titel,
der
oder
das
;
–/-Ø,
auch
-s
;
aus
mlat.
titulus
›Denkmal, Urkunde, Rechtsanspruch‹
(
Niermeyer
2002, 2, 1343
ff.), dies aus
lat.
titulus
›Überschrift, Titel; Name; Inschrift; Kennzeichen‹
(
Georges, Neub.
2, 4755
);
Formen im Nominativ gelegentlich mit lateinischer Flexionsendung. – Mit dem Gebrauch von mlat./lat.
titulus
korrespondierendes, breit ausdifferenziertes Bedeutungsspektrum; zuweilen mit konkretem Bezug auf eine lateinische Quelle.
1.
›Überschrift, (allgemein) im Sinne einer paläo- bzw. typographisch abgesetzten Folge von Wörtern, die den Beginn eines Textes, Textabschnitts optisch markiert und dessen Inhalt prägnant zusammenfasst‹; speziell: ›Buch-, Werktitel‹; auf Spezifika verschiedener Buchformen und Textgattungen bezogen: ›Summarium (Inhaltsangabe)‹ (in Bibelausgaben und theologischen Sammelwerken); ›Absatz, Artikel, Paragraph‹ (in Rechtstexten); ›Beischrift, Index‹ (z. B. in naturwissenschaftlicher Fachliteratur mit tabellarischen Übersichten und schematischen Darstellungen).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  23,  1,  2, , , .
Syntagmen:
e. S
. (Dat.obj.)
einen t. geben, den t. eines buches abschreiben
;
ein t
. (Subj.)
sich anheben, ein kapitel sagen
›den Inhalt eines Kapitels zusammenfassen‹,
neben etw
. (z. B.
eine zal
)
verzeichnet sein
;
etw
. (z. B.
zeiten
›Daten über zeitliche Abläufe‹)
einem t. unterschreiben
;
etw
. (z. B.
das kenzeichen
)
bei einem t. erscheinen, etw
. (z. B.
die materie
›Gegenstand der Abhandlung‹)
in x titel setzen, etw. im t. am x. kapitel geschrieben sein
›etw. im Summarium des x. Kapitels zu finden sein‹,
etw. unter einen t. bringen / setzen, etw. unter einem t. (ausgedrukt) stehen
;
der t. eines buchs / kapitels
;
der gleiche / oberste / seitwärts geschriebene / übergeschriebene / untergeschriebene t
.;
ein t. von etw
. (z. B.
von den spielern
).
Wortbildungen:
titulieren
1 ›etw. mit einem Titel versehen‹.

Belegblock:

Köbler, Ref. Franckenfort
92, 3
(
Mainz
1509
):
Nota wie die zügen schweren vnd verhoͤrt werden sollen / steet da fornen vnder dem tittel de probationibus vß gedruckt.
Gerhard, Hist. alde e
3043
(
omd.
,
um 1340
):
in Paralipomenon | In dem andern buche davon | Dir saget ouch ein titel | Daz zweiundzwenzegste capitel.
Böhme, Morg.R.
17, 13
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
ob wohl [...] einige Gottsfuͤrchtigen zur Ehre GOTTES selbige Schrifften in 9. Theile unter gewisse tituls gebracht und drucken lassen [...].
Opitz. Poeterey
25, 24
(
Breslau
1624
):
Bartaß in seinem Buche / dem er den titel die Herrligkeit gegeben: [...].
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Außwendige sind; die uͤber⸗ unter⸗ und seytwerts geschriebene Tittel.
Ebd. :
Bey den obersten Titteln erscheinen die Kennzeichen so den Leser erinnern was und wie viel die inwendig der Tabell befindliche Zahlen gelten.
Diese beyde unterschreibe ich den titteln und signaturen / die ich nach arth der Tabel neben die auffgemerckte Zeit verzeichnet.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
1453 jar da sendt der Türk den hernach geschriben brief unserm heiligen vater dem babst zu Rom, hebt sich der titel also an [...].
Franck, Decl.
339, 1
(
Nürnb.
1531
):
Bey den rechtweisen ist ein eygner titel von den spilern.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
ein zimblich groß Buch zusamb getragen, auch dasselbe mit allerley nuͤtzlichen Gesaͤngern [...] so reichlich vermehret, daß ich es nicht vnbillich das Groß Catholische Gesangbuch tituliren koͤnnen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Die materie sunder tytulus und one thema ist geheissen ein buͤchelin.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
wie wir vnder dem tittel der teilūg [...] ouch vnder dem tittel von testamenten gesetzt haben
(bezogen auf einzelne Artikel des Eigentumsrechts).
Maaler (
Zürich
1561
):
Vbergeschrifft (die) Titel.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
nach 1590
, 1. Hs.
1. H. 17. Jh.
):
sol hernach [...] etwas merers darvon geredt werden, jedoch sein kürzlich das die ditl derselbigen articl: [...].
Gerhard, a. a. O.
3482
;
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Rot
318
;
2.
›Inschrift, Aufschrift‹.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl. , , .

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
5741
(
ohess.
,
1501ff.
):
Sehe hie, myn lieber knecht: | dißen titel nym mit recht! | den saltu ober das crutz slagen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
/
A. 16. Jh.
):
das was des babst wappen darein geschmeltzt [...] und oben ein dürnein kron an dem titel des creutzs hangen.
Vgl. ferner s. v. .
3.
›Schrift-, Satzzeichen; Diakritikon‹; mit direktem Bezug auf Mt. 5, 18 als Äquivalent zu lat.
apex
›Spitze; Längezeichen, Schriftzeichen‹ (
Georges, Neub.
1, 380
).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, ,  1, , ,  2.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
Matthei am Fuͤnfften: ,Nicht ein titel noch buchstab sol vom gesetze vergehen.
Erben, Omd. Chrestomathie
96, 13
(
omd.
,
2. H. 14. Jh.
):
bis das der himel und erde vorgen werden, so ensal nicht der minste buchstab adir eyn titil der e zcu nichte vorgen.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
es ist nicht ein Iota, Titel / oder der aller geringste Buchstabe von dieser Prophecey / vergeblich vnd vmb sonst auff die Erden gefallen.
4.
›Bezeichnung, Kennzeichnung, Merkmal; Gattungsname, Appellativum‹; negativ konnotiert auch: ›Stigma‹; anschließbar an 6.
Phraseme:
den titel haben
›durch ein bestimmtes Merkmal zu einer Gruppe (von Menschen) gehören‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3, .

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
ehr heisse furst oder Doctor, hat ehr den Tittel, das ehr vater undt mutter hat, so heist ehr Fleisch
(hier im Spiel mit Bedeutung 6).
Wens
[das Kind]
den titel hat: es ist zur welt komen, es ist geborn, so magstu es teuffen, sonst nicht.
Doctor Magendorff, ein feiner man, must horen von eim Schinder: Gott ehrs handtwerck. Wie so? Jhr schindet lebendige leut, Jch schinde tote kuhe. Ja wolt ihr Juristen den Tittel haben
(im Sinne von ›wollt nicht lieber ihr Juristen euch als Schinder bezeichnen‹).
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
wann ihr mir meinen rechten titul geben wollet, so sagt nicht, dieser ist ein besessner Mänsch; sondern dieser ist ein verteuffelter Scherg.
5.
›den gesellschaftlichen Rang anzeigender Beiname; Adelstitel‹; bezogen auf schriftliche Kommunikationsformen auch: ›formelle Anrede, Titulatur‹; ütr.: ›ehrendes Prädikat, Auszeichnung‹; auch: ›Ruhm, Ehre‹.
Phraseme:
den reim und titel füren
›die höchste Auszeichnung verdienen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 34, , (
die
2, , , (
der
1, , .
Syntagmen:
einen t. füren / herbringen / verdienen, js. (Jesu) t. auf das kreuz setzen, jm. einen t. zulegen
;
js. t
. (Subj.)
verblassen, mit der pracht steigen, jm. einen t. geben, jm
. (z. B.
got
)
der höchste t. bleiben
;
etw
. (z. B.
christ / fürst / graf / herre
)
js. t. sein
;
j. eines titels würdig sein, etw
. (z. B.
das lied
)
eines titels des lobes würdig sein
;
jn. mit einem t. belegen / erschrecken / päppeln / preisen, etw. mit einem t. anzeigen
;
der t. des königs, der erbarkeit, des lobs
;
der aufgeblasene / erliche / grosse / hohe / höchste / unnütze t
.;
one meldung des titels
;
der irtum im t
.
Wortbildungen:
titulieren
2 ›eine ehrerbietige Anrede verwenden‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
Und das sind die hoͤchsten titel, die man jn [den Aposteln] kan geben.
das der glaub kainen namen macht, [...], diser stand aber ist gantz namloß, man kan jm kain Titel geben, [...]. Alle stende haben jren Titel unnd namen, allain diser hatt kainen namen.
Ebd. (
1532
):
Hie preisset der HErr mit einem hohen titel und trefflichen rhum die so sich vleissigen, das sie gerne fride schaffen.
Ebd. (
1531
):
dohehr werden wir auch Christen genennet, den das ist unser Tittel.
Ebd. (
1540
):
Christus, der on alle sunde ist und den Reim und Titel allein fuͤret, das er nie kein sunde gethan hat.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
daß jhr Maisstat sey pur / lauter / vnd vnuermackelt / Daher kompt der Tittel / Der aller Durchlauchtigest.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
13, 27
(
Frankf./M.
1626
):
Ob er [...] sich der Regierung vnternahme / so wolte er jhm doch keine Krone auffsetzen / noch sich mit dem Tittel eines Koͤnigs belegen lassen.
Gille u. a., M. Beheim
238, 111
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wo pistu, chung in Frankenreich? | du tust deim adel ungeleich. | wart, das dein titel nicht verpleich: | der cristenleichist kunig.
Franck, Klagbr.
226, 11
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
seind sie nit wirdig des titels der Heyligen veter?
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
Und ist also [...] der kay. mt. die antwort geben worden. und ungeverlich mit allerunderthenigister reverentz, titul und erbietung angezaigt.
die alten geschlecht haben iren tüttel der erberkait lange zeit [...] etlich hundert jar herbracht.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Ich hab wol [...] gehört, das aim margrafen von Baden vor jaren von niemands das durchleuchtig sei geschriben worden [...]; aber die titl und predicata steigen mit dem pracht.
Schorer, Sprachposaun
15, 1
(o. O.
1648
):
Titulir auch jeden recht / | Mehr zu hoch als was zu schlecht.
Rot
356
(
Augsb.
1571
):
Titl, [...] ein Ehr Tittel vnd ehr namen.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Deszhalb ist sein titel [...] awfs krewtz gesetzt. jhesus nazarenus rex judeorum.
Moscouia
C 4v, 18
(
Wien
1557
):
Seine Thulmetschen nennen den nicht Khuͤnig / sonder Lateynisch IMPERATOR / das ist Teutsch / Kayser / Die vrsach solches jrrthumbs im Titel will ich anzaigen.
Lappenberg, Fleming. Ged. ;
Thür. Chron.
10v, 26
;
Matthaei, Minner. I, ;
Anderson u. a., Flugschrr.
4, 10, 8
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Schwartzenbach
j viiijr
;
Vgl. ferner s. v.  3, .
6.
›Amtstitel, Amt‹; ütr. auch: ›Verpflichtung, Aufgabe‹.
Bedeutungsverwandte:
(
das
1, (
der
1; vgl.  12, ,  3,  5.
Wortbildungen:
titelbischof
›Weihbischof‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
/
22
):
das yhr der wellt puppen seyt, wilche sich des titels und namen der bisschoff mit gewallt angenommen und die warhafftigen Bisschoff außgetilget.
Ebd. (
1524
):
ir gebet mir meinen titel nicht, den mir doch etliche fürsten und herrn, so meine feinde seindt, geben und nicht abbrechen, darumb neme ich ewrn brieff für einen feindts brieff an.
Ebd. (
1530
):
Darumb gibt auch die schrifft dem glauben den Titel, das er das hertze endre und den menschen gar new mache.
Ebd. (
1530
):
ihr prediger, Leviten und priester, euer Tittel heist: ihr wisset nichts von der heiligen schriefft.
Ebd. (
1531
):
Das soll sein [Moisi] Tittel und ampt sein, nemlich segenen, helffen, rhaten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
/
1500
):
da erkant ain rat, daz der dittelbischoff sollt der stat zuͦ Augspurg geben 100 guldin zuͦ pen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
in dem monat Marcio starb bischoff Bernnhart Rorar, der sein wirdikait und titulum der heiligen kirchen Salltzburg veracht hett.
7.
›Rechts-, Besitzanspruch, Legitimation‹; auch: ›vollstreckbarer Titel, Urkunde‹.
Vorwiegend Rechtstexte.
Phraseme:
unter dem titel (und namen)
›unter dem Vorwand der Rechtmäßigkeit‹.
Bedeutungsverwandte:
(
das
1,  6,  3,
1
 2,  2, (
der
19, , ; vgl. .
Syntagmen:
etw
. (unpers.)
einen t. bedürfen, j. den / einen t. beweisen / füren / haben / vermelden
;
sich des gemeinen titels verziehen, sich eines t. unterwinden
;
j. etw. aus einem t. klagen
›einklagen‹,
j. durch einen t. auf etw
. (z. B.
den grund, das erbgut
)
kommen, jm. etw
. (z. B.
ein hof, eine behausung
)
durch einen t. gefallen
›zufallen‹ /
werden, etw
. (z. B.
die gewalt
)
mit einem t. erobern, etw. mit gutem t
. ›mit nachgewiesener Legitimation‹
einnemen / erkaufen / innehaben / verwalten, etw. mit bösem t
. ›ohne rechtmäßigen Anspruch‹
an sich bringen, etw. mit einem t
. ›durch den Nachweis eines Besitzanspruches‹
von jm. bringen, etw. one einen t. abziehen / besitzen, jm. etw. von rechtem t. sein
;
der t. der besitzung
;
der beschwerende / besondere / böse / erliche / falsche / gemeine / gerechte / gewinnende / gute / rechte / rechtmässige t
.

Belegblock:

Luther, WA (
1520
):
das sich der Bapst enthalt, die handt ausz der suppen zihe, sich keynis titels unterwinde des kunigreichs zu Neapel.
Ebd. (
1544
):
wie kompt der Mensch dazu [...], wie kompt Marien son dahin, das er sol den Tittel furen unnd sprechen: Jch wil von meim geist ausgiessen, ist eben der geist, den der vater ausgeust.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1526
):
wiewol junker Hans von Helmstatt nie einichen rechtmessigen titel, gerechtigkeit oder rechtmessigen schein
[auf den
obbemelten hove
]
gehapt oder auch noch nit hat.
Köbler, Ref. Wormbs
151, 7
(
Worms
1499
):
So [...] soll er am ersten bewysen den titel wie soͤlich habe oder guͦt an in kōmen sy.
Ders., Ref. Nürnberg
422, 12
(
Nürnb.
1484
):
WElchē ein behawsung od’ hofrait durch erbschafft durch kewf. vbergab oder sunst. durch einen gerechten tittel oder ankomen geuelt oder wirt [...].
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
vs krafft vnnsers beuelchs, von gott geben, vnnd vnnsers gwalts, durch künig vnd keyser verlyhen, gefryet vnnd sunst mit eerlichem tittel erobert [...].
Maaler (
Zürich
1561
):
Bottschafft / vnnd der selbigen befelch vnd ampt vnd titel.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1615
):
ein rechtmessigen titul der besitzung, dardurch einer zum herren des guͦts werden mag; rechtmessige titul aber sind als kaͤuff, erbschafften, schenckenen [...].
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1558
):
dieweil dann solch ort der gemaind (gehört), und der probst dasselbig unbillicher weise one ainichen titul besitzt, bitte wir [...].
Rintelen, B. Walther
8, 31
(
moobd.
,
1552
/
8
):
Es soll auch der Titl, dardurch der Grundt oder das Erbguet auf den, so die Gewöhr nimbt, kommen ist, in der Gewöhr vermeldt werden.
Köbler, Ref. Franckenfort
46, 8
;
ders., Stattr. Fryburg ;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Vgl. ferner s. v.  6.
8.
bedeutungsverwandt zu  1.