. Narrensch.
107, 20
(
Basel
1494
):
[Hercles gdacht] Ob er der wollust noch wolt gan | Oder alleyn noch tugend stan.
Morrall, Mandev. Reiseb.
99, 5
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
man mag kain tugent von in [frowen von Chaldea] sagen, wann man ir untugent nit geschriben noch gesagen mag.
Anderson u. a., Flugschrr.
23, 3, 16
([
Augsb.
]
1525
):
schaidet ain weybßbild / es wirdt jr frewlichen oder Junckfrewlichen tugent zuͦgemessen.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
15, 6
(
moobd.
,
1473
/
8
):
durch ir [frawe] schön und auch tugent | ward ir götliche eere zue gemessen.
Weber, Füetrer. Poyt.
189, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
der künig zw im her ginge | mit seiner amey, der eren tugent vas.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
125, 42
(
tir.
,
1464
):
tu durchleüchtige rose des himlischen paradises, die da [...] geziert ist mit mannigfeltigen chlaid der tugent.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
77, 7
;
Dienes, a. a. O.
9, 23
;
Koppitz, a. a. O. ;
Roloff, a. a. O.
2441
;
Sappler, H. Kaufringer
8, 32
;
Wackernell, H. v. Montfort .
Vgl. ferner s. v. ,  14, .
5.
›Kraft, Tapferkeit, Stärke als Qualitäten und daraus resultierende Handlungen, wie man sie in frnhd. Zeit Männern zuschreibt bzw. von ihnen erwartet; Ruhm‹; speziell: ›tapfere Tat, Ruhmestat‹; auch auf die durch
tugend
bezogene Person ütr.; als Spezialisierung an 1 und 3 anschließbar.
Mittleres und späteres Frnhd.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  35,  3 (dort Weiteres),
1
 1,  1.
Wortbildungen:
tugendkraft
.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1632
):
Siegfried, du belebter Held, | Zier des Stammes, [...] | teurer Ausbund aller Tugend.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
dieweil ich mich one scham euwern Brudern nicht nennen dorfft [...] biß daß ich auch ewer hohe Tugendt vnd Mannheit etlicher massen nachgefolget het.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
3, 20
(
Frankf./M.
1626
):
Allen Adelichen [...] Kriegshelden [...] Wie auch Menniglichen / so jhre Tugendt vnnd Mannheit dem lieben Vatterlandt zum besten anzuwenden entschlossen.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Gott uffne imm er, manheyt, tugend und priß.
Lemmer, Brant. Narrensch.
8, 24
(
Basel
1494
):
Machabeus der sterckest man | Der vil groß tugent hat getan.
Maaler (
Zürich
1561
):
Sein eer vnnd Tugend weyt außspreiten [...] mit herrlichen vnd dapfferen thaaten.
Sappler, H. Kaufringer
5, 319
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
nun sagt | mir durch ewer tuget guot, | wauhin hapt ir ze reiten muot?
Ebd.
323
:
der jung ritter frumm und trew | sprach zuo im in tugentkraft: „herr, ich suoch ritterschaft [...]“.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
der fürst was ein rechte tugendt und eins mandlichen gemuͦts.
v. Keller, a. a. O. ;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Weber, Füetrer. Poyt.
200, 1
.
6.
›dem Menschen
von natur
eigene, nicht willensfreie (so ironisch bei
Luther
) bzw. der Sozialität unterliegende (so sozialkritisch im
Brant
-Beleg) Veranlagung, Eigenschaft, Fähigkeit‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
/
7
):
ob die hand gleich still helt, so ist doch der grund des hertzen vergifft, denn du guͤnnest deinem feinde nichts gutes, [...], Das alles heist morden und todschlagen, Und diese huͤbsche tugend stickt allen menschen von natur ynn yhrem hertzen.
diese schone tugend haben wir von natur alle an uns [Sund und schande mit gottes namen decken.].
Lemmer, Brant. Narrensch.
83, 5
(
Basel
1494
):
Noch armuͦt frogt yetz nyeman mer | Gar kum vff erd yetz kumen vß | Die tugend hant / sunst nüt jm huß.
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 190
.
7.
›göttliche Kraft, Stärke, Macht‹ (von den drei göttlichen Personen gesagt); ›Göttlichkeit, Vollkommenheit‹; tropisch: ›Kraft, Wirksamkeit (der Sakramente, des Wortes Gottes)‹; speziell bei
Luther
bezogen auf die Wirksamkeit des Glaubens.
Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
 1,  4,  2,  1; vgl. (
der
1,  8,  1.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
(die, js.) t. (er)kennen / erzeigen / offenbaren / sehen / singen / verkündigen, das wort gottes die t. beweisen, der heilige geist die t. vor
(›als‹)
eine eigenschaft haben, den werken die t
. (nicht)
zueignen
;
die t
. (Subj.)
offenbar werden
;
etw. von t. gewirkt werden, j. in seinen tugenden erhaben sein
;
die t. Cristi / gottes, des gerechten, des herren, der sacramente
;
der got, die volkommenheit der t., das fas aller tugenden
;
die götliche t
.
Wortbildungen:
tugendgrus
.

Belegblock:

Luther, WA (
1519
):
Die tugend der sacrament zu erkennen, muß man vor wissen die untugent.
Es were eyn grosser trost, wenn uns Gott [...] erwecket, das wyr die tugend und gabe solten sehen.
Ebd. (
1525
):
solch krafft und tugend kan es [wort Gottes] nyrgend stercker beweisen denn ym kampff mit dem tod.
Denn es ist ein schefftig ding umb das wort Gottes, [...] auff das seine macht und tuͤgent offenbar [...] werde.
Ebd.
33, 89b
, 31 (
1530
/
2
):
auff das man [...] absondere den Glauben von den guten wercken, denn der Glaube ist das Heubt und die werck sollen hernach folgen, aber man mus jnen nicht die tugend und krafft, die sonst dem Glauben gebuͤret, zueigenen.
Ebd. (
1535
):
,Jr seid das konigliche Priesterthumb [...]‘, [...] das jr verkuͤndigen solt die tugent des, der euch beruffen hat.
Reissenberger, Väterb. (
md.
,
v. 1406
):
Das Got mit uns nicht wurchen mus | Seiner hoffnung tugent grus.
Froning, Alsf. Passionssp.
5122
(
ohess.
,
1501ff.
):
dem vatter die gewalt zugeeygent ist. | die wysheyt dem sone [...] | die togent der heilge geyst vor eyn eygenschafft hat.
Eggers, Psalter
43, 3
(
thür.
,
1378
):
Erhaben bistu, here, in dinen tugenden; wir sullen singen dine tugent.
Ebd.
50, 11
:
Wer ist der kuͦnig der ere? got der tuginde ist kuͦnig der ere.
Langen, Myst. Leben
189, 9
(
nobd.
,
1463
):
So frew ich mich / geren in meinen leyden, daz dy tugent cristi in mir / wone.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Ach miltes herz, tuͦ es dur din goͤtlichen tugende
(Jesuskind).
Roloff, Brant. Tsp.
2214
(
Straßb.
1554
):
[Drei] Tretten darzuͦ mit Ritterlichem pracht | Erzeigen ewer [Weissheit] tugent und macht.
Buijssen, Dur. Rat.
27, 20
(
moobd.
,
1384
):
daz er merkch in Christo, den er bedewt, volchemenhait der tugent.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
wie all ander goetlich tugent dreyerlay seinn.
Quint, Eckharts Pred. ;
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
287
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Wackernell, Adt. Passionssp. Vsp.
1631
.
8.
›Fähigkeit, Heilkraft einer Arznei; Wirkkraft natürlicher Gegebenheiten‹ (von Steinen, Bäumen, Blumen, Wasser u. Ä.); in 1 Beleg auch: ›wirksames Vorbild, Beispiel‹.
Phraseme:
grosse tugend an etw. nemen
›sich ein Vorbild, Beispiel an etw. nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
 3; vgl.  9, , .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
agapis, ein pflaster
)
eine t. (an / in sich) haben, t. ab js. leben nemen
;
die t
. (Subj.)
e. S
. (Gen., z. B.
des weins
)
gros, in etw
. (z. B.
in holz, in kräutern / worten
),
wieder etw
. (z. B.
wieder das wütende gemüt
)
sein
;
etw. der t
. (präd. Gen.)
sein, wer [...]
;
etw. mit t. übertreffen
;
die t. des wassers, der kräuter / steine
;
die t. von dem diamanten
;
die grosse / reiche / wunderbare t
.;
der hort der t
.

Belegblock:

Wunderlich, Fierrabr.
51, 26
(
Simmern
1533
):
derselbig Rock wardt gemacht durch ein Merewunder / vnnd was der tugennt / wer jne anntruge / dem mocht weder durch Kraut oder sunnst Gifft / vergeben werden.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
56, 6
(
Frankf.
1535
):
Agapis der Steyn hat grosse tugent / besonder der ein farbe hat gleich eins loͤwen haut.
Ebd.
194, 9
:
Es [Terra sigillata] hat ein wunderbare tugent das hertz zu stercken.
Keil, Peter v. Ulm
476
(
nobd.
,
1453
/
4
):
[daz gracia dei] daz ist ein gut pflaster [...] daz also heilsam sey vnd als vil tugent an im habe.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
wir mugent grosse tugent nemen ab dim leben!
Warnock, Pred. Paulis
5, 56
(
önalem.
,
1490
/
4
):
die tugent und craft aller crúter und edler sten, was hulf dich daz [...]?
Sappler, H. Kaufringer
32, 2
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
Man sagt, gestain, wurz und wort | die habent reicher tugent hort.
Memminger Chron. Beschr. (
Ulm
1660
):
Wann nun das undere Wasser mit seinem zimblich reichen doppeltē-Fluß / auch dessen Kraͤften vnd Tugenden [...].
J. W. von Cube. Hortus
73, 8
;
85, 20
;
Belkin u. a., a. a. O.
58, 15
;
62, 18
;
98, 5
;
106, 8
;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
16, 7
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
46, 22
;
102, 7
;
Barack, Zim. Chron. ;
Dreckmann, H. Mair. Troja
22, 13
;
Langmantel, Schiltb. Reiseb. ;
Eis u. a., G. v. Lebenstein
30, 1
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 286
.
Vgl. ferner s. v.  2, , , ,  10,
2
 2.