trucken,
trocken,
treuge,
Adj.
/
Adv.;
Fortsetzung von
mhd.
trucken, trocken
›trocken‹
() unter Einfluss von wmd./
mnd.
dröge
; zu den seit
ahd.
Zeit im gesamten hd. Sprachraum nebeneinander bezeugten Formen mit stammhaftem
-o-
(z. B.
trocke, droch
u. Ä.) und (noch deutlich überwiegend)
-u-
(z. B.
trucken, druge
) vgl. ff. und
Kluge/S.
2011, 931
.
– Hohe Phrasemaffinität.
1.
›trocken‹, eine der physikalischen Primärqualitäten (neben heiß, feucht und kalt), die den vier Grundelementen (Feuer, Wasser, Erde, Luft) zugeordnet sind und in verschiedenen Zusammensetzungen (Komplexionen) die spezifische Beschaffenheit aller Materie sowie der Himmelskörper und ihrer Wirkung auf die Umgebung bestimmen; die mittelalterliche Humoralpathologie begreift auch die physiologische Konstitution des Menschen als Elementenmischung bzw. Säfteverbindung aus entgegengesetzten Primärqualitäten; das je spezifische Mischungsverhältnis der Säfte bestimmt sowohl Schicksal und Charakter des Menschen als auch bestimmte Dispositionen zu Krankheiten; entsprechend wird auch die Wirkung von Arzneimitteln den ihren Inhaltsstoffen zugrunde liegenden Komplexionen zugeschrieben.
Medizinische, heilkundliche Texte.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
5, 211
ff.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
j
. (z. B.
die kinder des Saturn
)
/ etw
. (z. B.
der schaden, das blut, die glieder
)
t. sein
,
etw
. (z. B.
Mars, der granat / knoblauch / schwefel, die alantwurz, das aloe / kraut
)
t. sein, blitze an sich selber t. sein, etw. t. von natur sein, der heilige geist t. in seinem wirken sein, nespeln t. an irer kraft sein
;
die complexion jn. t. machen
;
terra sigillata t. getemperiert sein
;
die truckene complexion / sucht
.
Wortbildungen:
truckenhitzige
(
der
) ›Choleriker‹ (dazu bdv.: ), ˹
truckenheit
1,
trükne
1˺ ›Trockenheit (als Primärqualität)‹.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
um 1524
/
7
):
sie ist von mancherlei naturen, specien und qualiteten zusamen geplezt, izt warm, dann kalt, feucht und trucken, und womit man eim hilft, vorderbt man das ander
(hier ironisch ütr. auf die katholische
messe
).
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
235r, 25
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
das czeich ist ein große hertikeit / an tragen durch der druckennheÿt willein vnd der grobheÿt der materie.
J. W. von Cube. Hortus
3, 3
(
Mainz
1485
):
Gallenus spricht daz knoblauch sy heyß vn̄ drucken in dem dritten grade.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
184, 8
(
Frankf.
1535
):
Schwebel ist heyß vnd trucken / vnd guͦt zu den artzneien der aussetzigkeyt.
Schmitt, Ordo rerum
331, 17
(
omd.
,
1466
):
Colericus trockenhicziger warmtruchner.
Menge, Laufenb. Reg.
655
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
[Saturn] ist kalt gryme vnd ouch vnrein | [...] | [...] | Also sint alle sine kint | [...] | Truken trege vnd kalte.
Ebd.
779
:
MArs der ist der dritte | Vnd sage dir hiemitte | Das er ist warme vnd truken gar | Vnd nymet der gallen war.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
Der mensch stehet in den vier complexen, also das er deren eine hat: dieselbig complex macht in kalt oder heiß, trocken oder feucht.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz ander werch ist, daz er [der hailig gaist] trucken ist in seinem würken, wann er trückent unstætikait, diu dâ fliezend ist
(hier ütr. bzw. allegorisch).
daz feur mag sein hitz und sein trucknen niht gelâzen.
Plinius spricht, daz dreierlai donr sein oder plitzen. die êrsten sint die niht spaltent, aber si prennent und die sint trucken an in selber.
nespeln [...] sint an ir kraft warm und trucken in dem êrsten grâd und sterkent den magen.
J. W. von Cube. a. a. O.
100, 18
;
Belkin u. a., a. a. O.
140, 8
;
154, 8
;
192, 6
;
Menge, a. a. O.
1980
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Henisch  f.;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 360
.
Vgl. ferner s. v.  1, , ,  2, , .
2.
›trocken; nicht (mehr) nass, feucht‹ (auf den aktuellen, gegenwärtigen Zustand der Oberfläche von Bezugsgrößen nicht-flüssiger Konsistenz bezogen); auch als Qualitätsmerkmal von Naturprodukten wie Holz, Getreide, Leder u. Ä.;
vgl.  5.
Phraseme:
˹
truckenes fusses; mit truckenem (treugem) fus
(mehrfach)˺ ›ohne nass zu werden‹;
jn. trucken bekleiden
›jn. mit trockener Kleidung versehen‹.
Gegensätze:
 2.
Syntagmen:
t. werden
(unpers.);
etw
. (z. B.
der mantel / span, die frau / zwiebel, das geschüz / holz / tuch
)
t. bleiben / sein / werden
;
das heu t. auffangen
,
die frucht, das korn t. einfüren / liefern
,
das gewürz t. stossen
;
Christus, das volk t. gehen
;
der truckene hopfen / stein / wezstein, die truckene frucht / garbe, das truckene holz / leder
.
Wortbildungen:
truckenstange
›Wäschestange‹,
truckentuch
,
trükne
2 ›Zustand des Trockenseins‹.

Belegblock:

Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8864
(
rib.
,
1444
):
Hedde ich droege houltz, ich soulde gerynge | Dat vuyr dar in brengen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1586
):
der regen hoirt doch den anderen tag uff, das es treuge wart.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
dat korn [...] wart so droige ingevoirt [...], dat [...].
Beckers, Bauernpr.
57, 4
(
Köln
1515
/
8
):
is der spaen
[einer Buche um Allerheiligen]
droech. so is der wynter warm.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Dawider scheyn die liebe Sonne, | [...] | Mit hitz thet sie den Botten trucken | Das jm der Mantel baldt wardt drucken.
Stoltzius, Chym. Lustg. (
Frankf./M.
1624
):
Vnd wann es trucken worden draus
[Tuch]
: | Das gefaͤrbte Tuch [...] | Sein bgehrt vnd gsuchte Farb behaͤlt.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
82, 2
(
omd.
,
1487
):
dÿe weill ÿn gott grosse wúnder irzceigte, sÿe mit trewgem fusße über das roth mehr furende.
Henschel u. a., Heidin
1661
(
nobd.
,
um 1300
):
Sprache er iA si sprach nein | [...] | Sprach er trvcken. si sprach naz.
Bell, G. Hager
162, 2, 4
(
nobd.
,
1597
):
Das alles volck kund drucken gan | Durch den jordan.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1517
):
ein große laugenwesch, fur kessel, 4 weschin iren lun und truckenstangen alles 30 ℔.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
537
(
Genf
1636
):
Trucken [...] nicht naß.
Niewöhner, Teichner
711, 11
(Hs. ˹
oschwäb.
,
1472
˺):
bey der trucknin erkennt man naß.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
200, 5
(
Augsb.
1553
):
Nempt ziwiben, wescht sý jn ainem wasser [...] seicht das wasser darúon, das sý wider trúcken werden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein dreuger wetzstein schleifft nichts guts.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
obgenanter Moscheh [...] füert alles volk truckens fueß durch das rot mer.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1597
):
das heu sol auffangen sein zu rechter zeit drucken und schön.
Ziesemer, Marienb. Konventsb.
251, 9
;
Lippert, UB Lübben
2, 204, 16
;
Päpke, Marienl. Wernher ; ;
Winter, a. a. O. ;
Rechn. Kronstadt
2, 97, 19
;
Vgl. ferner s. v.  1, .
3.
›eingedickt, eingetrocknet‹ (auf flüssige, teigartige Substanzen, Körperflüssigkeiten, Fluide, z. B. Salben, medizinische Tinkturen bezogen); im Zusammenhang mit der Wundheilung auch: ›nicht mehr eiternd, nässend‹;
vgl.  4.
Phraseme:
truckener husten
›Husten mit zähflüssigem Auswurf; Bronchialkatarrh‹.
Bedeutungsverwandte:
 1g, (s. v. ); vgl. (Adj.) 3.
Wortbildungen:
truckenlecht
›dickflüssig; an der Oberfläche abgetrocknet‹ (a. 1535),
trükne
3 ›Obstipation‹ (a. 1611).

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
119, 12
(
Mainz
1485
):
Disse bletter samelet man [...] vnd stoisset die vnd presset darvß den safft. darnach laisset man den drucken werden in der sonnen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
130, 17
(
Frankf.
1535
):
Diser steyn [...] ist vonn natur stopffen vnnd trucken machen / vnd ist kelten
(auf die Wundheilung bezogen).
Keil, Peter v. Ulm
137
(
nobd.
,
1453
/
4
):
laß sie [laugen] wol syeden, also lang piß daz sie da trucken eingesotten ist.
Ebd.
259
:
thu denn als vil ayr-clar dorzu piß das es ein wenig trucken werd.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
wan die wund gantz vff gehoͤrt zuͦ eytern vnd druckenn wil werden.
die artzeny dürre oder drucken vf der wundē was / das er sie nicht dannen moͤcht genemen.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
205, 18
(
Augsb.
1553
):
wan es
[ein Teig aus Quitten, Eiern, Zucker]
oben her trúcken wirt, so thúe sý
[die fertigen Schnitten]
auff ain bret hinder den offen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
sein pulver mit cinamomespulver ist guot für die kalten und die trucken huosten.
Lehmann, Rezeptb.
273
.
4.
›getrocknet, gedörrt, mürbe‹ (auf die Beschaffenheit von Dingen, Sachverhalten nach dem zweckorientierten Entzug von Wasser, Feuchtigkeit bezogen, z. B. bei der Nahrungszubereitung, beim Haltbarmachen von Lebensmitteln);
vgl.  3.
Bedeutungsverwandte:
 1, (s. v. ); vgl. ,  2,  2,  1c; 1d,  3.
Gegensätze:
.
Wortbildungen:
truckenfleisch
(
treugefleisch
).

Belegblock:

Thielen, Gr. Zinsb. Dt. Ord.
73, 42
(
preuß.
,
1414
/
22
):
1 schock spis treugefleischs.
Ebd.
101, 2
:
15 ochßen treuge und im saltcze.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
76, 24
(
preuß.
,
1417
):
3 schog truge brosmen
(wohl: ›Semmelbrösel‹).
Ebd.
107, 16
(
1423
):
5 spisse truges fleysch und ½tonne heringes.
Ders., Gr. Ämterb.
187, 17
(
16. Jh.
):
etzliche spiesz droeg fysch.
Helbig, Qu. Wirtsch.
1, 45, 6
(
md.
,
1470
):
haben nichts hausspeyße gemeynlich alß treuge fleysch.
Hajek, Gůte spise
9
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
giuze ez zvͦ dem muͦse mit trucken gestozzeme krute.
Ebd.
42
:
suͤde die gans in dem sode, biz sie vilnach trucken si.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
73, 24
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
di vische di si essin unde das vie, truge unde vrisch, di sint kleyne.
v. Bunge, Livl. UB
3, 330, 38
;
Toeppen, Ständetage Preußen
5, 250, 9
;
Blümcke, Hans. Gesandtsch. ;
Helbig, a. a. O.
2, 31, 25
;
Vgl. ferner s. v. .
5.
›ausgetrocknet, hart (geworden)‹; auch: ›unfruchtbar‹ (auf die Beschaffenheit des Erdbodens in niederschlagsarmen Gegenden bezogen); im Kontext mystischen Sprechens ütr.: ›nach Gott dürstend, des göttlichen Segens entbehrend‹ (vgl. ggs.  2).
Bedeutungsverwandte:
 1a, (Adj.) 1, (Adj.), ,  1,  2,  1, ; vgl. (Adj.),  3,  1.
Gegensätze:
, .
Wortbildungen:
˹
dröchte
(mnd.
drogde
, zu ),
truckenheit
2,
trükne
4˺ ›Dürre (des Landes)‹; hier ütr.: ›Mangel, Entbehrung‹,
truckenlich
›knapp, kurz (auf Aussagen bezogen)‹ (a. 1546).

Belegblock:

Chron. Köln (
Köln
1499
):
dat in dem coelschen lande niet reghent dri jair lank, so dat groisse droechde des landes was.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
das man yn nicht begraben sulde in keynem trugen noch in keynem herten ertriche.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
263, 8
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Die gräber und wasserleufte reumen und ganghaftig machen und das wasser auf die treuge bodem leiten.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
[eine grüne]
Wurtzel / welche aus einem duͤrrem / trockenem / hartem vnd vnfruchtbarm / oder sandichtem vnd steinichtem Erdreich herfuͣr scheust.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1589
):
Wasch schoͤn als was ist vnrein, | Begeus was trocken ist gmein.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
178
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
daz gepet, / | daz von trukenem herze get | und daz der mensch in vorhten | spricht mit plossen worten.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz bewerte dú edel gehorsami dez ewigen sunes, dú in truchenr biterkeit ward volbraht.
In dem sinne wer mir lieber ein truchenheit, denne ane daz ein hinfliessende suͤssekeit.
Glatz, Chron. Bickenkl. (
önalem.
,
um 1640
):
als sie nun kam zue der zeit, da sie gleich wolte oder solte hinzuegehn und das brott der engeln empfangen mit ihrer großen dürre und drükne des gaists, gedunkte sie, [...] das [...].
Vgl. ferner s. v. ,  5.
6.
›frei von Wasser‹ (allgemein); speziell: ›nicht (mehr) überschwemmt, überspült‹; auch: ›trockengelegt‹; auf den Zustand von Wegen und Straßen bezogen: ›nicht verschlammt‹; auf Wassergefäße bezogen: ›leer‹; subst.: ›Festland, fester Boden‹ im Gegensatz zum Meer;
vgl.  6.
Phraseme:
einen flus trucken liegen lassen
›ein trockengelegtes Flussbett landwirtschaftlich ungenutzt lassen‹.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
der krug / weg
)
t. sein, etw
. (Subj., z. B.
der bach / grund / se, das mer
)
t. werden
;
der truckene graben, das truckene erdreich / land
;
etw. im truckenen liegen
.
Wortbildungen:
trükne
5.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
/
7
):
Da das Meer mit dem Stabe geschlagen war, da kam ein wind, der das Meer weg hube, das es trucken ward.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
408, 4602
(
Magdeb.
1608
):
Das ehemals daß Wassr alle Land / | Mit einer Suͤndfluth vberrant / | Alles ertrencket ohne Gnad / | Was sein Odem im trucken hat.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
A. 1537 ist das mer im koninkrich von Neapolis verfallen und 8 meilen wegs druch lant worden.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Er
[Gott]
hat das meer in alten jaren, | [...] | Jn drocken land verwandelt gar.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
15, 35
(
Frankf./M.
1563
):
Etliche seind inn der meynung gewesen / wenn man das kraut AETHIOPIDEM in ein bach oder see werff / so werden sie trucken.
Jahr, H. v. Mügeln
2130
(
omd.
, Hs.
1463
):
her Moises fur durch das mer; | [...] | durch hoffen trucken wart der grunt.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
die wege waren das 79. jhar immer gutt unde treuge.
Sachs (
Nürnb.
1552
):
Der krebs ist auch feuchter natur | Und wonet in dem wasser nur, | An der trückne kan er nicht leben.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
do was der Franzesisch kuͤng [...] verrukt gon Marinian, an der Lodenstrass, uf ein veld, mit tiefem wasser und drochnem graben underzogen.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
so si den truckinen graben nit haben moͤgen gewinnen, so gewinnen si die stat ouch niemermer.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
377
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
da wart daz ertreich trukchen gesehen vnd mit gras bedekchet.
Peil, a. a. O.
527, 665
;
Reissenberger, Väterb. ;
Thür. Chron.
1v, 24
;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 127
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 189
.
7.
›fest; nicht flüssig‹ (allgemein); überwiegend speziell auf die Konsistenz nicht-flüssiger Handelswaren bezogen.
Phraseme:
die truckene (druge) ware
(mit Tendenz zur Univerbierung);
das truckene gut
;
das truckene mas
›Maß für nicht-flüssige Quantitäten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.
Gegensätze:
 2.
Wortbildungen:
drugware
(nur wmd.).

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk.
1, 128, 36
(
rib.
,
1485
):
der sulchs ouch van stunt an bij sijme eide [...] kuntdoin sall, umb den hundersten pennink daevan gelich anderre druger war zo geven, heischen ind zo nemen.
dat hei diesselve koilen, hei also herinbrengen wirt, gelich ind mit sinre drugerwar verassijsen [sal].
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1374
):
Ez wolten unser burger zway vas mit waͤlisch wein gen Prage geschikcht haben und einen teil trukchens guͦt.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
[der kaufman] sol auch aufsten und fuͤren wein oder truchens guͦt.
Wedler, W. Burley. Liber
160r
(
moobd.
,
v. 1452
):
„Was ist der snee?“ „Ain trucken wasser.“
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1625
):
zu den ehehaft tätting nach der freiung Philippi und Jacobi soll man bringen alle maß truckne und nasse.
8.
›arm an Niederschlägen; von geringer Luftfeuchtigkeit‹ (bezogen auf klimatische Verhältnisse und Jahreszeiten).
Phraseme:
truckenes wetter
.
Bedeutungsverwandte:
 1e; vgl.  4.
Wortbildungen:
˹
truckenzeit
,
trükne
6˺ ›Trockenperiode, Dürrezeit‹.

Belegblock:

Beckers, Bauernpr.
52, 14
(
Köln
1515
/
8
):
der sommer wyrt guyt. vn̄ eyn droeger herbst.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Anno domini MCCCCXC do was eyn heiss unnd trucken sommer.
do komen czwene froste; do begunden dy luthe zu lesen, unnd wass alle wegen truge wetter.
Schib, H. Stockar
126, 13
(
halem.
,
1520
/
9
):
Uff die zitt ist ain gutter, warmer winter gesin und druckan.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein Vast Trocken vnd dürr jar.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Nach dem kam ein grosse heftige dürr und trücken und erdpidm.
Qu. Brassó
4, 49, 13
(
siebenb.
,
1625
):
Im Junio, Julio, Augusto und September ist solch Truckenzeit gewesen, dass die Weinbeeren an den Stöcken verdorret sind.
Ebd.
227, 3
(
1639
):
Eben in diesem Jahr ist solch trücken Wetter zu der Korensaat gewesen, das [...].
Peil, Rollenhagen. Froschm.
265, 145
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Vgl. ferner s. v. .
9.
›gegen Regen, Niederschlag, vor Wasser, Luftfeuchtigkeit geschützt‹; ütr. (teilweise ironisch): ›sicher, behütet‹; subst.: ›geschützter Ort‹.
Phraseme:
etw. trucken legen
›etw. im Trockenen aufbewahren, lagern‹;
trucken sitzen
›in geordneten Verhältnissen leben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Reichmann, Dietrich. Schrr.
214, 6
(
Nürnb.
1548
):
darumb gehn sie hin wie feyne gute Epicurer / schawen wie sie dem regen entlauffen / vnd im drucken stehen moͤgen.
Menge, Laufenb. Reg.
3938
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Ein veisser grober swärer man | Muͦß warme druken stette han.
Lemmer, Brant. Narrensch.
102, 57
(
Basel
1494
):
Der guckuß manchen tribt von huß | Der vor gar sanfft / vnd trucken saß | Der stoßt sin guͦt jns affenglaß.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
163, 47
(
Augsb.
1553
):
winds jn ain bapir, behalts sý an drúcknen orten, das kain lúfft daran kan, so bleiben sý resch.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Damit aber dise geng sauber vnnd trucken bleiben / haben sie an etlichen orten / vnder der tieffe verborgne riñen.
Dise Kauffheüser seind groß vnd lang / vnd obenthails außgewelbet / thails mit einem Zim̄er beschlossen / das man also zuͦ jeder zeit darunder kan trucken wandlen vnnd handlen.
Vgl. ferner s. v.
2
,  1.
10.
›sauber; frei von flüssigen Ausscheidungen‹ (auf Menschen oder Tiere bezogen).
Bedeutungsverwandte:
vgl. (Adj.) 4, .

Belegblock:

Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
An im
[Jesus, dem Kleinkind]
und aller siner waͮt | Wart nie gesechen unflaͮt, | Maͮsen, fleken kaine | Noch ander ding unraine. | Truken, schoͣn man es vand | Als man es laite von der hand.
11.
in Phrasemen häufig mit der Grundbedeutung ›ohne etw., e. S. entbehrend, frei von etw.‹; im Einzelnen: ˹
der truckene pfennig / taler, das truckene geld
˺ ›Bargeld (ohne Zinskraft)‹;
der truckene plaz
›öffentliche Vergnügungsstätte ohne Alkoholausschank‹ (mit Tendenz zur Univerbierung, siehe die Wortbildung);
die truckene mauer
›Mauer aus lose (ohne Mörtel) geschichteten Steinen‹;
die truckene messe
›Messe ohne Kommunion‹;
die truckene taverne
›Herberge ohne Ausschankrecht‹ (mit Tendenz zur Univerbierung);
das truckene alter
›der letzte Lebensabschnitt‹;
das truckene brot
›Brot ohne Belag‹;
das truckene feuer
›die verloschene Feuerstelle‹;
das truckene garn
›Fischfangnetz‹;
truckene streiche / schläge
›Schläge, die keinen Austritt von Blut verursachen‹;
mit truckener hand
›ohne Blutvergießen‹; auch: ›mit bloßer Faust‹;
mit truckenen worten
›unverblümt, direkt‹;
trucken ausbaden
›finanziell ruiniert sein‹ (vgl.  2);
jn. trucken tränken
›jm. nichts zu trinken geben‹;
jm. trucken scheren
›jm. das Geld aus der Tasche ziehen‹;
jn. trucken schwitzen leren
›jm. extreme Angst einjagen‹;
einen truckenen tod sterben
›ohne Gewalteinwirkung / Blutvergießen sterben‹.
Wortbildungen:
truckenplaz
,
truckenscherer
›Barbier‹ (a. 1470); ütr. auch: ›Scharfrichter‹ (a. 1595).

Belegblock:

Luther, WA (
1523
/
4
):
der hat so lang gefastet, eytel trucken brod gessen und wasser getruncken.
Ebd. (
1535
):
Er wird unten ja so durr gespeiset und trucken getrencket, als er Lazarum hie gespeiset und getrencket hat.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
eine kam zuͦ einem doctor unnd klagt im ire noth [...] und zaigt im so vil mit trucken worten an, daß sie gern leüß imm peltz gehabt het.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
so aber ainer ain mit trucken straichen schlecht, ist auch funfzehen pfenning.
Reichert, Gesamtausl. Messe
174, 27
(
Nürnb.
um 1480
):
dann die Armiacken triben sie in ainen weingarten, der was umbmaurt mit ainem trucken meurlin.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
deß trawer ich in grossen sorgen, | Er werdt also trucken außbaden.
Ebd. (
1563
):
Drumb hat niemand mit ihm erbarmen. | Solchs ist der tyrannen hoffarb, | Das keiner druckens todes starb.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1618
):
zween Brüder, die Wuchrer sein | Vnd die den Leuten drucken schern.
Maaler (
Zürich
1561
):
das Trochen außzeert alter. [...]. Das Trochen feüwr das nit mer brännt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1368
):
man sol ouch ein ieglich pfunt liptings
[›lebenslänglich geliehenes‹]
truckens geltez verstiuren fuͤr sehs pfunt truckener pfening.
Müller, Stadtr. Ravensb.
150, 10
(
oschwäb.
,
1361
/
5
):
wer [...] den andern uͥbel handlot mit trukner hant, mit stoͤzzen ald schlegen [...], der muͦz gen ze besserung an die stat ₰ XV.
Buijssen, Dur. Rat.
16, 23
(
moobd.
,
1384
):
Ayn trukchne mess haizzet, wenn daz ist der priester nicht gesegn mag goczleichnam.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
16. Jh.
):
truckenplëtz sein verbotten darauf zu scheiben oder andererlei spil.
Ebd. (
um 1560
):
all drugken pläz, wer die helt [...] auf seinen grünten oder in ihren behaußungen mit spill, karten kugeln [...], mit solchen sachen ist derselbige [...] dem vogt verfallen 6 ℔ 2 ₰.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1654
/
68
):
es sollen auch zwo trueken tafern (sein), aine zue Saldarff die ander zu Suhrhaimb.