truz,
troz,
traz,
der
;
die Belege zeigen eine Häufung der Formen
traz
und
truz
im Obd., das insgesamt seltenere
troz
erscheint hauptsächlich im Norddt. (vgl. auch ); in präpositionalen Fügungen wie
(jm. / e. S.) aus / zu truz
jeweils in adverbialer Funktion.
1.
›Feindseligkeit, Bosheit; herausforderndes, aggressives Verhalten; Streit, Ärger‹; von negativ beurteilten Verhaltensweisen und Äußerungen unterschiedlicher Ausprägung, im Einzelnen von ›Schmähung, Beleidigung‹ bis hin zu ›Angriff, Kampfhandlung‹ reichend; sowohl neutral referierend wie positiv oder negativ wertend gebraucht, wobei die Bewertung vom Standpunkt des Textautors gegenüber dem
truz
Ausübenden oder dem ihm Ausgesetzten abhängt.
Gehäuft literarische Texte.
Phraseme:
truz und traz
(formelhaft).
Syntagmen:
t. brauchen / erleiden / (von jm.) hören / klagen / treiben / (jm.) t. tun, in js. glieder t. giessen, jm. (seinen) t. beweisen
;
ein / der t
. (Subj.)
anfangen / geschehen, sich erheben, jn. ängsten / herumtreiben, jm
. (z. B.
got
)
begegnen, jm. leid sein, nichts gutes bringen, aus etw. folgen
;
j. ane t. gehen, jn. / etw. gegen allen t. schützen, t. in
›gegen‹
jn. richten, mit t. toben, jn. mit t. erstechen, land und leute mit t. verderben, mit t. auf jn. gehen, wieder js. t. schuz halten, etw
. (z. B.
ein büchlein
)
jm. zu keinem t. machen
,
der t. des krieges, der feinde / Römer / Schwaben
;
ein böswilliger / grimmiger / grosser / mutwilliger / unerhörter / wiederspänniger t., viel t
.; in den präpositionalen Fügungen
(jm.) aus / zu truz
›mit böser Absicht, feindlich‹ in adverbialer Funktion.
Wortbildungen
trutzer
(dazu bdv.: , ),
trutzung
,
truzleute
wohl ›furchteinflößende Leute; Angreifer‹,
truzlied
,
truzmütiglich
,
truzwort
(dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
um 1524
/
7
):
wir wollen [...] trutzliche leute anrufen, die es den klegern abschrecken mit sauer sehen und dreuworten [...] zu disem betriege muß man die selbigen vermeinten trotzleute vorhin mit gelde wol schmiren.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Fräfel Mutwill trutz tratz.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
355, 3012
(
Magdeb.
1608
):
[die Vögel]
Stiessen mit Schnaͤbeln / Brust vnd Klawen / | Schlugen mit Fluͤgeln Mann vnd Frawen / | Das keiner bleiben kont am Platz / | Fuͤr jhrem muthwilligen Tratz.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
22, 20
(
Frankf./M.
1626
):
von Christo meinem Schutz / | Der seine Kirche noch schuͤtzt gegen allen trutz.
Schaer, Pyr.-Thisbe-Sp. III,
50
(
osächs.
,
1607
):
Ein dapfer(er) Ritt(e)r vnuerzagtt, | [...] | vonn dem das Reich het(t) guden Schutz | wider vnser feinde Gewaldt vnd trutz.
Sachs (
Nürnb.
1561
):
wie mit frecher hand | Mein statthalter mit trotz und pochen | Mein liebe gmahel hab erstochen.
Ebd. (
1563
):
[der bettlmann] schlug auff den mantel darnach | Mit der krucken puff, platz! puff, platz! | Samb zornig, mit grimmigem tratz.
Ebd. (
1562
):
Wer auch hasst die unnützen schwätzer, | Spotvögel und verwegen trätzer, | Der verhüt seinen eigen schaden.
Ebd. (
1563
):
alle hofgsind thet in hassen, | Und darzu auch der gmeine man, | Den er vil trutz und tratz het than.
Ebd. (
1568
):
Zanck, tratz, hader offt hin und wider | Geust Venus in all ire glider.
Wickram
4, 10, 26
(
Straßb.
1556
):
[an den Leser:]
gedenck doch das dir diss buͤchlin zuͦ keinem tratz noch nachtheil gemacht.
Ebd.
15, 13
:
was er
[der böse Nachbar]
durch eygne person nit kund [...] zu wegen bringen / da richt er sein knecht [...] an / damit dem guͦten herren gar vil trutz bewisen ward.
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
nalem.
,
1459
˺):
Lieb, du edler schatz, | mir ist laid der größ traz | den der Pfenning hät bewißet dir.
Adomatis u. a., J. Murer. Nab.
992
(
Mühlh./E.
1556
):
Dem Obersten in Isreal | Hast du Naboth gefluͦcht sinr seel | Welchs doch ein grewel ist und tratz.
Jörg, Salat. Reformationschr.
62, 17
(
halem.
,
1534
/
5
):
vil dialogos gemacht wider die hoch gelerten doctores Murner / Fabern / Eckenn / und [...] gar unmenttschliche spoͤt und tratz jn sy gerichdt.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
538
(
Genf
1636
):
trutz / oder trotz [...]. Ein ding so man einem zu leyd thut.
Maaler (
Zürich
1561
):
Tratz (der) Tratzung. Insultatio, Irritatio. [...]. Tratzlied / Das einem heimlich vnnd verborgen stich gibt. [...]. Tratzwort [...] Troͤuwort.
Morrall, Mandev. Reiseb.
122, 13
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
der kúng halt guͦt recht und guͦtten frid in sinem land, also daz yederman wol mag [...] gon ön sorg und trutz.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Zuhand wurden die zwên Giordiani [...] für recht regirend römisch kaiser erkent und offenlich berueft zu tratz und aus haß, so männiglich gegen kaiser Maximino het.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1602
):
Ob ainer seinem pfant [...] nicht nachstellen sonder aus trutz und hochmueth [...] bei dem richter beleiben lassen wolt, [...].
Peil, a. a. O.
488, 7039
;
Logau. Abdank.
164, 19
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Matthaei, a. a. O. ;
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
293
;
Bächtold, N. Manuel. Zugabe H. R. Manuel
378, 9, 9
;
Jörg, a. a. O.
72, 17
;
Winter, a. a. O. ;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 468
.
2.
›ablehnende Haltung, Widerstand, Widerwille; Ungehorsam, Widerspenstigkeit; eigensinniges, störrisches Verhalten; Selbstherrlichkeit, Überheblichkeit‹; im Allgemeinen negativ bewertet, im Einzelnen aber Ausrichtung wie unter 1.
Gehäuft Texte der Sinnwelten ,Unterhaltung / Literatur‘ und ,Religion‘.
Phraseme:
truz und poch
(formelhaft).
Bedeutungsverwandte:
 2,  2, (
der
2, ,  2, (
der
3,  2, , , ; vgl.  2.
Gegensätze:
,  1.
Syntagmen:
den t. ausrotten / brauchen / brechen
;
t
. (Subj.)
eine sünde sein, vergehen, jn. verderben, e. S
. (z. B.
dem glük
)
folgen, jm. t. geschehen
;
js. t. spotten
;
sich auf den t. setzen, das [...], mit t. dahinfaren / predigen, etw. mit t. sagen
;
der t. eines gewaltigen, der wiederwärtigen
;
der eigene / geübte / grosse t
.; in den präpositionalen Fügungen
ane / sunder t
. ›bereitwillig‹ und
jm. / e. S. zu t
. ›jm. / e. S. zuwider (handelnd), gegenläufig‹ in adverbialer Funktion.
Wortbildungen:
truzzeichen
.

Belegblock:

Luther, WA (
1529
):
dann er werde Jm (hat er mit grossem trutz vnd poch gesagt), dem Luther, noch den halß prechen.
Ebd. (
1535
/
6
):
den hoffertigen rhum und trotz hat unser herr Gott mussen ausroten.
Ebd. (
1535
):
Die aber, so [...] wider sein Regiment setzen auff den trotz, das sie Koͤnige [...] auff Erden sind, die wird er straffen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
317, 1770
(
Magdeb.
1608
):
DAs [Maß des Koͤniglichen Eyvers] soltn bedencken alle Herrn / | Jhr Guͤtigkeit ohn Trotz erklern.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
[der Mann]
ir [...] das maul zuͦ zerschlagen dreuwete. Sie [frauw] both im trutz, er gab ir ein schwenderling
(offen zu 3).
Gerhard, Hist. alde e
3609
(
omd.
,
um 1340
):
Ezechias sunder tratz | Babyloniern gotes schatz | Zeigte und offenbarte.
Sachs (
Nürnb.
1550
):
sie [weyb] peinigt meinen leib, | Kein ruh ich vor ir haben mag | [...] | So beweist sie mir iren trutz | Ohn verstandt, ursach, noht und nutz
(offen zu 1).
Niewöhner, Teichner
576, 70
(Hs. ˹
önalem.
,
um 1433
˺):
wer mit fuͤrsatz | der gerechtikait ze tratz, | lat in in die friung gan, | er hoͤrt och dem richter an.
Ebd.
577, 21
:
er [ain man von jugent] ist fasten und firren gram | und ist ungehorsam | got ze tratz.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 251, 16
(
halem.
,
n. 1529
):
dass man kein paternoster me tragen soͤlte [...]. Da ward erst ein partîsch trazzeichen daruss.
Ukena, Zuger Trag.
1660
(
halem.
,
1598
):
das jüdisch gsatz | Ihn welchem Gott gschicht großer tratz.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Widerspánikaytt und tracz ist ain súnd.
3.
›Unnachgiebigkeit, (mutige) Entschlossenheit, Standhaftigkeit, Härte (auch in religiösen Angelegenheiten); Stolz, Selbstbewusstsein; Abwehr, Schutz, Widerstand(swille) gegen feindliches Verhalten, gegen Angriffe‹; im Gegensatz zu 2 im Allgemeinen als ordnungsbewahrend beurteilt, damit positiv konnotiert; häufig in der Verbindung
jm. truz bieten
›jm., js. Absichten entschlossen entgegentreten; sich zur Wehr setzen‹.
Literarische, berichtende, religiöse Texte.
Phraseme:
trost und truz
(formelhaft).
Bedeutungsverwandte:
 1,  23, ,  2,  4; vgl. ,  6, (
der
3.
Syntagmen:
den t. verlieren, jm. t. bieten / erweren / schnellen, einen t. wieder jn. haben, etw
. (Subj.)
einen t. machen, mit sich bringen
;
etw. (js.) t. (wieder jn.) sein, js. t. wolgefällig sein
;
j. mit t. obsiegen
;
der geschriftmässige t., viel t
.; in der präpositionalen Fügung
jm. / e. S. zu t
. ›jm. / e. S. zur Abwehr, zum Schutz gegen jn. / etw.‹ in adverbialer Funktion.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
wie wol er [des Muͤntzers geist] uns feinder ist denn euch, Aber wir haben einen trotz widder jhn.
So muͤssen wir nun dise zungen
[›Anfeindungen‹]
leyden umb des manns willen, der Christus heyst, das ist unser tratz.
Trocz sey dem tode, teuffel gebotten.
Ebd. (
1535
):
Solche freud wuͤrde [...] mit sich auch bringen einen gewissen trost und trotz wider alle anfechtung der sunde.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
162, 3650
(
Magdeb.
1608
):
[die grossen Fisch] musten sich da braten lassen / | [...] | Jhr pracht vnd trotz war gar verloren
(auch zu 2 stellbar).
Ebd.
419, 4946
:
wie sonst an der festen Ketten / | Die Ring fein in einander tretten / | [...] | So ist ein Standt deß andern schutz / | Vnd bleibt allen Feinden zu trotz.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Ich
[der Bauer]
will dir
[seiner Frau]
den Münch erwehrn; | Des sey dir botten trutz!
Anderson u. a., Flugschrr.
4, 13, 3
([
Straßb.
]
1524
):
Gedenckent O Christliche͂ maͤnner / wie ewer standthafft dapfferkeit / vnd geschrifftmaͤssiger trutz / so wolgefellig [...] seyn werd / vor den augen goͤtlicher maiestat.
Ebd.
12, 8, 29
(
Wittenb.
1522
):
Dir sey aber trutz / vnd ein schniplyn geschnelt / dastu mir ein herlein krumest.
Ebd.
13, 10, 14
(
Leipzig
1522
):
trutze sey dir Luder gebothen / sampt alle͂ deynen knabenn.
Jörg, Salat. Reformationschr.
304, 10
(
halem.
,
1534
/
5
):
das sy
[die
von Zürch
]
allweg obsich gwellen
[in Rechtsstreitigkeiten]
mit vil trvtz wider die andern ortt.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
Si
[die Eidgenossen]
zúgent gen Ponterlin uf den platz, | den Walchen do zuͦ einem tratz.
ders., WA Tr. ;
Peil, a. a. O.
573, 2130
;
420, 4961
;
Klein, Oswald
121, 4
.
Vgl. ferner s. v.  1.
4.
›Tor, Hohlkopf‹; Schimpfwort als Übersetzung des hebräischen
raca
›Dummkopf‹ (
LThK
8, 982
).

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Wann der do spricht zuͦ seinem bruͦder trutz
[Var. 1475
2
–1518:
racha
;
Luther
1545, Mt. 5, 22:
Racha
]:
der wirt schuldig zuͦ dem rat.