treulich,
Adv.;
seltener auch als
Adj.
verwendet. – Bedeutungsfeld mit unterschiedlich ausgeprägten semantischen Bezügen zu und ; die Ansätze 1 und 6 korrespondieren mit
treue
1 und 10; 2-5 entsprechen im Wesentlichen
treu
1; 2; 3; 4.
1.
›unverbrüchlich, pflichtgetreu einem Versprechen, Vertrag, einer Verpflichtung nachkommend‹; in Rechtstexten häufig formelhaft in der nachgestellten Fügung
(alles) treulich und ungefärlich
oder in Verbindung mit Verwahrformeln (z. B.
ane arglist
;
ane betrug
;
ane gefar
;
ane alles gefärde
u. ä.) verwendet;
vgl.  1.
Meist narrative und rechtsbezügliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
 12, , ; vgl. (Adj.) 4.
Gegensätze:
vgl. (Adj.) 5.
Syntagmen:
die bäumlein t. fruchten, j. t. hausen / pfänden
;
etw. t. ausrichten / halten
(z. B.
einen bund
),
stat haben
(›handhaben‹, z. B.
die freundschaft
),
sich einer ordnung t. halten, sich t. in eine ordnung geben
;
jm. wieder
›wider‹
jm. t. helfen, e. S. t. nachkommen
;
j. t. in seinem wort stehen
;
mit treulichem verheissen
.
Wortbildungen:
treulichkeit
hier ›Einlösung der Bündnisverpflichtung; Bündnis‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Makk. 8, 28
(
Wittenb.
1545
):
Das sagen die Römer zu / vnd wollen solchen Bund trewlich vnd on betrug halten.
Wyss, Limb. Chron. U (
mfrk.
,
1395
):
[knechte] sollen [...] truwelichen in ẏrem worte sten.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
dat uch Coelne die stat | truwelich halp weder al Brabant.
Köbler, Ref. Franckenfort
67, 16
(
Mainz
1509
):
so sollē die selben [truwenhendere] [...] zun heiligen schweren solchs [ein Inuentarium] zum trüwlichsten uß zu richten.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wir gereden unnd geloben [...] unssern waren worten unnd truwen [...] den [vor tracht] jn allen stucken [...] zu halden, alles truwelich, ane argelist unnd ane alles geverde.
Goedeke, Fischart. Bündnis / Erlustigung
185
(
Straßb.
,
1588
):
Die [vorfaren] sich einander han erfaren | In standhaftiger treulichkeit | Und treulicher standhaftigkeit.
Thiele, Minner. II,
12, 96
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
[die beumlin] gelobent das sie drülich wollent fruchten, | uff das sie pfiler werden | des trons.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1491
):
[sin gnad] versprochen hat, [...], das erberest und best ze tuͦnd, trúwlich und ungevärlich.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
wer trüwelich sich git in dise ordenunge [...], der sol geadelt werden billich vor got.
Bastian u. a., Regensb. UB
221, 21
(
oobd.
,
1362
):
So bechennen wir [...] di vorgeschriben friuntschaft auch also lauͤterlich stat ze haben trewlich ân alle arglist.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1364
/
80
):
Pfentterknecht. [...] Daz ich trewlich und ungeverlich pfentt .. dem armen alz dem reichen
(Amtseid).
Küther, UB Frauensee
333, 35
;
Anderson u. a., Flugschrr.
16, 6, 30
;
Vgl. ferner s. v.
2
 1,  3.
2.
›dienstbar, folgsam, gehorsam, ergeben, gefügig; bereitwillig‹; charakterisiert das (oftmals aus 1 resultierende) idealtypische Handeln und die entsprechende Haltung einer untergebenen oder untergeordneten gegenüber einer rechtlich bzw. sozial höherstehenden oder mächtigeren Person; speziell bezogen auf das Handeln und die ideale Haltung des Gäubigen gegenüber Gott, dann: ›demütig, dankbar‹;
zu  1.
Phraseme:
˹
jn. t. gottes schuz empfelen
;
jn. t. götlicher protection befelen
u. ä.˺ (als Ergebenheitsformel);
so treulich bei jm. halten wie der hase bei seinen jungen
›es bei jm. nicht lange aushalten‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): (Adj.), ; vgl.  2,  1.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
sich an jn. t. lassen, etw. t. (vol)leisten, einen dienst t. aushalten, die arbeit t. aufnemen
;
jm. t. beistehen / dienen
;
e. S. t. eingedenk sein
;
die treuliche afterhut
(›Nachhut‹).

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
die andern [junger] alle hatten so trewlich bey yhm [Christus] gehalten, wie der has bey seinen jungen.
Schein, NA
6, 11b, 2
(
Wittenberg
1609
):
E. E. Hh. vnnd Ggn. sampt all den Ihrigen thue Ich Gottes Schutz trewlich empfehlen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
[das du] meinem Herren dienest trewlich, | Auffrecht, [...] freundtlich.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Jns Vaters hend, | Thest du behend, | Dein Seel trewlich ergeben.
Gille u. a., M. Beheim
82, 380
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
In seinem ersten alter, | [...], was er [Jesus] ghorsam. | all leiplich erbait er auff nam | treulichen der behalter.
Franck, Klagbr.
232, 8
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
er [Christo] heyßt dem Kaiser den zinß geben [...]. Das er auch selbs trewlich hat geleist.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 229, 28
(
Hagenau
1534
):
Was man dem gibt der trewlich dienet / ist alles zu wenig.
Maaler (
Zürich
1561
):
Sich an einen Treüwlich lassen / Sich in seinen schirm vnd schutz gaͤben.
Dreckmann, H. Mair. Troja
19, 9
(
oschwäb.
,
1393
):
ich [Jason] erzaig mich iu [der frauwen] ze ainem mann in gantzer diemut, und triulich ze vollaisten allez, daz ir gebietend.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
517, 327
;
Stoltzius, Chym. Lustg. Dedic. ;
Anderson u. a., Flugschrr.
16, 4, 30
;
Vgl. ferner s. v. ,  2.
3.
›verantwortungsvoll, wohlwollend; Sicherheit, Schutz gewährleistend‹; charakterisiert das idealtypische Handeln und die entsprechende Haltung einer religiös, rechtlich oder sozial übergeordneten / mächtigeren Person gegenüber Untergeordneten, Schutzbefohlenen und Schutzbedürftigen; speziell bezogen auf das Handeln der göttlichen Personen, Marias und der Heiligen, dann: ›gnädig, gütig; barmherzig‹;
zu  2.
Überwiegend Erbauungsliteratur, auch Rechtstexte und Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,
2
 4,  4,  2, (Adj.) 3, .

Belegblock:

Alberus, Barf. Vorr. Alb. (
Wittenb.
,
1542
):
Also wird auch vnser HERR Gott / gewislich die Euangelische Churfuͤrsten / Fuͤrsten vnd Herrn die es Treulich meinen [...] behuͤten.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
642
(
Köln
1476
):
Dye selen in gnaed to brengen, bys, frauw, truwlych bereyt!
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Mainz
1605
):
Wer sie [Maria] damit thut ruffen an, | Dem will sie trewlichen beystahn.
Langen, Myst. Leben
166, 21
(
nobd.
,
1463
):
Dar vmb dyen der mensch got fleissigklich, so hilfft er ym [...] trewlich vnd auch sein heiligen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
176, 31
(
Nürnb.
1548
):
Bey solchen leuten will der heylige Geyst sein [...] Vnd sonderlich im letzten stu̇ndlein trewlich bey vns halten.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1475
):
und soͤllen ouch [...] die vorberuͤrten luͥtt truͥwlich beschirmen und behuͤten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
Desgleichen solten sie [ratspersonen] [...] die gemaind inen lassen zum treulichisten bevolhen [...] sein.
Ebd. :
Desgleichen solten sie [...] gegen den armen, dürftigen sich mit treulichem willen ertzaigen.
Kehrein, a. a. O. ;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
16, 38
;
4.
›liebevoll, herzlich, wohlmeinend; von Herzen kommend‹; charakterisiert das idealtypische Handeln und die entsprechende Haltung einander nahestehender, verwandtschaftlich, emotional oder gemeinschaftlich verbundener Personen; gelegentlich in Verbindung mit Kommunikationsverben auch: ›offen; vertraulich‹;
vgl.  5,  6.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
jm. treulich mitsein
›jn. unterstützen‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): , (Adj.) 13; vgl.  2, ,  2,  1.
Gegensätze:
 4, (Adj.) 7, , .

Belegblock:

v. d. Broek, Suevus. Spieg.
190v, 40
(
Leipzig
1588
):
wenn sich zwischen guten Freunden was beschwerliches findet [...] / sol man nicht bald ein gros Fewer auffblasen / Sondern trewlich leschen vnd dempffen.
Pyritz, Minneburg
4387
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Daz man do mynnet gentzlich gar | Mit truwlichen truwen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
[ein falscher man] fecht sie [die frommen leut] dückisch und geweltig | [...] | Als meyn er es trewlich und gut.
Dietrich. Summaria
20v, 9
(
Nürnb.
1578
):
Nun ists aber ein heiligs werck / dem menschen inn seiner not trewlich helffen.
Thiele, Minner. II,
21, 28
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
[das] sie mit roseletem munnd | in trulich wurd an lachen.
Ebd.
30, 364
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
wa minne tru̇ilich hat geleist | zwey in genzzer stedicheit.
Wickram
4, 28, 23
(
Straßb.
1556
):
Er ward von Roberto und seinem weib trewlich geklaget.
Wiessner, Wittenw. Ring
4702
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Deinen eltern und ıͤrm rat | Scholt du volgen fruo und spat, | Ob seu treuleich mainent dich.
Sappler, H. Kaufringer
17, 309
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si empfalch in gottes segen | gar trewlichen die zwen man, | damit schieden si von dan.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1536
):
so batt er dann sein zunftgenossen mer treulich und fraintlich wann ernstlich, daß [...].
Roloff, Brant. Tsp.
372
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
5.
›redlich, rechtschaffen, genau, sorgfältig, gewissenhaft‹; charaktrerisiert die (teils aus 1 resultierende) idealtypische Ausführung einer Aufgabe (eines Amtes, Berufes u. Ä.); mit Tendenz zu ironischer Übertreibung auch: ›eifrig, fleißig, beharrlich‹; speziell bezogen auf sprachliche Handlungen und Handlungsergebnisse häufig: ›angemessen, verlässlich, wahrheitsgemäß‹ (gelegentlich mit Verwahrformel, z. B.
ane gefar
);
vgl.  4.
Phraseme:
den bären treulich zwischen jn. treiben
›eifrig Kuppelei betreiben‹;
sein treulichstes und bestes tun
.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  2, ,  12, , ,  2,  2,  2, ; vgl. , (s. v.  1).
Syntagmen:
die welt
(Subj.)
t. sein
;
j. t. aren
›pflügen‹,
jn. t. schlagen, etw. t. aufzeichnen / behalten / besamlen
(z. B.
zinsen
)
/ bewaren / erklären
(z. B.
die heilige schrift
)
/ herabmalen
(vom Getreide gesagt)
/ predigen / sagen / schreiben / trinken / volfüren
(z. B.
den witwenstand
)
/ warten / werben
(z. B.
js. botschaft
)
/ zusammentragen, in den schaz legen, die stube t. heizen, sich in / um etw. t. (be)mühen, sich vor sünde t. hüten, jm. t. raten, in seinem beruf / handwerk / stande t. fortfaren
;
in treulichem wert
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
her nimt sin guͦt wol mit rechte, also daz her ime truͦwelichen rate.
Luther, WA (
1530
):
ein Rechtschaffenn predig Ampt, do vleissig vnnd Treulich gepredigt vnnd geleret wirdet das hailig gotlich wort.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Denn jetzt die welt so trewlich ist, | Das, wenn man dir das best vorlißt, | So ists im grund betriegerey
(hier ironisch).
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
5, 19
(
Frankf./M.
1563
):
Von unzelbaren Schrifften unnd Buͤchern / darmit die heylige Schrifft [...] trewlich inn allen Sprachen erklaͤret werden.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
10, 11
(
Frankf./M.
1568
):
Derhalben sol ein jeglicher in seinem Stand /[...] wol zu frieden seyn / vnd treuwlich darinnen fortfahren.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
DIs wolt jhr nu fleissig vnnd trewlich von dem handel vnd von dem Inhalt dieses Capitels behalten.
Sachs (
Nürnb.
um 1545
):
Wann ich hab zwischen beyden lieben | Den beren ie trewlich getrieben.
Dietrich. Summaria
21r, 14
(
Nürnb.
1578
):
Fuͤr solcher suͤnde last vns trewlich huͤten.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
534
(
Genf
1636
):
Trewlich / Redlich / Auffrichtig.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
er [maister artzt] [...] sol meniglich ertzneyen umbsünst den armen [...] und sol sein pfründt verdinen ernstlich und treülich.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Des solt du gewis sein, | ich wil treuleich werfen di potschaft dein.
Moscouia
E 2v, 26
(
Wien
1557
):
Er [Prior] soll [...] alle zinß vn̄ einkhom̄en treulichen besamlen / vnd auch treulichen in den schatz des Closters legen.
Alberus, Barf. Vorr. Alb. ;
M. Cunitia. Ur. Prop. ;
Bell, G. Hager
645, 18, 3
;
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 2, 8
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Vgl. ferner s. v.  2,
1
 1,  1, , (V.) 6,  2.
6.
›eindringlich, ernsthaft, mit Nachdruck; inständig‹; zur Verstärkung sprachlicher Handlungen (z. B. von Bitten, Warnungen) gebraucht;
vgl.  10.
Phraseme:
jm. etw. treulich leid sein
.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  4; vgl.  10,  2,  2,  7,  3.
Syntagmen:
jn. t. bitten / ermanen / vermanen / warnen, got t. anrufen, etw. t. klagen
;
t. an got denken
.

Belegblock:

Stambaugh, Friederich. Saufft.
11, 19
(
Frankf./O.
1557
):
Derhalben will ich jederman hiermit auffs trewlichst gewarnet und gebeten haben [...] das ers [das Sauffen] Gott zu ehren [...] unterlassen woͤlle.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
994
(
Köln
1476
):
O sent Quiryn, [...], | Du hyeldes Nuyssz, hylgh rytter schoen, | As sy dych truwlych baeden.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
11, 25
(
Zwickau
um 1540
):
Dem Authori [...] welcher mich mit angeheffter seiner bewilligung / das in druck zu geben treulich vormanet.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Drey Vhr thut dich trewlich mahnen, | An die hoͤchst Dreyfaltigkeit.
Wyss, Luz. Ostersp.
4332
(
Luzern
1572
):
Damitt ich [Magdalena] Jesum geeren mag. | Min grosse sünd im trüwlich klag!