trauen,
V.
1.
›jm. vertrauen, sich auf jn. (oft speziell: auf Gott) / etw. verlassen; auf jn. / etw. hoffen, etw. erhoffen; jm. etw. zutrauen‹.
Vielfach Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, auch narrative Texte.
Bedeutungsverwandte:
1
 3c; 3d; vgl.  13,  6, (V.) 1,  7,  1, (V.) 4, (V.) 3, (V.) 12,  12.
Syntagmen:
(nicht) t
. ›(nicht) vertrauensselig sein‹;
trauen, zu
[+ V. im Infiniv, z. B.
zu erarbeiten / finden / haben / verdienen
],
t
. [+ Infinitivsatz, z B.:
ere zu behalten, hinauf zu kommen
];
(jm.) e. S
. (Gen.obj., z. B.
des lobes
)
t
.;
jm
. (z. B.
Christo / got, dem herren, den gelerten / jungfrauen / mönchen
)
t., e. S
. (Dat.obj., z. B. z. B.
dem zufal, der gnade / tugend / welt, einem wort, js. gelübde
)
t., jm. etw
. (z. B.
ere und eid
)
t
.;
jm. hart / übel / wol t
.;
auf jn
. (z. B. auf
Christum
)
t., auf etw
. (z. B.
auf den eid, das werk
)
t
.
Wortbildungen:
trauenhänder
›Treuhänder, Bevollmächtigter‹,
trauig
›vertrauend‹ (um 1500),
trauwol
›naiver, leichtgläubiger Mensch‹.

Belegblock:

Oorschot, Spee/Seifert. Proc.
464, 26
(
Bremen
1647
):
Daß man dem hencker / weilen er hiebey zu prosperiren allein nicht trawe: weil sie offtmals selbsten zeuberer sein.
Luther, WA (
1530
):
das man noch frome leut findet, die Gott glauben und trawen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
74, 975
(
Magdeb.
1608
):
VLysses sagt du darffst nicht trawn / | Der Raubvogel hat scharffe klawn.
Ebd.
568, 1946
:
du [der alte Mann] fuͤrchst der alten haut / | Es wehr thorheit / das man dir trawt.
Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
Do komen wir an einen engen steg der ging von einem hohen berg / vnd ie me ich ging [...] ye minner getruwet ich wider hin vff zu kommen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
158, 12
(
Nürnb.
1548
):
will der liebe Gott mich auff das bette lassen kommen / so trawe ich seinen genaden.
Sachs (
Nürnb.
1565
):
Doch, mein esel, brauch kluger sinn, | Wan Traw-wol rait das pferd da-hin.
Dietrich. Summaria
18v, 31
(
Nürnb.
1578
):
wer auff jn [Christus] trawet / wird nit fehlen.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
18
):
So gehts mit [...] | [...] dem München nicht gar recht zu. | Der Teuffel soll jhn trauen!
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
Also fuͦr er [keyser] [...] zuͦ kloͤstern und stiften, do er gros heiltuͦm truwete zuͦ vindende.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Wir [Woͤlf] haben sie [Lemlin] also gewent, das sie unß uͤbel truͤwen.
Roloff, Brant. Tsp.
522
(
Straßb.
1554
):
glücks zuͦfall ist nit zuͦ trauwen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 553, 2
(
Hagenau
1534
):
Wer Got trawet / hat wol gebawet.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Wir hond noch êr und guͦte pfand, | Die trûwen wir ze bhalten.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
darzuͦ wurden erwelt gelert und dennen wol zuͦ truwen was er und eit.
Maaler (
Zürich
1561
):
Trauwenhender / Hinder den etwas zebehalten gelegt wirt / Ein verwarer vnnd huͦter gehaltner dingen.
Enders, Eberlin (o. O.
1521
):
Man sagt, trawe keinem, so bescheisst dich keiner.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
dem gelübd des künigs ist nicht wol zu trawen.
Mieder, Lehmann. Flor. ;
Peil, a. a. O.
153, 3378
;
Quint, Eckharts Pred. ;
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Perez, Dietzin
2, 294, 1
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
244, 22
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
152r, 47
;
Thür. Chron.
23r, 27
;
Goedeke u. a., Liederb. ;
Dietrich. a. a. O.
19r, 14
;
23r, 21
;
Banz, Christus u. d. minn. Seele
623
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Kurz, Murner. Luth. Narr ;
Goedeke, Fischart Bündnis/Erlustigung
6
;
Steer, Schol. Gnadenl.
1, 14
;
UB Zug
730, 17
;
Schib, H. Stockar
94, 7
;
Klein, Oswald
10, 103
;
22, 69
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
42, 7
;
Weber, Füetrer. Poyt.
19, 1
;
Vgl. ferner s. v.  1, , (
der
3.
2.
›etw. annehmen, vermuten, glauben; jm. Glauben schenken; jm. etw. glauben‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 3c; 6,
2
 1, ; vgl.
1
 7,  2,
1
 1, (V.) 2, .
Syntagmen:
t
. (absolut);
etw. t., nicht t., das [...]
;
js
. (Gen.obj. d. P., z. B.
sein
) /
e. S
. (Gen.obj.)
(nicht) t
.;
dem eid t
.
Wortbildungen:
traunis
›Vertrauen, Zutrauen zu jm.‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Gleuben glauben geben treuwen vertrauwen.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
do tradt er [rathsmeister] hinzu und gebott ihnen [schuller] fride und traueten, er wolde sie in die stöcke und thorme werfen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
[der Truchseß] trauet, er hett sein feind angriffen und hett nit unrecht getan.
Klein, Oswald
112, 121
(
oobd.
,
1433
):
trawt man daruber seinem [des redners] aid, | sundt man daran, daz ist mir laid.
Gereke, Seifrits Alex.
1098
(
oobd.
, Hs.
1466
):
er [kunig Philipp] traut nit das mit solher chraft | der kunig von Brithania | in sein landt wer chomen so.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
da die Pöckler gen Rengspurg [...] kumen, da verparg etlicher seinen pock [...], das sy sich des schambten vor hertzog Albrechten, [...] zu den er sein nit traunüss het.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Da der gefangen künig das schlos ansichtig ward, [...], sagt er: ,[...] ich hab sein ie nit traut, das ich solt dermassen also daher gefangen gefüert werden‘.
Köbler, Ref. Wormbs
80, 13
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
529, 6
;
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3048
;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Rennefahrt, Statut. Saanen ;
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
373, 38
;
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›jm. etw. anvertrauen, überlassen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2,  8, , (V.) 1, (V.) 6, ,  4.
Syntagmen:
jm. eine heimlichkeit, die krone, leib und leben t., einem schif ein gut t
. ›anvertrauen‹;
jm. e. S
. (Gen., z. B.
des briefs
)
t
.;
sich den stätten t
.;
jm. zu etw. t
.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
Lübeck
1638
):
[ein Vogel] fleugt hier und da umbher und traut sich sichern Stäten.
Ebd. (
1631
/
9
):
Ein Kaufman, der sein Gut nur einem Schiffe traut.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
137, 2933
(
Magdeb.
1608
):
Was sonst sich Niemand vnterfing / | Schickt so meisterlich alle ding / | Das sie mir trawn jhr heimligkeit.
Ebd.
5422
:
So war kein Frosch so klug vnd from / | Dem sie wolten trawen die Kron.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Sie [narren] haben mir truwet leib vnd leben.
Peil, a. a. O.
263, 70
;
Buchda, Schöffenspr. Pössneck
4, 300
;
Behrend, Magd. Fragen ;
UB Zug
635, 26
;
Bastian, Runtingerb.
2, 107, 15
;
Klein, Oswald
74, 15
;
4.
›sich etw. trauen, zutrauen; etw. wagen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  15, (V.) 7,  1.
Syntagmen:
trauen
[+ Infinitivsatz ohne
zu
, z. B.:
etw. entberen, ane jn. genesen
];
trauen, zu
[+ Infinitivsatz, z. B.:
t., etw. zu behaupten / geniessen
], refl.:
sich t., zu
[+ Infinitivsatz, z. B.
eine stat zu halten, etw. darzubringen, e. S
. (Gen.)
zu behelfen., etw. vor got zu verantworten, das volk ins babsttum umzupredigen, ane jn. zu leben
].

Belegblock:

Luther, WA (
1532
):
Das auch ich [...] gar leichtlich trawete mein volck jnn zwo odder drey predigten widder umb zu predigen jnns Bapstum.
Wunderlich, Fierrabr.
41, 34
(
Simmern
1533
):
hieruff nam er [Oliuier] des Heyden Krebs / vnnd andern Harnisch / des er sich trawet zubehelffen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
68, 28
(
omd.
,
1487
):
Sÿ haben das alder, thuͦn was sÿe trawen vor gott vorantworten.
Roloff, Brant. Tsp.
1129
(
Straßb.
1554
):
Dann er [Künig Cyrus] on dich [Daniel] nicht trouwt zuͦ leben.
Klein, Oswald
16, 45
(
oobd.
,
vor 1407
?):
Ich traut deins scheines wol emberen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
der kunig von Franckreych [...] pekriegt den hertzogen [...], was er nicht trawt ze halten, ließ er in den grundt abprechen.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
an in [Jhesus] trau ich nicht genesen | in disem ellende.
Luther, a. a. O. ;
v. d. Lee, a. a. O.
21, 2
;
Thiele, Chron. Stolle ;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
95, 10
;
Gille u. a., M. Beheim
8, 81
;
Jörg, Salat. Reformationschr.
909, 4
;
Lauater. Gespaͤnste
35v, 2
;
Jerouschek, Nürnb. Hexenh.
4v, 11
;
Rauwolf. Raiß ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
5.
›jm. etw. zutrauen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 5.

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
122, 30
(
rhfrk.
,
um 1435
):
wer hette myner husfrouwen das getrüwet.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
wer hett dem bößwicht das trawt.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1889
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wer hett im das ie getrúwet, | Das er söliches ie het gebrúwet?
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3141
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
So treüwt er mir kein arges nitt.
Banz, a. a. O.
1900
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
5, 32
;
McClean, Havich
3596
.
6.
›heiraten; jn. heiraten; sich verheiraten; jn. mit jm. verheiraten‹.
Vorwiegend nrddt. und md.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  8, , , , , (V.) 4,  1.
Syntagmen:
j. jn. t
. (z. B.
ein könig js. tochter
),
jn. zur ehe t
.;
eine frau sich mit jm. t. lassen, j. jm. getraut sein
(z. B.
ein weib einem manne
)
/ werden
(z. B.
die jungfrau Joseph)
.
Wortbildungen:
traubet
›Ehebett‹ (a. 1617),
trauring
›Ehering‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
sî [...] lîz sich offinbâr | mit im trûwin zu der ê.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
die [vrauwe] wart krank ind starf, [...] ind ir eeman lies ir durch [...] jamers wille irren truwerink an dem vinger.
hatte der roemsche konink Maximilanus getruwet des herzogen dochter.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
128, 24
(
thür.
,
1474
):
so daz wip deme manne getruwet wirt.
Große, Schwabensp. ;
Fischer, Brun v. Schoneb. ;
Quint, Eckharts Pred. ;
Leman, Kulm. Recht ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
61, 4
;