trägheit,
die
;
häufig ohne Umlaut-(schreibung):
tragheit
, auch
trägkeit,
tragkeit,
/–.
›Trägheit, Faulheit, Untätigkeit, Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit, geistige Unbeweglichkeit als Fehlhaltung des natürlichen und sozialen Menschen‹; unter religiösem Aspekt entspricht dieser Haltung (deutlich häufiger belegt): ›geistliche Überdrüssigkeit, Lauigkeit als eine der Todsünden (lat.
acedia
)‹; sie führt den Menschen vom Glauben, von der Verehrung Gottes, von moraltheologisch begründeten Tugenden, von der Vermeidung von Sünde ab und fördert weltbezogenes Streben, Genusssucht und alle aus diesen Haltungen hergeleiteten Laster; in dieser Nuance erscheint
trägheit
häufig als Bestandteil von Lasterkatalogen; zu (Adj.).
Zur Sache:
LThK
10, 302
f.;
Lex. d. Mal.
8, 932
f.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Gegensätze:
 3,  1, ,  35.
Syntagmen
(Auswahl):
(die) t. aufwecken / (aus)lassen / ausreden / austreiben / verstehen / verwaschen / wecken, jm. vorwerfen, etw
. (z. B.
der geist
)
die t. vertreiben, von den gedanken scheiden, die natur e. S. t. geben, jm. senden, die t. von den gedanken scheiden
;
(die) t
. (Subj.)
ein hauptlaster, ein zeichen der minne sein, von etw
. (z. B.
von der unachtsamen sele, unerkentnis
)
kommen, aus etw. fliessen, jn. anfallen / aufziehen, jm. dräuen / entfallen / wiederstehen, not tun, die t. mangel / ziel haben, gebrechen leiden, nicht gut sein, den menschen verloren tun, der sünden last tragen, jn. am gottesdienst anstossen, sich vor jm. fussen
;
das eilen eine t. sein
;
der t. geniessen, etw. der t. halben versäumen
;
ein gebot ane t. erwälen, jn. durch t. verderben, etw
. (z. B.
gnade
)
durch t. verliegen / verlieren, etw. für eine t. schätzen, j. in t. bleiben, mit t. bekümmert sein, von jm
. (z. B.
von dem vater
)
scheiden, jm
. (z. B.
got
)
unere tun, Luzifer mit t. jn. fällen, etw. von t. kommen, jn. von t. erwecken, von der t. wegen etw. nicht tun, zu t. geneigt sein
;
die t. des bruders, der amptleute, der ungehorsamkeit
;
die t. zu götlichen werken, zum guten
;
die böse / grosse t
.;
der frost / die todsünde der t
.;
die stärke wieder die t
.,
frau trägheit
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Tragkeit Faulkeit muͤssigkeit sorglose läwigkeit maßleidigkeit unfrutigkeit.
Mannack, Rist. Pers.
167, 28
(
Hamburg
1634
):
kein eintziger Mensche so kuͤhn / der mir die Traͤg- vnd hinlessigkeit meiner vndergebenen Soldaten vorwerffen [...] doͤrffte.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Abr der geist der sterke | Trogheit vertriebt, daz merke!
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
ledikeit in der jogunt und trakeit, | di zwei tragen der sunden last.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Enmac daz denne niht ouch wol komen von trâcheit und von kleiner minne ze im [got]?
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8772
(
rib.
,
1444
):
Traicheit en dorfte sich neit underwynden | Mich zo halden vor noch hynden.
Ebd.
8978
:
Traicheit mir weder stoint | Ind began mir dreuwen zer stunt.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
so saltu vorware wissen | Das ich der hoffart eine bin, | Die zu zijden hait gestalt hien | Frauwe Tragheit, die du her nach | Sehen wirst.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
daz ir zu dem weder kumment mit arbeide der gehoresamkeide von dem [vater] ir gescheiden sit bit tragheide der ungehorsamkeide.
obe daz gebot irwullit wirt ane trachkeit und slafheit.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Daz erste tier ist hochvart, | Gytzikeit, sich, dar nach wart, | Unkuschir lib, herzen zorn, | Vraz, nyt, trakeit tunt verlorn | Den menschen an der sele.
Strauch, Par. anime int.
111, 32
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz ist ein zeichin [...], daz an un kein trackeit noch unlust joch beswernisse insi zu gotlichin werkin.
Neumann, Rothe. Keuschh.
566
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
der selben tragkeit sy genossen | das sy vorsümeten di barmherzikeit.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
147, 1264
(
Zwickau
um 1540
):
sagt warumb ihr doch | Aus unfleis oder tragheit lasset nach.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 291, 12
(
nobd.
,
1464
):
die tregen amptlewt und castner, die nicht moͤgen von ir tragkeyt wegen getreydemasz bestellen.
Gille u. a., M. Beheim
118, 653
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
In der warhait ir solchez wisst, | daz er sich selb vast dar umb frisst, | daz er der trakait helbe | Den guten jarmarkt hat versaumpt.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
9, 31
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
pitterkeit des gemuts, swermutikeit, trackeyt, poßheit, slebikeit, verdrossenheit czu guten dingen.
Ruh, Bonaventura
356, 23
(
orhein.
,
um 1480
):
not, daz du allen frost der trockeit oder lasterlicher trurikeit [...] mit höchstem fliss vßslaest.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
da von [unerkantnúst] kumet sumkait, trakait, urdrutze und verlassenhait.
Warnock, Pred. Paulis
19, 125
(
önalem.
,
1490
/
4
):
die schalkhaftig natur, die kunt und send dem menschen ainen urtrutz und trakhait in, macht in schläfrig, verdrossen und unlustig ze allen tugenden.
Ebd.
20, 202
:
so kumpt inen schier ze hilf der engel gotz [...] und erwekt si von aller läwikait und trakait.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3456
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Da mitt er [Lucifer] fellet maͤngen man: | Mit hoffart, zorn und unkúschait, | Mit urbunst, trakait, gitikait, | Mitt hass und mitt fraͤss nÿe.
Steer, Schol. Gnadenl.
5, 122
(
halem.
,
15. Jh.
):
daz die sele der gnǎden vnachtsam ist, vnd da von kumet vndankberkait vnd traͤghait, vnd in dem wirt die gnǎde verlorn.
Bauer, Geiler. Pred.
80, 7
(
Augsb.
1508
):
Darnach bitt gott [...] / daz er von dir nem das viert haubtlaster / das ist Tragkaitt / an dem gottes dienst.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wenn diu melancoli ain oberhant nimpt [...], sô kümpt dem menschen sweigen und betrahten, und swærikait, wainen und trâkheit, vorht und sorg und klainmüetichait.
der wein [...] kêret von unmilt in milt, [...] von hôchvart in diemuot, von trâkhait in snellikait.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Der selbe was mit grosser trakait und missetrawung bekúmert.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
jedoch sind sie [fürsten] nie gantz von dem hawͦs gescheiden, aber daneben grosse land verlorn durch trackheit.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Daraws moecht zuolesst die todsünnd der traghait fliessen.
Desgleichs zewcht der leib vndersich vnnd ist genaigt zuo traghait.
Kochendörffer, a. a. O. ;
Toeppen, Ständetage Preußen
4, 486, 3
;
Bömer, a. a. O. ; ; ;
Gerhard, Hist. alde e
5280
;
Strauch, a. a. O.
132, 28
;
Neumann, a. a. O.
5574
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Mon. Boica, a. a. O.
2, 1, 37, 23
;
Ruh, a. a. O.
326, 9
;
351, 18
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
394, 22
;
Matthaei, Minner. I, ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Rieder, a. a. O. ; ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
162, 12
;
Lindqvist, a. a. O.
4634
;
Plant u. a., Main. Naturl.
297ra, 7
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Stammler, Berner Weltger.
383
;
679
;
Sappler, H. Kaufringer
25, 134
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Primisser, Suchenwirt ;
Österley, Steinhöwels Äsop ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
211
f.;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
279, 7
;
Roth, a. a. O. ;
Reithmeier, a. a. O. ;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
2, 18
;
dies., Imitatio Haller
93, 20
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 188
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 249
;
Vgl. ferner s. v. ,
1
 8.