trinkstube,
die
;
-Ø, -en/-en
.
1.
›Schank- und Versammlungsraum einer sozial-ständisch definierten (und organisierten) gesellschaftlichen Gruppierung‹ (z. B. des Stadtpatriziats, der Gesellen eines Handwerks, einer Zunft); metonymisch: ›Versammlung, Vereinigung einer Gruppe‹; auch: ›Gesellschaft, Verein, Korporation‹; einzelne Belege, die eine gruppenübergreifende städtische Öffentlichkeit fokussieren, sind auch zu 2 stellbar; vgl. (V.) 4, zu  1c.
Wobd. / oobd.; Rechtstexte und Chroniken.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
4, 1388
.
Bedeutungsverwandte:
 213, (
die
3, ,  1, , ; vgl. .
Syntagmen:
j
. (z. B.
die gesellen
)
eine t. begeren, (auf einem hause) haben, jm. eine t. gestatten
;
eine t
. (Subj.)
in einem haus sein
;
auf der t. handeln, beim wein sein, zu gericht sitzen, etw
. (juristisch Relevantes)
in trinkstuben geschehen, jm. in der t. etw. geben, etw. in der t. sehen
›etw. juristisch Relevantes bemerken‹,
wappenzeichen in den trinkstuben tilgen, etw. mit trinkstuben zu schaffen haben
;
die t. der (chor)herren / gesellen / kaufleute / müller / salzleute / schneider
;
die rechte t
.;
der (stuben)meister der t., die neuigkeit der t
.

Belegblock:

Merz, Urk. Wildegg
29, 2
(
halem.
,
1421
):
Henman Moser, [...] der ze Brugg uff der gesellen trinkstuben zu Gericht sitzt [...].
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1422
):
dar umb sol noch dennoch ein schultheis noch sin amptluͥt die selben freueln, so ouch in tringkstuben geschehen, nit rechtuertigen.
Ebd. (
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Doch was si in rechten trinkstuben vnd geselschaften sehen [...], daz sint si nit gebunden fuͥr ze bringen
[vor den Rat der Stadt];
doch so gat dis offen tabernen nit an.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern (
halem.
,
1541
):
inen
[den Pfister- und Müllermeistern]
nit gelägen noch komlich, iren knecht die zuͦ allen zyten muͤssen gespannen stan, sölliche versamlungen und trinckstuben zegestatten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
der fünft kast was auf dem Perlach vor der herrn trinkstuben.
Ebd. (zu
1549
):
der stuͤbenmaister von der kaufleut Zech⸗ oder Trinckstuͤben und die 12 und auch alle von derselben Trinckstuͤben verwandten [...] sollen hinfüro gar nichts neues fürnemen.
Ebd. (
1544
/
45
):
etlich der zunft von webern [...] ain Trinckstuben auf irem Zunfthaus [...] haben wollten.
auf solchs ain erber rat erkant [...] hat, daß die partei, so die neuigkait der trinckstuben begert hat, von irem fürnemen absteen [...] sollten.
Müller, Stadtr. Ravensb.
112, 13
(
oschwäb.
,
1353
):
Es ist gesetz, daz man ze der wasnaht in kain hofstuben noch in kaim gesellschaft noch in kain tringstuben von der stette guͦt nieman nuͥsscheniht
[›nichts‹]
gen sol.
2.
›städtische Wirtshausstube, die auch für öffentliche Versammlungen genutzt wird‹; mitunter mit ironischer Distanz bzw. (bei Luther) moralisch abwertend gebraucht; auch: ›Abort, Örtchen‹; metonymisch: ›Trinkgelage‹; vgl. (V.) 3, zu  1d.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  2,  1, , ,  1, .
Syntagmen:
eine t. bauen / halten
;
etw
. (z. B.
das haus
)
an der t. gelegen sein, j. auf die t. kommen, auf der t. essen / spielen / trinken, zu gericht sitzen, etw. auf der t. erinnern / verlesen, auf der t. die wache versehen, der bach sich im dorf bei der t. teilen, j. in der t. liegen, die ürte / zeche
›Trinkgelage, bei dem die Kosten unter allen Beteiligten geteilt werden‹
in der t. tun, an die zäune vor der t. hofieren
;
die liebe / obere / offene t
.;
die wache auf der t
.

Belegblock:

Luther, WA (
1539
):
Si autem vis Saw sein et nihil thun quam schwelgen und sauffen. Iam incipiunt in den Euangelischen Stedten und bawen trinckstuben.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
das geschehen ist inn der werden reichstatt Poppingen, do die bawren an die zeün, mit urlaub, vor der lieben trinckstuben, das isß ein scheyßhawß, hofieren
(›sich erleichtern‹).
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
317b, 145, 6
(
nobd.
,
1474
):
Die herrn des obern rats gebieten [...], das nymant mit wurfeln oder karten spilen oder spilen lassen, kein trinckstuben halten weder mit langen messern, degen, streitaxt [...] oder on licht bey nacht uber die gassen geen nach der weinglocken
(im Sinne von: ›Sperrstunde‹).
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
Der ausschuß hat auch seyd anfangs der aufrur bißher alle nacht die wach uff den mawrn, uff der drinkstuben [...] aus der gemaind versehen.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
um 1400
):
die burger, so [...] teglichs in wirtzheusern und trinkstuben ligen.
Skála, Egerer Urgichtenb.
110, 3
(
nwböhm.
,
1573
):
Den 13. Octobris Ist dem Jungen Michael OPPel sein guetlich vnd Peinlich bekhentnus [...] Widerumb furgelesen [...] vnd vff der Trinckstueben gutlich Erinnert worden.
Baumann, a. a. O. ;
Geier, a. a. O. ;
Rieder, Gottesfr. ;
Merz, Urk. Wildegg
51, 2
;