1
tragen,
V., unr. abl.;
Ansatz 1 als Grundbedeutung auffassbar, von der sich alle weiteren Ansätze ableiten lassen; 2 und 3 überwiegend auf konkret gedachte Handlungen und Vorgänge bezogen, die folgenden meist auf Abstraktes; in 4 bis 8 sind soziale Aspekte bestimmend; 7 bis 9 verschiedene, meist reflexive Verwendungen; bei 10 und 11 stehen moralisch-religiöse, in 12 bis 16 rechtlich-wirtschaftliche Sachverhalte im Vordergrund; 17 und 18 mit Bezug auf Fortpflanzung; in 19 bis 22 weitere, schwach belegte Verwendungen.
1.
›etw. (z. B. eine Last o. Ä.) tragen, schleppen, heben, halten‹; in verschiedene Richtungen ütr., z. B.: ›etw. als getragen Gedachtes mit sich führen, bei sich haben, besitzen‹; ›etw. (Belastendes, z. B. Hitze, Schläge) ertragen, erdulden‹; ›jn. tragen, aufrecht erhalten, stützen‹; mit den tropischen Verwendungen offen zu 2; häufig phrasematischer Gebrauch.
Phraseme:
(Zuordnung zu 1 teils diskutabel):
wissen / wissens
(Gen.)
tragen
›etw. wissen‹;
mit jm. etw. überein tragen
›mit jm. hinsichtlich e. S. übereinkommen, übereinstimmen‹;
entzwei tragen
›sich entzweien, verschiedener Meinung sein‹;
jm. etw. tragen
›etw. im Sinn behalten, merken, bewahren‹;
jm. farbe tragen
›sich zu jm. bekennen, sich als jm. zugehörig erzeigen‹;
jn. / etw. im herzen tragen
;
etw. tragen und treiben
(s. , V., 1);
die augen hoch tragen
›hochmütig, stolz sein‹;
jn. im maul tragen
;
das glühende / heisse eisen tragen
(beim Gottesurteil);
einen stolzen leib tragen
›einen schönen Körper haben‹;
das herz jn. weitum tragen
›überlegen, nachdenken‹;
jn. mit dem hare tragen
›jm. helfen, jn. unterstützen‹;
jm. in seine sache tragen
›js. Pläne stören / durchkreuzen‹;
jn. / etw. auf den händen tragen
›jn. / etw. liebevoll behandeln‹;
den psalter im ärmel tragen
›die Frömmigkeit zur Schau stellen‹;
wasser an einer stange tragen
›mit jm. gleich gesinnt, einig sein‹;
jm. in sein regiment tragen
›js. Kompetenzen beschneiden, jn. beschränken‹;
etw. in gleissenden werken tragen
›etw. zeigen, heuchlerisch zur Schau stellen‹;
got in seinem gewalt tragen
›Gottes Gebote missachten‹;
ein esel mus das kreuz tragen
;
den baum auf beiden achseln tragen
›zwei Parteien zugleich dienen, sie gegeneinander ausspielen‹;
das mindeste auf der wage tragen
›auf der Waage das Mindestgewicht, wenig, nichts haben‹;
etw. auf der zunge weiter dan auf einem wagen tragen
›Gerüchte verbreiten‹.
Bedeutungsverwandte:
 2,  2,  12, (V.) 2, , , ; vgl.  1,  212,  2,
1
 1c,  1,  12,  1,  2, .
Syntagmen
(in Auswahl):
j. tragen, etw
. (z. B.
das schif
)
trägt nicht
(absolut);
j. jn
. (z. B.
got, einen menschen
)
t
.,
j. etw
. (z. B.
einen abgot / balken / kranz / mülenstein, die hitze, eine bürde / last, ein joch, holz, ein fröliches herz, die kunst
, teils tropisch zu verstehen)
t
.,
etw. jn
. (z. B.
die beine jn., ein esel got
)
t
.,
etw. etw
. (z. B.
ein ros die krämerei, die philosophie die erde, der wurm eiter / vergift, ein lam die sünden
, teils tropisch zu verstehen)
t
.,
j. / etw. jn. / etw
. [wo, z. B.
am arm, auf der achsel, auf den händen, auf dem rücken, im mund
]
t
.,
etw. beieinander, geduldiglich / gern / leicht / sanft / schwer / verborgen, würdiglich t
.;
zum tragen
(subst.)
faul sein
.
Wortbildungen:
tragbaum
›Balken zum Heben von Lasten‹ (vgl. ),
tragbet
›kleine Sänfte‹ (a. 1536),
tragbürde
›Bündel‹ (um 1550),
tragehütte
›tragbare Hütte als Werkzeug für Vogelfänger; Vogelfalle‹ (a. 1653),
trageisen
›Eisen, das zum Tragen einer Last bestimmt ist‹,
tragering
›eiserner Ring an einem Wagen, mit dem die Rungenstöcke befestigt werden‹ (vgl. ),
tragesak
,
tragestempel
›Baumstämme, die im Bergbau als Stützen für die Gänge verwendet werden‹ (o. J.),
tragezuber
,
traggarn
›Ausrüstungsgegenstand in der Fischerei‹,
tragherdstat
›kleiner Altar‹,
traghimmel
›tragbarer Baldachin‹ (a. 1549),
tragpfeiler
›die Decke tragender Pfeiler‹ (a. 1631),
tragprügel
›Holzprügel, der, über die Schulter gelegt, eine auf der anderen Schulter getragene Last stützt‹ (a. 1631),
tragref
›Traggestell‹ (dazu bdv.: , ), ˹
tragsessel
(a. 1556),
tragstul
˺ ›Sänfte‹,
tragwasserzuber
›Wasserbehälter, der an einer Stange getragen wird‹ (o. J.).

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
71, 23
(
preuß.
,
1510
):
1 brewpfanne, 4 butten, 2 tragezcober, 1 stande.
Ebd.
169, 30
f. (
1432
):
3 newe redebewtil, 15 tragesecke, 1 ax.
Ebd.
267, 19
(
1407
):
17½ schok gortrynken und czowmrinken, 2 schok tragerynken.
Ebd.
766, 16
(
1408
):
eyn vysschgarn, 2 schiffe. item eyn drachgarn, eyne tonne salcz.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
So ne sol man synen ey
e
t nicht nemen, [...] wan
›sondern‹
daz her dat heyse yseren zuͦ tragene oder wazzervrteile.
Luther, WA (
1530
):
Es ist wol war, kunst ist leicht zu tragen [...] und harnissch schweer zu tragen.
Ebd. (
1530
):
Man soldes
[das Evangelium]
uffn henden tragen.
Ebd. (
1532
):
das es sich nicht leidet zweyen ungleichen herrn zugleich dienen, [...] und heisst auff deudsch „Den baum auff beiden achseln tragen“.
Ebd. (
1531
):
Sie tragen ihren gott, aber unser gott tregt uns.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
645, 4352
(
Magdeb.
1608
):
Das Schifflein nicht mehr tragen kunt.
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 1, 21
(Hs. ˹
md.
,
v. M. 14. Jh.
˺):
ez wirt iu gut, | welt ir die vlut | des lebens tragen in vrist.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs. 
v. 1406
):
Sein hertz in weit umb trug | Wie ez sich enden wolde.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
md.
,
1521
):
hierumb wil von nöten sein, daß man den geistlichen heuptern in ir regiment trag und in mit nichten gestatte, [...] zu [...].
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
do wolt ich im auch nit in sin sachen tragen und in verzornen.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
163
(
mrhein.
,
um 1335
):
Ich bin (ein) vledig iunges wip | vnd dragen einen stolzen lip.
J. W. von Cube. Hortus
3, 37
(
Mainz
1485
):
wuͦrme die vergifft by in dragen.
Froning, Alsf. Passionssp.
5968
(
ohess.
,
1501ff.
):
den galgen des cruczes hie
[Jesus]
selber trugk | uff sym ruck!
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
weil ihr mich laßet den pflug tragen.
Ebd. (
1603
):
Krämerey und anders trug ein saumroß und esel.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
,[...] der salden lichter schin | Ist der tugentrichen lon | Und by disem lebene schon‘. | Dor an Sophar inzwey trug meist | Mit Job.
Uz der rede da vor gesayt | [...] | Daz Helyu mit gevug | Mit Job wol ubereine trug | An ettelichen sachen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
uf der wagen | Siet man daz minste tragen | Din riche an dem teile.
Jahr, H. v. Mügeln
161
(
omd.
, Hs.
1463
):
des treit ein hus die hende min [der Philosophia], | in dem ist angest, not und pin.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
wiltu daz dirre esel unsern herren got samphte trage.
Du solt sie ouch mit dime hare trugen, daz ist, ir armute soltu mit dinem almusen vertriben.
Schnelbögl, Salb. Karls IV.
75, 1
(
nobd.
,
1366
/
8
):
von einem iglichem karren, der diselben kaufmannschaft treit, 3 hl.
Voc. Teut.-Lat.
aa ijr
(
Nürnb.
1482
):
sarcina. od’ tragrefe. od’ sawme. oder watsack.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1513
):
fur 2 taglun 70 ₰, fur 4 trageißen 5 ℔.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
125
(
Nürnb.
1517
):
Was versucht ir got mit auflegung des jochs auf den nacken der jünger, das weder wir noch unsere veter haben tragen mögen?
Reichmann, Dietrich. Schrr.
201, 4
(
Nürnb.
1548
):
Die Christliche Kirche heyst er [...] ein bawfelliges hauß / das nicht allein kaum sich tragen [...] kan.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
18
):
Ich wolt viel lieber Stein tragen, | Dann [...].
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
nalem.
,
1459
˺):
ich woͤlt im farb tragen | und min fruͤntschafft zuͦ im ziehen.
Ebd. (Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
hon ich ir [...] nit duͤrren sagen | [...] | das ich sie hett vor etwan lieb, | und habs verholen alß ain diepp | allain in minem hertzen tragen.
Goldammer, Paracelsus
6, 46, 5
(
1530
):
[die falschen propheten], die sein psalter im ermel tragen.
Ebd.
193, 26
:
das end aller deren, die den David [...] unnutzlich im maul tragen, als munch und pfaffen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
das minnekliche scheffelin das er uf siner achselen tragen sol.
die under eime geistlichen schine weltliche herzen tragent.
Ebd. (
E. 14. Jh.
):
sú [menschen] tragent alle die welt und sint edele súlen der welte.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
sy satzten in [heliodorus] auf ein rospar
[Var. 1483-1518:
tragstul
;
Froschauer
1530 /
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
senffte
o. ä.;
Luther
1545, 2. Makk. 3, 28:
stuel
].
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
die [nadel] er [snider] ob zwentzig Jaren in dem rücken truͦg.
Roloff, Brant. Tsp.
1545
(
Straßb.
1554
):
Verflucht sey diser kouff und tag | Die erd mich nit mehr tragen mag.
Wickram
4, 12, 17
(
Straßb.
1556
):
Man sagt aber gemeinlich / der Esel stand so wol er ymer woͤlle / muͤß er dannocht das kreutz tragen.
Goedeke, P. Gengenb. (o. O.
1516
):
so schlottert dir der kopff, | Wend dich nit tragen me die bein.
Merz, Urk. Bremgarten
56, 11
(
halem.
,
1371
):
Weiter wird gesprochen, daz von dem nidern vͥberschutz vnd absatze vnd dem tragboͧm des Widmers huse vntz an Schniders huse an die mûr vier eln aͧne einen vierdung die witi sin sol.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Glich als ain bilde von ainer magt | Dú an ir arm ain kindelin tragt.
Jörg, Salat. Reformationschr.
32, 19
(
halem.
,
1534
/
5
):
Dann der dingen gantz kein wüssen tragen [...] das heystt allwegen sin ein kind.
Lemmer, Brant. Narrensch.
7, 17
(
Basel
1494
):
Die welt ist soͤlcher zwytracht voll | Das man eins vff der zungen trag | Wyter dann vff eim hangenden wag.
Ebd.
26, 53
:
Es ist gar seltten das man treit | Bynander schonheyt vnd küscheyt.
Ebd.
34, 34
:
Mancher kumbt melbig zuͦ der bicht | Der gantz wisß werden meint / vnd licht | Vnd gat beraͤmt doch wider heyn | Vnd dreyt am hals eyn mülensteyn
(auch zu 3 stellbar).
Ebd.
80, 5
:
Narren muͤssen eyn botten han | Der trag jm mund [...] | Eyn briefflin das es nit werd nasß.
Schmitt, Ordo rerum
182, 4
(
salem.
,
2. Dr. 15. Jh.
):
Arula [...] tregelich herd [...] tragherdstatt.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1549
):
aein byld sytzenndt in einem kinglichenn stull under einem kostlichenn traghimel.
Heydn. maister
37r, 23
(
Augsb.
1490
):
als sein muͦter gestorben was vnd man sy nun truͦg in d’ bar.
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 6, 18
([
Augsb.
]
1523
):
Der ertbode͂ kan all sein red nit tragen.
Ebd.
9, 2, 5
([
Straßb.
]
1524
):
ein dyener des herren nitt sol zengkisch sein sonder vetterlich / leerhafftig / d’ die bloͤde͂ kan tragen.
Ebd.
19, 9, 10
([
Eilenb.
]
1524
):
so mussen wir erst vnser blindtheit erkeñen die wir sonderlich im getichten glawbe͂ / vñ darnach in gleyssenden wercke͂ tragen.
Ebd.
29, 4, 33
([
Augsb.
]
1524
):
Ainer trag des andern last.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 91, 6
([
Augsb.
]
1548
):
Wasser an ainer stangen tragen.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
mit gaiseln ward er sere geslagen, | daz er ez choume mohte tragen.
Klein, Oswald
13, 30
(
oobd.
,
1416
):
die den grossen zoren | all über rugke tragt.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
die aufleger, swenn si iemant holtz sehent tragen, [...], dem suͤllen si nachvolgen.
Niewöhner, Teichner
564, 1723
(Hs. ˹
moobd.
,
n. 1400
˺):
muͤgleich | daz ein man sein leben traget
[›führt‹]
| dazz der welt und got behaget.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1543
):
Begäb sich dann das ein frembder man oder weib in den markt käme der [...] verstolln guet trüegen oder triben.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
19, 12
(
tir.
,
1464
):
der [nachfolger der armut] alle ding hat getragen in dem wort seiner tugent.
Ebd.
54, 1
:
ein idleicher ëngel der trüeg in seinen hënden ein prinnende chërczen.
Ebd.
125, 5
:
[Jeronimus hat] geduldikchleichen getragen die grossen swëren purden des tages vnd der hicz.
Dies., Imitatio Haller
66, 14
(
tir.
,
1466
):
Das haisset tragen das kchreücz Kchristi.
Mieder, Lehmann. Flor. ;
Peil, a. a. O.
72, 907
;
Stackmann u. a., a. a. O.
5, 82, 5
;
6, 4, 10
;
Unger, Richtes Stig ;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
139, 13
;
Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 82
;
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
15, 26
;
Göz. Leichabd. ;
Schönbach, a. a. O. ;
Pyritz, Minneburg
1162
;
zu Dohna u. a., a. a. O.
124
;
Sudhoff, Paracelsus ;
Michels, Murner. Badenf.
20, 26
;
Barack, Teufels Netz ;
Welti, Stadtr. Bern ;
Enders, Eberlin ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
102, 15
;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
616
;
Bauer, Geiler. Pred.
469, 28
;
Anderson u. a., a. a. O.
2, 4, 25
;
Gilman, a. a. O.
2, 82, 6
;
Klein, a. a. O.
123, 8
;
Weber, Füetrer. Poyt.
344, 7
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
70, 29
;
110, 35
;
dies., Imitatio Haller
47, 27
;
Rohland, Schäden
543
;
Stedtfeld, Roger-Glosse
119
;
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 241
f.;
Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 308
;
Öst. Wb.
1432
;
1544
.
2.
›etw. / jn. von einem zu einem anderen Ort tragen, etw. überbringen, wohin befördern, transportieren‹; oft ütr., wobei eine Bezugsgröße mehr oder weniger gut assoziierbar als von einem Ort zum andern getragen semantisiert wird; dann z. B. ›etw. von einer Sache auf eine andere übertragen‹; speziell: ›etw. an jn. oder an eine Institution herantragen; etw. beantragen‹.
Phraseme:
etw. heim tragen
›jm. etw. anvertrauen‹;
jn. zu grabe tragen
;
jm. etw. wieder tragen
›jm. etw. vergelten‹;
etw. jn
. [wohin]
tragen
›jn. in etw. abgleiten lassen‹;
etw. in zwei tragen
›zweierlei sein, für zweierlei gelten‹;
etw. in jn. tragen
›jm. etw. bekannt machen‹;
etw. in etw. tragen
›etw. in etw. einarbeiten (z. B. eine Stickerei in ein Tuch)‹;
peinliche strafe auf jn. tragen
›eine Körperstrafe verhängen‹;
jn. in die leute tragen
›jn. verleumden, verunglimpfen‹;
etw. in alle winkel tragen
›etw. verleumderisch verbreiten‹;
etw. trägt etw. mit sich
›bringt etw. mit sich‹;
ein weg trägt jn. zu etw
. ›führt jn. zu etw. hin‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  1,  1,  1.
Syntagmen:
etw
. [woher] (z. B.
aus dem born, von jm. / von den tischen
)
t., jn. / etw
. (z. B.
einen ablas / berg / leichnam, ein tuch
) [wohin] (z. B.
after lande, an jn., an das ufer, auf den berg / altar, auf die müle, auf eine wiese, ausserhalb der stat, gegen Rom, in got, in den tempel, in eine aue / kirche / stat, in das grab / haus / schif / wasser, über das wasser, von dannen, zu jm., zum becken / kirchhof / port, zur kirche, zu einem hause, abhin / hinweg / hinab
)
t., jn. zu jm. t., etw
. (z. B.
den leichnam
)
fürder t., etw
. (z. B.
ein liecht
)
herfür t., etw
. (z. B.
der sin
)
jn. ferre t., etw. vom einen zum andern t
.;
sin und wiz
(Subj.)
jn. t., die strasse jn. / etw
. (z. B.
den menschlichen geist
)
gegen jn., zu jm. / etw
. (z. B.
in die gotheit Christi
)
t., das leiden jn. zur volkommenheit t., Christus die sünde mit sich an das kreuz t., eine ader blut in die glieder t., die luftröre luft aus und ein t
.
Wortbildungen:
tragorgel
.

Belegblock:

Luther, WA f. (
1531
):
der Luther thut dem Kaiser gewallt und unrecht, [...] das er yn dermassen in die leuthe tregt.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Daz snelleste tier, daz iuch treget ze dirre volkomenheit, daz ist lîden.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
1395
):
der knechte sollent drẏ unde ich [...] truwelichen in ẏrem worte sten, als ferre uns sẏnne unde wicze dragent.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1241
(
Köln
1476
):
dye [man] waren zo stucken | Geschossen, moyst tsamen rucken, | Jn koruen zom kyrck hoff draegen.
Rosenthal. Bedencken
32, 29
(
Köln
1653
):
Jedoch der Engel deß Herrn hat auch Habacuc [...] zu Daniel getragen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
151, 27
(
rhfrk.
,
um 1435
):
[sy] entslieffent also hart / das man sie hin weg mochte han gedragen.
Karnein, Salm. u. Morolf
280, 3
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
heiß ein ander liecht her fur tragen.
Ebd.
552, 3
:
[Die kiele], die Morolff und sin mane | uber das wasser soltent tragen.
Ebd.
656, 3
:
ich gibe dir min truwe, | ich wil dir es wider tragen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
18, 23
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
darein [in ein gewant] was auch die eule und der affe in wefels weise getragen.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1494
):
sulche beswerend urteil [...] an die hoher banck nemlichen an den pfaltz dozu auffgesatzt zw traghen.
Strauch, Par. anime int.
60, 28
(
thür.
,
14. Jh.
):
geist und geistlich treit in zvei.
Küther, UB Frauensee
232, 19
(
thür.
,
1463
):
daruber sal eme der scheffer keynerley stro uß der schurn tragen.
Sermon Thauleri
9ra, 3
(
Leipzig
1498
):
Dys alles tregt dan den menschen in die vntugēt d’ sunde.
Anderson u. a., Flugschrr.
5, 3, 8
([
Zwickau
]
1524
):
ob ich [...] het allen glauben / also das ich ein perg auff den andern truͤg.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
um 1508
/
9
):
so würt sy [dy linj b c] gleich formig geteilt wÿ dÿ linj a b vnd a c, dan es würt vam ein zw dem anderen getragen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
103, 28
(
Nürnb.
1548
):
das er [Christus] all jre suͦnd mit sich an dz creutz getragen.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
Nuͮ ist die stroße also breit | Die uns zuͦ unserre lieben Frowen treit.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
915
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
das vns haltet yederman | Für heilgen / vnd vns bettet an. | [...] | Dann wil ichs in die herren tragen.
Michels, Murner. Badenf.
20, 4
(
Straßb.
1514
):
Nüt mer dan solches vnder pfandt | Tragendt wir von disem landt.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Fasten vil beschwerden mit im treit.
Roloff, Brant. Tsp.
1664
(
Straßb.
1554
):
Hoͤr ich den verß mehr singen oder sagen | Ir muͤssen leiden und plagen von mir tragen.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wan es ist ain rechti uppkait, | Die mengen in min segi
[›Netz‹]
trait.
Lauater. Gespaͤnste
26v, 7
(
Zürich
1578
):
also fundend sy jn [den brief] nach langem im Sacramenthüßly / [...] truͦgend jn vff den Fronaltar.
Schmidt, Rud. v. Biberach
1, 15
(
whalem.
,
1345
/
60
):
[zwen weg]: einer treit zem ewigen leben, der ander zem ewigen tot.
Brandstetter, Wigoleis
200, 13
(
Augsb.
1493
):
gelaubend [...] daz jch eüch ein predigen thuon wil von der jr den ablas mit schanden von dannen werdt tragen.
Rot
339
(
Augsb.
1571
):
Portatif, Ein gattung eines stimmwercks / das man hin vnd her mag tragen / ein trag Orgele.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Affterreder / verleumbder [...] wañ er ein stücklein weist von jemand / so tregt ers in alle winckel.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
[die luftrœr] tregt den luft auz und ain von des menschen mund zuo der lungen.
aber ander âder [...] tragent daz pluot in diu glider.
Munz, Füetrer. Persibein
29, 5
(
moobd.
,
1478
/
84
):
nw hörtt wer disen stain von stat múest tragen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
123, 4
(
tir.
,
1464
):
da trueg wir den heiligen leichenamen fuder mit ainem [...] wolgeschmachen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
516, 305
;
Strauch, a. a. O.
133, 17
;
Thür. Chron.
2v, 17
;
Opel, Spittendorf ;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
51, 36
;
Bell, G. Hager
621, 5, 8
;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 311, 4
;
Wickram
4, 22, 9
;
Schmidt, a. a. O.
13, 19
;
Schib, H. Stockar
28, 14
;
Dreckmann, H. Mair. Troja
33, 6
;
Sappler, H. Kaufringer
6, 203
;
11, 317
;
20, 94
;
Barack, Zim. Chron. ;
Weissthanner, Urk. Schäftlarn
168, 39
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
117, 4
;
Munz, a. a. O.
31, 1
;
277, 7
;
Bauer, a. a. O.
83, 36
;
113, 31
;
123, 31
;
Rechn. Kronstadt
2, 111, 27
;
383, 17
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
7, 7
;
19, 26
;
Vgl. ferner s. v. (Adv.) 1, (Präp.) 9,  1, , ,  3,  1, (
der
1,  1,  16.
3.
›(Kleider, Schmuck, Waffen) tragen‹; tropisch: ›etw. (z. B. Zeichen) am Körper bzw. auf der Kleidung tragen‹; ›(eine Salbe o. Ä.) auf der Haut tragen‹; auch auf Körperteile bei Tieren (Hörner) bezogen; als Spezialisierung zu 1 auffassbar (vom generellen
tragen
zu speziellem
tragen
im Körperbereich).
Phraseme:
einen tram
(›Balken‹)
im auge tragen
›blind für die eigenen Schwächen sein‹ (vgl.  8).
Bedeutungsverwandte:
 5; vgl.
1
 1,  4,  1,  1.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen bausch / habit / hut / koller / kotzen / rok, eine aureola / schaube / sole, die wat, ein affenkleid / gewand / kleid, pantoffeln / purpur
)
t., etw
. (z. B.
einen kranz, eine blume / kette / krone, ein bildnis / fingerlein, gold / korallen
)
t., etw
. (z. B.
einen bengel
›Knüppel‹
/ bogen / degen / haken / helm / kolben / panzer / päsler / schild / spies, eine (-)akst / armbrust / [helle]barte / pickelhaube / waffe, wer
›Waffe‹
, ein messer / wurfbeil
)
t., etw
. (z. B.
einen stab, ein zeichen
)
t., etw
. (z. B.
balsam / einen bart, hare, einen hauptring / ein horn / eine stange
)
t., etw
. [wo]
t., etw. in gefär t., wenig leders t., etw
. (z. B.
einen stein
)
am hals t., etw
. (z. B.
einen ring, eine spange, zierat
)
an sich, an den füssen, an der hand / seite t., ein hirsch etw
. (z. B.
kerzen
)
an seinem gehörn t., j. ein kreuz auf der brust, ein kleid auf sich, einen stein bei sich, eine zunge im mund, ein schwert in der hand, einen stein unter der zunge, eine vergiftnis unter den lippen, spitzen an den schuhen t
.;
etw
. (Subj., z. B.
die gewalt / oberkeit
)
das schwert t., j
. (z. B.
der tod
)
eine akst t
.;
ein hirsch gehörnes
(Gen.obj.)
t
.
Wortbildungen:
tragewat
›Kleidung‹ (a. 1417).

Belegblock:

Pfefferl, Weigel. Ges.
4, 6
(
Hamburg
1646
):
sie ist eigentlich des deßen bildnus sie treget.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
562, 1767
(
Magdeb.
1608
):
Wie das Camel wolt Hoͤrner tragen.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
so en buͦzet her nicht, iz ne si denne an der zit gewest, daz her
[Hirsch]
nicht gehornes truͦk.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
4566
(
rib.
,
1444
):
Mich swerent de wapene de ich drage.
Karnein, Salm. u. Morolf
7, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Die nehste waht, die sie trug, | das was ein hemde von wißer siden clug.
Ebd.
97, 2
:
Sie nam das vingerlin in die hant, | sie truge es, da sie Morolff fant.
Perez, Dietzin
1, 207, 26
(
Frankf.
1626
):
Geschwind lauffen kont ich nicht / von wegen der vielen Corallen / die ich trug.
Anderson u. a., Flugschrr.
11, 2, 32
([
Leipzig
1521
]):
wie got einem ytzlichen thier [...] waffen gegeben sich gege͂ den andern [...] damit tzu were͂ / als [...] den natern / yre tzunge͂ (der du ouch eine in deym mund tregst).
Ebd.
22, 5, 9
([
Erfurt
]
1525
):
Die gewalt tregt nicht das schwerd vergebens.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 336, 15
(
Coburg
1634
):
Ein Aff ist ein Aff / weñ er gleich guͤldene Zierrathen an sich treget.
Chron. Strassb. (
els.
,
1314
):
Jst ouch das kein pfaffe in der stat zuͦ Strazburg [...] treit kein lang messer, bantzer, [...], spies oder helnbarten.
Michels, Murner. Badenf.
7, 24
(
Straßb.
1514
):
Das er abzüg sin altes kleidt, | Das er mit schandt vnd laster treit.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
209r, 18
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
nim gaissinen mist /[...] / legg daz dar / v́ber; trags, wa es an dem lib sig, so zergat / es
(Sinn: die Masse auf die Haut auftragen und einziehen lassen).
Warnock, Pred. Paulis
9, 235
(
önalem.
,
1490
/
4
):
den grossen tromen, den sú in iren ogen tragent, den sechent sú nit.
Lemmer, Brant. Narrensch.
13, 25
(
Basel
1494
):
Cupido treit syn bogen bloß.
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
17v, 19
(
Zürich
1521
):
Du treist das zeichen des heyls.
Sappler, H. Kaufringer
30, 13
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
an den schuohen tragentz lange spitz.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der [snekkenstain] hât die art, wer in under der zungen tregt, der wârsagt.
wer den [Zignites] an dem hals tregt, dem vertreibt er die raup.
Klein, Oswald
59, 5
(
oobd.
,
1422
):
[der bule] zu willen ainmal trüg | ain guldin kettenlin gefüg.
Niewöhner, Teichner
564, 834
(Hs. ˹
moobd.
,
n. 1400
˺):
sand Johans im paz behaget | in dem koczen den er traget.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
135, 5
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Das [gewand] schickt’ s’ [Medea] Grusa, das si ,s zue lieb ir truege.
Weber, Füetrer. Poyt.
56, 6
(
moobd.
,
1478
/
84
):
dar sol si
[die Tochter des Königs]
tragen der lannde kron.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
so kumbt ain hirsz, der trueg an seinem gehürn schön prinnent kertzen.
Peil, a. a. O.
628, 3832
;
Froning, Alsf. Passionssp.
4108
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
56, 16
;
130, 12
;
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
7, 28
;
Anderson u. a., a. a. O.
22, 7, 19
;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Bell, G. Hager
301, 3, 3
;
538, 2, 19
;
Kurz, Murner. Luth. Narr ; ;
Roloff, Brant. Tsp.
191
;
Lemmer, a. a. O.
63, 59
;
Lauater. Gespaͤnste
19v, 18
;
Sappler, a. a. O.
30, 65
;
Eschenloher. Medicus ;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Klein, a. a. O.
122, 15
;
Munz, Füetrer. Persibein
141, 3
;
Winter, Nöst. Weist. ;
4.
›eine geistig-seelische Last tragen, körperliche oder seelische Beschwerden, Befindlichkeiten oder finanzielle Mängel ertragen, aushalten‹; als Ütr. an die tropischen Gebräuche von 1 anschließbar; Tendenz zu Verbalsubstantiven als logisches Objekt (z. B.
leid / sorge / zweifel tragen
›leiden‹; ›sich sorgen‹; ›zweifeln‹).
Bedeutungsverwandte:
 3,  9, ,  1,
1
 3,  1, (V., unr. abl.) 123,  2,  2, (V.),
1
(V., unr. abl.) 1, ; vgl.  2.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den greuel / jamer / kummer / mangel / reichtum, den ewigen tod, die abscheu / arbeit / armut / beschwerde / bürde / busse / ere / freude / fürsorge / klage / krankheit / last / müe / pein, plage / reue / schuld / sere / sorge / ungerechtigkeit, die eigene sünde, das leid / unglük / urteil
)
t., ein böses gewissen, senenden mut, schmähende worte, ein steinernes herz, sich selbst t., etw
. [wie] (z. B.
gern / geduldig / leicht / schwer / williglich
)
t
.,
das herz
(Subj.)
geduldigkeit / leid, Christus die sünde t
.,
j. etw. am / im herzen t., an der sele, auf / in sich, im leib t., etw. mit geduld, zur marter t
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Leidt tragen Sich hermen sich gremen sich bekuͤmmern.
Fuͤrchten jagen in fahr stehen ¶ befuͤrchten besorgen befahren sorg tragen.
Köbler, Ref. Wormbs
311, 4
(
Worms
1499
):
so er [Man] tregt die bürden der Ee.
Froning, Alsf. Passionssp.
7705
(
ohess.
,
1501ff.
):
„ich [Jesus] wele erstehen am dritten tage“ | darumb saltu keynen zwyfel trage!
Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 123
(
Frankf./M.
1559
):
das sie jhre armut vnd mangel [...] gedultig vnd williglich / tragen [...] sollen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Er [priester] kan mich rechte leren | Bichten, buzen, ruwe trayn.
Opitz. Poeterey
43, 27
(
Breslau
1624
):
wie du kanst des nechsten seine schuldt | Beseite thun / vnd tragen mit gedult.
Henschel u. a., Heidin
1719
(
nobd.
,
um 1300
):
ditz vngelvcke | Min lıͤp dvrch dinen willen treit.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
104, 11
(
Nürnb.
1548
):
Der erste vnterschied ist [...] das die vnchristen daher gehen / vnnd ein jglicher sein eygene suͤnde selb treget.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
18
):
Ach weh deß Jammers, Leids vnd Schmertzen, | Den ich nun trag in meinem Hertzen.
Michels, Murner. Badenf.
20, 6
(
Straßb.
1514
):
der harten buͦß | Die vnser ieder dragen muͦß.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2332
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Wan wer ir liden nitt mitt tuͦt | Und mitt ir nitt treit senden muͦt.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Wie nun der kriegsman [...] die fürsorg trieg, man wurts im nit glauben.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
die [siben teufel] truͦg ich laider manig jar | in meinem suͤndigen leibe.
Bauer, Imitatio Haller
45, 4
(
tir.
,
1466
):
Du [...] solt die schmehen wort deiner widersacher geduldikchleichen tragen.
Ebd.
64, 29
:
wand wo du hin kchümestt, so trest du dich selbs vnd vindest dich albegen selbs.
Quint, Eckharts Pred. ;
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. ;
Froning, a. a. O.
6055
;
Müller, Faustb.
836, 4
;
972, 7
;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Mathesius, Passionale ;
Opitz. a. a. O.
53, 10
;
Henschel u. a., a. a. O.
896
;
Franck, Decl.
350, 20
;
Reichmann, a. a. O.
81, 20
;
124, 39
;
173, 14
;
248, 34
;
271, 26
;
Dietrich. Summaria
28v, 15
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 525, 7
;
Roloff, Brant. Tsp.
1217
;
Andreae. Ber. Nachtmal
33r, 20
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
25, 27
;
Vgl. ferner s. v. , (
der/die
1,  3,  4,  3,  9,  9,
1
 1,  3.
5.
›positive oder (meist:) negative Gefühle für / gegen jn. / etw. hegen, Bedürfnisse oder Absichten besitzen, von Affekten hinsichtlich e. S. / e. P. beherrscht sein‹; auch auf soziale Beziehungen, insbesondere im hierarchischen Verhältnis von Herrscher und Untertanen, angewandt.
Syntagmen:
(jm.) etw
. (z. B.
feindschaft / freude / has / keif / list / minne / neid / abscheu / abgunst / akust / entschuldigung / freude / fürsorge / geduld / gnade / gunst / hoffart / mitleid, ein aufmerken / gefallen / misfallen, ein holdes / freundliches herz
)
t., j. e. S
. (Dat.obj., z. B.
dem hof
)
ungunst t., geduld an jm., gefallen an / auf etw. t., drohe / entschuldigung auf jn., zorn / ere / liebe / untreue / zuneigung gegen jn. / etw., freude / verlangen nach jm., abscheu vor etw. t., etw
. (z. B.
eifer / zorn, feindschaft / freundschaft / liebe / neigung, mistrauen
)
zu jm. / etw. t
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vnanmuͤtig sein abschewig sein vnwillig sein vngeneigt sein sich darab kruͤmmen abschew drab tragen.
Mannack, Rist. Pers.
181, 19
(
Hamburg
1634
):
in [...] Liebe / die ich gegen ewere vielgeliebte Schwester trage.
Pfefferl, Weigel. Ges.
33, 5
(
Hamburg
1646
):
wirstu gelehret [...], das du denselbigen nicht solst schedigen noch Zorn gegen ihm tragen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
663, 4933
(
Magdeb.
1608
):
FVrst Wasserfrewd der trug auch Haß / | Zum mechtigen Fuͤrsten Schinckenfraß.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
darvmb ouch die Scheffene [...] grosen hass vnd nijt vp die andere partijen droegen.
Froning, Alsf. Passionssp.
4044
(
ohess.
,
1501ff.
):
die fyntschafft, die ich zu em trage.
Knape, Messerschmidt. Bris.
42, 8
(
Frankf./M.
1559
):
denn sie [die Königin] jhm [...] ein freuntlichs hertz trug.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Disse glichnis ist gesant | denen luten die [...] | [...] | [...] da bi tragen hochvart.
Opitz. Poeterey
25, 9
(
Breslau
1624
):
Da doch die Lateiner eine solche abschew vor dergleichen getragen / das [...].
Logau. Abdank.
169, 25
(
Liegnitz
1651
):
an dem Wercke und Willen deß HErren kein mißfallen tragen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
Hernach werden etlich entleybung in gemeyn berurt, die auch entschuldigung auff jne tragen mogen.
Sachs (
Nürnb.
1530
):
Sie tragen deinem hof ungunst.
Wickram
4, 39, 23
(
Straßb.
1556
):
davon Cassandra nit wenig heimlich frewd an irem hertzen truͦg.
Menge, Laufenb. Reg.
2188
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Ran sindt sú an dem lybe | Vnd tragent hasse vnd kybe.
Morrall, Mandev. Reiseb.
145, 15
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Sie tragend groß ere ains gen dem andern.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
wir tuͦn [...] zewissen, daz uns und unserer stat ettlich edel und unedel entsagt habent und vintschaft tragent.
Ebd. (
1548
):
als [...] kaiser Maximilian [...] zuͤ angeregter stat je und albegen vor andern genedigiste neigung getragen.
Klein, Oswald
10, 56
(
oobd.
,
um 1423
):
falsch, untreu, böse zuversicht | wir gen ainander tragen.
Munz, Füetrer. Persibein
127, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
das ich an frewd nach dir trag stät verlanngen.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. ;
Quint, Eckharts Pred. ;
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
219
;
Knape, a. a. O.
41, 39
;
Perez, Dietzin
1, 323, 11
;
Jostes, Eckhart
5, 25
;
Opitz. a. a. O.
10, 37
;
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
17a, 21
;
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. ;
Schorer, Sprachposaun
77, 25
;
Wyss, Luz. Ostersp.
4477
;
Sappler, H. Kaufringer
4, 239
;
17, 274
;
Dreckmann, H. Mair. Troja
43, 6
;
Munz, a. a. O.
113, 3
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
53
;
Vgl. ferner s. v. ,  2, , ,  3.
6.
›etw. besitzen, enthalten, inhärieren, in sich einschließen, in sich tragen‹; im Unterschied zu 1 auf Haltungen, Charaktereigenschaften, Handlungen o. Ä. von Personen bezogen; vereinzelt von sachlichen Bezugsgegebenheiten gesagt, die den betroffenen Personen inhärent sind, sich folglich nicht (wie in 5) auf eine andere Person oder Gruppe richten; auch: ›eine Eigenschaft bewahren‹.
Phraseme:
würdiglich tragen
›der Würde angemessen leben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  7,  2,  1.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen unterschied / willen, ein starkes gemüt, ere / zucht
)
t., etw
. (z. B.
eine anderung, die warheit / zauberei, etw. böses / gutes
)
an / in sich t., etw
. (z. B.
heimliches
)
im herzen t., etw
. (z. B.
gottes bild, eine neigung
)
in der natur / sele t
.;
die christenheit etw. auf sich, j
. (z. B.
got
)
/ ein wort etw. in sich t., ein name einen hohen preis t., der mensch die welt in sich t., got mit der natur sein wesen t
. ›sich in der Natur zeigen, offenbaren‹,
etw. gemeinschaft mit etw. tragen
.

Belegblock:

Pfefferl, Weigel. Ges.
16, 6
(
Hamburg
1646
):
Doher kombts das Creatur gutes vnd böses an ihr treget.
Ders., Weigel. Gn. S. 
60, 11
(
um 1571
, Hs.
1615
):
also ist er [der Mensch] in der weldt vnnd tregt die welt in Jhme.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz wort ,vater‘ treit in sich ein lûter gebern.
alle crêatûren tragent an in ein urkünde götlîcher natûre.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
ein starck gmuͤt ist boͤß zu tragen.
Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 43
(
Frankf./M.
1559
):
Jn sum̄a vor mir [...] tregt er [Brissonet] [...] eingepflantzten zucht vnnd ehre.
Strauch, Par. anime int.
63, 4
(
thür.
,
14. Jh.
):
in disin wortin ligint vier sinne und ludint vil noch alle glich und tragint doch groiz undirscheit.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 82, 5
(Hs. ˹
nobd.
3. V. 15. Jh.
˺):
man darf gein manheit helde, die wirdiglichen trugen.
Ebd.
7, 5, 8
:
Nature ist also herte, | daz got mit ir sin wesen treit.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
so ymandt [...] mit sollichenn verdachtlichen dingen [...] vmbgeet, die zauberey vff sich tragenn.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Gotte selber, Gottes sun, Gottes wort, daz alle ding ist und treit in ime.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Cypressus ist auch gar ain hoher paum und tregt vil gemainschaft mit dem cederpaum.
Quint, a. a. O. ; ;
Jostes, Eckhart
66, 23
;
Menge, Laufenb. Reg.
2112
;
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
179, 5
;
Klein, Oswald
63, 16
.
Vgl. ferner s. v.  4.
7.
›sich benehmen, sich (adäquat) verhalten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7,
1
 6,  26, (V.) 5,
2
,  21,  8,  33, (V.) 8,
3
 1.
Syntagmen:
sich t., sich als ein kluger schüler, sich mit ere t., sich hochmütig / mild / weidlich / zam t
.
Wortbildungen:
1
tracht
4 ›Verhalten‹.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
Lübeck
1632
):
Kein böser Tiger ist so wilde, | [...] | daß, wenn er um den Gatten kömmt, | er sich nicht trage zahm und milde.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
[Elyphas] als eyn clug schuler [...] sich trug.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Wand er sich homutic truc | E en Got also gesluc | Nider.
Opitz. Poeterey
34, 14
(
Breslau
1624
):
Solch reden / solche tracht / solch schlaffen vnnd solch wachen.
wie er sich so weidlich in üweren reisen und kriegen [...] getragen hat.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1414
):
es ist daselbs ein freis aigen iedem man, von wann er chumpt, der sich mit ern do tragen wil.
Lemmer, Brant. Narrensch.
4, 15
.
8.
›sich zu etw. hinwenden, eine Neigung zu etw. haben‹ (von Personen, Haltungen gesagt); unpersönlich: ›auf etw. hinauslaufen, zu etw. hinführen, zu etw. kommen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  19,  5,  1.

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Er sal mit den ruden werden geslagen | Der sich zu sunden hait getragen.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 30, 13
(
hess.
,
1530
):
wo ehn nicht gewert und gesteuert wirdet, wird es sich zu einer ufrure tragen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3555
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di milde ynnikeid her [saffir] beweget. | di sich zu gotes dinste treget.
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 13, 6
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
des werdet ir an iuwer volge wol gewar, | swenn es sich treit, | daz ir sult liute han.
Neumann, a. a. O.
1942
.
9.
›sich mit jm. verstehen, zueinander passen; einander gleichen, ähneln‹; auch: ›passend, angemessen sein‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.
1
(V., unr. abl.) 8.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Des werc mit dem namin | trûgin glîch zusamin, | want er [Hartman] was ein man vil hart.
Kurz, Waldis. Esopus :
ein jeder bleibe | Jn seinem standt vnd ernstlich treibe | [...] | [...] was zum selben standt sich tregt.
Wattenbach, Urk. Rauden (
schles.
,
1519
):
Witer so soͤllends bedenken, dass sich die Tuͤtschen vil bass tragen und verglichen mit den Franzosen, dan mit den Spanyeren.
Maaler (
Zürich
1561
):
Eines gleychnuß Tragen / Eim gleich sein.
10.
›etw. vor Augen, im Plan haben; sich e. S. bewusst sein‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  4.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
enhæte si die gotheit niht getragen in der vernunft, si enhæte in [den heiligen geist] nie enpfangen lîplîche.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Den dag des ortdeilis sal man [...] den dot allerdegelichen vor den augen dragen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
11, 14
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
scham trug stete der eren spiegel vor iren
[der Frau]
augen.
11.
›sich von allem Weltlichen lösen; eine wechselseitige Seinsbeziehung zu Gott eingehen, in ihm aufgehen‹.
14. Jh.; Texte der Mystik.
Gegensätze:
(V.) 1.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Der mensche sol sich in allen gâben lernen selber ûz im tragen und niht eigens behalten.
Jostes, Eckhart
6, 20
(
14. Jh.
):
Wenn die sel chein genug hat an cheiner creatur und si sich ze mal in got getragen hat [...]; da gibt got mer dan [...].
Schmidt, Rud. v. Biberach
26, 4
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Got fvͤren in dis hvs vnd in dis kemerlin, das ist, got tragen in alle die begriffe des gemvͤtes.
12.
›etw. (in 1 Beleg: jn.) zum Verkauf anbieten, feilbieten‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 6,  1; vgl.  1,
2
,
2
 4,  3.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
die tochter
)
/ etw
. (z. B.
ampfer / gras, eine salbe
)
feil t., etw. zu veräussern t
.

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1486
):
naedem ich dat [...] sijlver [...] als vur sin wert zo verkeufen und zo veruisseren gedragen und geboden have.
Froning, Alsf. Passionssp.
3186
(
ohess.
,
1501ff.
):
do hat ich sere begert, | das man sie [salbe] feyle het getragen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
391
(
schwäb.
,
1453
):
zart frow, ich sach sie verdt, | Da truͦg sy gras und ampffern fail.
Sappler, H. Kaufringer
27, 49
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
gott tregt die vier tochtern vail.
13.
›(jm., einem Gemeinwesen) etw. (Gewinn, Nutzen, Profit, Verlust) eintragen, einbringen‹.
Phraseme:
nicht viel in den beutel tragen
›nicht viel Gewinn abwerfen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 11.
Syntagmen:
etw
. (Subj.)
etw
. (Akk.obj., z. B.
x dukaten, einen gewin / pfennig / verlust, eine summe
)
t., etw
. [ein Zustand]
jm. etw
. (z. B.
geld
)
t., ein werk jm. nuz und from t., etw
. (Subj.)
der stat nutzes t
.;
etw
. (Subj.)
bei x ₰ t
.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
44, 34
(
Magdeb.
1608
):
Soll euch ohn zweiffel mehr nutz schaffen / | Denn alles Narrenspiel der Affen / | [...] | Obs gleich nicht viel in Beutel tregt.
Beckers, Bauernpr.
60, 17
(
Köln
1515
/
18
):
Mit tzoll / schatzung neuwen funden. | [...] | Wie woll es draget eyn groisse sum | So weis doch niemātz wair idt kom.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Per fas et nefas alls versucht, | Vnd was nur Pfenning tragen mucht.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
20, 16
(
Frankf./M.
1626
):
ich ward viel ermahnt zur prob etwas zu wagen / | Weil wagen het verlust auch offt gewin getragen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
122, 10
(
Nürnb.
1548
):
Jm Babstumb [...] alles nur dahin gericht ist gewesen / das es den Pfaffē / vnd Muͤnchen gelt hat tragen.
Pecunia ociosa, gelt das nicht angelegt ist / das nichts tregt.
Sappler, H. Kaufringer
4, 127
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
nempt ain anders in ewrn sin, | das der statt mer nutzes trag.
Ebd.
22, 11
(Hs.
1472
):
er möcht [...] | [...] | das ich im tätt mit worten schein, | was im die guoten werk sein | nutz und frum möchten tragen.
Loesch, Kölner Zunfturk. ;
Köbler, Ref. Franckenfort
61, 9
;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Rechn. Kronstadt
3, 220, 2
.
Vgl. ferner s. v. ,  3,
1
.
14.
›Unkosten tragen, für einen Schaden aufkommen, einen Schaden ersetzen, begleichen‹; auch: ›(jn.) etw. kosten‹; speziell: ›Lösegeld zahlen‹.
Vorwiegend Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
gros auf sich tragen
›hohe Unkosten mit sich bringen‹;
etw. jm. busse tragen
›jm. eine Strafe verursachen‹;
zweifaltige pein tragen
›die doppelte Strafgebühr entrichten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2
 7,  1,
2
 1,  17,  4,  9,  12,  9,  2,
1
 5,  3.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den schaden, die beschatzung / bürde / gülte, kosten
)
t., jm. etw. busse t., etw
. (z. B.
die kost
)
auf etw. t., gros auf sich t
. ›viel kosten‹; [wie] (z. B.
genug / klein
)
t
.

Belegblock:

Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
aber die andern ding alszo ane abetrag hyngehen zu lasszene, were nicht zu thune, szo sie grosz uff sich trugen, sie auch grosszen zugang darinne gehabt hetten.
wer, das einer den andern uberhohmutiget oder schlecht, dem solte es wol das heupt gelden, aber do es Schlegell that, dem ging es vor gutt auss und truge im keine busse.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
19, 14
(
schles.
,
1330
):
w’ ab’, daz vnsir ene ad’ zcwene ad’ alle ge vangin wurdin, [...] beczchaczvnge an vns selbe, di sulle w’ geliche train.
Unger, Richtes Stig (
1474
):
nachdem er der getzewgen nicht hat, ab du im encherley koste icht gelten durffest, die er darauf getragen hat heimlich?
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1525
):
wenn man ein fyrstenn krygenn will, so krygett man die armenn leutt, die mussenn denn schadenn tragenn.
Anderson u. a., Flugschrr.
24, 7, 12
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Diehl, a. a. O. ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 326
.
Vgl. ferner s. v. (V.) 12.
15.
›etw. (als Lehen) in seinem Besitz haben; ein Erbe besitzen, bewirtschaften‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen acker, die verwaltung, ein erbe
)
t., etw. zu lehen t
.
Wortbildungen:
traglehen
,
tragschaft
(a. 1449).

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
156, 19
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Lieber here [...] jch wil ytz an alles falsch von üch entphahen was ich vnd myn kinde von uch zu lehen sollen tragen.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
daz ist klage uͤber alle leit | daz nyͤman nuͦ ir erbe treit.
Leisi, Thurg. UB
6, 861, 3
(
halem.
,
1336
):
[wir] nament den selben aker von ir uf, und lúhent in dem selben ... maister, daz er in dem selben spital [...] den selben aker trage in guͦten trúwen.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1396
):
was wir an denselben bergstetten hatten und uns zuͦgehoͤrte, [...] es syen traglechen, zinslechen, manlechen.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
die moͤgen als vormündin in volle verwaltung über ire vnmundpare kinder / vñ derselben guͤter haben vñ tragen.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
16.
›ein Amt bekleiden, einnehmen; mit einer Aufgabe betraut sein‹.
Syntagmen:
ein ampt, einen befel t
.;
der getragene befel, das tragende ampt
(mehrfach).

Belegblock:

Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
13, 23
(
Frankf./M.
1626
):
als er [Gottfrid von Bulljon] vermeint seinen bißhero getragenen Haupt⸗Kriegsbefehl wider ab: vnd von sich zu legen.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
wolte er selbst [Papst Gregor X] / tragendem Amts halber / die Glieder des zerruͤtteten Reichs wieder unter ein Haupt zu bringen / fuͤrsehung anwenden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1555
):
da er aber die particular personen [...] benent oder glaublich angezaigt, wurden wir [Rat von Augsburg] uns, unserm tragenden ambt nach, der gebür zuͤ halten wissen.
Boon, St. Prätorius
71, 8
;
17.
›Frucht tragen, fruchtbar sein; etw. hervorbringen‹ (von Sachen gesagt); auch ütr.
Phraseme:
was nicht trägt, das gibt nichts
(Sprichwort).
Bedeutungsverwandte:
 2,  1, ; vgl. I, 2.
Syntagmen:
der acker, die erde, das land, wasser tragen
›Frucht bringen‹,
etw. nicht tragen
›unfruchtbar sein‹ (jeweils absolut);
der acker / baum / garten, die natur / wiese, das erdreich / land etw
. (z. B.
garben, frucht, blumen
)
t., ein tagwerk gras, ein holz balsam, ein baum äpfel / datteln, die brüste frucht / narung, die blüte mandeln, eine weinrebe trauben, die natur sorgen t
.
Wortbildungen
tragbar
1 ›fruchtbar, Frucht tragend‹ (dazu bdv.:
1
,
1
 4),
tragbutte
›Frucht tragende Knospe‹ (a. 1631),
1
träglich
4 (dazu bdv.: ,  12),
tragrebe
›Rebe, die bei der Lese am Weinstock bleibt, damit sie im nächsten Jahr neue Frucht trägt‹ (a. 1631).

Belegblock:

Luther, WA (
1525
):
was nicht tregt, das gibt nichts.
Ders. Hl. Schrifft.
4. Mose 17, 8
(
Wittenb.
1545
):
fand er [Mose] [...] die blüet auffgangen vnd mandeln tragen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
1719
(
rib.
,
1444
):
De ander daidt yr [...] | Groene blader krijgen ind dar zo dragen | Blomen ind vrucht.
Froning, Alsf. Passionssp.
2948
(
ohess.
,
1501ff.
):
was uß der erden sprußet, | was wasser und die erde treyt, | alles hat gott bereytt!
(auch zu 1 stellbar). Küther, UB Frauensee
294, 2
(
thür.
,
1498
):
der muller zcum Scherichgens hat 8 agker [...], gebet von iglichen agker 1 limas, wen sy tragen und waß si tragen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
116, 1
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
was zwue frucht treyt in einem jar, [...] das gibt nit mer than ein mall zehendt.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 302, 20
(
nobd.
,
um 1428
):
Darein gehoͤren syben morgen ackers [...] und ein tagwerk
[ein Flächenmaß]
wiszmats, das tregt ein grasz.
Ebd.
309, 10
:
drey morgen [ackers], die tragen ein jar und das ander nicht.
Lemmer, Brant. Narrensch.
83, 39
(
Basel
1494
):
ließ man des benuͤgen sich | Was on arbeyt das erterich | Vnd die natur on sorgen truͦg
(auch zu 13 stellbar).
Maaler (
Zürich
1561
):
Balsamboͤumin holtz / holtz von dem boͤumle das balsam tregt.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
531
(
Genf
1636
):
Ein (tragbarer) Apffelbaum.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein Land das nie getragen / vngebawet ist.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
an den frawen, die kindlein genesen sint, haizent si
[Brüste]
aigenleich tütel oder fruhttragerlein, dar umb, daz si den kinden ir fruht tragent und ir narung.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
563, 1817
;
Goldammer, Paracelsus
6, 189, 3
;
Bauer, Geiler. Pred.
464, 10
;
33
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 282
;
Rohland, Schäden
543
.
Vgl. ferner s. v.
3
 4,  2, (Adj.),
1
 1,  1.
18.
›schwanger sein, ein Kind austragen‹ (von Menschen); ›trächtig sein‹ (von Tieren, dies seltener); Spezialisierung zu 17;
vgl.
1
.
Phraseme:
einen grossen bauch tragen
.
Bedeutungsverwandte:
1
 10.
Syntagmen:
˹
eine dienstmeid / frau tragen, der prediger tragen
(Letzteres ütr.)˺, jeweils absolut;
ein weib, eine frau / meid ein kind t., Maria Christum, eine mutter einen teufel, der hase junge t
.
Wortbildungen:
tragbar
2 ›schwanger, trächtig‹,
tragende
(
die
; a. 1561),
tragschaf
›trächtiges Schaf, Mutterschaf‹,
tragschwein
›Mutterschwein‹ (a. 1614).

Belegblock:

Luther, WA (
1538
):
die mutter Maria tregt, gebirt, seuget und neeret nicht den menschen allein oder fleisch und blut, Denn das were die person getrennet, Sondern sie tregt und neeret einen son, der da ist Gottes son, Darumb heisst sie recht nicht allein des menschen, sondern auch Gottes mutter.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Eyn wip, de kint dreget nach ires mannes tote, [...] daz kint behalt sines vater erbe.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
me dan hondert frauwen unde dinstmeide [zu Collen], di nit eliche manne enhatten, di worden in der danzerie alle kinde tragen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
120, 16
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Verflucht sye der müder die yne [duffel] ye gedrug.
Anderson u. a., Flugschrr.
8, 5, 18
([
Nürnb.
]
1524
):
Der prediger gebirt nicht sam͂ ein vater / sunder nuͤr als ein mutter mit schmertzen / gibt nit den samen des wortes / sunder tregt oder entpfenet jn nuͤr.
Sachs (
Nürnb.
1550
):
Wiewol sie [Hasen] teglich junge trügen.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
531
(
Genf
1636
):
tragbar / so ein Junges traͤgt [...] Ein [tragbare] Kuhe [...] tragbar machen [...] tragbar werden.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1519
):
ist zu wissen, daß ein jeder [...] nicht mehrer dann dreyzehen stuck alte, als zwölf tragschaaf [...] hat auszutreiben.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Von den Zaichen, ob ain fraw ain knäblein trage.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
70, 13
(
oobd.
,
1. V. 15. Jh.
):
Welch fraw das wasser offt trinckt, die tregt mer sun dan tochter.
Ebd.
72, 16
:
Welcher fraw der pauch groß wirt noch der gepurd, als ob sie trug, die trinck das wasser: so wirt sie clain.
Moscouia
D 1r, 39
(
Wien
1557
):
pald so wird ain geschray / die Salomea im Closter sey schwanger vnnd traͤg lebendigs khind.
Wyss, a. a. O. ; ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
190, 3
;
Buchda, Schöffenspr. Pössneck
4, 299
;
Gille u. a., M. Beheim
111, 227
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
4, 42a, 13
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 125
.
Vgl. ferner s. v.  1, ,  1.
19.
›etw. betreffen, angehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2,  3, ,  4,  1.

Belegblock:

Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
Sovil den 10. pennink tragt, so wol 9 goltgl. machen, darumb bin ich duck von den herrn angefertigt worden.
20.
›etw. aushalten, ertragen‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1537
/
40
):
Uns achten sie nicht anders den fur ketzer, mussen auch den namen tragen, das wir des Teuffels kinder sein.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
4444
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Ein kleine warnung muͦsß ich schriben | Zuͦ nutz gemeiner christenheit / | Die auch nit wenig vff jr treit.
Primisser, Suchenwirt ;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 125
.
21.
phrasematisch:
etw. auf sich tragen
›etw. bedeuten, auf sich haben, etw. mit sich bringen‹.
Bedeutungsverwandte:
 56; vgl.
2
 8.

Belegblock:

Welti, Urk. Rheinfelden
827, 7
(
halem.
,
1474
):
Was das uff im trag oder betuͥtt, ist vnns vnwissend.
Enders, Eberlin (
Basel
1521
):
Wo etwan ein verborgner spruch der höhers vff im tregt dann die wort anzaigen, nit verstanden wirt [...], do hat din rede stat.
Fischer, Eunuchus d. Terenz .
22.
›etw. betragen, sich in einer bestimmten Weite erstrecken‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die stat eins mazes uz geleit, | Daz drithalb hundert passe treit.